Protokoll der Sitzung vom 02.07.2014

(Beifall bei der LINKEN)

Der Senat hat sein Versprechen, einen doppischen Haushalt vorzulegen, der genau das berücksichtigt, nicht eingelöst. Herr Tschentscher wird es mir wohl bestätigen müssen: Wir wissen gegenwärtig nicht, was an Sanierungen in dieser Stadt noch notwendig ist. Obwohl der Senat seit drei Jahren daran arbeitet, hat er diese Arbeit bisher nicht erledigt. Er versucht, das damit zu finanzieren, dass er die Zinsen kräftig absenkt; dazu hat Herr Kerstan einiges völlig richtig ausgeführt. Wir haben die Si

tuation, dass die öffentliche Investitionssumme viel zu gering ist für die anstehenden Aufgaben. Das heißt, wir haben zwar gegenwärtig offiziell einen ausgeglicheneren Haushalt, sammeln aber Probleme für die Zukunft an. Das sollten wir gemeinsam betrachten. Machen Sie die Augen auf. Betreiben Sie nicht nur Zahlenakrobatik, nehmen Sie auch das wahr, was dahinter liegt. Erst dann wird man in der Lage sein, gemeinsam eine seriöse Finanzpolitik zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun Senator Dr. Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten Anfang 2011 eine bedrückende Lage. 2009 und 2010 waren fast 2 Milliarden Euro allein im Kernhaushalt an neuen Schulden aufgelaufen, dazu hohe Verluste aus der HSH Nordbank-Krise und zahleiche weitere Schuldenpositionen in Nebenhaushalten. In dieser bedrückenden Lage haben wir ein Finanzkonzept zur Sanierung des Haushalts vorgelegt, von dem viele damals vermutet und behauptet haben, wir würden es nicht einhalten.

(Jens Kerstan GRÜNE: Das tun Sie auch nicht!)

Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben in unserem Konzept davon Abstand genommen, die Haushaltslage kurzfristig und anhand stark schwankender Steuerschätzungen zu beurteilen. Stattdessen orientieren wir uns am konjunkturbereinigten langfristigen Trend der Einnahmenentwicklung. Wenn man die letzten drei Jahre betrachtet, ist dieses Vorgehen dem städtischen Haushalt gut bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Sie können Ihre Phantasiezahlen in die Welt setzen, aber die geplanten Defizite und die tatsächliche Neuverschuldung haben seit 2011 jedes Jahr abgenommen.

(Beifall bei der SPD)

Was sich gehalten hat, sind teilweise unrealistische Vorstellungen darüber, welche Konsolidierungsschritte unter vernünftigen Annahmen möglich sind, ohne Kollateralschäden in wichtigen Aufgabenbereichen zu verursachen.

Der Senat ist überzeugt, dass Hamburg weiterhin die Bedingungen für Bildung und Ausbildung verbessern, Kitaplätze und Ganztagsschulen ausbauen, den Wohnungsbau voranbringen und die Infrastruktur sanieren muss, von der unsere Wirtschaftskraft und das Steueraufkommen abhängen.

(Beifall bei der SPD)

(Norbert Hackbusch)

Das alles ist in den letzten Jahren gut gelaufen. Die Stadt wächst und bekommt mehr Wohnraum. Die Hamburger Wirtschaft entwickelt sich positiv. Sie entwickelt sich, anders als Sie behauptet haben, Herr Heintze, auch besser als im Bundesdurchschnitt. Der Hafenumschlag kommt voran, der Tourismus boomt und vieles mehr.

In der vergangenen Woche hat der Senat über seinen nunmehr dritten Haushaltsplan-Entwurf beraten. Aufgrund der Fortschritte bei der strukturellen Haushaltssanierung und der guten Konjunktur können wir die Neuverschuldung auch bei vorsichtiger Schätzung der Einnahmen in absehbarer Zeit beenden. Die Zahlen würden noch deutlich besser ausfallen, wenn wir die Werte der Steuerschätzung von Mai 1:1 in die Haushaltsplanung übernehmen würden. Das mag man in den Sanierungsländern, die uns teilweise als Vorbild genannt werden, so machen. Dieser Senat tut es nicht, denn die Annahmen, die der Steuerschätzung zugrunde liegen, gehen von einem noch über Jahre andauernden wirtschaftlichen Wachstum aus. Die Erfahrung lehrt dagegen, dass konjunkturelle Entwicklungen selten so stetig verlaufen und dass es riskant ist, sich darauf zu verlassen. Daher hat der Senat Vorsichtsabschläge von den Werten der Steuerschätzung vorgenommen, und trotz dieser vorsichtigen Betrachtung planen wir Überschüsse im kameralen Haushalt von 16 Millionen Euro für 2017 und rund 190 Millionen Euro für 2018. Dies bedeutet, dass Hamburg dann erstmals seit Jahrzehnten kein Defizit mehr haben wird und den Schuldenstand des Kernhaushalts in nennenswertem Umfang verringern kann.

(Beifall bei der SPD)

Das alles klingt sehr positiv. Ich betone aber ausdrücklich, dass sich diese Betrachtungen ausschließlich auf den Kernhaushalt beziehen. Wir müssen daneben auch die Nebenhaushalte im Auge haben. Deshalb haben wir Buchführung und Wirtschaftsplanung in den sogenannten Sondervermögen auf eine kaufmännische Betrachtung umgestellt, um darzustellen, welche Vermögenspositionen den dortigen Kreditaufnahmen tatsächlich gegenüberstehen. Dennoch bestehen auch in diesen Sondervermögen Kredite, die wir nicht vergessen dürfen, sondern dem Haushalt zurechnen müssen. Insofern besteht kein Anlass anzunehmen, dass wir schon in wenigen Jahren im Überfluss leben werden. Es gibt noch viel zu tun.

In Hamburg sind die Chancen gut, dass wir ab 2017 in die Kredittilgung des Kernhaushalts eintreten können, bei anhaltend guter Konjunktur vielleicht sogar früher. Auch die Haushaltsentwicklung in diesem Jahr kann noch günstiger verlaufen als geplant. Es ist aber keine finanzpolitische Leistung, eine gute Konjunktur in den Haushaltsplan zu schreiben. Man konsolidiert einen Haushalt nur durch Ausgabendisziplin, durch konsequente, ver

nünftige Ausgabenbegrenzung, und dazu nehmen wir noch gerne Vorschläge entgegen.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Senat plant mit kaufmännischer Vorsicht und verkündet keine Erfolge, bevor sie erreicht sind. Wir werden die Konsolidierung der Hamburger Finanzen fortsetzen und bei höheren Einnahmen keine zusätzlichen Ausgaben veranlassen, sondern die Rücklagen schonen und die Kreditaufnahme verringern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt haben alle Fraktionen die Möglichkeit, darauf noch einmal zu replizieren. – Das Wort hat Herr Bläsing von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion hat allen Vorschlägen, die sie in dieser Legislaturperiode bisher vorgelegt hat, immer auch Gegenfinanzierungsvorschläge beigepackt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Na ja!)

Der in den Raum gestellte Vorwurf, das sei unseriös, lasse ich für meine Fraktion auf jeden Fall nicht gelten.

(Beifall bei der FDP)

Im Gegensatz zur SPD nimmt die FDP-Fraktion nämlich den Grundsatz "pay as you go" auch tatsächlich ernst. Den habe ich von Ihnen, Herr Senator, schon länger nicht mehr gehört, und auch in der SPD-Fraktion scheint ein gewisser Verdrängungsprozess eingesetzt zu haben, was "pay as you go" betrifft. Was schert uns unser Geschwätz von gestern? Das wollen Sie doch heute gar nicht mehr wahrhaben.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben auch nie behauptet, dass wir jetzt schon den strukturellen Ausgleich schaffen. Natürlich ist das ein konjunkturell bedingter Ausgleich.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und was bringt das dann?)

Es ist nun einmal ein Glücksfall, dass die Zinsen gerade niedrig sind, dass die Konjunktur gerade so gut ist. Das ist natürlich dann auch keine Leistung, da gebe ich Ihnen recht, Herr Finanzsenator, wenn man eben solche guten Umstände hat. Die Leistung beginnt allerdings dort, wo man anfängt, damit tatsächlich auch verantwortungsbewusst umzugehen, und diese Verantwortung kann ich bei Ihnen nicht sehen. Da gebe ich Ihnen recht, da habe ich Sie auch einfach nur beim Wort genommen, Herr Senator. Sie ruinieren tatsächlich den Haushalt in guten Zeiten.

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

(Beifall bei der FDP)

Wir haben die Schuldenbremse gemeinsam mit den GRÜNEN in die Verfassung hineingeschrieben, aber das entbindet Sie nicht von der Verantwortung, dann auch so früh wie möglich das zu schaffen, was zu schaffen ist in der Konsolidierung. Sie können nicht im Bummelzug Richtung 2019 fahren. Wer sagt uns denn, dass die Konjunktur so gut bleibt und die Zinsen so niedrig sind? Das kann sich auch wieder ändern. Insofern muss man jetzt jede Anstrengung aufwenden, die man realisieren kann.

(Beifall bei der FDP)

Auf Ihre Wetten auf die Zukunft lassen wir uns nicht ein. Wir müssen hier und heute – beziehungsweise morgen, wir haben einen Antrag dazu eingebracht, der auf der morgigen Tagesordnung steht – entsprechend Fakten schaffen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Uns erwartet ein heißer Herbst in den Haushaltsberatungen für den kommenden Doppelhaushalt. Da werden wir Ihnen nämlich aufzeigen, dass Konsolidierung und Entschuldung tatsächlich auch möglich ist.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat Herr Quast von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Bläsing, für die FDP hat der heiße Herbst schon lange begonnen.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde gern noch ein paar Worte zu meinen Vorrednern sagen, auch wenn der Finanzsenator einiges schon klargestellt hat.

Ich finde es schon verwunderlich, Herr Heintze, wenn Sie dem SPD-Senat Tricksereien vorwerfen, um von dem abzulenken, was Sie gemacht haben. Alles, was wir machen, steht in den HaushaltsplanEntwürfen, im letzten und auch im künftigen. Das ist nachlesbar, transparent, und offen und wir können das intensiv diskutieren; getrickst wird nicht.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch verwunderlich, dass Sie in den letzten Jahren gefordert haben, der Zinstitel müsse abgesenkt werden, und jetzt, wo er abgesenkt wird, dem Senat vorwerfen, genau das zu tun und nicht genug Vorsicht walten zu lassen. Das ist wieder ein typischer Heintze. Sie fordern an einem Tag das eine und am nächsten Tag das Gegenteil, wie es gerade passt. Auch das ist nicht seriös, Herr Heintze, das geht nicht.

(Beifall bei der SPD – Finn-Ole Ritter FDP: Prioritätensetzung!)

Ich freue mich jedenfalls, dass zwei Oppositionsparteien davon reden, dass wir schon in diesem Jahr keine neuen Schulden mehr machen müssten, wenn es nach ihnen ginge. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

(Katja Suding FDP: Nur mit unserer Hilfe!)

Die Wahrheit ist, dass wir im Haushaltsplan-Entwurf für 2015/2016 vorsehen, dass das ab 2017 gelingen kann,