Protokoll der Sitzung vom 27.08.2014

Kernaufgabe des Senats ist es natürlich, Umweltschäden zu vermeiden und für soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Ich halte es für kontraproduktiv, diese beiden Sachen zu vermengen. Und angesichts der Personallage und der Finanzen ist es auch nicht die Kernaufgabe der BSU. Ich kann eigentlich nur mit Woody Allen sagen: Zwei Pferde kann man nicht mit einem Hintern reiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Heyenn.

Herr Duwe, das mit Woody Allen mag stimmen, aber ich hätte doch die große Bitte, dass Sie sich keine Gedanken über unsere Beweggründe machen; Ihre Interpretation geht immer in die falsche Richtung.

(Beifall bei der LINKEN – Finn-Ole Ritter FDP: Seien Sie doch froh, dass er es macht!)

Frau Dr. Schaal, ich finde es sehr schön, dass auch die SPD und die GRÜNEN sehen, dass das ein Thema ist, das wir in Hamburg behandeln müssen. Ich glaube, Sie haben diesen Antrag ein bisschen falsch verstanden, denn dieser Antrag ist kein Generalangriff auf die Umweltpolitik des Senats. So einen Antrag könnten wir zwar auch stellen, das haben wir aber nicht. Wir möchten mit Ihnen gemeinsam dieses sozial-ökologische Thema bearbeiten. Sie haben einiges aufgeführt, was gemacht wird, das ist völlig richtig. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass es in Hamburg keine sozi

(Martin Bill)

al-ökologische Schieflage gibt, finde ich schon sehr, sehr gewagt; darüber müssen wir noch einmal nachdenken.

Frau Stöver, ich möchte natürlich das aufgreifen, was eben schon aufgegriffen wurde, nämlich die Gleichmacherei. Wenn ich es richtig sehe, haben wir in Berlin einen schwarz-roten Senat. Und wenn Sie sagen, Luftverschmutzung mache vor Stadtteilen nicht halt, dann ist das richtig, aber man muss natürlich auch sehen…

(Glocke)

Frau Heyenn, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber es gibt neue Fraktionsbildungen, insbesondere auf den Stehplätzen, und die sind deutlich zu laut. Deshalb bitte ich, entweder hinauszugehen oder die Gespräche einzustellen.

– Danke schön.

Die soziale Zusammensetzung in den einzelnen Quartieren ist doch sehr, sehr unterschiedlich, und sie hat natürlich etwas damit zu tun, welche Umweltbelastungen dort herrschen. Es ist kein Naturgesetz, dass Ärmere den Umweltbelastungen stärker ausgesetzt sein müssen als andere. Und darüber müssen wir uns Gedanken machen, dies hat nichts mit Gleichmacherei zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

In Berlin gibt es dieses Projekt zur Umweltgerechtigkeit, das vom Umweltbundesamt und von den Wissenschaftseinrichtungen unterstützt wird. Es wurde gesagt, Ziel des in Berlin vollzogenen Modellvorhabens sei es, Zusammenhänge zwischen Sozialstruktur und Umweltgüte zu ermitteln und auf der Basis der vorhandenen sozialstatistischen Daten des Monitorings soziale Stadtentwicklung, ungleiche Verteilung und Umweltbelastung zu erkennen und zu versuchen, sie zu mindern. In den nächsten Jahren, so schreibt es der Senat, sollten praxistaugliche Strategien und Maßnahmen zur Minderung sozial ungleich verteilter Umweltbelastungen entwickelt werden. Daraus entnehme ich, Frau Stöver, dass die CDU in Berlin offenkundig für Gleichmacherei ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/12687 an den Umweltausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren angenommen.

Wir kommen zu Punkt 30 der heutigen Tagesordnung, Drucksache 20/12600, Senatsantrag: Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes und des Hamburgischen Gesetzes zur Bestimmung der zuständigen Stelle zur Durchführung des Kostenausgleichs in der Ausbildung in Berufen der Altenpflege und der Gesundheits- und Pflegeassistenz.

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/12787 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor.

[Senatsantrag: Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes (HmbKHG) und des Hamburgischen Gesetzes zur Bestimmung der zuständigen Stelle zur Durchführung des Kostenausgleichs in der Ausbildung in Berufen der Altenpflege und der Gesundheits- und Pflegeassistenz – Drs 20/12600 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Novellierung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes – Drs 20/12787 –]

Beide Drucksachen möchten die Fraktionen der SPD und der LINKEN an den Gesundheitsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Schäfer von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Hamburgische Krankenhausgesetz regelt Bedingungen für die Aufnahme in den Krankenhausplan. Diese Bedingungen sind bisher fast ausschließlich anhand quantitativer Kriterien formuliert worden. Bereits in den Koalitionsverhandlungen in Berlin gab es auf Initiative unserer Gesundheitssenatorin Ansätze, das abzuändern und Qualitätskriterien dort einzubringen. In dieser Richtung geht Hamburg nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen ersten Schritt voran, und es wird ein großer Schritt sein.

(Beifall bei der SPD)

Diese Vorlage eröffnet neue Ziele. Sie ist der Quantensprung in der Krankenhausplanung von bisher ausschließlich quantitativen Kriterien hin zu Qualitätsfragen und Qualitätsanforderungen an die Behandlung. So können ergänzende Qualitätsanforderungen, wenn möglich im Einvernehmen mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten, umgesetzt werden, gegebenenfalls aber auch per Rechtsverordnung, wenn das als notwendig erachtet wird.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

(Dora Heyenn)

Es gibt Vorgaben für die Veröffentlichung von Ergebnissen für Qualitätsindikatoren, Qualitätsbeauftragte müssen bestellt werden. Die Krankenhäuser, die im Krankenhausplan aufgeführt sind, müssen nachweisen, dass sie bedarfsgerechte Tagund Nachtaufnahmefähigkeiten vorhalten. Sie müssen durchgängige ärztliche und pflegerische Versorgung gewährleisten und sie müssen relevante Weiterbildungen abschließen. Die ärztliche Versorgung muss im Facharztstandard jederzeit gewährleistet sein.

Wir mussten heute lesen und konnten gestern im Rundfunk hören, dass es in dieser Stadt Krankenhäuser gibt, die – ich möchte fast sagen, mal wieder – ins Zwielicht geraten sind im Hinblick darauf, ob alle diese Qualitätsanforderungen wirklich erfüllt werden. Ich will mich dazu nicht weiter äußern, weil ich Näheres außer diesen Presseberichten nicht kenne. Aber das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass es notwendig ist, genau an dieser Stelle weiter voranzukommen.

(Beifall bei der SPD)

Bei Nichteinhaltung dieser Qualitätskriterien können nämlich Häuser aus dem Krankenhausplan auch wieder gestrichen werden. Die Patientenbeschwerdestellen arbeiten in Zukunft nach dieser Vorlage unabhängig, und es werden auch die besonderen Belange für Behinderte bezüglich der Unterbringung von Angehörigen, genauso wie bei Kinderpatienten, geregelt und berücksichtigt. Das alles zusammen bedeutet, dass dieses neue Gesetz den Wettbewerb in der Qualität eröffnet. Diesen Wettbewerb wollen wir auch vorantreiben.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden diesen Entwurf selbstverständlich im Ausschuss ausführlich beraten, das ist schon längst abgesprochen, bis hin zu Zeitplänen, die wir dort verabredet haben und auch einhalten möchten. Deswegen hat mich der Zusatzantrag der LINKEN etwas verwundert. Wir bekamen vermutlich alle von einer großen Ersatzkasse Anregungen für weitere Änderungen dieses Gesetzes. Das ist nichts Ungewöhnliches, ich finde es gut, dass es solche Anregungen gibt. Dass diese dann aber teilweise fast wortwörtlich abgeschrieben werden und in einem Antrag stehen, war ein bisschen – gestatten Sie mir die Bemerkung – übereifrig, um nicht zu sagen voreilig. Heute gingen noch andere Anregungen einer anderen großen Krankenkasse ein, die allesamt lesenswert und berücksichtigungswert sind und die wir selbstverständlich in die Beratungen des Ausschusses einbringen und mit berücksichtigen werden. Es hätte dazu keines Antrags bedurft. Gleichwohl werden wir diesen Antrag selbstverständlich mit überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Stöver von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Drucksache mit der Neufassung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes erreichte uns mitten in der parlamentsfreien Zeit. Die letzte Änderung ist gar nicht so lange her, sie stammt gerade einmal aus dem Dezember 2013.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Wir wussten alle, dass es kommt!)

Es ist alles gut, Herr Schäfer, ich maule gar nicht, sondern ich habe es so aufgenommen, wie es mich erreichte, und einfach meine Empfindung dazu dargestellt.

Es müssten gewichtige Änderungsgründe sein, dass nach einer so kurzen Zeit die Novellierung vorgenommen wird, und, Herr Schäfer, Sie haben es gesagt, es sind gewichtige Gründe. Nach Durchsicht der Drucksache ist es vor allen Dingen der Aspekt der Qualität, der zukünftig bei der Krankenhausplanung stärker berücksichtigt werden soll. Eine Qualitätsverbesserung im Sinne der Patienten ist natürlich grundsätzlich immer zu begrüßen. Ich halte ebenfalls sehr viel von der Intention, Qualitätsindikatoren zu etablieren und diese dann auch systematisch zu nutzen, selbstverständlich auch bei der Krankenhausplanung.

Dennoch haben wir als Parlamentarier – Herr Schäfer hat es gesagt, wir werden es im Ausschuss breit diskutieren – noch Informations- und Nachfragebedarf. Sie haben eben die Drucksache mit den einzelnen Punkten und Aspekten noch einmal vorgestellt, aber wir haben noch Nachfragebedarf, was sich hinter den Schlagwörtern qualitätsorientierte Versorgung, qualitätssensible Leistungen und deren Verbesserung oder die verpflichtende Bestellung von Qualitätsbeauftragten, auch die Mindestanforderungen an Krankenhäuser, wenn sie zur Aufnahme in den Krankenhausplan gelangen wollen, im Detail verbirgt.

Neben dem Schwerpunkt der Qualitätsverbesserungen enthält das Gesetz viele vermeintlich kleinere Anpassungen; Herr Schäfer hat einige davon genannt, die muss ich jetzt nicht wiederholen. Diese und deren Umsetzung, aber auch die Auswirkungen sowie die Kosten sollten ebenfalls zum Umfang der Diskussion gehören. Weiter stellt sich natürlich die Frage, ob damit das Krankenhausgesetz umfassend bearbeitet ist oder ob es weiteren Veränderungs- und Konkretisierungsbedarf gibt. Herr Schäfer hat eben schon angedeutet, dass andere Kassen beziehungsweise auch große Krankenkassen weiteren Bedarf angemeldet haben. Mit dem Antrag der LINKEN sind weitere Änderungsvorschläge gemacht worden, und auch wir sehen durchaus noch weitere Ansätze. Daher ist es meines Erachtens nur richtig, dass wir das in der Aus

(Dr. Martin Schäfer)

schussberatung tun. Dort werden wir sicherlich externen Sachverstand aus der Gesundheitswirtschaft benötigen. Ich weiß nicht, ob die Senatorin noch etwas dazu sagen wird, damit uns noch ein wenig Licht ins Dunkle gebracht wird, aber wir stimmen der Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs und auch dem Zusatzantrag der LINKEN zu.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Das Wort bekommt nun Frau Schmitt von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viele Herausforderungen prägen die Zukunft der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland. Insbesondere ist natürlich die zunehmende Alterung eine Herausforderung, die zu mehr alten Patienten, mehr chronisch Kranken im Krankenhaus und selbstverständlich auch im ambulanten Sektor führen wird. Deswegen müssen wir entsprechend die Auswirkungen und die Versorgung in den Blick nehmen und diese weiterentwickeln. Insbesondere wird es in Zukunft darauf ankommen, eine bessere Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor zu erreichen, ebenso eine stärkere Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe im Krankenhaus und, ganz wichtig, eine Aufwertung der Pflege. Der Krankenhausplanung kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu, denn tatsächlich, Herr Schäfer hat es erläutert, orientiert sich die Krankenhausplanung bisher ausschließlich an Mengen und Bettenzahlen, aber das wird den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gerecht. Wir teilen die Auffassung, dass die Behandlungsqualität in die Krankenhausplanung mit aufgenommen werden muss. Durch die Vorgabe von Qualitätsanforderungen können wir als Land auch einen wichtigen Hebel in die Hand bekommen, Behandlungsqualität im Krankenhaus wirklich zu steigern.

Ob nun die einzelnen Punkte im Entwurf ausreichend sind, sollten wir im Rahmen der Ausschussberatungen diskutieren. Ich glaube beispielsweise, dass dem Entlassungsmanagement und auch der Krankenhaushygiene noch eine größere Rolle zukommen könnte, auch in diesem Gesetz. Darüber werden wir sicherlich sprechen können.

Gleiches gilt für die zu erwartenden Folgen der präsentierten Regelungen. Es ist beispielsweise vorgesehen, eine stärkere Konzentration von Behandlungsangeboten an bestimmten Standorten vorzunehmen. Dem ist grundsätzlich nicht zu widersprechen, aber es muss natürlich im Blick behalten werden, dass auch eine ausreichende Breite des Versorgungsangebots in allen Teilen Hamburgs bestehen bleibt.

Inwieweit die vorliegenden Pläne wirklich die Transparenz für Patientinnen und Patienten verbessern, muss sich meiner Ansicht nach noch zeigen. Leider sind die Erfahrungen bisher nicht ganz glücklich. Ich denke beispielsweise an die Pflegenoten für die Pflegeheime, denn es ist leider nicht wirklich gelungen, die Erwartungen zu erfüllen. Das werden wir uns sicher genau anschauen.

Die Einbeziehung der Behandlungsqualität in die Krankenhausplanung ist im Kern richtig. Wir werden natürlich in Hamburg und in Deutschland insgesamt weitere Anstrengungen brauchen, um die Versorgung im Krankenhaus zukunftsfähig zu machen. So muss insbesondere die Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor weiter vorangetrieben werden, insbesondere im Hinblick auf Vergütung und Qualitätssicherung. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe im Krankenhaus muss verbessert werden, und hier muss insbesondere auf lange Sicht eine Übertragung von Aufgaben aus dem ärztlichen Bereich an die Pflege stattfinden, damit Pflegekräfte unabhängiger agieren können, als sie es bisher tun.