Zweitens: Die KMK hat einige Sprachen schon ganz, ganz lange als Prüfungsfächer zugelassen; ich will nur zwei Sprachen herausgreifen. 1989 hat die KMK Türkisch als Prüfungsfach im Abitur zugelassen und 1993 Polnisch. Das hätte man also längst machen können.
Hinzu kommt, dass der Europarat bereits 2001 einen "Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen" beschlossen und darin gefordert hat, dass alle Jugendlichen mindestens drei Sprachen lernen sollen. Und nun kommt Herr Abaci und sagt, in Hamburg sehe das alles ganz gut
aus, es würden circa 2500 Schülerinnen und Schüler in ihrer Herkunftssprache unterrichtet. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir 187 000 Schülerinnen und Schüler haben. Gerade einmal 1,4 Prozent der Schülerschaft, ich habe es mit dem Taschenrechner ausgerechnet, wird mehrsprachig ausgebildet und in der Muttersprache unterrichtet. Das ist wenig, das ist sehr wenig, das ist zu wenig.
Schauen wir uns einmal an, welche migrantische Bevölkerung wir in Hamburg haben. Die allergrößte Gruppe ist die türkischstämmige. Wenn Sie mit diesem Antrag kommen und im gleichen Zuge den Ausbildungsgang Türkisch streichen – Frau von Berg hat es eben schon angedeutet, wenn wir das wollen, müssen wir natürlich auch die ausgebildeten Lehrkräfte dafür haben – und sagen, wer Türkisch unterrichten wolle, könne doch in Duisburg auf die Uni gehen, sich dort zum Türkischlehrer ausbilden lassen und dann zurück nach Hamburg kommen, dann frage ich mich, was das denn für ein Geschenk ist.
Jetzt zu diesen drei Punkten. Wir werden sie alle ablehnen. Im ersten Punkt fordern Sie vorrangig Wahlpflichtfächer. Das ist entschieden zu wenig. Zweitens wollen Sie prüfen, inwieweit eine Ausweitung der Angebote zum Unterricht in der Herkunftssprache möglich ist. Die Fragestellung ist falsch. Die Frage ist nicht, inwieweit, sondern es muss ausgeweitet werden. Beim dritten Punkt, zu prüfen, wie die Anzahl der Schülerinnen und Schüler gesteigert werden kann, ist es genauso. Auch da ist die Fragestellung falsch. Das muss gefördert werden, und der Senat muss aufgefordert werden, das sofort zu tun.
Insgesamt kommt es uns so vor, als sei das nicht ein Geschenk, sondern eher ein Wahlgeschenk, ein Versprechen, das nicht erfüllt werden muss. In der Drucksache ist noch nicht einmal ein Datum, das ist offen gelassen. Sie können sich den ganzen Wahlkampf Zeit lassen. Wir haben also, was wir schon einmal hatten, ein Wahlversprechen. Alle Schulen sollen Paläste werden, es soll eine Ausbildungsgarantie geben – immer der gleiche Kram, immer kurz vor den Wahlen. Wir fürchten, dass es wieder nichts wird. Wir fordern: keine leeren Versprechungen, es muss gehandelt werden. An den Schulen und in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer muss etwas getan werden und das sofort, und zwar vor dem Wahlkampf.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei jeder Einschulung befragen wir die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern, welche Sprache zu Hause gesprochen wird. Das ist eine rein freiwillige Angabe, aber sie lässt tief blicken und zeigt, dass sich unsere Schulen auf Vielfalt einstellen müssen. 114 verschiedene Sprachen, so geben die Eltern an, werden bei den Schulkindern zu Hause gesprochen. Und das ist eben nicht Altgriechisch und Latein oder ein paar andere Sprachen, sondern das sind sehr, sehr viele Sprachen. Es gilt, diese Sprachen nicht als Risiko zu begreifen, sondern als Schatz zu entdecken. Lange Zeit haben wir befürchtet, dass die Förderung dieser Sprachen es den Schulkindern nicht ermöglichen würde, dem Unterricht zu folgen. Inzwischen haben wir diese skeptische Herangehensweise hinter uns gelassen, denn wir haben erlebt, dass viele, deren Familien eine andere als die deutsche Sprache mit in unsere Stadt gebracht haben, ihr Leben hier erfolgreich gestalten; einige von ihnen sind unter uns in der Bürgerschaft. Deshalb ist es richtig, Mehrsprachigkeit nicht nur als Problem zu sehen, sondern als Chance anzugehen und entsprechend zu fördern. Bei aller Kritik und Aufregung hatte ich eben den Eindruck, dass sich zumindest in diesem Punkt alle im Haus einig sind.
Die Frage ist, wie man die Mehrsprachigkeit fördern kann. Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen angeführt, an deren Anfang aber steht, dass Schule, Lehrerinnen, Lehrer und Eltern Mehrsprachigkeit grundsätzlich als Chance begreifen und nicht als Risiko. Wenn diese Haltung da ist, dann geht es darum, sie in entsprechende Maßnahmen zu überführen. Diese Maßnahmen sind genannt worden. Ein Beispiel ist der herkunftssprachliche Unterricht, der bei uns auf der Basis eines Bildungsplans von ausgebildeten Lehrkräften erteilt wird. Er umfasst in der Regel drei Stunden in der Woche; angeboten werden beispielsweise Kurse in Türkisch, Albanisch, Arabisch, Bosnisch und vielen anderen Sprachen. Darüber hinaus gibt es 28 weitere herkunftssprachliche Kurse, die durch Honorarlehrkräfte als zusätzliches Angebot an einzelnen Schulen erteilt werden. Ich erinnere auch daran – Frau von Berg hat da durchaus recht –, dass wir eine lange Tradition der Kooperation mit Partnerländern wie zum Beispiel Italien, Portugal, Spanien oder auch der Türkei haben und an einigen Grundschulen oder weiterführenden Schulen sogar bilinguale Züge etabliert sind, an denen Schülerinnen und Schüler auch andere Schulfächer in Sprachen wie beispielsweise Spanisch oder Portugiesisch lernen.
Diese vielen Maßnahmen haben ihren Höhepunkt sicherlich in der wichtigsten Maßnahme, nämlich im Bereich des früheren Fremdsprachenunterrichts – wir sprechen heute vom Unterricht in anderen
Sprachen, weil das Wort fremd auf das Hamburger Schulsystem nicht mehr zutrifft. Ein Vorteil dieses wichtigen Unterrichts ist, dass er Teil des Pflichtunterrichts ist, für die Schülerinnen und Schüler also kein zusätzlicher Unterricht erteilt wird, sondern er Teil des Regelunterrichts ist. Dadurch ist es auch möglich, dass in diesem Fach ein Schulabschluss gemacht werden kann. Das gibt es in Hamburg schon lange, zum Beispiel in Bezug auf Türkisch, Russisch oder Polnisch – auch im Abitur, wir haben es gerade beim Zentralabitur wieder gesehen. Aber ich sage Ihnen ehrlich, dass das nicht alle 114 Sprachen betrifft. Deswegen ist mir nicht ganz klar, warum Sie sich so vehement dagegen wehren, dieses Angebot auszubauen und weitere Sprachen einzubeziehen, die zurzeit eben nicht zu diesem Angebot zählen. Ich nenne beispielsweise Arabisch oder Farsi, die sehr wohl von vielen Schulkindern gesprochen werden und die es verdient haben, in diesen Katalog mit aufgenommen zu werden. Genau dafür, meine Damen und Herren, werben wir mit diesem Antrag. Ich bitte Sie, sich in diesem Zusammenhang nicht an solchen Petitessen festzuhalten wie "Da steht kein Datum" oder "Das ist nur ein Prüfauftrag". Ich glaube, wir sind alle zusammen lange genug im Parlament, um zu wissen, dass man seine Zustimmung bei solch wichtigen Entscheidungen nicht an solchen Fragen scheitern lässt und der Senat in der Regel ohnehin zur Prüfung aufgefordert wird. Ich bitte Sie, auch als Zeichen an eine Stadt mit vielen Sprachen, eine Stadt, in der Kinder Chancen brauchen, den Kindern diese Chancen nicht zu verwehren und unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/12834 an den Schulausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte also zunächst Ziffer 1 des SPD-Antrags folgen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist Ziffer 1 so beschlossen.
Wer möchte die Ziffern 2 und 3 annehmen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann sind auch die Ziffern 2 und 3 und damit der Antrag insgesamt so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 9, Drucksache 20/12811, Senatsmitteilung: Masterplan Ladeinfrastruktur und Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. Dezember 2013 "An Erfolge anknüpfen und Elektromobilität weiterentwickeln".
[Senatsmitteilung: Masterplan Ladeinfrastruktur und Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. Dezember 2013 "An Erfolge anknüpfen und Elektromobilität weiterentwickeln" (Drucksache 20/10267) – Drs 20/12811 –]
Punkt 22, Drucksache 20/12840, Antrag der CDUFraktion: Die Alster ist für alle da – keine Ausgrenzung von Menschen, die nicht Fahrrad fahren können oder wollen.
[Antrag der CDU-Fraktion: Die Alster ist für alle da – keine Ausgrenzung von Menschen, die nicht Fahrrad fahren können oder wollen – Drs 20/12840 –]
Ich freue mich, dass ich für diesen Satz auch Applaus von der SPD-Fraktion bekommen habe, denn Ihre Politik scheint genau das Gegenteil erreichen zu wollen. Sie wollen Menschen davon abhalten, die Alster zu erreichen. Deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht, und deswegen müssen wir heute Ihre Verkehrspolitik etwas genauer in Augenschein nehmen.
Der Senat beabsichtigt, einige Straßen um die Außenalster als Fahrradstraßen umzuwidmen. Grundsätzlich finden wir es richtig, dass Fahrrad
politik gemacht wird. Grundsätzlich finden wir es richtig, dass Fahrradwege um die Alster verbessert und ausgebaut werden. Aber so, wie Sie es planen – Fahrradstraßen durchzusetzen und damit Menschen auszugrenzen, die diese Straßen nicht mit dem Fahrrad befahren wollen –, ist es falsch.
(Arno Münster SPD: Das stimmt doch gar nicht! Sie wissen ja nicht einmal, was eine Fahrradstraße ist!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben bisher noch nicht einmal überprüft, wie viele Fahrradfahrer zu welcher Jahreszeit tatsächlich um die Alster fahren. Was soll eine Fahrradstraße am Harvestehuder Weg, wenn dort im Winter kaum Verkehr durch Fahrradfahrer zu erwarten ist? Was bringt das? Das konnte mir noch keiner erklären, und ich denke, dass Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben machen müssten, bevor Sie so eine wichtige Straße – eine Straße, die durch den Wegzug des Generalkonsulats eine neue verkehrliche Funktion erreichen könnte – für die Autofahrer sperren. Das ist der falsche Weg. Machen Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben. Schauen Sie erst, wie die Verkehre sind. Erstellen Sie ein Verkehrskonzept für diesen sensiblen Bereich um die Alster, bevor Sie eine Fahrradstraße einrichten.