Protokoll der Sitzung vom 25.09.2014

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Wersich.

So geht es dann weiter. Die Ziffer 3 Ihres Antrags ist so verschwurbelt in der Formulierung, dass man gar nicht versteht, was Sie eigentlich damit meinen. Zu den wesentlichen Fragen, wie man zu einer besseren Vernetzung oder zu Schnittstellen kommt, wie es mit der Finanzierung der außerschulischen Kulturangebote in den Schulen ist, sagen Sie in Ihrem Antrag gar nichts.

Das ist nichts, was Sie da vorgelegt haben, damit werden Sie die kulturelle Bildung in Hamburg nicht weiterbringen, die an vielen Stellen gut funktioniert. Aber es ist nach wie vor immer noch Zufall, ob Kinder und Jugendliche an einer Schule sind, wo es gut funktioniert, oder ob sie an einer Schule unterrichtet werden, wo es gar nicht gut funktioniert.

Deshalb machen wir Ihnen heute einen ganz konkreten Vorschlag, mit dem wir sicherstellen könnten, dass jedes Kind und jeder Jugendliche während seiner Schulzeit, so wie es die katholischen Schulen jetzt auch anbieten werden, eine Mindestzahl von Kulturinstitutionen besuchen würde. Es wäre ein wirklicher Fortschritt, wenn Kinder und Jugendliche in Hamburg einen Anspruch darauf hätten, eine Mindestanzahl unserer wichtigen und vielfältigen Kulturinstitutionen zu erleben.

Wenn Sie also etwas Konkretes tun wollen für Fortschritte in der kulturellen Bildung in der Schule und die Vernetzung der außerschulischen kulturellen Bildung, dann unterstützen Sie unseren Zusatzantrag. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, weil es immer noch besser ist als gar nichts, was Sie da vorschlagen, aber der große Wurf ist es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Dr. von Berg von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Prien hat es eben schon gesagt: Dieser Antrag ist eigentlich das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist. Es sind zwei Seiten vollmundige Prosa, und das Petitum ist allenfalls ein Luftballon.

Ich habe das Gefühl, dass die Stellungnahme der LAG Kinder- und Jugendkultur überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden ist, weder von der SPD-Fraktion noch im Nachhinein vom SPD-Senat. Die eigentlichen Expertinnen und Experten für kulturelle Bildung bei uns in der Bildungslandschaft haben sehr deutlich gemacht, wo die Probleme in Hamburg liegen. Es fängt einmal damit an, dass der Senat überhaupt nicht versteht, was kulturelle Bildung ist; das haben wir alle miteinander live im Kulturausschuss geradezu erleiden können. Sie

haben deutlich gemacht, dass die zusätzliche Zeit bei der Ganztagsbetreuung in Hamburg überhaupt nicht genutzt wird.

Sie haben auch deutlich gemacht, dass 23 Euro pro Stunde für die Honorarkräfte einfach nicht genug sind. Dafür kann man nicht die Qualität bekommen, die kulturelle Bildung benötigt. Sie haben deutlich gemacht, dass der Transport zu außerschulischen Einrichtungen überhaupt nicht geregelt ist, und Sie haben deutlich gemacht, dass die Vernetzung, die eigentlich schon gut auf den Weg gebracht wurde, jetzt Stück für Stück zerschlagen wird. Das sind die Probleme, die wir haben, und dagegen wenden wir uns als GRÜNE Fraktion ausdrücklich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Antrag der SPD will Kulturbeauftragte in allen Schulen. Aber ich frage mich, mit welchen Ressourcen. Dazu wird nichts gesagt, das soll haushaltsneutral geschehen und parallel zu den Aufgaben, die ohnehin an allen Schulen bestehen. Sie wollen das Netzwerk weiter ausbauen, aber dafür braucht man keinen Antrag, das Netzwerk gibt es schon, das wird sich wohl automatisch entwickeln. Letztendlich kann ich hier überhaupt keine neuen Initiativen entdecken. Das ist mit Sicherheit nicht die Lösung der Probleme, die aus der Stellungnahme der LAG Kinder- und Jugendkultur hervorgehen.

Leider muss ich in Richtung CDU sagen, dass wir auch Ihren Antrag nicht für die richtige Lösung halten, denn nur ein einmaliger Besuch in einer Einrichtung nach dem Motto "Kinder aus den benachteiligten Stadtteilen, hört euch mal eine Geige an" wird mit Sicherheit keine kulturelle Bildung bewirken.

(Dietrich Wersich CDU: Es ist ein bisschen mehr drin!)

Das Arbeitsgremium gibt es schon, lieber Herr Wersich.

(Dietrich Wersich CDU: Sie haben den An- trag sehr sparsam gelesen!)

Wir haben uns das sehr genau durchgelesen.

Das Arbeitsgremium, das von der CDU vorgeschlagen wird, gibt es schon. Und zu einem Medienführerschein kann man nur sagen, kulturelle Kompetenzen lassen sich nun einmal nicht messen. Der Antrag der CDU ist also nicht die Lösung für unsere Probleme.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unsere Lösungen beziehungsweise unsere Forderungen heißen, dass wir erst einmal ein grundlegend anderes Verständnis von kultureller Bildung brauchen. Wir brauchen einen viel stärkeren Einbezug von außerschulischen Einrichtungen, Ganztag als Stichwort. Wir brauchen vor allen Dingen

(Karin Prien)

eine andere Finanzierung von Honorarkräften; 23 Euro sind zu wenig. Von den 194 Millionen Euro, die ausgegeben werden für kulturelle Bildung, sind nur 4 Millionen Euro für außerschulische Einrichtungen. Das kann doch nicht reichen, und es spricht doch Bände, dass angeblich nur Lehrerinnen und Lehrer kulturelle Bildung leisten können. Das ist absurd.

Wir brauchen außerdem Websites, um das Matching voranzutreiben, suchende Schulen und Einrichtungen, die das tatsächlich bieten können, was wir brauchen. Wir brauchen nicht zuletzt, wenn es schon Kulturbeauftragte geben soll, auch Ressourcen nach dem Vorbild der Kulturagentinnen und –agenten an den Stadtteilschulen. Wir brauchen außerdem vor allen Dingen Handlungsempfehlungen für Schulen, damit sie wenigstens eine Leitlinie haben, wie kulturelle Bildung umzusetzen ist, und wir brauchen eine kulturelle Schulentwicklung.

Die Bedeutung kultureller Bildung, das möchte ich noch einmal deutlich sagen, ist kein Gedöns. Es ist für uns der Schlüssel zur Inklusion, ein Schlüssel zum Verstehen der Welt und auch ein Weg zur Selbstbestimmung. Das ist kulturelle Bildung. Ich frage mich jetzt natürlich nach dem Kultur- und Schulausschuss, wo wir das Thema besprochen haben, was man von einem Senator erwarten kann, für den sich kulturelle Bildung in den drei Unterrichtsfächern Kunst, Musik und Theater erschöpft, dem jährlichen Museumsbesuch und dem Vorlesen des Weihnachtsmärchens. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Suding von der FDP-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Kulturelle Bildung ist ein zentraler Bestandteil der Allgemeinbildung, und es ist folglich unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass kulturelle Bildung keine Frage der Schulform, des Alters oder des Geldbeutels der Eltern ist. Gleichwohl bedeutet es nicht, dass wir mit einfachen oder pauschalen Lösungen dafür sorgen können, diesem Anspruch gerecht zu werden. Seit Langem befassen sich deshalb der Kultur- und der Schulausschuss gemeinsam mit dieser Thematik, wenn auch nicht intensiv genug. Herausgekommen ist dabei jedenfalls wenig, wie auch der vorliegende Antrag zeigt.

Für uns ist wichtig, dass die Schulen zum einen ihrem Profil entsprechend Angebote schaffen und dass wir darüber hinaus auch Angebote unterbreiten. Ganz wesentlich kommt es dabei natürlich, das ist schon angeklungen, auf die externen Partner an. Dabei sind wir dann ganz schnell bei dem eigentlichen Kern des Problems, und das ist die Finanzierung. Ohne eine auskömmliche Finanzie

rung potenzieller Partner der Schulen wird das Angebot immer sehr überschaubar bleiben.

Wir sind in Hamburg in der glücklichen Lage, eine große Anzahl ausgezeichneter Träger der Kinderund Jugendkultur zu haben. Ich will da beispielhaft das TUSCH-Theater nennen, das Projekt, das inzwischen seit sieben Jahren sehr wertvolle Partnerschaften organisiert. Aber es gibt auch noch viele Initiativen, die abseits des öffentlichen Fokus stehen, zum Beispiel die CAMERATA, die mit ihren Partnerschaften musikalische Bildung an Grundschulen unterstützt und dabei bisher kaum mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Und mit der LAG Kinder- und Jugendkultur haben wir vor Ort auch eine gute Koordinierungsstelle.

Wie aber schon die Debatte um das Rahmenkonzept Kinder- und Jugendkultur gezeigt hat, genügt es nicht, sich einfach auf dem Status quo auszuruhen. Derzeit fehlt es dem Senat und allen voran der Kulturbehörde an einem Konzept, in welche Richtung das Angebot denn überhaupt weiterentwickelt werden soll. Visionen und Ideen gibt es bei den Trägern genug. Allerdings wird das finanzielle Ausbluten der Träger durch den Senat dann eben zur Folge haben, dass das Angebot über kurz oder lang eingeschränkt werden muss. Das ist keine neue Debatte, wir führen sie schon lange, aber wir werden sie weiterhin führen müssen.

Meine Damen und Herren! Kommen wir zum vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion. Die Ernennung eines Kulturbeauftragten an jeder Schule und die Verknüpfung mit einem Qualifizierungs- und Fortbildungsangebot klingen auf den ersten Blick ganz gut. Aber wir müssen damit rechnen, und das hat auch die Vergangenheit gezeigt, dass hier so verfahren wird wie bei allen anderen Ausgabenausweitungen der letzten Jahre. Es findet sich nämlich kein Wort zur Finanzierung oder zur anderweitigen Entlastung der Schulen. Die für die Arbeit des Kulturbeauftragten benötigte Zeit wird wieder einmal aus den vorhandenen Zeiten des Lehrerarbeitszeitmodells genommen werden müssen. Das ist bei allen großen und kleinen Reformen und Vorhaben der vergangenen Jahre, von der Einführung der Stadtteilschulen über die Umsetzung der Inklusion bis zur Ausweitung der Ganztagsschulen, immer der Fall gewesen. Im Klartext heißt das, die Kulturbeauftragten an vielen Schulen werden aller Voraussicht nach nichts als eine leere Hülle bleiben.

Ich bedauere sehr, dass die SPD-Fraktion wieder einmal mehr die Überweisung an die Ausschüsse ablehnt und an inhaltlichen Beratungen offenbar gar nicht interessiert ist. Wir werden deshalb diesem Punkt auch nicht zustimmen. Wir werden darüber hinaus aber den Prüfaufträgen zustimmen. Uns allen muss aber klar sein – das sage ich vor allen Dingen an die Adresse der SPD-Fraktion –, zum Nulltarif wird es einen Ausbau der Angebote

(Dr. Stefanie von Berg)

aufseiten der Schulen und auch bei den externen Partnern nicht geben. Ich hoffe sehr, dass die SPD-Kollegen das im Hinterkopf haben. Wenn wir in den laufenden Haushaltsberatungen zu diesem Punkt kommen, ist es nämlich Zeit, wirklich Farbe zu bekennen.

Einige Worte noch zum Zusatzantrag der CDU. Das Konzept liest sich durchaus interessant, allerdings sind Ähnlichkeiten zum Medienführerschein, dessen Sinnhaftigkeit sich mir nach wie vor nicht erschließt, sehr deutlich. Niemandem ist geholfen, wenn wir immer neue Gremien und neue Bürokratie einführen, letztlich aber dann das Ziel eines breiten kulturellen Bildungsauftrags aus den Augen verlieren.

Aber die FDP-Fraktion unterstützt das Überweisungsbegehren der CDU. Vielleicht lassen sich in den Ausschussberatungen einige Vorbehalte, die wir haben, aus der Welt schaffen. Sollte die SPD auch dazu nicht bereit sein, werden wir uns der Stimme enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat das Wort Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

– Wenn jemand zuhört.

(Dietrich Wersich CDU: Ich störe sogar, wenn du redest! Das kennst du doch!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kulturelle Bildung, Herr Wersich, ist das entscheidende Moment für diese Stadt in den nächsten Jahren, denn wenn wir uns gegenwärtig die Schüler ansehen und die Kinder in den Kindergärten, dann sehen wir, welche unterschiedlichen migrantischen Wurzeln sie haben. Wir werden das Problem der Zusammenarbeit und des Zusammenhalts dieser Schüler nur dann lösen können, wenn wir nicht nur über die Sprache arbeiten, sondern über alle Sinne, über die Menschen verfügen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das ist eine entscheidende Möglichkeit, und dementsprechend kann man auch den Wert und die Bedeutung der kulturellen Bildung nicht kleinhalten.

Frau Vértes-Schütter, es ist völlig richtig, wir haben eine gute Tradition in dieser Stadt, wir haben vielfältige Akteure. Deswegen sollte man ganz besonders aufpassen, wenn wichtige Akteure – Akteurinnen vor allem, Frau Sudmann, Entschuldigung, die Erziehung hat bei mir immer noch nicht so richtig geklappt, ich habe da noch Defizite, das gebe ich zu –,

(Beifall bei der LINKEN)

und Akteurinnen uns plötzlich sagen, dass die aktuelle Situation der kulturellen Bildung in der Stadt bedroht ist. Und warum ist sie bedroht? Wenn das die wichtigen Akteurinnen sagen, dann müssen bei uns doch alle Glocken klingeln. Es geht nämlich nicht darum – Frau Vértes-Schütter, Sie kennen auch die Akteurinnen genau genug –, dass sie irgendwie ein paar Euro mehr haben wollen, sondern sie sind in ihrer Existenz bedroht. Sie sind nicht nur dadurch bedroht, dass sie durch diese 0,88 Prozent weniger Geld zur Verfügung haben, sondern auch dadurch, dass es uns nicht gelingt, eine neue Generation von Akteurinnen zu bekommen, die in der Lage ist, diese Aufgaben zu erfüllen.

Und es gelingt uns auch nicht, mit Herrn Rabe gemeinsam eine Zusammenarbeit zu erreichen, die aber absolut notwendig ist bei der ganztägigen Betreuung am Nachmittag. Dort haben nämlich die kulturellen Akteurinnen bisher im Wesentlichen gearbeitet. Dieser Zusammenhalt zwischen den Akteurinnen außerhalb der Schule und in der Schule klappt nicht vernünftig. Das wurde uns bei den Anhörungen deutlich gesagt, und das müssen wir auch aufnehmen. Dazu reichen aber Ihre Antworten nicht aus.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)