Abgesehen von der gesellschaftlichen Teilhabe gibt es noch ein weiteres Argument, nämlich den Fachkräftemangel, und zwar nicht im Sinne von Informatikerinnen und Informatikern, sondern Fachkräfte mit digitaler Kompetenz. Wir wissen, dass das Delta zwischen Angebot und Nachfrage von Menschen mit digitaler Kompetenz steil steigt, das heißt, es kommt ein riesiger Fachkräftemangel auf uns zu. Es haben tatsächlich einfach zu wenige Menschen digitale Kompetenz. Nicht umsonst hat Sigmar Gabriel – er dürfte der SPD bestens bekannt sein – auf dem IT-Gipfel gefordert, digitale Kompetenz müsse prioritär in den Schulen verankert werden, und das geht nur mit Informatik als Pflichtfach in der Sekundarstufe I.
Der Status quo in unserer Stadt ist allerdings, dass Schülerinnen und Schüler ihre digitale Kompetenz nicht wegen, sondern trotz der Schule erwerben, und das funktioniert gerade an unserem Medienstandort Hamburg überhaupt nicht. Hier müssen wir dringend nachbessern. Die Lösung ist tatsächlich ganz einfach: Wir führen Informatik als gleichberechtigtes Fach im Lernbereich Naturwissenschaften und Technik ein, die Lehreraus- und –fortbildung wird angepasst, und wir werden gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und außerdem noch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben hier wieder einen Antrag vorliegen, der die grundlegende Frage stellt: Wollen wir in die selbstverantwortete Schule wieder eingreifen? Wir haben das schon häufiger getan. Ich erinnere an das Fach Theater, das wir flächendeckend an den Schulen eingeführt haben, und man muss schon kritisch hinterfragen, ob wir das zusätzlich machen wollen. Es gibt die Forderung, das Fach Wirtschaft einzuführen, es gibt die Forderung, das Fach Pädagogik einzuführen, das Fach Glück soll flächendeckend eingeführt werden.
Bei all diesen Forderungen müssen wir kritisch hinterfragen, ob wir das so machen wollen. Wir haben es in dieser Legislaturperiode nicht geschafft, uns
damit intensiver im Schulausschuss zu beschäftigen und über die selbstverantwortete Schule einmal genauer nachzudenken. Zumindest müssen wir genau hinschauen, und die Frage haben Sie eben nicht beantwortet, Frau von Berg: Wenn wir ein Pflichtfach mit einer gewissen Stundenzahl in der Kontingentstundentafel einführen, dann ist das wie eine Waage, dann müssen wir auch irgendwelche Stundenzahlen absenken.
Wir haben im Schulausschuss viel darüber diskutiert, dass auf den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch ein Schwerpunkt liegen soll. Wir haben jetzt gesagt, dass ein Rechtschreibprogramm aufgelegt werden soll, und der Senat hat angekündigt, dass das Fach Mathematik mit mindestens vier Wochenstunden unterrichtet werden muss. Das sind alles wichtige Schritte. Wir sollten uns das im Schulausschuss noch einmal genauer ansehen, und vielleicht gibt es da auch von den GRÜNEN eine Idee, wie wir eine Kontingentstundentafel verändern sollen, denn wir müssten den Schulen auch sagen, welche Fächer sie dann möglicherweise mit weniger Unterrichtsstunden anbieten sollen.
Kurz noch zum Antrag der CDU-Fraktion: Da geht es gar nicht um das Thema Informatik als Pflichtfach, und da geht auch so einiges durcheinander. Ich will noch einmal versuchen, es Ihnen zu erklären, Frau Prien. Für das Projekt "Start in die nächste Generation" haben sich 21 Schulen beworben und sechs sind genommen worden. Es geht nicht darum, den Informatiklehrplan von diesen sechs Schulen zu entwickeln, sondern es geht um die Einbindung digitaler Lernumgebung. Und dann gibt es ein zweites Projekt, bei dem es darum geht, dass vier ausgewählte Schulen den Informatiklehrplan für die anderen Hamburger Schulen mitentwickeln sollen. Das geht in Ihrem Vortext ein bisschen durcheinander. Dann schreiben Sie in Ihrem Petitum, dass jetzt eine Strategie entwickelt werden soll, aber es gibt natürlich schon eine ITStrategie mit einer begleitenden wissenschaftlichen Evaluation. Wenn Sie noch etwas Genaueres über die IT-Strategie des Senats oder der Schulbehörde wissen wollen, dann verweise ich Sie auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 17. April; darin können Sie alles Genauere zur ITStrategie noch einmal nachlesen.
Dieser Antrag ist überflüssig, die Arbeitsgruppe zu diesem Bereich gibt es bereits in der Schulbehörde, und deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen. Es lohnt sich aber, über den Antrag der GRÜNEN Fraktion im Schulausschuss weiter zu diskutieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal vielen Dank an die GRÜNEN dafür, dass sie das Thema durch ihren Antrag heute auf die Tagesordnung gebracht haben. Wir brauchten zwar Herrn Gabriel jetzt nicht dafür mit seinem Satz, den Sie schon ansatzweise zitiert haben, der sich wünscht, dass digitale Kompetenz ganz oben auf die Lehrpläne kommt. Er ist sonst nicht dafür bekannt, sich in schulischen Dingen besonders gut auszukennen, aber in dem Fall hat er sicherlich recht, dass wir da Nachholbedarf haben.
Dass die Informations- und Kommunikationstechnologie eine der Schlüsseltechnologien ist, die zu der weiteren positiven wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land beitragen werden, und dass die digitale Revolution natürlich noch nicht abgeschlossen ist, wie manche behaupten, dürfte inzwischen unstreitig sein. Dass wir dafür eine Generation von Schülerinnen und Schülern brauchen, die möglichst IT-affin und neugierig sind und Lust haben, nicht nur IT-Geräte als Endnutzer zu bedienen, sondern darüber hinaus auch Freude am Programmieren und am Weiterentwickeln haben, dürfte auch unstreitig sein. Ob allerdings Ihr Vorschlag, Frau von Berg, jetzt wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, also ob es so einfach ist, aus dem Wahlfach jetzt wieder ein Wahlpflichtfach zu machen, und dann läuft das alles, das glaube ich ehrlich gesagt nicht.
Das Thema selbstverantwortete Schule haben Sie zu Recht angesprochen, Herr Holster, aber darüber hinaus ist es natürlich auch so, dass wir leider die Lehrkräfte nicht haben, weil wir bisher keine Informatiklehrer ausbilden, und daran hat es natürlich bei der Unterrichtung an vielen Schulen bisher ein bisschen gehapert. Das ist teilweise ein ziemliches Spezialistenfach gewesen, es wurde auch teilweise nicht von Lehrern, sondern von Externen unterrichtet. Und ich glaube, einfach nur von oben zu dekretieren, wir machen jetzt einmal Informatikunterricht an allen Schulen, das würde den richtigen Erfolg nicht bringen.
Darüber hinaus glaube ich auch, dass Informatik allein gar nicht das Thema ist, sondern es geht um Medienerziehung – damit haben wir uns auch sehr intensiv beschäftigt – und um Informatik. Eine Mischung aus beidem ist sicherlich das, was Sie vorhin als Basiskompetenz definiert haben, die jeder Schüler und jede Schülerin heute haben müsste. Das schaffen Sie aber nicht dadurch, dass Sie die Qualität von Informatik als Fach einmal eben verändern, ganz abgesehen davon, dass dieses "Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln" beim Fä
Aus diesem Grunde haben wir zwar Ihren Ansatz gerne aufgegriffen, meinen aber, dass es um mehr geht. Es geht um digitale Schule. Übrigens muss auch nicht jede Schule digitale Schule werden, auch das wäre falsch, sondern es geht darum zu überlegen, wie man peu à peu ein Angebot an Hamburger Schulen schaffen kann, die eine digitale Schule sein sollen. Dazu gehören natürlich die technischen Voraussetzungen, die wir lange nicht an allen Schulen haben – an den meisten Schulen haben wir sie nicht –, aber dazu gehören auch Lehrerinnen und Lehrer, die das vernünftig unterrichten können. Auch die haben wir nicht. Deshalb unser Antrag, der in eine etwas andere Richtung geht.
Ich glaube, dass wir uns im Ziel einig sind, allerdings nicht hinsichtlich des Weges, der uns dorthin bringen soll. Wir meinen, dass man intensiv über einen neuen Lehrplan nachdenken muss, und ich habe mir diesen neuen Bildungsplan Informatik, den Sie erwähnt haben, vorhin auch angeschaut. Da kriegt man wirklich die Krise. Es sind 25 Seiten Bildungsplan, davon sind 20 Seiten – Entschuldigung – dieses allgemeine Kompetenzgelaber, das in jedem Bildungsplan für Hamburger Schulen steht, und fünf Seiten von den 25 befassen sich dann einmal mit dem, was Informatik sein soll. Das ist einfach zu dünn und auch keine Grundlage für einen vernünftigen Informatikunterricht an Hamburgs Schulen.
Deshalb bitten wir Sie, unseren Antrag zu unterstützen, der darauf abzielt, Hamburger Schulen auf Dauer bis 2020, wie das Ihr Bundesvorsitzender Sigmar Gabriel, unser aller Bundeswirtschaftsminister, auch gefordert hat, in digitale Schulen weiterzuentwickeln. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass wir 2020 vielleicht nicht an allen, aber an vielen Hamburger Schulen zumindest einzelne Zweige mit digitalen Klassen haben, die entsprechend technisch ausgestattet sind und nicht nur einen umfassenden Lehrplan für Informatik haben, sondern auch Medienerziehung und Informatik als Querschnittsaufgabe miteinander verbinden. Das wäre ein Ziel, und dafür, Herr Senator und lieber Herr Holster, gibt es vonseiten der Behörde bisher überhaupt keine Planung. Sie haben nichts, aber auch gar nichts konkretisiert in dieser Hinsicht, und insofern haben Sie den Mund eben ganz schön voll genommen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das mit "unser aller Minister" möchte ich für unsere Fraktion doch einmal infrage stellen.
Aber zurück zum Thema: Vor 100 Jahren wurde noch darüber diskutiert, ob Biologie, Chemie und Physik unbedingt einen Platz im Stundenplan bräuchten. Diese Diskussion ist, wie wir heute gesehen haben, überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Die naturwissenschaftlichen Fächer gehören natürlich zum Fächerkanon. Politik und Wirtschaft sind sich darüber einig, wie wichtig die MINT-Fächer für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind – so weit, so gut. Was vor 100 Jahren die MINT-Fächer waren, ist heute Informatik. Die Informations- und Kommunikationstechnologie hat sich in den vergangenen Jahren so rasant entwickelt, dass man kaum noch hinterherkommt. Deshalb müssen natürlich die Kinder heute schon frühzeitig lernen, wie sie zu kompetenten und vor allem auch verantwortungsbewussten Nutzern von Informations- und Kommunikationstechniken werden. Da gebe ich Frau Prien recht, es ist mindestens genauso wichtig, dass wir die Erziehung der Kinder an den Schulen in der Beziehung weiter fördern und nicht einfach nur Informatik obendrauf hauen. Dazu gehört aber auch, dass die Kinder verstehen, was hinter dieser Technik steht. Wir Eltern können unseren Kindern, jedenfalls kann ich das für mich sagen, nicht so richtig viel beibringen. Die Wirtschaft klagt seit Jahren über einen Fachkräftemangel bei Informatikern.
Vor diesem Hintergrund, das möchte ich auch für uns sagen, haben wir große Sympathie für den Antrag der GRÜNEN. Wir fragen uns aber, wie das gestaltet werden soll. Wie soll das in der Praxis funktionieren? Hamburger Schüler haben immense Probleme in den sogenannten Kernfächern. Gerade erst wurden wieder einmal Defizite in Mathe deutlich. Sogar Senator Rabe, der nicht gerade für seine selbstkritische Herangehensweise bekannt ist, hat das Problem erkannt und eine Mathematikoffensive angekündigt. Die Situation in Deutsch ist nicht sehr viel besser. Lehrer an Stadtteilschulen und Gymnasien sind entsetzt über die Rechtschreibfähigkeit der neuen Fünftklässler. Sie müssen viel Zeit und Energie darauf verwenden, diese fehlenden Rechtschreibkenntnisse nachzuholen. Gleichzeitig sind sich alle Fraktionen einig, dass die Schüler nicht mehr als 34 Wochenstunden haben sollten. Wenn aber nun die Kernfächer gestärkt und der Stundenplan nicht überfrachtet werden soll, wie soll denn dann Informatik als Pflichtfach integriert werden? Diese Frage bleibt für mich unbeantwortet. Deswegen kann ich der SPD in diesem Zusammenhang nur sagen, dass wir die Idee interessant finden und gerne im Schul
"Lobbyisten fordern immer neue Schulfächer, von Erster Hilfe bis Verbraucherschutz. Lehrer und Politiker stöhnen […]"
Gefordert werden Fächer wie Ernährung, Medienkompetenz, Glück – Sie haben darauf hingewiesen, Herr Holster – oder wie gerade von der CDUFraktion Wirtschaft als Unterrichtsfach.
Und nun kommen die GRÜNEN und wollen gern das Unterrichtsfach Informatik. Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir aufgrund der Initiative G8/G9 an Gymnasien eine intensive Diskussion im Plenum und im Schulausschuss darüber geführt, dass die Unterrichtsdichte viel zu groß ist und die Lehrpläne abgespeckt werden müssen. Auf der anderen Seite kommen Sie jetzt wieder daher und wollen etwas Zusätzliches. Ich teile die Auffassung von Herrn Holster, dass die GRÜNEN zwar eine Idee haben, aber nicht gesagt haben, wie sie damit umgehen wollen.
Sollen jetzt die Schülerinnen und Schüler mehr Wochenstunden bekommen, dann muss man das laut und deutlich sagen, aber es steht im krassen Widerspruch zu dem, was wir bei G8 und G9 diskutiert haben. Ich habe die interessante Frage gehört, ob denn alle Biologie- oder Chemieunterricht bekommen müssen. Da sage ich als alte Biologieund Chemielehrerin aber ganz klar Ja, das kann nicht anders gehen. Aber wenn Sie sagen, Informatik gehöre zu den Naturwissenschaften, dann müssen Sie auch sagen, in welchen Fächern Sie meinetwegen Epochenunterricht machen wollen oder von zwei auf eine Wochenstunde heruntergehen wollen, auch wenn man ein Fach mit nur einer Wochenstunde schon fast vergessen kann. Wir haben Chemie und Biologie immer nur mit zwei Wochenstunden, es sei denn, es ist ein Profil. Wir haben vom Senator gehört – das geht auch ein bisschen auf unsere Initiative zurück, was die Mathematikergebnisse gerade in der Mittelstufe der Stadtteilschule anbetrifft –, dass die Wochenstundenzahl für Mathematik heraufgesetzt wird. Ich habe das bisher immer so verstanden, dass Informatik im Fach Mathematik auch gut aufgehoben wäre. Das könnte man auch gut integrieren, und ich weiß von vielen Schulen, die das im Oberstufenprofil so
Ich bin gespannt auf die Diskussion im Schulausschuss. Den CDU-Antrag lehnen wir ab, aber grundsätzlich haben wir große Skepsis, wenn jeden Monat ein neues Schulfach gefordert wird.