Protokoll der Sitzung vom 11.09.2019

Wer also möchte den Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 21/18184 an den Ausschuss für Justiz und Datenschutz überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig überwiesen worden.

Ich rufe auf Punkt 35, Antrag der GRÜNEN und SPD-Fraktion: Gemeinsame Resolution der Hamburgischen Bürgerschaft mit dem gemeenteraad von Rotterdam: Kooperation der Hafenstädte bei der Reduktion von Schiffsemissionen.

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Gemeinsame Resolution der Hamburgischen Bürgerschaft mit dem gemeenteraad von Rotterdam: Kooperation der Hafenstädte bei der Reduktion von Schiffsemissionen – Drs 21/18176 –]

Die Fraktionen der LINKEN und der FDP möchten diese Drucksache an den Ausschuss für Umwelt und Energie überweisen, die CDU-Fraktion an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien.

Wird dazu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Herr Lorenzen erhält das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt reden wir nicht mehr über Anwälte und Juristen; wir sind jetzt im Hafen unterwegs, und dort brauchen wir die relativ selten.

(Michael Kruse FDP: Da kennst du dich doch gar nicht aus! – Heiterkeit)

Besser als du.

Saubere Luft. Saubere Luft möchten alle Hafenstädte haben, das ist kein Problem der politischen Mehrheiten, der politischen Machbarkeit. Ein Beitrag zum Klimawandel und zur Reduktion von CO2, auch das ist im Großen und Ganzen keine Frage der politischen Mehrheiten, Ausnahmen bestätigen die Regeln. Auch die technische Machbarkeit ist in Wirklichkeit nicht das ganz große Problem, wir haben viele Dekaden verpasst, hier umzusteuern. Unser Problem, die Häfen sauberer zu machen, liegt eher in der sehr internationalen globalen Schifffahrtsindustrie begründet. Die ständige

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

Angst, Wettbewerbsnachteile einzuheimsen, dadurch Geschäfte zu verlieren, ist allgegenwärtig. Wir machen jetzt einen ersten starken Aufschlag, um das zu durchbrechen. Wir wollen nicht mehr, dass wir Hafenstädte gegeneinander ausgespielt werden, um unsere Häfen sauberer zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Was haben wir getan? Wir waren in Rotterdam. Wir haben mit unseren Kollegen in Rotterdam einen intensiven Austausch begonnen. Wir werden eine Konferenz machen mit den Häfen, den Akteuren der Nordrange. Wir möchten möglichst schnell zu verbindlichen Regelungen kommen, wie wir CO2 in unseren Häfen reduzieren, wie wir Feinstaub reduzieren, wie wir Stickoxide reduzieren und wie wir Schwefeldioxide reduzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dieses Handeln in Kooperation – und ich hoffe, dass es der erste von vielen Anträgen und Aktionen in diese Richtung ist – ist der einzige Weg, wie wir hier in einem globalen Geschäftsfeld effektiv vorankommen können. Was wir nicht wollen, das möchte ich ausdrücklich betonen: Wir wollen nicht den Wettbewerb, den fairen, den konstruktiven Wettbewerb zwischen den Häfen behindern. Ja, wir sind in einem Wettbewerb mit Rotterdam, und ja, wir werden Erfolge erzielen, wir werden vielleicht auch Rückschläge haben. Ja, vielleicht werden wir auch beim reinen Zählen von Containerumschlag ein bisschen ins Hintertreffen geraten. Wir wollen aber die Wertschöpfung in unseren Häfen nach vorn bringen.

Das haben wir nicht getan.

Aber auch unsere Hafenakteure, unsere Port Authorities gehen in diesem Bestreben der Kooperation voran. Ich habe mir das jetzt aufgeschrieben, sonst verwechsele ich die Wörter.

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

Ja, du kriegst es immer alles zusammen.

Also, im World Ports Climate Action Program haben sich anfangs sieben Hafenstädte zusammengeschlossen. Mittlerweile sind es 13 Hafenstädte, und mich freut besonders, dass sich mit Busan in Südkorea auch ein asiatischer Hafen diesem ambitionierten Programm zur Reduktion von CO2 in unseren Häfen angeschlossen hat.

(Zuruf: Ein Applaus!)

Da kann man Busan einmal applaudieren, ja. Das war jetzt nicht unsere Leistung, aber dazu kann man auch einmal gratulieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Was passiert? Wir werden diese Konferenz haben. Wir werden den Austausch innerhalb der Nordrange intensivieren. Wir werden auch den Aus- tausch mit unseren Partnerhäfen in Deutschland, insbesondere Warnemünde, Rostock, Bremerhaven, Kiel, Lübeck, zum Thema Kreuzfahrt intensivieren. Wir wollen auf allen Ebenen dafür sorgen, dass wir über Kooperation kleine und wichtige Schritte, kontinuierliche Schritte dazu gehen, unsere Häfen sauber zu machen. Ich bitte Sie alle um Unterstützung. Ich bitte insbesondere auch die Oppositionsparteien, die Parteifreundinnen und Parteifreunde in den anderen Stadt- und Hafenparlamenten anzusprechen, dass wir weiterhin solche Kooperationen nach vorn bringen. – Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Lorenzen. – Als Nächster erhält das Wort Joachim Seeler für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns mit dem Klimaschutz in der maritimen Wirtschaft speziell in Hamburg befassen, müssen wir, glaube ich, einmal kurz feststellen, wo wir eigentlich stehen, um dann zu schauen, welche Maßnahmen nötig sind, damit wir das weiterentwickeln können.

Wir haben in Hamburg in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Wir haben beispielsweise eine hohe Anzahl von regenerativer Stromerzeugung durch Solar und Windkraft im Hafen. Wir haben erste Terminals, die emissionsfrei umschlagen, wie Altenwerder. Wir haben das Hafengeld ökologisch gestaltet. Wir sind dabei, die städtische Flotte emissionsfrei umzubauen. Und wir haben bei unserem Hinterlandverkehr den höchsten Anteil von Bahnverkehr im Vergleich zum Lkw-Verkehr und damit den umweltfreundlichsten Hinterlandverkehr in der Nordrange. Insgesamt hat der Hamburger Hafen in den letzten zehn Jahren 20 Prozent CO2 eingespart. Das ist schon ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann, und in der Tat ist heute schon der Hamburger Hafen der Green Port in Europa.

(Beifall bei der SPD)

Aber wir wissen, wenn wir die ehrgeizigen und notwendigen Ziele des Klimaschutzes gemäß des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen wollen, müssen wir feststellen: Das reicht nicht. Wir müssen deutlich ehrgeizigere Ziele setzen, und wir müssen nicht nur Ziele setzen, wir müssen vor allem die Maßnahmen einleiten, um sie zu erreichen. Das hat für die maritime Wirtschaft, für die Umschlagbetriebe von Klein bis Groß, für die Reede

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dora He- yenn und Dr. Mathias Petersen, beide SPD – Zurufe: Das hat ihr doch schon geschafft! – Michael Kruse FDP: Durch Unterlassen!)

(Dominik Lorenzen)

reien, für die Schiffsindustrie, für den Schiffbau und für viele Betriebe, die im Hafen tätig sind, sehr weitgehende Folgen. Machen wir uns nichts vor: Wenn wir diese Ziele mit der Emissionsreduzierung wirklich umsetzen wollen, ist das für die maritime Wirtschaft schon fast ein disruptiver Akt, insbesondere wenn wir das in einem zeitlich begrenzten Rahmen erreichen wollen und uns nicht Jahrzehnte Zeit lassen wollen, sondern es möglicherweise in den nächsten Jahren umsetzen. Es ist eine große Herausforderung für die Betriebe und für die Beschäftigten, diese Ziele zu erreichen. Und in diesem Zusammenhang müssen wir alles tun, damit wir zusätzliche Wettbewerbsnachteile vermeiden.

In der Drucksache ist eine Strategie angelegt, wie wir das machen können: indem wir natürlich nicht spezifisch und allein in Hamburg einen Regulierungsrahmen für die Emissionsreduzierung vorgeben, sondern indem wir uns mit unseren Wettbewerbern auf gemeinsame Standards verabreden und dadurch spezifische Wettbewerbsnachteile für Hamburg, den Hamburger Hafen und die Hamburger Unternehmen vermeiden. Der Grundgedanke ist, dass wir damit die Klimaschutzziele schneller und wirksamer erreichen und gleiche Ausgangsvoraussetzungen für die maritime Wirtschaft in Nordeuropa haben. Und natürlich ist unser Ziel, dass wir dann auch die westeuropäischen Häfen einbinden. So wie die USA etwa die Westküste Nordamerikas emissionsfrei gestalten möchte, ist unser Ziel, die Westküste Europas emissionsfrei zu gestalten. Und das ist der erste Anfang.

(Beifall bei der SPD)

Ein erster Schritt ist die Kooperation mit Rotterdam. Das ist mit den Grünen im Rotterdamer Stadtrat besprochen, wir haben es mit der Partij van de Arbeid, der Partei der Arbeit, entsprechend beschlossen. Die wird diesen Antrag parallel zu uns einbringen. Das ist ein erster Schritt. Dazu kommt, dass der Hamburger Senat die Häfen der Nordrange nach Hamburg einlädt – noch in den nächsten Monaten –, um eine Klimaschutzkonferenz auf den Weg zu bringen, auf der verbindliche Ziele und verbindliche Maßnahmen miteinander besprochen werden. Der nächste Schritt ist dann, dass wir der Europäischen Union vorschlagen, die Ergebnisse dieser Konferenz in Europa verbindlich zu machen. Ich glaube, so bekommen wir Tempo in die Klimaschutzmaßnahmen, sodass die maritime Industrie auch kurzfristig einen nennenswerten Beitrag liefern kann, damit wir die Klimaschutzziele erreichen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Ziel wird also sein, dass wir bis spätestens Ende nächsten Jahres diesen Regelrahmen vereinbart haben.

Etwas anderes ist es, das muss man auch ganz offen sagen, wenn bei dieser Kooperation am Ende nichts herauskommt. Es ist nicht garantiert, dass wir hier wirklich zu Ergebnissen kommen. Dann wird Hamburg sich natürlich überlegen müssen, doch einen gesonderten Weg zu gehen. Aber wir setzen große Hoffnungen darauf – und ich glaube, wir haben auch die Mehrheiten bei den anderen Häfen –, dass wir zu einem Konsens kommen und gemeinsame Ziele, gemeinsame Maßnahmen miteinander definieren.

Also zusammengefasst: Hamburg hat viel erreicht in den letzten Jahren. Wir sind große Schritte nach vorn gekommen im Bereich der Emissionsreduktion im Hamburger Hafen. Wir wissen, es reicht nicht aus. Wir müssen mehr tun. Und dieses Mehr wollen wir gemeinsam erreichen mit unseren Partnern und Wettbewerbern in der Nordrange und möglichst auch darüber hinaus an der Westküste Europas in den entsprechenden Hafenstädten. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu diesem Antrag und dem dort vorgeschlagenen Vorgehen. Ich glaube, damit tun wir etwas Gutes für das Klima und etwas Gutes für den Umweltschutz und Hamburg leistet hier entsprechend seinen Beitrag. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke, Herr Seeler. – Als Nächster erhält das Wort jetzt Ralf Niedmers für die CDU-Fraktion.

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier ein wunderschönes Beispiel für einen Placebo-Antrag von Rot-Grün, denn dieser Antrag enthält im Wesentlichen nur Ansammlungen von Absichtserklärungen. Das nennt man in der Wirtschaft auch Kuschelerklärungen; ich habe es an dieser Stelle schon in anderen Fällen erwähnt.

Man muss sich natürlich jetzt die Frage stellen: Was tut Hamburg konkret, um die Reduktion der Schiffsemissionen im Hamburger Hafen voranzutreiben? Wir haben dazu eben ein paar kleinere Beispiele von Dr. Seeler gehört, aber die Big Points, was beispielsweise Kreuzfahrt und große Containerschiffe angeht, hat er vorsichtshalber nicht erwähnt. Und genau da ist das Problem. Die CDU fragt: Wo bleibt der Pioniergeist in Hamburg, bei den Big Points voranzukommen?

(Beifall bei der CDU)

Diese Frage möchte ich gern auch an den Senator weitergeben, dessen Idee ich ziemlich gut finde, etwas für die Wasserstoffproduktion in Hamburg zu tun. Das ist eine gute Sache. Aber es bleibt dabei: Bei den Big Points, was die Schifffahrt angeht, ist sehr viel Luft nach oben.

(Dr. Joachim Seeler)

Ein erstes Beispiel: Containerumfuhren im Hafen. Wir haben es besprochen. Dort ist ganz viel Luft, Tausende Container CO2-neutral umzufahren im Hafen, ohne Lkws zu benutzen. Wir haben in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses gehört, dass noch Tausende Container zusätzlich umgefahren werden könnten, wenn man sich denn nur kümmern würde. Sie wollen es aber auf die nächste Legislaturperiode schieben. Das finden wir unschlau. Da sind Sie weiterhin gefordert.

Das Thema Landstromversorgung ist ein weiteres Beispiel. Auch dort hat Hamburg nicht das geschafft, was es sich als Zielmarke gesetzt hat. Wir fordern den Senat auf, bei diesem Big Point endlich eine Handlungsstrategie offenzulegen. Die fehlt bis heute.

Mein Lieblingspunkt, Sie kennen ihn, ist die LNGVersorgung. Wir wissen, immer mehr Kreuzfahrtschiffe werden Dual-Fuel-fähig gebaut, also auch mit LNG als wesentlicher Antriebsart. Der Senator hat uns jetzt verkündet, er wolle ein Pilotprojekt zum Wasserstoff machen. Aber eine LNG-Richtlinie fehlt bis heute. Dafür müsste er sich endlich einmal mit seinem Senator-Kollegen, dem Umweltsenator, ins Benehmen setzen, denn wir als CDU wollen, dass diese LNG-Richtlinie bis Ende dieser Legislaturperiode kommt – und die dauert nur noch wenige Monate. Also: viel versprochen und nicht belegt. Das ist nicht gut. Denn soll dieser Kooperationsantrag, den Sie vorgelegt haben, bedeuten, dass ein Rotterdamer LNG-Versorgungsschiff im Hamburger Hafen Schiffe versorgt? Das kann nicht ernsthaft gewollt sein. Das kann nicht ernsthaft das Ergebnis solcher Zusammenarbeits-Kuschelerklärungen sein, die Sie hier in Antragsform gegossen haben.

Wir meinen, dass dieses Thema aber insgesamt so wichtig ist, dass es im Wirtschaftsausschuss beraten werden sollte. Deswegen hat die CDU den Antrag gestellt, diese Drucksache an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Ich bin einmal gespannt, wie die Abstimmung gleich ausgeht und ob Sie sich mit den Inhalten dieses Antrags, den Sie mit Ihrer Mehrheit heute vermutlich beschließen werden, im Ausschuss überhaupt befassen oder auch das noch irgendwie bis zum Ende der Legislaturperiode aussitzen wollen. Wir werden uns bei diesem Antrag wegen der verbindlichen Unverbindlichkeit seines Petitums als CDU enthalten. – Vielen Dank.