Protokoll der Sitzung vom 11.09.2019

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, man kann erst einmal feststellen, dass wir in Hamburg eine gute Ausgangssituation darin haben, dass wir eine wachsende Stadt sind. Es gibt in Deutschland viele Regionen und Städte, die

gern diese Probleme haben würden, die wir in Hamburg damit haben, wie wir es schaffen können, dass die soziale Infrastruktur mitwächst. Wir sollten nicht darüber streiten, ob es gut oder schlecht ist, dass die Menschen in Hamburg leben wollen, wie wir noch mehr hierher bekommen oder nicht, sondern wir sollten die Tatsache, dass Hamburg eine lebenswerte Stadt ist, als etwas Gutes akzeptieren und gemeinsam überlegen, wie wir es schaffen können, dass Hamburg für alle seine Einwohner attraktiv bleibt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Meines Erachtens ist Hamburgs Potenzial nicht durch eine spezielle Einwohneranzahl gedeckelt, sondern Hamburgs Wachstum muss sich daran orientieren, wie sich die soziale Infrastruktur qualitativ mitentwickelt. Hierbei spielen natürlich auch alle Varianten von Freibädern, Kombibädern und reinen Sommerfreibädern eine Rolle.

Aber, Frau Blömeke, es werden am Ende des Tages einige Probleme deutlich. Wir haben auch im Sport ein ähnliches Problem. Es ist in vielen Bereichen der sozialen Infrastruktur Tatsache, dass über Jahre hinweg nicht saniert wird und dann große Sanierungsbedarfe entstehen, man gewisse Standorte zusammenführt, einmalig am neuen Standort saniert und auf der freien Fläche hinterher Wohnungsbau schafft. Das kann im Einzelfall sinnvoll sein, ist aber ein Trend, den man arg im Auge behalten muss. Denn wenn solche Einrichtungen erst einmal zusammengelegt worden sind, gibt es keinen Weg mehr zurück. So etwas muss mit Augenmaß und im Einzelfall immer sinnvoll passieren. Wenn ich ein Freibad schließe, dann möchte ich das nur deshalb tun, weil niemand mehr hingeht, und nicht, weil es marode ist. Das darf nicht der ausschlaggebende Grund sein.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der LINKEN)

Und noch ein paar Sachen: Herr Senator, Sie meinten gerade, die Vereine und Verbände seien glücklich über die Wasserzeiten. Ich weiß nicht, ob Sie die Debatte, die wir seit Jahren in Hamburg haben, verfolgt haben. In Hamburg mangelt es massiv an den Wasserzeiten für Vereine, für Verbände, der sogenannte Runde Tisch Schwimmen hat wegen des Streits über die Verteilung der Wasserzeiten jahrelang nicht getagt. Sie bauen teilweise neue Schwimmbäder, die die Vereinsinteressen überhaupt nicht berücksichtigen. Es werden Bahnen gebaut, die nicht lang genug sind, damit Vereine ihren Sport treiben können. Das sind doch Fragen. Gerade wenn wir nun nicht mehr so viele Bäder bauen, sollten wir doch darauf achten, dass die Bäder, die kommen, gerade auch die Anforderungen von Vereinen und Verbänden erfüllen. Dass Sie diese hier in Ihrem Sinne anführen, zeigt, dass

(Christiane Blömeke)

ein Großteil der Debatte der letzten Monate an Ihnen vorbeigegangen ist.

(Beifall bei der FDP und bei Stephan Jersch DIE LINKE, Thomas Kreuzmann CDU und Birte Gutzki-Heitmann SPD)

Das Wort bekommt Herr Lorkowski von der AfD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, wir sollten wieder zum Thema zurückkommen und uns nicht gegenseitig Unterstellungen und Beschimpfungen an den Kopf schmeißen, sondern uns für den Breitensport … Das ist die richtige Infrastruktur, und das ist nun einmal wichtig. Daher brauchen wir öffentliche Bäder in Hamburg, und diese haben wir auch. Für einen Betrieb sind gute Zahlen essenziell wichtig. Bei einem öffentlichen Betreiber sind die Zahlen vielleicht nicht ganz so wichtig wie bei einem privatwirtschaftlichen, doch auch hier gibt es Grenzen. Kann man einen öffentlichen Betrieb wie ein Schwimmbad letztlich nicht einmal in die Nähe der Kostendeckung bringen, so muss es die Möglichkeit geben, den Betrieb einzustellen. Geschieht dies, wird es gute Gründe dafür geben.

Die Fraktion DIE LINKE sagt, die Schließung eines Schwimmbades sei eine soziale Frage. Ich sehe darin eine wirtschaftliche und eine sportliche Frage. Die bedrohten Freibäder in Rahlstedt und Hamm stehen beide bei neuen Quartiersprojekten im Fokus der Planung. Es soll also niemandem etwas weggenommen werden, es soll aufgewertet werden. Warum man sich dagegen so vehement wehren muss, bleibt mir schleierhaft, es sei denn, man will vielleicht eine weitere Bebauung im Quartier generell verhindern.

In Rahlstedt entsteht ein neues Sportzentrum inklusive Hallenbad. Dieses Vorhaben nützt dem Hamburger Sport viel mehr als das Freibad, das jetzt geschlossen wird. In Hamm wird das dortige Freibad am Aschberg dem neuen Quartier Osterbrookhöfe weichen müssen. Gerade bei dem angespannten Wohnungsmarkt kann man ohne Zweifel sagen, dass neue Wohnungen derzeit wichtiger sind als der Erhalt eines Schwimmbades. Die sportliche Infrastruktur bricht also nicht plötzlich weg, die Stadt wächst weiterhin, es wird auch weiterhin gebaut werden müssen. Dafür muss dann leider auch einmal ein unprofitables Freibad geschlossen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Damit ist die Redezeit der Aktuellen Stunde ausgeschöpft.

Wir kommen – Sie werden schon darauf warten – zu den Punkten 2 bis 5, den Wahlen zu verschiedenen Gremien.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung – Drs 21/14765 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung – Drs 21/14934 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Kultur und Medien – Drs 21/14935 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union – Drs 21/18100 –]

Die Fraktionen haben vereinbart, dass diese Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden. Die vier Stimmzettel liegen Ihnen vor, und sie enthalten jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie werden wissen, dass man nur eine Stimme hat und so weiter; das alles will ich jetzt gar nicht weiter erzählen. Sie können Ihre Wahlentscheidung vornehmen. Ich darf die Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln der Wahlzettel nach dem Ausfüllen zu beginnen.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Es wäre hilfreich, wenn die noch befindlichen Stimmzettel hochgehalten werden, damit unsere beiden Schriftführer sie gut einsammeln können. Hier vorn bei Herrn Kruse gibt es noch Stimmzettel. – Dann frage ich, ob alle Stimmzettel abgegeben worden sind. Da kommt noch ein etwas verspäteter Teilnehmer an dieser Wahl. – Dann sehe ich, dass alle Stimmzettel eingesammelt worden sind, und schließe die Wahlhandlung. Sie werden das Ergebnis im Laufe der Sitzung bekannt gegeben bekommen.

Wir kommen zum Punkt 15, der Unterrichtung durch die Präsidentin: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 30. Januar 2019: "Ein leistungsfähiges Bibliothekssystem mit Zukunft: Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen feiern ihr 100. Jubiläum".

(Daniel Oetzel)

Die Wahlergebnisse sind auf Seite 8086 zu finden.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 30. Januar 2019: "Ein leistungsfähiges Bibliothekssystem mit Zukunft: Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB) feiern ihr 100. Jubiläum" – Drucksache 21/15840 – Drs 21/18095 –]

Die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN möchten diese Drucksache an den Kulturausschuss überweisen.

Wird dazu das Wort gewünscht? – Frau VértesSchütter von der SPD-Fraktion bekommt es für fünf Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Januar dieses Jahres den Senat ersucht, über die Aktivitäten rund um das 100-jährige Jubiläum der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen zu berichten, und wir haben ihn darüber hinaus ersucht, über Fortschritte im Rahmen eines umfangreichen Sanierungsprogramms zu berichten, das wir parallel dazu auf den Weg gebracht haben.

Im Rahmen der letzten Befassung ist dafür geworben worden, die Chancen, die mit dem Jubiläum verbunden sind, zu nutzen, die Arbeit der weitreichend stärksten Kultureinrichtung unserer Stadt zu unterstützen und ihre Angebote und Leistungen den Hamburgerinnen und Hamburgern noch stärker nahezubringen. Heute können wir festhalten, dass wir hier ein gutes Stück vorangekommen sind, und vor allem, dass die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen selbst die Chance mit einer gelungenen Kampagne, vielen interessanten Veranstaltungen und einer Jubiläumsschrift, die einen Eindruck davon gibt, wie es gelungen ist, die Hamburger Bücherhallen in die Spitzengruppe der deutschsprachigen öffentlichen Bibliothekssysteme zu bringen, genutzt haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Unser Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den vielen Ehrenamtlichen und selbstverständlich Hella Schwemer-Martienßen, die die Geschicke der HÖB über 25 Jahre lang überaus erfolgreich bestimmt hat und über das Kerngeschäft hinaus die Zeit gefunden hat, die Kinder- und Jugendkulturarbeit in dieser Stadt so sehr zu befördern.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Es war eine gute Entscheidung des Senats, so viel Engagement mit der Verleihung der Senator-Biermann-Ratjen-Medaille zu würdigen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben schließlich mit Frauke Untiedt eine hervorragende Nachfolgerin zu begrüßen, die in einer spannenden Phase übernimmt, und ich will gern unterstreichen, dass wir die HÖB weiterhin unterstützend begleiten werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben mit unserem Sanierungsprogramm auf die Wünsche der Stiftung reagiert, und ich freue mich sehr, dass wir hier sehr zeitnah erste Erfolge verzeichnen können. Am kommenden Samstag wird die Bücherhalle Steilshoop ihre Türen öffnen, eine kleine, aber feine Stadtteilbibliothek, die als Herzstück eines Quartierszentrums zu einem Ort der Begegnung und Verständigung werden kann und die – da bin ich mir sicher – die Kooperation der Akteure im Quartier fördern wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Damit steht die Bücherhalle Steilshoop modellhaft für einen Prozess und eine Neuorientierung, die wir unter dem Begriff "Dritter Ort" fassen. Bibliotheken werden also zunehmend zu Orten, an denen Menschen sich begegnen, austauschen und verständigen können. Dieser Diskurs hat zunächst Eingang in Diskussionen über die Zukunft unserer Bibliotheken gefunden, er wird uns aber auch zunehmend an anderer Stelle begegnen. Wir sind daher gehalten, die Entwicklung der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen auch über das Jubiläumsjahr hinaus intensiv im Blick zu behalten. Die HÖB wird für ihr Kerngeschäft, die Leseförderung und die Förderung der Freude am Lesen, immer wieder neue Zugänge schaffen müssen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen wird. Schließlich kommen in unserer HÖB Kompetenzen und Engagement in herausragender Weise zusammen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Wersich von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Erst einmal Glückwunsch den Öffentlichen Bücherhallen zum 100-jährigen Jubiläum.

Der Brief des Kultursenators, der heute Gegenstand der Debatte ist, ist nicht ohne eine gewisse Komik, wenn der Senator schreibt, das Jubiläum würde etwas weniger aufwendig gefeiert, weil die HÖB bereits im Jahr 2010 ihr 111. und im Jahr 1999 ihr 100. Jubiläum gefeiert hat. Jeder, der wissen will, warum das so ist, möge das nachlesen. Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Offenbar ist die HÖB nicht nur jung geblieben, sondern mit den Jahren sogar noch etwas jünger geworden.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Wir haben hier oft, nicht nur bei den kulturpolitischen Debatten, ein gewisses Ritual. Kunstform der Legenden und Märchen, also die Regierung hat dann zuckersüße Märchen à la Disney; wir als Opposition greifen eher in das Fach der Schauermärchen. Deshalb will ich dieses Mal etwas dichter an der Realität bleiben, und was ist besser, als dazu die Leitung, Frau Hella Schwemer-Martienßen, die seit 25 Jahren die Bücherhallen geleitet hat und damit für ein Viertel der Jubiläumszeit zuständig ist, zu Wort kommen zu lassen? Sie hat ein, wie ich finde, sehr schönes Interview im "Hamburger Abendblatt" gegeben, und ich will sie zu Wort kommen lassen:

"Wenn ich zurückdenke, erinnere ich mich zuerst an den Schock bei meiner Ankunft in Hamburg."