Protokoll der Sitzung vom 11.09.2019

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun die Drucksache 21/18095 an den Kulturausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisung einstimmig erfolgt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 37, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Hamburg gepflegt und grün – Lärmschutzwände für Kunst und klimafreundliches Stadtgrün nutzen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Hamburg gepflegt und grün – Lärmschutzwände für Kunst und klimafreundliches Stadtgrün nutzen – Drs 21/18179 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Umwelt und Energie überweisen.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Kienscherf, Sie bekommen es für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Von den dynamischen Prozessen bei den Bücherhallen nun zu den dynamischen Prozessen bei den Lärmschutzwänden. Ja, Lärmschutzwände an sich sind sehr schön, und ich glaube, viele Anwohnerinnen und Anwohner freuen sich, dass das Thema Lärmsanierung nun endlich vorankommt, dass wir im Bereich Wandsbek, im Bereich Hamm viele Lärmschutzanlagen bekommen haben, die zum ersten Mal die Anwohnerinnen und Anwohner wirksam vor Lärm schüt

zen und somit die Lebensqualität in diesen Quartieren erhöhen. Das ist gut so, und das haben wir immer unterstützt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dieser Prozess wird weitergehen. Wenn man einmal nach Harburg fährt, kann man einerseits erkennen, welche Dimension diese Lärmschutzwände annehmen, und andererseits, dass sie in vielen Bereichen, ohne fertig montiert zu sein, schon beschmiert sind. Sie sind sehr stadtteilprägend, und es geht nicht darum, zu sagen, da gäbe es irgendwie kritische Grafittikunst. Ich finde, darüber kann man sich immer streiten und das sollte man sogar akzeptieren, weil es durchaus etwas Belebendes ist. Wir leben davon, dass wir eine weltoffene Stadt sind, in der man ganz bewusst streiten kann. Oftmals geht es aber wirklich nur um Schmierereien, und zu vielen sagen die Leute, was das eigentlich soll. Einerseits wird für viel Geld Lärmschutz errichtet, und andererseits trägt er nicht dazu bei, wozu wir ihn haben wollen: dass er Lebensqualität verbessert, dass er das Umfeld verbessert, dass sich Fahrgäste im ÖPNV gut aufgehoben finden. Das ist ein Thema, das wir bewegen müssen. Ein "Weiter so!", ein Wegschauen sollte es nicht geben.

Deswegen der Versuch, es einmal anders zu machen. Das gibt es auch in anderen Städten, das gibt es zum Beispiel auch an einer Wand in der Legienstraße, wo man bewusst etwas anders gestaltet hat, wo man Graffitikünstler dazugenommen hat, wo es sicherlich auch örtliche Akteure gibt, mit denen man ganz bewusst Flächen gerade in Bereichen von Haltestellen gestalten könnte, sodass man nicht nur auf irgendwelche komischen sinnentleerten Schmierereien gucken muss, sondern auf etwas, das durchaus auch provokant sein kann. Also wie gesagt, darum geht es nicht. Da müssen nicht nur irgendwelche Bienchen oder Ähnliches aufgemalt werden, sondern da kann man durchaus kritische und anspruchsvolle Kunst in einem Bereich realisieren, wo es sonst immer darum geht, dass man zu wenige Flächen für solche Dinge hat.

Es geht darum, darüber nachzudenken, wie das an sehr herausfordernden Stellen möglich ist. Wir reden unter anderem über den Wilhelmsburger oder den Wandsbeker Bereich, wo Schienenverkehr stattfindet. Es kann nicht darum gehen, dass man dort einen Tag lang eine Strecke sperrt, sondern das muss man in Nachtzeiten machen, wo es ohnehin Streckensperrungen gibt. Man muss einmal ernsthaft darüber ins Gespräch kommen, wie das aussehen könnte, wenn man zukünftig neue Lärmschutzwände, unter anderem bei der S4, errichtet. Da kann man vielleicht schon im Vorwege für bestimmte Bereiche etwas tun, da kann man vielleicht schon im Vorwege dafür sorgen, dass sich Schulen daran beteiligen. Es gibt also eine ganze

(Dr. Alexander Wolf)

Menge Fragen, auch die Frage, die Herrn Tjarks besonders wichtig ist, ob wir dort noch ein paar Grünpflanzen installieren und das Stadtgrün stärken können.

Ich finde, wir sollten dieses Thema zusammen mit den beteiligten Unternehmen angehen und schauen, was möglich ist. Unser Antrag dient dazu, das Thema aufzugreifen und dafür zu sorgen, dass es vor Ort schöner wird, dass die Fahrgäste ein schöneres Umfeld haben und dass wir Künstlerinnen und Künstlern an gut einsehbaren Stellen mehr Raum für die Kunst bieten. Ich glaube, das ist ein gutes Unterfangen, das zu unterstützen sich lohnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Herr Gamm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich hatte kurzzeitig gedacht, ich sei in einem Regionalausschuss, aber das ist natürlich auch für Hamburg ein wichtiges Thema. Allerdings wichtiger, als sich mit der künstlerischen Gestaltung und der Begrünung von Lärmschutzwänden zu befassen, wäre es, dass der Senat endlich einmal die für 2018 zugesagte Aktualisierung des Lärmaktionsplans auf den Tisch legt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Aber hierzu ist der Wille ersichtlich nicht vorhanden. Offenkundig scheint es innerhalb der rot-grünen Koalition hierbei ähnliche Dissonanzen zu geben, wie bereits vorhin beim Hamburger Klimaplan aufgezeigt wurde. So können wir uns heute also nur mit einzelnen Lärmschutzwänden, deren künstlerischer Gestaltung beziehungsweise ökologischer Begrünung befassen; sei's drum.

Straßen und Schienenwege sind und bleiben Bestandteil Hamburgs wie in jeder anderen großen Stadt. Lärm ist leider ebenfalls eine nicht vollständig vermeidbare Erscheinung in Städten. Daher sind Lärmschutzeinrichtungen wie Lärmschutzwände ein notwendiges und probates Mittel, um den für Menschen schädlichen Lärm zumindest mildern zu können. Doch diese baulichen Elemente zeichnen sich leider häufig nicht durch ihre besondere städtebauliche Qualität aus. Zwar gibt es eine allgemeine Akzeptanz als Mittel zur Lärmreduzierung, gleichzeitig jedoch auch häufig Ablehnung und Unzufriedenheit bezüglich ihrer Gestaltung, zumal dort, wo sie dem freien Spiel der nächtlichen Graffitisprüher ausgesetzt sind. Zu begrüßen ist, dass mit dieser Maßnahme die Verschandelung der Lärmschutzeinrichtungen mit Schmierereien verhindert werden soll. Dies ist durch eine Begrünung, wie es Beispiele im Lande zeigen, möglich und sinnvoll. Die Graffiti stehen allerdings auf ei

nem anderen Blatt. Aber auch darüber kann man an verschiedenen Orten noch sprechen. Insbesondere dort, wo eine Begrünung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, kann die Anbringung von Graffiti ein gangbarer Weg sein. Das Problem mit dem Sprühen vor Ort ist ein deutschlandweites Problem, das im Übrigen auch die Entfernung von Graffiti beinhaltet. Insofern ist die Anbringung von Graffiti im Vorwege gerade an neuen Lärmschutzwänden zu begrüßen, da so die lebensgefährliche Anbringung während des Bahnbetriebes zwar nicht gänzlich zu verhindern ist, aber zumindest gesteuert werden kann.

Deutlich höher hat sich in vielen Gebieten die Akzeptanz für eine biologische Gestaltung erwiesen. Die CDU freut sich daher darüber, dass die Regierungsfraktionen zwar nicht über den Lärmaktionsplan, aber zumindest über Lärmschutzwände an Bahntrassen reden wollen. Da es sich neben unserem Antrag vom 14. August um einen weiteren Antrag zur Begrünung von Einrichtungen des ÖPNV handelt, bietet es sich an, diesen Antrag an den Ausschuss für Umwelt und Energie zu überweisen und dort entsprechend weiter zu behandeln und zu diskutieren. Wir werden deshalb einer Überweisung zustimmen.

Auch wenn die inhaltlichen Forderungen deutlich konkreter und umfänglicher hätten ausformuliert werden können und durch diesen Antrag abermals der Hauch des bevorstehenden Wahlkampfes weht – denn noch vor einem Jahr hätte man der Behörde mindestens ein Jahr lang Zeit gegeben, jetzt gibt man der Behörde nur noch vier Monate Zeit –, sehen wir der Beratung im Ausschuss offen und frohen Mutes entgegen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Frau Sparr das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über Graffiti lässt sich natürlich immer wieder engagiert streiten. Dem einen gefällt das, aber der andere findet das vollkommen unmöglich. Für einige, die mit Sprühdose und Filzstift unterwegs sind, scheint es wirklich eher um Nervenkitzel und die gelungene Provokation als um echten künstlerischen Ausdruck zu gehen. Aber gerade dieser Nervenkitzel endet an Bahngleisen manchmal tödlich, und schon allein das ist ein Grund, weshalb wir uns des Themas annehmen sollten. Wir sollten wirklich alles dafür tun, damit niemand vom Zug überfahren wird.

Mit diesem Antrag zeigen wir Wege auf, wie es gehen kann: künstlerische Gestaltung der Wände, schon vor dem Einbau, und Begrünung. Ich finde, es ist durchaus einen Versuch wert, mit der Deutschen Bahn über die Gestaltung der Lärm- und Schutzwände ins Gespräch zu gehen. Wenn neue

(Dirk Kienscherf)

Lärmschutzwände schon vor dem Einbau farbig gestaltet werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das auch von anderen Sprayern akzeptiert und respektiert wird, und vor allem ist es für die Künstlerinnen und Künstler vollkommen gefahrlos.

Noch spannender finde ich persönlich die zweite im Antrag aufgezeigte Variante, die Begrünung von Lärmschutzwänden. Das ist meistens ein bisschen mehr als ein paar Grünpflanzen, Kollege Kienscherf, aber ich freue mich trotzdem, dass das aufgenommen wurde.

Wir haben hier vor Kurzem unseren Antrag zur Förderung des Grüns an Hausfassaden gestellt und verabschiedet. Alle Vorteile, die dort aufgezählt werden – Bindung von Staub und CO2, Lebensraum für Insekten, sogar eine zusätzliche schalldämpfende Wirkung – gelten natürlich auch für die Lärmschutzwände. Technisch machbar ist das auf alle Fälle. Wer ab und zu auf Autobahnen unterwegs ist, findet dort immer wieder Abschnitte mit begrünten Lärmschutzwänden. Von daher bin ich sehr gespannt auf die Antwort der Deutschen Bahn auf unseren Vorstoß. Ich denke, die im Antrag vorgeschlagenen Lösungen sind einleuchtend und naheliegend. Darum hoffe ich letzten Endes auf breite Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Jersch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich hätte die Überschrift heißen müssen – jetzt kommt es wieder von mir –: Hamburg gepflegt, grün und laut. Es gibt in Hamburg viel zu wenig Lärmschutz. Da sind in der Tat wesentlich mehr Investitionen nötig, und deswegen, denke ich, können wir in dem Thema auch ein bisschen weiterdiskutieren.

Die Umfrage zum Lärmaktionsplan hat gezeigt, dass 25 Prozent der Bevölkerung auf keinen Fall in ihrem Quartier, vor ihrer Wohnung eine Lärmschutzwand sehen möchten.

(Dr. Monika Schaal SPD: Die wollen lieber Lärm haben?)

Insofern kann ich nachvollziehen, dass die Attraktivität von Lärmschutzwänden gesteigert werden sollte, und sei es durch optische Aufhübschung. Denn die Problematik mit fehlenden Lärmschutzwänden, insbesondere an Bahnstrecken, kennen wir reichhaltig. Aber ich denke, die Aufgabe ist vor allen Dingen erst einmal die Umsetzung des Lärmaktionsplans von 2013.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach allgemeiner Auffassung hätte es bis 2018 eine Überarbeitung des Lärmaktionsplanes geben

müssen. Die Umweltbehörde sagt dazu, man habe laut EU-Regelung nur evaluieren müssen, für eine Neufassung gebe es keine zeitliche Vorgabe. Ich denke, da ist zumindest der Sinn einer europäischen Regelung nicht wirklich verstanden worden. Und wenn man sieht, dass die Maßnahmen des alten Lärmaktionsplans von 2013 zu weniger als 50 Prozent umgesetzt worden sind, dann, glaube ich, haben wir eine Neufassung wirklich verdient in dieser Stadt,

(Beifall bei der LINKEN)

in der 463 000 Menschen in Stadtteilen mit starker Lärmbelästigung und 120 000 sogar mit gesundheitsschädlicher Lärmbelästigung leben. Die Freude über begrünte und bemalte Lärmschutzwände wird sich bei ihnen natürlich in Grenzen halten. Warum also nicht den Ausbau fordern und einen neuen Lärmaktionsplan initiieren? Das Wohnen rückt in dieser Stadt immer näher an die bestehenden Lärmschneisen heran, und wir müssen hier wirklich tätig werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend kann ich nur sagen, Hamburg gepflegt und rot, dann klappt es auch mit der Umweltgerechtigkeit. Deswegen bin ich sehr gespannt auf die Diskussion im Umweltausschuss. Wir wollen nicht das Thema haben, wer mehr Grün in der Stadt möchte, kann das nur mit begrünten Lärmschutzwänden haben, aber grundsätzlich unterstützen wir diesen Vorschlag. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Dr. Duwe das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nicht DIE LINKE fragen, ob sie für oder gegen Lärmschutzwände ist beziehungsweise was ihre Regelung an Bahnstrecken ist, wie sie den Lärm reduzieren wollen, um die Leute vor Lärm zu schützen. Wollen Sie weniger Züge oder S-Bahnen fahren lassen? Ich glaube, das ist wahrscheinlich nicht zielführend.

Da ich nicht der kulturpolitische Sprecher unserer Fraktion bin, will ich mich nicht so sehr über Kunst auslassen; darüber kann man sich immer streiten. Ich finde den Aspekt der Begrünung in vielen Bereichen schon einmal sehr sinnvoll. Es gibt ein paar Beispiele in Hamburg, wo das schon passiert ist, auch an einer Bahnstrecke der DB – wahrscheinlich nur Zufall. Und da muss man natürlich sagen: Kunst wird auf jeden Fall keinen Lärmschutz erzeugen, aber Grün kann zumindest einen gewissen Teil dazu beitragen, dass Lärm verringert wird. Zum anderen würde ich mir wünschen, dass die Natur, selbst wenn wir überall Graffiti-Kunst an den Lärmschutzwänden installieren würden, dann

(Ulrike Sparr)

doch zum Zuge kommt und das freiwillig oder gezwungen langsam überwuchert. Dann können wir uns auch nicht darüber beschweren, denn bei der Natur kann man nichts falsch machen.