Protokoll der Sitzung vom 25.09.2019

Sie missbrauchen diese Bevölkerungsgruppen für Ihre populistische Politik, gehen immer nur Symptome an, stellen immer nur billige Parolen in den Raum,

(Zurufe von Sabine Boeddinghaus DIE LIN- KE)

anstatt sich wirklich einmal mit den Ursachen der Probleme zu beschäftigen und sich konstruktiv damit auseinanderzusetzen. Ich habe von Ihnen noch

nie, noch nie gehört, wie man stabile Familienverhältnisse fördern könnte.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

Und das ist etwas, womit wir in der Familienpolitik unterstützen. Also Ihr Beitrag war wirklich unter aller Sau. Sie wollen das Problem angehen mit einem Antrag, der das Problem verschärfen würde. Das sagt alles darüber, wie qualifiziert Sie sind, um über Armut zu reden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Ekke- hard Wysocki SPD)

Herr Dolzer, Ihre Fraktion hat noch Redezeit. Melden Sie sich gern, statt hier dazwischen zu brüllen. Das tut der Debatte, glaube ich, besser.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Frau Gallina hat jetzt das Wort, und ihr folgt Herr Oetzel.

Ich glaube, es ist an diesem Punkt ein bisschen Abrüstung erforderlich, denn es geht um die Frage, wie unsere Kinder in den Kitas und in der Grundschule in den Tag starten. Ich glaube, dieser Saal ist geeint in der Auffassung, dass es darum gehen muss, dass sie einen guten Start in den Tag haben.

(Dennis Gladiator CDU: Das sieht Frau Boeddinghaus anders!)

Bei der Frage, wie wir dahin kommen, sind wir offenkundig unterschiedlicher Auffassung. Ich glaube auch, dass es verschiedene Wege gibt. Auch ich habe mehrere Kinder und finde es auch nicht so super, morgens noch Stullen zu schmieren; das ist ein Nebenaspekt. Aber ich glaube tatsächlich auch daran, dass es einen pädagogischen und gemeinschaftlichen Wert hat, morgens gemeinsam in den Tag zu starten mit einer ordentlichen Mahlzeit, die für alle das gleiche Angebot bereithält. Das ist keine Frage. Ich denke aber, dass wir Wege finden können, um dieses Ziel zu erreichen, ohne zu sagen, wir müssten das Frühstück für alle pauschal bezahlen. Wir nehmen auch in unserem Kita-Gutscheinsystem unterschiedliche Einstufungen vor, die durch die fünfstündige Gebührenfreiheit und das gebührenfreie Mittagessen noch einmal besonders abgemildert sind; aber auch da differenzieren wir. Ich glaube, mit einer solchen Differenzierung können wir auch an diese Frage herangehen. Wir müssen dann aber mit den Kita-Trägerinnen – Trägerinnen, ich gendere inzwischen schon alles Mögliche –, also mit den Kita-Trägern auch pädagogisch in die Diskussion darüber einsteigen, ob es tatsächlich eine gute Idee ist, dass jedes Kind morgens sein Frühstück mitbringt, oder ob es nicht vielleicht eine schöne Idee ist, dass man das als gemeinschaftliche Mahlzeit einnimmt. Das ist

noch einmal eine andere Dimension. Vor diesem Hintergrund sollten wir diese Diskussion vielleicht ein wenig sachlicher und am Kindeswohl orientiert im Ausschuss fortsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Herr Oetzel hat das Wort für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich will es kurz machen. Ich freue mich, wenn Frau Boeddinghaus in ihrer Rede in diesem Hause Interesse am Gesamtkonzept der FDP zur Bewältigung von Kinderarmut zeigt. Denn Sie haben sich eben hier hingestellt und geglaubt, dass CDU und FDP offensichtlich gar nicht an diesem Thema interessiert sind, von Ihnen ein Gesamtkonzept fordern würden, und dann gesagt, wir hätten überhaupt keines. Das haben Sie gesagt.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Die FDP hat sie gar nicht erwähnt!)

Doch, hat sie gemacht, und insofern will ich das gern noch einmal darstellen.

Ich habe eben kurz anklingen lassen, dass wir uns einsetzen für dieses Kindergeld 2.0, ein Gesamtkonzept, das sich aus drei Elementen zusammensetzt. Wir wollen die Familienleistungen des Bundes insgesamt in drei Komponenten bündeln. Die erste ist eine gehaltsunabhängige Grundleistung, die dadurch entsteht, dass ein Kind in einer Familie ist, das heißt, eine Leistung, die an ein Kind geht, die nicht wie das jetzige Kindergeld eine Leistung ist, die grundsätzlich Eltern erhalten, also eine grundlegende Komponente für jedes Kind, einfach nur dafür, dass ein Kind in der Familie ist.

Eine zweite Komponente ist bei uns eine einkommensabhängige Sozialkomponente, das heißt, dieser Sockelbetrag wird je nachdem, wie groß das Familiengesamteinkommen ist, entweder erhöht oder bleibt gleich, wenn in der Familie sehr viel Geld vorhanden ist.

Und als dritte Komponente wollen wir außerdem ein weitreichendes Gutscheinsystem einführen. Das wäre die konsequente Weiterentwicklung des momentanen Bildungs- und Teilhabepakets. Möglicherweise kann man sich auch, wenn man an die genaue Ausgestaltung geht, von unserem KitaGutscheinsystem inspirieren lassen, das wirklich sehr anerkannt ist, um daraus eine Gutscheinkomponente zu machen, um noch einmal gezielt bestimmte Dinge fördern zu können. An dieser Stelle wäre dann eine Debatte möglich, ob man sagt, dazu gehöre nicht nur der kostenlose Kita-Besuch, sondern auch die Verpflegung in der Kita. Das alles kann man diskutieren. Wir werden der Ausschussüberweisung dementsprechend zustimmen.

Aber dass Sie sich hier hinstellen und grundsätzlich davon ausgehen, dass wir als FDP überhaupt keine Idee davon haben können, wie man so etwas macht, weil es uns scheinbar egal ist, wie Kinder hier aufwachsen oder wie es Kindern geht, die aus Familien mit nicht so viel Geld kommen, weil Sie glauben, dass uns das nicht interessiert, weil die Leute uns sowieso nicht wählen, das ist eine Grundhaltung, die wirklich, na ja, man könnte fast sagen, undemokratisch ist.

In der Debatte zum Schulfrieden heute Morgen war es im Grunde genau das Gleiche. Da haben Sie sich hier vorn hingestellt und gesagt, bei dieser Debatte habe eines nicht im Zentrum gestanden, und das seien die Schüler, die Lehrer und die Eltern, das sei doch wohl klar. Das haben Sie hier so gesagt. Weil Sie offensichtlich glauben, dass die Schüler, die Lehrer und die Eltern der CDU und der FDP völlig egal sind.

(Zuruf von Cansu Özdemir DIE LINKE)

Und Sie sind davon so überzeugt, halten das offenbar für etwas, das irgendwo geregelt ist, dass wir uns natürlich nicht für diese Gruppen einsetzen können. Weil es so ist, weil das völlig klar ist. Das halte ich für eine so grundsätzliche Fehleinstellung, die im Grunde jeglichen Dialog über dieses Thema im Keim erstickt, weil Sie uns als Dialogpartner auf Augenhöhe nicht akzeptieren, weil Sie uns das Recht und die Motivation absprechen, uns für bestimmte Gruppen in der Bevölkerung überhaupt einsetzen zu wollen. Das, liebe Frau Boeddinghaus, halte ich für grundfalsch.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Jens- Peter Schwieger SPD und Dr. Alexander Wolf AfD)

Frau Boeddinghaus hat noch einmal das Wort.

Ich möchte Ihnen, Philipp Heißner, sagen: Wenn ich Sie als Mensch gekränkt habe, dann tut mir das sehr leid und dann entschuldige ich mich. Ich habe beabsichtigt, Sie als Politiker Philipp Heißner anzusprechen.

(Dennis Gladiator CDU: Das spielt keine Rolle!)

Als solcher haben Sie hier eine Rede gehalten, davon kann ich nichts zurücknehmen, das fand ich einfach zynisch. Das fand ich nicht zugewandt, das fand ich nicht solidarisch mit den Betroffenen, um die es hier geht.

(Beifall bei der LINKEN – Dennis Gladiator CDU: Weil Sie es nicht verstehen wollen!)

Und das, finde ich, gilt auch für die Politik Ihrer Partei. Auf Bundes- und auf Landesebene kann ich

(Anna Gallina)

nicht sehen, dass diese gesellschaftliche Gruppe von Menschen im Fokus Ihrer Politik steht.

(Dennis Gladiator CDU: Das ist völlig arro- gant!)

Das darf ich doch so sagen, das sagen Sie doch auch über unsere Politik; das ist doch freie Meinungsäußerung, das gehört zur Demokratie dazu, denke ich. Ich verstehe nicht so ganz, warum das jetzt hier so moralisch hochploppt. Es ist offenbar immer ein Triggerpunkt, wenn man versucht, Armut zu thematisieren. Das ist nicht immer einfach.

Aber ich möchte noch einmal deutlich sagen: Wir instrumentalisieren nicht die Familien, die eine besondere Unterstützung brauchen. Das ist mindestens so infam, das möchte ich hier noch einmal klarstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gut. Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht.

Dann kommen wir zur Frage, wer diesen Antrag überweisen möchte. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das mit Mehrheit so überwiesen worden.

Wir kommen zum Punkt 50 unserer Tagesordnung, Antrag der FDP-Fraktion: Das Universum erlebbar machen – Ein Besuch im Planetarium für jedes Hamburger Grundschulkind!

[Antrag der FDP-Fraktion: Das Universum erlebbar machen – Ein Besuch im Planetarium für jedes Hamburger Grundschulkind! – Drs 21/18346 –]

Die Debatte entfällt und ich frage Sie direkt, wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zu unserer letzten Debatte, Punkt 40, Antrag der AfD-Fraktion: "Lebensmittelmeilen" reduzieren und Dachgärten stärken.

[Antrag der AfD-Fraktion: "Lebensmittelmeilen" reduzieren und Dachgärten stärken – Drs 21/18335 –]

Vonseiten der AfD-Fraktion liegt ein Antrag auf Überweisung an den Umweltausschuss vor.

Es handelt sich um eine Kurzdebatte, wir haben also wiederum eine Redezeit von zwei Minuten, und

ich frage Sie, wer das Wort wünscht. – Frau Oelschläger, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Saisonales und regionales Obst und Gemüse zu beziehen, ist immer am besten. Es sichert nicht nur damit verbundene Arbeitsplätze vor Ort, sondern vermeidet auch unnötige, umweltbelastende Transportwege über weite Strecken, die sogenannten Lebensmittelmeilen. Die Tomate vom heimischen Landwirt, egal ob aus konventionellem oder ökologischem Anbau, ist immer noch besser als die Biotomate aus Italien, die erst einmal Tausende von Kilometern zurückgelegt hat, bevor sie auf unserem Teller landet.

Mit steigenden Einwohnerzahlen wächst der Bedarf an Lebensmitteln, parallel dazu aber auch der Bedarf an Lebensraum. Innerorts wird nachverdichtet und die Grenzen der Siedlungszentren weiten sich aus, sodass zunehmend Agrarflächen zu Bauland oder Straßen werden. Wachsende Städte müssen also neue Wege gehen, um trotz Flächenversiegelung auch künftig noch Lebensmittel standortnah zu produzieren und zumindest einen Teil des Bedarfs mit regionalem und saisonalem Obst und Gemüse zu decken.