Es sind immerhin 25 Prozent der Obdachlosen in Hamburg Frauen. Diese haben besondere psychische oder physische Gewalterlebnisse hinter sich und brauchen einen besonderen Schutz. Das ist nicht einfach zu gewährleisten. Trotzdem liegt darauf unser besonders Augenmerk.
In der Debatte im Mai ist ausführlich darüber gesprochen worden, dass wir eine Verknüpfung mit präventiven Angeboten für Menschen, denen Ob
dachlosigkeit droht oder die sie schon erleben, anbieten, fördern und ausbauen. Auch das bleibt unbenommen.
Darüber hinaus bleibt uns sicherlich auch in diesem Winter die Notwendigkeit erhalten, uns um die Menschen zu kümmern, die zum Beispiel als Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten hierhergekommen sind und dann doch in die Obdachlosigkeit fallen. Das Thema ist vielleicht gerade etwas überdeckt von den grundsätzlichen Diskussionen um die Notwendigkeit, Flüchtlinge unterzubringen. Wir sollten uns nichts vormachen: Es wird auch weiterhin Arbeitsmigration geben. Die Menschen werden hier weiterhin Arbeitsplätze finden, die so schlecht bezahlt sind, dass es ihnen nicht möglich ist, sich eine normale Unterkunft zu suchen. Das ist ein Phänomen, das europaweit nicht mal eben so verändert werden kann. Wir werden auch diesen Menschen im Winternotprogramm eine Unterbringung anbieten, wohlgemerkt immer als Notprogramm. Es gibt nicht die Möglichkeit, all die Menschen, die im Winternotprogramm den Schutz vor der Nacht auf der Straße bekommen, dann tatsächlich auch in Wohnungen unterzubringen oder Plätze in der öffentlichen Unterbringung dauerhaft sicherzustellen. Das ist leider nicht zu gewährleisten. Daran arbeiten wir, und auch das werden wir sicherlich im Sozialausschuss noch weiter diskutieren können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie wissen, wir haben in den vergangenen Jahren sehr häufig in diesem Parlament über das Thema Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit gesprochen und auch über diverse Maßnahmen, die umgesetzt werden müssen, damit die Wohnungslosigkeit langfristig bekämpft werden kann, damit wir irgendwann eben nicht mehr auf die Winternotprogramme zurückgreifen müssen. Es gab diverse Anträge von uns, um darauf aufmerksam zu machen, dass Prävention sehr wichtig ist und dass die Fachstellen gestärkt werden müssten, damit es gar nicht erst zu Obdachlosigkeit kommt. Es gibt nämlich, wie Frau Möller eben erwähnt hat, verschiedene Ursachen, warum Menschen obdachlos werden. Deshalb ist die Prävention eine sehr wichtige Säule.
Wir haben zum einen immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass es einen Kooperationsvertrag mit der SAGA GWG und anderen Wohnungsunternehmen gibt, nach dem 1 700 Wohnungen pro Jahr für vordringlich Wohnungssuchende bereitgestellt werden müssen, und dass diese Quote auch erfüllt werden muss. Zum anderen gab
es auch immer die Forderung, dass Leerstand für die Unterbringung von obdachlosen und wohnungslosen Menschen genutzt werden muss. Jetzt haben wir die Initiative des Senats, dass für die Flüchtlinge Gewerbehallen bereitgestellt werden, aber es müssen auch der Büroleerstand und der Wohnungsleerstand genutzt werden.
Wir haben die Situation, dass Obdachlose zwar im Winter nicht abgewiesen werden, aber im Mai beispielsweise war das Pik As überfüllt, Menschen wurden dort abgewiesen, und immer mehr Menschen haben auf der Straße geschlafen. Wenn Sie nachts durch einen Park oder durch die Straßen am Hauptbahnhof gehen, können Sie immer wieder Menschen sehen, die in Schlafsäcken auf Bänken oder vor Bürotüren schlafen. Nach meiner Ansicht hat sich das in letzter Zeit ziemlich vermehrt, die Obdachlosen sind wirklich in Vergessenheit geraten. Deshalb ist es wichtig, dass die beiden Gruppen, Obdachlose und Flüchtlinge, nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das wurde hier zwar auch gesagt, aber es ist wirklich wichtig, dass das Konzept, das in der vergangenen Legislaturperiode fertiggestellt und hier vorgestellt wurde, endlich umgesetzt wird. Jetzt haben Sie gesagt, dass ein neues Konzept geschrieben werden soll und die Maßnahmen noch einmal am runden Tisch zusammengetragen werden sollen. Wir haben aber auch bei den Obdachlosen die Situation, gerade vor dem Hintergrund der steigenden Zahlen, dass wir uns den Luxus eigentlich gar nicht mehr leisten können, die Konzepte noch einmal neu aufzuschreiben, sondern das Konzept, das wir haben, sollte mit seinen Maßnahmen – die wir gut finden, sprich, die langfristige Integration in gesicherte Wohnungsverhältnisse – umgesetzt werden. Ich glaube, es scheitert einfach daran, dass dies auch umgesetzt wird.
Vor dem Hintergrund, dass jetzt immer mehr Flüchtlinge in die Stadt kommen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind und den Status haben, wohnungslos zu sein, kommt die Stadt nicht daran vorbei, mehr Sozialwohnungen zu bauen. Wir haben schon eine Quote von knapp 50 Prozent der Menschen in Hamburg, die eine Sozialwohnung brauchen. Diese Quote wird sich erhöhen. Deshalb ist, um die Obdachlosigkeit langfristig zu bekämpfen und irgendwann auch auf Winternotprogramme in diesem Ausmaß verzichten zu können, die wichtigste Säule Sozialwohnungen, Sozialwohnungen und Sozialwohnungen.
Wir werden beiden Anträgen zustimmen, dem Antrag der Regierungskoalition, weil er eine Forderung von Hinz&Kunzt aufgreift – 100 Plätze mehr werden gebraucht –, aber auch dem Antrag der CDU-Fraktion, weil in jedem Winternotprogramm sehr deutlich wird, dass die Tagesaufenthaltsstät
ten einfach nicht ausreichen. Die Menschen müssen auch tagsüber die Möglichkeit haben, sich aufzuwärmen. Sie sollten nicht den ganzen Tag bis 17 Uhr auf der Straße verbringen müssen und erst am späten Abend in die warme Stube kommen können. Deshalb werden wir beiden Anträgen zustimmen. Der Antrag der CDU wird erst einmal an den Ausschuss überwiesen. Wir können dort noch einmal darüber sprechen, wie damit umzugehen ist. Aber man muss dazu sagen, dass die nächste Ausschusssitzung noch lange hin ist und bis dahin das Winternotprogramm schon eröffnet sein wird. Deshalb weiß ich, ehrlich gesagt, nicht, zu welchem Ergebnis das kommen soll. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Antrag schon heute abgestimmt würde.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich begrüßen wir, dass Rot-Grün mehr für Wohnungslose tut. Dass das nun auch einmal unter Einbeziehung des Parlaments stattfindet, finden wir erst recht gut. So viel Transparenz würden wir uns auch an anderer Stelle wünschen. Dennoch möchte ich einmal auf die Verhältnismäßigkeit dieser Debattenanmeldung eingehen. Denn dass Sie allen Ernstes eine Debatte über die Schaffung von 100 Plätzen für ein Winternotprogramm anmelden, ist wirklich unglaublich,
(Ksenija Bekeris SPD: Wenn Sie sich das durchgelesen hätten, dann würden Sie fest- stellen, dass es sich um weniger als 100 Plätze handelt! Sondern dauerhaft! wenn man betrachtet, dass zeitgleich mehrere Tausend Plätze für Flüchtlinge in Neugraben- Fischbek aus dem Boden gestampft werden, ohne Bürgerbeteiligung, ohne Parlamentsbefassung und ohne Transparenz. Wir reden hier über 100 Plätze, und das findet alles hinter verschlossen Türen statt. Natürlich unterstützen wir die Schaffung von weite- ren Plätzen für Wohnungslose im Winternotpro- gramm. Es geht gar nicht anders, die Plätze wer- den gebraucht. Ebenso unterstützen wir den Prüf- auftrag der CDU zu diesem Thema. – Danke. (Beifall bei der FDP)
Drucksache 21/421 hat die AfD ganz am Anfang ihres Auftritts in der Bürgerschaft beantragt, nach 2009 einmal wieder eine neue Erhebung bezüglich der Obdachlosigkeit zu machen: Anzahl, Herkunft, Ursachenforschung und dergleichen. Dieser Antrag wurde, wie nicht anders zu erwarten, abgelehnt. In der erwähnten Untersuchung 2009 sprach man von 1 029 Obdachlosen, jetzt folgen Sie in Ihrem Antrag einer Schätzung von 2 000 Obdachlosen. Glückwunsch zu dieser Einsicht. Man muss sehen, wo die nächste Schätzung landet, der Sie dann wohl auch folgen müssen, damit Sie sich, zwar immer noch im Schätzmodus, aber doch langsam der Realität annähern.
Winternotprogramm. Frei nach Loriot und Evelyn Hamann: Da regt mich ja das Wort schon auf. Warum? Nicht, weil die Obdachlosen nicht tatsächlich Hilfe brauchen und es bereits höchste Eisenbahn ist, Plätze zu schaffen, natürlich am besten auch tagsüber. Deswegen ist diesen Anträgen nur zuzustimmen; das ist im Grunde genommen auch alles, was ich inhaltlich zu ihnen zu sagen habe. Die einzige Frage, die sich vielleicht noch stellt, ist, ob diese zusätzlichen 100 Plätze tatsächlich ausreichen werden, denn es gibt mittlerweile große Konkurrenz und die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass die Obdachlosen keine große Lobby haben und in der Regel immer wieder hinten runterfallen. Das gilt es zu bedenken. Aber das Wort regt mich vielmehr auf, weil so getan wird, als ob das Problem der sicheren Unterbringung von Obdachlosen während der Wintermonate alljährlich vom Himmel falle, ganz plötzlich. Dass dem nicht so ist, sieht ein jeder, der nachher durch die Straßen der Innenstadt geht und die Menschen dort auf dem Fußboden sitzen sieht. Das kennen Sie alle. Sie kennen alle das Gefühl, das man hat, wenn man an diesen Menschen vorbei geht, die auf der Straße leben. Es regt mich auf, weil in einem alljährlich wiederkehrenden Ritual – dazu ist es nämlich schon fast geworden – ein Winternotprogramm aufgelegt wird, als ob dies der Weisheit letzter Schluss sei. Das ist eben nicht der Fall, das Gegenteil ist der Fall. Wo ist eigentlich Ihr nachhaltiger Ansatz, die Obdachlosigkeit in Hamburg wirklich ernsthaft anzugehen?
Verbal ist der Ansatz wahrscheinlich schon seit Jahrzehnten da, aber auch die Obdachlosigkeit ist seit Jahrzehnten allgegenwärtig in Hamburg. Sie ist überall vorhanden.
Keiner der bisher an der Regierung beteiligten Altparteien hat sich dieses Themas bisher ernsthaft angenommen, sonst würden Sie nicht jedes Jahr wieder in der Bürgerschaft sitzen und dieses Thema angehen. Es wurde zwar immer wieder angesprochen, dass sozialer Wohnungsbau der Schlüssel sei. Dann tun Sie das doch bitte endlich einmal.
Aber ein ernsthafter Umgang mit diesem Problem und das Wahrnehmen der Fürsorgepflicht Ihrerseits sehen im Grunde genommen anders aus. Es ist trauriger Tatbestand, dass jetzt schon fast prophezeit werden kann, dass wir im nächsten Jahr wieder hier stehen und über ein Winternotprogramm reden werden und es wieder keinen Angang geben wird, dieses Problem ernsthaft zu lösen. – Danke schön.
Ich glaube, es wundert niemanden, dass uns angesichts der dramatischen Situation der vergangenen Tage und angesichts der Schlagzeilen, die größte Herausforderung für die neue Sozialsenatorin seien die vielen Flüchtlinge, die nach Hamburg kommen, alle die Sorge eint, dass bei den großen Herausforderungen und schwierigen Problemen rund um die Frage, wie wir die vielen Menschen, die in Hamburg auf ein neues Zuhause hoffen, unterbringen, möglicherweise unsere Hamburger Obdachlosen aus dem Blick geraten. Auch in Zeiten, in denen jedes Bett für neu ankommende Menschen benötigt wird, darf nicht vergessen werden, dass ausreichend Plätze für Hamburger Wohnungslose und Wohnunterkünfte angeboten werden müssen.
Dies ist uns bewusst, und wir arbeiten daher daran, neben dem Aufbau der Kapazitäten für Flüchtlinge auch die Unterbringungssituation für Obdachlose spürbar zu verbessern. Das ist eine große, schwierige Aufgabe, eine Herkulesaufgabe, und es freut mich sehr, wahrnehmen zu können, dass wir uns im Grunde in Hinblick auf den Bedarf alle einig sind.
Die BASFI hat daher gemeinsam mit fördern und wohnen eine Initiative gestartet, mit der der Anteil an wohnungslosen Personen in der öffentlich rechtlichen Unterbringung erhöht werden soll. Dadurch sollen auch die Notübernachtungsstätten entlastet und so wieder für kurzfristige Bedürfnisse
zugänglich werden, wenn jemand für eine Nacht ein Dach über dem Kopf braucht. Unser Ziel ist es, sogenannten Dauerbewohnern des Pik As – ich mag das Wort eigentlich nicht, weil es negativ besetzt ist in dieser Frage, und es ist doch eigentlich das Recht eines jeden, dauerhaft irgendwo wohnen zu wollen – den Wechsel in Wohnunterkünfte für Alleinstehende zu ermöglichen, damit die Einrichtung selbst wieder zu ihrer eigentlichen Funktion als Notunterkunft für Obdachlose zurückkehren kann.
Neben diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Notunterbringung ist aber vor allen Dingen der Zugang zu Wohnraum das entscheidende Mittel, um Entlastung und Abhilfe zu schaffen. Ich freue mich sehr, dass wir mit Sicherheit noch viele Male im Sozialausschuss intensiv darüber reden werden. Hier unternimmt der Senat derzeit auch weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Versorgungssituation vordringlich Wohnungssuchender im Bereich der städtischen Grundstückspolitik. Das ist Ihnen allen bekannt, und wir haben das hier auch schon viel diskutiert. Ziel ist es, den Zugang wohnungsloser Haushalte in die öffentliche Unterbringung zu verringern sowie die Unterbringung in eigenem Wohnraum und damit den Auszug aus öffentlicher Unterbringung, die dann auch wieder für andere zur Verfügung steht, zu verstärken.
An dieser Stelle gilt mein ausdrücklicher Dank der Wohnungswirtschaft für die gute Kooperation im vergangenen Jahr und der Behördenkooperation, die diese Dinge überhaupt erst möglich gemacht hat.
Meine Damen und Herren! Das Winternotprogramm, ob der Begriff einem nun gefällt oder nicht, hat in Hamburg eine lange Tradition. Niemand soll in diesem Winter auf der Straße schlafen müssen, und angesichts dessen, was hier passiert, ist das für uns alle eine Riesenherausforderung.
Ich bin deswegen nicht nur froh, sondern auch dankbar, dass es dieses Jahr wieder gelungen ist, trotz der sehr herausfordernden Gesamtlage ein Winternotprogramm in ähnlicher Größenordnung auf die Beine zu stellen, wie wir es im letzten Jahr geschaffen haben. Wir stellen gemeinsam mit den Kirchengemeinden und traditionell beteiligten Institutionen zwischen dem 1. November und dem 31. März nächsten Jahres insgesamt 890 zusätzliche Schlafplätze für obdachlose Menschen in Hamburg zur Verfügung. Bei entsprechender Nachfrage haben wir wie in der Vergangenheit die Option, notfalls weitere Schlafplätze einzurichten.
Dabei ist es uns gelungen, zentrale Standorte zu finden. Auch das ist nicht selbstverständlich. Mögli