Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

(Michael Kruse FDP: Das ist echt abgeho- ben!)

Wir haben dies auch bereits getan, sonst hätten wir es nicht geschafft, im September 2015 die Mehrbedarfsdrucksache für die Flüchtlinge auf den Weg zu bringen. Das waren 500 Millionen Euro, ohne den Haushalt ausgeweitet zu haben, was erst einmal nicht selbstverständlich ist. Das zeigt doch auch, dass wir sehr ordentlich mit dem Geld umgehen und alle Ihre Unterstellungen bodenlos sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Mi- chael Kruse FDP: Nein, Sie haben die Inves- titionen nicht genutzt!)

Das Wort bekommt nun Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte zeigt, dass es nicht klug ist, dieses Thema im Plenum zu diskutieren, sondern es wäre vernünftiger, es im Haushaltsausschuss zu behandeln.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP – Joachim Lenders CDU: Richtig!)

Denn dort gehört es hin, und dort könnten wir die verschiedenen Punkte in geeigneter Weise diskutieren.

Ich selbst bin natürlich nicht der Auffassung der FDP, dass es ausreicht, die begrenzten Einnahmen in einer Stresssituation zu betrachten, sondern ich bin für einen ganzheitlichen Politikansatz. Ganzheitlich bedeutet, dass ich mir Stress auf den verschiedensten Ebenen angucken muss, und zwar sowohl den Stress im Zusammenhang mit Schwierigkeiten bei den Einnahmen – welche das sind, haben Sie im Wesentlichen dargestellt – als auch den Stress im Zusammenhang mit den Ausgaben und der Frage, wo dort die Probleme liegen.

Hier möchte ich auf den Bericht des Rechnungshofs hinweisen, denn er hat genau diese Fragen im Zusammenhang mit seinem Monitoring gestellt und noch einmal etliche Punkte deutlich unterstrichen. Wir werden diese Fragen anhand des Berichts des Rechnungshofs sehr genau diskutieren können.

Der erste Punkt ist, dass der Rechnungshof in seinem Bericht festgestellt hat, dass sich die Investitionstätigkeit des Senats gegenüber den vorherigen Senaten verbessert hat, aber nicht dazu ausreicht, den gegenwärtigen Zustand aufrechtzuerhalten. Da hat Ihnen der Rechnungshof sehr deutlich geschrieben, dass es da ein Defizit gibt. Das ist Stress in Hamburg und Stress für die Straßen, Stress für die Brücken; das muss beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein zweiter Punkt, den der Rechnungshof sehr deutlich dargestellt hat, ist die Personalsituation. Er hat sehr deutlich aufgeführt, dass er im Grunde keine Perspektive für das Versprechen des Senats sieht, bei gleichen Leistungen des Behördenapparats dort weiterhin ständig 250 Stellen abzubauen. Er hat es auch ein Ende dieser Situation genannt, auch Stress für alle Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die man an dieser Stelle auch einmal beachten sollte.

Ganz am Ende hat der Rechnungshof im Zusammenhang mit dem Handlungsrahmen darauf hingewiesen, dass wir die Einnahmen erhöhen müssen. Er hat dies sehr deutlich gesagt, und das ist eine neue Note des Rechnungshofs, und ich bin sehr daran interessiert, dies genauer zu diskutieren. Das heißt, Stress ist nicht nur eine Frage von zu erwartenden künftigen Einnahmen, sondern auch von Ausgaben. Und in diesem Zusammenhang muss man natürlich, worauf ich immer gern hinweise, auf die soziale Infrastruktur achten. Und, Herr Heißner, es ärgert mich, wenn Sie so etwas "Wohltaten verbreiten" nennen.

(Farid Müller GRÜNE: Ja!)

Wir stehen gegenwärtig vor großen Aufgaben – das haben Sie eben in Ihrer Rede deutlich gemacht. Schauen Sie einmal in die Stadtteile, in denen Flüchtlingsunterkünfte sind, wie es dort bei den dringend benötigten Kindergartenplätzen aussieht. Das ist ein großer Stress für diese Stadt. Nicht soziale Wohltaten, sondern absolut notwendige Einrichtungen braucht diese Stadt, und dafür sollten wir aufstehen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun bekommt Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Stresstests dienen üblicherweise der Überprüfung der Verlustanfälligkeit von Kreditinstituten. Sie zeigen die Konsequenz auf für den Fall, dass außergewöhnliche, aber plausible Ereignisse eintreten. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert:

"Stresstests dienen der Bewertung des Risikos extremer Ereignisse, die nur eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit haben. Auf diese Weise soll die Verlustanfälligkeit […] in besonderen Situationen bestimmt werden, um frühzeitig mögliche Gegenmaßnahmen ergreifen zu können."

Einen soliden Haushaltsplan zu erhalten, ist in diesem Hause, davon gehe ich aus, der Wunsch eines jeden einzelnen Abgeordneten.

(Zuruf von der CDU: Bei den LINKEN nicht! – Vizepräsidentin Christiane Schnei- der übernimmt den Vorsitz.)

Ebenso gehe ich davon aus, dass die Ausgabenobergrenze im Sinne des Finanzrahmengesetzes durchaus akzeptiert wird. Auch wir sehen das Ziel der Haushaltskonsolidierung als eminent wichtig an. Ein neuer Haushalt sollte möglichst ohne neue Schulden auskommen und Haushaltsüberschüsse sollten zur Schuldentilgung verwendet werden. Ein gewissenhafter Haushälter wird auch immer vorsichtig kalkulieren. Allerdings erschließt sich mir

(Farid Müller)

nicht, auch nicht nach dieser Debatte, Ereignisse von geringer Eintrittswahrscheinlichkeit in den Haushalt 2017/2018 einzuplanen. Das Zinsniveau wird in den nächsten Jahren nicht von jetzt auf nun durch die Decke schießen. Ihr Antrag bedeutet im Ergebnis eine Kürzung der Ausgaben schon bei Aufstellung des Haushaltes. Es ist allerdings nicht die Weltkonjunktur und es sind auch nicht die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, die den aktuellen Haushalt prägen und den Haushalt 2017 und 2018 prägen werden. Hier sind es vielmehr die Migrationskosten und Sondereffekte wie die HSH Nordbank.

(Katja Suding FDP: Habe ich ja alle ge- nannt!)

Unter den Eindrücken der Einwanderung nach Deutschland bräuchten wir vielleicht in dieser Beziehung einen Stresstest. Da könnte ich mir sogar vorstellen, dass das sinnvoll sein könnte. Ihren haushaltspolitischen Zielen fühle ich mich natürlich sehr verbunden: Haushaltskonsolidierung senken, Nettokreditaufnahme senken, Bürokratieabbau und Beendigung von Steuerverschwendung sind wichtig und richtig. Einen Stresstest, wie er Ihnen vorschwebt, kann ich mir im Moment noch nicht vorstellen. Ich würde ihn aber sehr gern im Ausschuss beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte einer Überweisung der Drucksache 21/2389 an den Haushaltsausschuss folgen? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann lasse ich jetzt in der Sache abstimmen.

Wer möchte dem Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 21/2389 seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 80, Drucksache 21/2391, Antrag der AfD-Fraktion: Forschungsinstitut für Datensicherheit.

[Antrag der AfD-Fraktion: Forschungsinstitut für Datensicherheit – Drs 21/2391 –]

Diese Drucksache möchte die AfD-Fraktion an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion, Sie haben es.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion beantragt die Einrichtung oder, so sollte ich es vielleicht sagen, die Vorbereitung der Einrichtung eines Forschungsinstituts für Datensicherheit, und zwar im Wesentlichen aus drei Gründen.

Der erste Grund ist für sich genommen das Thema der Wichtigkeit der Datensicherheit. Das betrifft erstens die Sicherheit privater Daten, was jeder von uns weiß oder vielleicht auch schon schmerzlich erfahren hat, sowohl was die Privacy als auch das, was die Transaktionen, die Sicherheit der Transaktionen und den Schutz gegen kriminelle Aktivitäten auf eigenen Konten betrifft.

Das zweite wesentliche Feld ist die Datensicherheit für wettbewerbliche Unternehmen, also das, was man Industriespionage nennt, was einen irre großen Umfang hat und was offensichtlich sehr viele gerade mittelständische Unternehmen in Deutschland ganz schmerzlich trifft.

Der dritte Punkt ist die Infrastruktur des Staates. Da erinnere ich mich, dass vor einigen Jahren im Iran eine Zentrifuge, die zur Urananreicherung verwendet werden sollte, von einem ausländischen Geheimdienst offenbar durch besonders schnelles Drehen nutzlos gemacht worden ist. Damals stand der Mossad im Verdacht oder irgendwelche Geheimdienste in den Vereinigten Staaten. Diese Aktion finde ich im konkreten Fall natürlich klasse, weil sie dazu führte, dass der Iran dann offensichtlich nicht oder nur sehr viel später in der Lage war, die entsprechende Urananreicherung vorzunehmen. Aber ich frage mich natürlich, welche ausländischen Geheimdienste aus welchen Ländern auch immer vielleicht das Gleiche machen mit deutschen Elektrizitätswerken, Atomkraftwerken oder anderen Einrichtungen. Und ich frage mich, wie sicher wir eigentlich sind, dass das nicht passiert. Ich kenne eine Menge Leute, die sagen, wir wiegen uns in Sicherheit, die es eigentlich nicht gibt, und einige sagen, es kann sehr wohl sein, dass das in absehbarer Zeit auch in Deutschland passiert mit dramatischen Folgen.

Das Vierte sind die Sicherungseinrichtungen des Staates, also alles das, was wir bei unseren Sicherheitsdiensten an Datensicherheit brauchen, und zwar sowohl als Schutz gegen ausländische Geheimdienste für deutsche Geheimträgerschaften im staatlichen Bereich als auch offensiv zur Beschaffung derjenigen Informationen, die wir brauchen, um uns aktiv gegen terroristische Angriffe von überall aus der Welt zu schützen. Sie alle wissen, wovon ich spreche.

(Philipp Heißner CDU: Dann sagen Sie es doch mal!)

Der zweite Grund, weshalb wir das fordern, ist, dass dies eine exzellente Möglichkeit ist, die Hamburger Universität quasi wie einen Leuchtturm

(Andrea Oelschläger)

strahlen zu lassen, indem man ein exzellentes Institut an einer der Hamburger Universitäten schafft. Das kann die Universität Hamburg oder die TU Harburg sein oder auch eine Gemeinschaftsaktivität als An-Institut. Über die institutionellen Bedingungen kann man reden, aber es ist eine ideale Möglichkeit, die Hamburger Universität nach außen sichtbar als Exzellenzuniversität hervorragen zu lassen, und das betrifft erstens die Forschung und zweitens die Lehre. Ich glaube, ein wesentlicher Teil des Datensicherheitsproblems ist die Tatsache, dass sehr viele Leute – wir alle hier vermutlich, aber noch mehr normale Menschen draußen, sag ich jetzt einmal – sich häufig nicht der Tatsache bewusst sind, durch welches Verhalten sie Datendiebstahl und die Verletzung all dieser Dinge erst möglich machen. Es ist also im Wesentlichen auch eine pädagogische Aufgabe.

Das Dritte ist, dass wir dadurch unmittelbar Arbeitsplätze in Hamburg schaffen würden, und bei dem Thema fällt mir immer das Beispiel Silicon Valley ein. Sie alle wissen, es ist quasi immer noch, auch nach so vielen Jahren, hardware- und softwaremäßig das Zentrum der Computerwelt. Dort sind vor 30 Jahren oder etwas mehr viele sehr hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen worden, und es ist einzig und allein deshalb dort entstanden, wo es entstanden ist, weil zum richtigen Zeitpunkt die Stanford Universität in dieser Hinsicht führend war auf der Welt und sehr viele Absolventen gewissermaßen next door ihre eigenen Firmen aufgebaut haben. Im Laufe der Zeit sind dort aufgrund der Verbundvorteile oder Fühlungsvorteile und der branchenspezifischen Agglomerationsvorteile, die offenbar riesig sind, eben die Arbeitsplätze geschaffen worden, und zwar nicht nur für hochqualifizierte Programmierer, sondern auch für alle anderen, die in diesen Instituten mitarbeiten, vom Pförtner bis zu den Bedienungen in den Restaurants. Ein riesiges Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen hat dort stattgefunden, und es gibt in Hamburg ideale Möglichkeiten, in diesem Bereich auch voranzukommen. Deutschland ist ganz generell ein ideales Land, um das zu schaffen, weil wir ein besonders hohes Bewusstsein für Datensicherheit haben. Manche sprechen sogar von Datensicherheitshysterie. Ich würde mich dem nicht anschließen, aber es besteht hier ein allgemeines Bewusstsein, dass wir das brauchen, und wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen.

Und dann sage ich noch einmal etwas: Forschungsinstitute sind vergleichsweise billig. Schon für einen einstelligen Millionenbetrag pro Jahr kann man ein veritables Institut oder den Beginn eines Instituts erstellen. Wenn ich das vergleiche mit dem Nutzen, den das in jeder Hinsicht hat, und zwar aufgrund all der drei Ziele, die ich genannt habe, dann ist das spottbillig im Vergleich zu vielen anderen Dingen, die wir uns leisten.

Außerdem ist es so: Wenn erst ein Institut da ist, geschaffen vom Hamburger Steuerzahler an Hamburger Universitäten mit den Standards der entsprechenden Forschungscommunity, dann wird es ein Leichtes sein, Drittmittel der entsprechenden Industrie einzuwerben, die ein großes Interesse daran haben wird, zu kooperieren, und dann entsprechend auch bereit ist, größere Drittmittelprojekte dort zu realisieren, was Hamburg in jeder Hinsicht zugutekommt, und zwar sowohl für die Qualität des Instituts, für die Zahl der Arbeitsplätze dort und darüber hinaus.

Das Ziel ist also in erster Linie die Forschung, und zwar sowohl als Beratung für die Gesellschaft, für die Parlamente, also zum Beispiel für uns, als auch für die Unternehmen und für andere Bürger.

Ich sage noch eines: Die normale Reaktion von Politikern auf das, was ich vorhin als vier Probleme geschildert habe, ist ja die: Wir machen ein neues Gesetz. Das ist die typische Reaktion. Ich habe auch nichts gegen ein neues Gesetz für Datensicherheit, nur ist es praktisch irrelevant, weil die Leute, von denen ich gesprochen habe, die ausländischen Geheimdienste, sich einen Dreck um Gesetze scheren, die anderswo gemacht werden.

(Milan Pein SPD: Mit wem haben Sie ge- sprochen?)