[Antrag der CDU-Fraktion: Hamburgs Wirtschaft braucht Freihandel – Metropolregion stärken und Wachstumschancen von TTIP nutzen – Drs 21/2755 –]
Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, auf die Debatte zu verzichten, und so kommen wir gleich zur Abstimmung.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 21/2755 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses abgelehnt.
Wer möchte sich dem Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 21/2755 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 75, Drucksache 21/2767, Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Wir machen Hamburg mobil – HADAG-Fähren werden noch umweltfreundlicher.
[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Wir machen Hamburg mobil – HADAG-Fähren werden noch umweltfreundlicher – Drs 21/2767 –]
Auch hier haben sich die Fraktionen darauf verständigt, auf die Debatte zu verzichten, und wir kommen ebenfalls zur Abstimmung.
Wer dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD aus Drucksache 21/2767 nun seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 56, Drucksache 21/2744, Bericht des Kulturausschusses: Hamburger Ehrenbürgerschaften stärker historisch einordnen und Aberkennung des Ehrenbürgerrechts Hindenburgs.
[Bericht des Kulturausschusses über die Drucksachen 20/7755 und 20/7787: Hamburger Ehrenbürgerschaften stärker historisch einordnen (Antrag der Fraktionen der SPD, GRÜNEN, FDP und der Fraktion DIE LIN- KE) und Aberkennung des Ehrenbürgerrechts Hindenburgs (Antrag der GRÜNEN Fraktion) – Drs 21/2744 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Natürlich wurde an mich die Frage herangetragen, ob wir auf diese Debatte nicht verzichten könnten. Ich erinnere daran, wie die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt in der vergangenen Legislaturperiode verlaufen ist. Das war eine kräftige Schreierei, vor allen Dingen zwischen der SPD und den GRÜNEN, mit Unterbrechung der Sitzung und mehreren aufregenden Situationen. Von daher finde ich es notwendig und gut, wenn wir diese Fragestellung zu diesem Zeitpunkt noch einmal debattieren.
Wir hatten uns damals geeinigt, dass es an den Kulturausschuss überwiesen und dort genauer besprochen wird, und dementsprechend ist es auch über die Legislaturperiode hinweg behandelt worden. Ich möchte feststellen, dass wir einen Teil, wie es im Kulturausschuss üblich und gute Sitte ist, erfolgreich gemacht haben: Wir haben es geschafft, einvernehmlich mehrere Maßnahmen durchzuführen und zu unterstützen, die bisherige Würdigung der Ehrenbürgerschaft zu verändern, und damit einen unsäglichen Zustand, nämlich dass diese Würdigung in alter Manier mit den alten Begründungen geschehen ist. Dies soll jetzt in einem besseren Kontext dargestellt werden. Das ist eine gute Arbeit des Kulturausschusses und nach meiner Meinung eine würdige Art und Weise, wie wir das im Kulturausschuss gemacht haben.
Die Diskussion konzentrieren möchte ich aber auf einen Punkt, zu dem wir einen Antrag im Ausschuss gestellt, aber keine Mehrheit gefunden haben, und zwar die Ehrenbürgerschaft von Hindenburg und Waldersee abzuerkennen. Ich will das begründen.
Hindenburg erhielt die Ehrenbürgerschaft im Jahre 1917. Er ist eine herausragende Persönlichkeit der Geschichte Deutschlands und deshalb wert, sich intensiv mit ihm auseinanderzusetzen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde seine Rolle bei der Machtergreifung der Nazis von der Geschichtswissenschaft neu eingeschätzt. Gingen früher viele davon aus, dass er überfordert war und eigentlich nur das Gute wollte, als er Hitler 1933 zum Reichs
kanzler machte, kommt die Geschichtswissenschaft jetzt zu einer anderen Auffassung. Ich zitiere dazu die Expertise, die uns im Ausschuss vorgelegt worden ist:
"Weitgehender Konsens in der jüngeren Forschung ist, dass Hindenburg sich für die Kooperation mit Hitler und den Nationalsozialisten entschied, um seinen Mythos im Zuge der 'nationalen Erhebung' zu mehren."
"Er versuchte keineswegs, wie manche Zeitgenossen hofften und einige spätere Interpreten nahe legten, deren Gewaltherrschaft Grenzen zu setzen."
Diese Einschätzung von Hindenburg ist nach meiner Meinung sehr bedeutend, weil es nämlich nicht nur darum geht, die bösen Nazis zu kennzeichnen, sondern natürlich müssen wir uns auch mit der Hilfestellung der bürgerlichen Kräfte auseinandersetzen, die wesentliche Voraussetzung dafür war, dass die Nazis die Macht übernehmen konnten. Deswegen finde ich es besonders wichtig, sich auch noch einmal mit der Rolle der Handelskammer auseinanderzusetzen. Das werden wir sicherlich in den nächsten Monaten noch genauer tun.
Die Auseinandersetzung mit der Frage, wie das einzuschätzen ist, ist eine hochaktuelle. Ich will Ihnen das anhand einiger Zitate aus der Debatte im Jahr 2013 in der Bürgerschaft zeigen. Karl-Heinz Warnholz, der jetzt leider nicht da ist, hatte damals in der Debatte gesagt, Hindenburg sei kein lupenreiner Demokrat gewesen, aber doch auch nicht so schlimm wie andere. Damit muss man sich auseinandersetzen. Und Herr Schinnenburg führte aus, dass Hindenburg 1932 ein Bollwerk gegen die Nazis gewesen sei und mit seiner Ernennung Hitlers vergeblich versucht habe, die weniger schlimme Option zu wählen – nach dem Motto, er war eigentlich der Gute. Genau das, das ist dargestellt worden, ist falsch. Das zeigt nach meiner Meinung, dass dieses Haus, dass wir uns dazu verhalten müssen, was wir von diesem Hindenburg halten. Ich halte für die einzige Möglichkeit, das aktiv zu tun, Hindenburg die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen.
Ich verlange, dass wir uns aktiv mit Geschichte auseinandersetzen. Jeder Historiker müsste Kopfschmerzen bekommen, wenn wir das nicht aktiv täten. Verändern wir deswegen Ehrenbürgerschaften – und auch Straßennamen.
Auf eine zweite Sache will ich eingehen, die mich schmerzt: die Waldersee-Ehrenbürgerschaft und die Walderseestraße in Altona. Waldersee ist – je
der, der sich damit auseinandergesetzt hat, wird es wissen – die Inkarnation des kolonialen Herrschaftsanspruchs des Deutschen Reichs und der kolonialen Macht, die Deutschland einmal erobern wollte. Dementsprechend ist es nach meiner Meinung richtig, ihm die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen. Er war verantwortlich für militärische Gräueltaten getreu der Hunnenrede von Wilhelm II. – Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht –, um den Boxeraufstand in China niederzuschlagen. Die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an ihn war, wie auch die Expertise es ausgedrückt hat, zweifellos nur an den kolonialpolitischen Interessen Hamburgs orientiert. Waldersee versuchte, wie die Expertise weiter ausführt, möglichst schnell friedliche Verhältnisse in China herzustellen, und zwar durch Massenmorde, Massenexekutionen, organisierte Massenvergewaltigungen, Folter und Plünderungen. Schon im Jahr 1900 sagte August Bebel im Reichstag über die Art und Weise seines Agierens – Zitat –:
"[…] was hier passiert, ist ein gemeiner Rachefeldzug. […] die Art der Kriegsführung, das gräbt sich auf Jahrhunderte von Generation zu Generation in die Herzen der Massen der chinesischen Bevölkerung ein."
Wir müssen dementsprechend deutlich sagen: Ein solcher Kriegsverbrecher darf nicht Ehrenbürger in dieser Stadt sein.
und zwar auch als Zeichen dafür, dass wir die wirtschaftlichen Interessen Hamburgs nicht über die Menschenrechte stellen. Wir sollten uns damit auseinandersetzen, dass der Reichtum in dieser Stadt im Wesentlichen auf der Ausbeutung von kolonialen und ehemals kolonialen Ländern beruht. Dementsprechend sollten wir einen solchen Militärmenschen nach meiner Meinung geißeln, indem wir ihm die Ehrenbürgerschaft aberkennen.
Zu den Argumenten, die dagegen geäußert worden sind. Eines davon ist, dass man sich in seinen Einschätzungen doch immer wieder schnell ändere und man aufgrund dessen so etwas nicht machen solle. Das, finde ich, ist kein Argument, sondern wir sollten uns aktiv mit Geschichte auseinandersetzen. Von daher ist es nach meiner Meinung notwendig, dass so etwas gegenwärtig aktiv geschieht. Der Weg der Aberkennung ist schon von vielen anderen Städten beschritten worden, so von Kiel oder Stuttgart, wo sich 2010 parteiübergreifend alle für die Aberkennung der Ehrenbürger
schaft Hindenburgs ausgesprochen haben. Solche Schritte und solche Auseinandersetzungen halte ich für absolut notwendig und eine reine textliche Kontextualisierung für nicht ausreichend.
Kurz noch zu den GRÜNEN, weil die Debatte damals so aufgeregt war. Die GRÜNEN hatten den Antrag gestellt, die Ehrenbürgerschaft von Hindenburg aufzuheben. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Sie sich jetzt verhalten; im Ausschuss haben Sie sich so verhalten, dass Sie es nicht gemacht haben. Ich brauche dafür eine besondere Begründung, wenn man sich so vehement dafür eingesetzt hat, und ich denke, auch die Stadt möchte das. Die Begründung, dass so etwas im Rahmen der Koalition nicht möglich sei, sticht nicht. Hier geht es um Einschätzungen, und Einschätzungen verändern sich nicht mit Koalitionsverträgen. Es geht nicht darum, eine gemeinsame Politik zu organisieren in der gegenwärtigen Zeit, sondern um Einschätzungen und Markenkern und Überzeugung. Ich möchte gern wissen, welche Überzeugung die GRÜNEN dazu gebracht hat, diesen Schritt jetzt nicht mehr zu unterstützen, damit wir das ernsthaft debattieren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind am Ende einer schwierigen Debatte über den Umgang mit unseren Ehrenbürgerschaften zu einem im Kern tragfähigen Konsens aller Fraktionen gelangt. Das möchte ich einmal so festhalten, auch wenn Herr Hackbusch hier noch einmal die Sicht seiner Fraktion dargelegt hat.
Das gemeinsame Petitum stößt zunächst einen Prozess an. Der Senat wird ersucht, ein Konzept zur Kontextualisierung auf Grundlage der Expertise der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg zur Vergabe von Ehrenbürgerschaften in der Freien und Hansestadt für die Öffentlichkeit zu erstellen. Wir wollen den Diskurs systematisch mit wissenschaftlichen Erkenntnissen anreichern und sie vor allem nutzen, um für unsere heutige Stadtgesellschaft zu einer kritischen Neubewertung historischer Persönlichkeiten und früherer Entscheidungen zu gelangen und um zu einem Verständnis darüber beizutragen, wie und warum historische Vorgänge und Personen in früheren Zeiten anders betrachtet und bewertet wurden, als wir es heute tun.
Zu diesem Vorschlag sind wir im Kulturausschuss gelangt, nachdem wir uns gemeinsam entschieden haben, wissenschaftliche Beratung und Expertise einzuholen, um auf fundierter Grundlage die Debatte wieder aufzunehmen. Mein Eindruck ist, dass es uns so möglich war, eine schwierige Diskussion tatsächlich in einen konstruktiven Prozess zu überführen. Deshalb gilt mein großer Dank heute noch einmal Herrn Professor Dr. Schildt und Frau Dr. Seegers von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg für ihre Beratung, und natürlich Herrn Dr. Schmid für seine Expertise über die Vergabe der Ehrenbürgerschaften in Vergangenheit und Gegenwart und seine Bereitschaft, seine Forschungsergebnisse so ausführlich mit uns im Ausschuss zu diskutieren.
Dieses Engagement war wesentlich für die sachliche und konstruktive Debatte und auch für den am Ende für alle tragbaren Vorschlag.
Das gemeinsame Petitum findet auch deshalb unsere Unterstützung, weil es eine weitere Stärkung der Erinnerungskultur in Hamburg bedeutet. Der Sinn von Erinnerungskultur, so wie wir sie verstehen, liegt nicht allein im Zurückerinnern an vergangene Ereignisse, Personen und gesellschaftlichpolitische Entwicklungen, sondern hat für unsere Gegenwart und Zukunft herausragende Bedeutung. Diese Bedeutung liegt zum einen darin, dass wir in der Auseinandersetzung mit Momenten unserer Vergangenheit unser heutiges Selbstverständnis als demokratische, soziale und offene Stadtgesellschaft stets neu herausbilden und schärfen können.