Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Vielen Dank. Ich wollte nur fragen, ob es auch irgendeine Position der CDU zu dem Thema gibt, das wir heute diskutieren. Sie haben in Ihrer Rede nicht einmal das Wort "Frau" in den Mund genommen.

(Richard Seelmaecker CDU: Doch!)

Nein, haben Sie nicht.

(Zurufe von der CDU)

Vielleicht können Sie es uns noch einmal erklären.

Sehr gern, Frau Möller. Ich dachte, ich hätte hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass wir die Strafrechtslücken schließen wollen in Bezug auf sexualisierte Gewalt Männern und Frauen gegenüber. Da ist keinerlei Unterschied diesbezüglich. Grapschen muss strafbar sein, fertig.

(Beifall bei der CDU)

Übrigens ist es das im Hinblick auf dieses Mädchen in Ohlstedt auch. Wir müssen Strafrechtslücken schließen, wir dürfen aber nicht Dinge suggerieren, die wir am Ende als Politiker gar nicht erfüllen können. Das geht nicht. Das wäre unseriös.

Der dritte Punkt: Die Justiz braucht unsere Unterstützung. Wir dürfen nicht immer auf die Justiz zeigen, sondern wir müssen uns an die eigene Nase fassen und uns fragen, wie wir die Gesetze ändern. Die Justiz wird sie dann schon durchsetzen, da habe ich wenig Bedenken.

Insofern, meine Damen und Herren: An die Opfer denken, indem wir Schutz schaffen durch dieses Verschärfen des Strafrechts in den Teilen, die bislang straffrei waren. Und ansonsten müssen wir zusehen, dass wir der Justiz den Rücken stärken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Frau Özdemir von der Fraktion DIE LINKE bekommt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Seelmaecker, ich bin wirklich erschrocken darüber, dass Sie das, was Sie gestern in der Aktuellen Stunde abgezogen haben, nämlich die Aktuelle Stunde zu zerreißen, auch heute wieder versuchen und die Bürgerschaft daran hindern wollen, konkret über das sensible Thema sexuelle Gewalt und Opferschutz zu sprechen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜ- NEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Wir sind alle schockiert über die Ereignisse in der Silvesternacht, über das, was den Frauen passiert ist, und darüber, dass die Frauen jetzt Angst haben, auf die Straße beziehungsweise auf Großveranstaltungen zu gehen. Aber ich finde, es ist ein großer Fehler, sexuelle Gewalt und Sexismus so isoliert zu betrachten, und ich finde nicht, dass es eine Verniedlichung der schrecklichen Vorfälle in der Silvesternacht ist, wenn wir sagen, dass Sexismus und sexuelle Gewalt alltägliche Probleme sind, die wir zu bekämpfen haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Sie zeigt sich in unterschiedlicher Art und Weise, an unterschiedlichen Orten, und sie wird von Tätern mit Migrationshintergrund, aber auch von Tätern ohne Migrationshintergrund verübt. Der Fokus sollte auf den Schutz der Frauen und die Stärkung des Opferschutzes gerichtet sein, und eben nicht auf eine Instrumentalisierung der Frauenrechte für populistische Themen, wie die CDU es jetzt macht oder wie es die AfD macht. Das finde ich nämlich brandgefährlich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜ- NEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Sexuelle Gewalt, das möchte ich noch einmal klar sagen – viele wissen, welchen Hintergrund ich habe –, ist kein Problem bestimmter Kulturkreise.

Das zu behaupten, ist eine Verniedlichung der sexuellen Gewalt gegen Frauen, die sie jeden Tag zu spüren haben, an verschiedenen Orten, von verschiedenen Tätern. Ein Blick in die Statistiken schafft Aufklärung.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das ist ja so krass!)

Nein, das ist eben nicht krass.

(André Trepoll CDU: Sie verharmlosen die Taten!)

Nein, das ist keine Verharmlosung.

(André Trepoll CDU: Natürlich!)

Natürlich gibt es patriarchale Strukturen, aus denen Menschen auch zu uns …

(Dr. Bernd Baumann AfD: Wir haben doch keine Massen sexueller Übergriffe von Deut- schen in Hamburg gehabt! – Gegenruf von Dr. Andreas Dressel SPD: Pfui!)

Ich habe Sie nicht nach Ihrer Meinung gefragt, weil Sie einfach nicht in der Lage sind, eine sachliche Debatte zu führen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Bei Ihnen kann man deutlich sehen: Solange die Täter einen Migrationshintergrund haben, werden die Opfer von den sogenannten Verteidigern der Frauenrechte – was neu ist, vorher haben sie sich nicht zu Wort gemeldet – auf einmal in Schutz genommen. Wird ihren Thesen aber widersprochen, das kann man in den sozialen Medien in den letzten Tagen sehr deutlich beobachten, so werden viele Frauen und auch viele Männer bedroht, auch mit Gewalt. Vielen wird auch sexuelle Gewalt angedroht. Ich finde, wir müssen diese Debatte so sachlich wie möglich führen, ohne dabei immer wieder bestimmte Kulturkreise in den Fokus zu nehmen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf: Die stehen aber im Fo- kus!)

Das sind eben keine Fakten. Es ist populistisch, eine Debatte über Asylrechtsverschärfungen und sogar Grundrechtsverschärfungen auf eine so extrem gefährliche Weise zu führen

(Dr. Bernd Baumann AfD: Verschweigen ist gefährlich!)

und diese Debatte so zu befeuern. Ich finde auch, dass es gefährlich ist für den Rechtsstaat.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Ich bin froh darüber, dass es viele Frauen gibt, die die Kampagne ausnahmslos unterstützen, dass sich Frauen zusammengetan haben, um ihre For

(Richard Seelmaecker)

derungen aus ihrer Sicht heraus noch einmal auszusprechen und sich eben auch gegen Diskriminierung und Rassismus einzusetzen. Frau Suding, dass gerade Sie diese Kampagne kritisiert haben, zeigt, wie wenig Sie von diesem Inhalt verstanden haben. Hier geht es nicht um Verharmlosung. Hier geht es darum, das Thema sexuelle Gewalt im Alltag sehr deutlich auszusprechen und gewisse Forderungen an die Politik zu richten, damit sich etwas ändert und wir das Thema nicht nach zwei Wochen vergessen haben.

Dass Sie dann aber nach Asylrechtsverschärfung rufen, zeigt, wie wenig Sie sich Gedanken darüber gemacht haben, was Lösungsansätze sein könnten, um die Frauen wirklich zu schützen.

(Zuruf von Katja Suding FDP)

Können Sie mir sagen, wie viele Frauen geschützt werden können, wenn es Asylrechtsverschärfungen gibt? Machen Sie sich doch erst einmal Gedanken über die Sexualstrafgesetze auf Bundesebene. Die hätten Sie, als Sie noch an der Regierung waren, ändern können. Das haben Sie aber nicht getan.

(Dirk Nockemann AfD: Das hätte doch an den Vorfällen nichts geändert!)

Ich will noch einmal deutlich sagen, dass viele Flüchtlinge und Migranten genauso schockiert sind wie alle anderen auch. Wir müssen deutlich sehen, dass viele Väter und Mütter ihre Töchter und Söhne gerade vor sexueller Gewalt schützen wollten und deshalb zu uns gekommen sind.

(Glocke)

Und dann über Asylrechtsverschärfung zu sprechen, führt nicht auf den Weg, dass Frauen wirklich geschützt werden können.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion bekommt jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat, was wir gestern erlebt haben, war nicht unbedingt ein Höhepunkt parlamentarischer Debattenkultur. Ich glaube, die Bürger dieser Stadt – gestern Abend war es hier noch voller als jetzt – haben Antworten auf die Frage erwartet,

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

was die Politik künftig gegen Übergriffe wie in der Silvesternacht tun will. Sie haben die Antworten nicht bekommen, und diese Debatte scheint in die gleiche Richtung zu gehen. Jeder beschuldigt jeden – mit Ausnahme von Ihnen gerade –, der andere habe nicht verstanden. Er habe auch gar kein