Protokoll der Sitzung vom 10.02.2016

Liebe Kollegin Dutschke, gerade die FDP, der große Freund des sozialen Wohnungsbaus, der große Freund städtischer Gesellschaften – was wollten Sie denn damals, als es um die SAGA GWG und um die Neue Heimat ging? Sie wollten doch beide zerschlagen und privatisieren. Dann hätten wir heute kaum mehr Sozialwohnungen. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und, liebe Kollegin Dutschke, zum Thema Filz: Es gibt in dieser Stadt eine Gesellschaft, die sich mit diesem Thema befasst, und ich meine, sie befasst sich sehr gut mit diesem Thema und bringt es voran. Das ist die Lawaetz-Stiftung. Wenn Sie bezweifeln, dass diese Gesellschaft gute Dinge zum Thema Obdachlosigkeit und zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit macht, dann können Sie, Kollegin Dutschke, gern nach vorn kommen und erzählen, dass sie Mist baut. Sie kümmern sich um die Obdachlosen, sie machen eine super Arbeit. Und wenn wir sagen, dass man in diese Richtung weitergehen muss, dann ist das unterstützungswürdig und dann diffamiert man das nicht, liebe Kollegin Dutschke.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es gibt keine einfache Antwort auf das Thema Obdachlosigkeit, und wir sind alle gehalten, daran zu arbeiten. Belegungsbindungen zu kaufen ist ein Mittel. Das Thema Freistellung, liebe Kollegin Sudmann, ist in der Tat kein einfaches Thema. In Stadtteilen wie Mümmelmannsberg, Kirchdorf oder Steilshoop sind wir sehr darauf bedacht, dass die soziale Lage stabil bleibt. Auf der anderen Seite müssen Sie eingestehen, dass wir trotzdem sehr viele schon jetzt in diesen Bereichen unterbringen. Dass SAGA GWG in den nächsten fünf Jahren 10 000 vordringlich Wohnungssuchende in ihrem Bestand unterbringt, ist doch eine riesige Leistung. Die erbringt keine andere Stadt in Deutschland. Das können Sie doch auch einmal begrüßen und nicht immer nur kritisieren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Senat hat ein Maßnahmenbündel vorgelegt, und wir alle sind uns darin einig, dass daran weitergearbeitet werden muss. Ich finde bloß, Kollege Hamann, gerade vor dem Hintergrund, dass Ihre Fraktion dieses Überweisungsbegehren zurückgenommen hat, sollten wir alle einmal etwas zurückhaltender sein. Wir haben immer signalisiert, dass wir und auch Frau Leonhard und Frau Stapelfeldt

(Detlef Ehlebracht)

daran interessiert sind, das im Sozialausschuss zu diskutieren und zu beraten. Das Einzige, was ich mir wünsche – das funktioniert auch meistens im Sozialausschuss –, ist, dass man das sachlich tut, dass man den Menschen und nicht der eigenen politischen Profilierung helfen will. Das wäre eine gute Sache. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Herr Hamann von der CDU-Fraktion.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Der muss noch einen draufsetzen!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Kienscherf, ich bin immer gern bereit, Irrungen und Wirrungen aufzuklären, insbesondere, wenn sie auf eurer Seite entstehen. Ganz im Ernst, es ist an mir vorbeigegangen, dass meine Fraktion zunächst eine Überweisung an den Sozialausschuss beantragt und sie dann zurückgenommen hat. Warum, weiß ich nicht, das werde ich aber gern noch einmal in Erfahrung bringen. Es wundert mich allerdings doch – um den Ball noch einmal in euer Feld zu werfen –, dass ihr einen Antrag der CDU braucht, um eine derartige Drucksache an den Ausschuss zu überweisen. Denn soweit ich mich erinnere, ist es doch gute Tradition hier im Haus, dass grundlegende Drucksachen und Gesetze immer noch einmal im Ausschuss debattiert werden. Wir waren als Regierungsfraktion – jedenfalls zu meiner Zeit – immer stolz auf grundlegende Drucksachen und haben sie gern im Ausschuss diskutiert, denn dort können wir das im Einzelnen vorstellen.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Das hat sich anscheinend geändert, aber vielleicht gab es meinerseits ein Missverständnis, vielleicht gab es bei euch ein Missverständnis, und jetzt gehen wir gemeinsam den erfolgreichen Weg, der natürlich noch besser wäre, wenn – so war es zu unserer Zeit immer – vielleicht auch noch die Senatorin die Gelegenheit ergreifen und zu einer derart grundlegenden Senatsdrucksache ein paar Worte in der Bürgerschaft sagen würde. Falls das nicht sein sollte, ist es schön, diese Drucksache dann zumindest im Ausschuss zu beraten, denn dass sie in den Ausschuss gehört, darin sind wir zumindest einer Meinung. Das sehen wir alle so, dieses Ergebnis haben wir immerhin schon einmal in der Diskussion erreicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldun

gen vor. Sie konnten der Debatte entnehmen, dass es eine Änderung der Überweisungswünsche gegeben hat.

Die Fraktion DIE LINKE hat ihren ursprünglichen Antrag auf Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss zurückgezogen.

Die Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN und die Links-Fraktion haben sich dahingehend geäußert, dass an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überwiesen werden soll.

Wer stimmt nun einer Überweisung der Drucksache 21/2905 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Drucksache einstimmig überwiesen worden.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Fraktion aus der Drucksache 21/3189.

Wer möchte sich diesem anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 52, Drucksache 21/3037, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Die Bezirke stärken, den Wohnungsbau weiter voranbringen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Die Bezirke stärken, den Wohnungsbau weiter voranbringen – Drs 21/3037 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Der Senat muss die Bezirke ausreichend beim Wohnungsbau unterstützen – Drs 21/3187 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/3187 ein Antrag der CDU-Fraktion vor. Diesen möchten die Fraktionen der SPD, GRÜNEN und FDP an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Den Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN aus Drucksache 21/3037 möchten die Fraktion DIE LINKE und die FDP-Fraktion ebenfalls an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, ohne Debatte zu entscheiden. Wir kommen sodann zu den Abstimmungen.

Wer möchte also zunächst einer Überweisung der Drucksache 21/3037 an den Stadtentwicklungsausschuss zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Wer möchte dann die Drucksache 21/3187 an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Ge

(Dirk Kienscherf)

genprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisung erfolgt.

Nun kommen wir zur Abstimmung in der Sache über den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN aus der Drucksache 21/ 3037.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Drucksache angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 9, Drucksache 21/2690, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Überlastung der Justiz – Zu welchen Auswirkungen führten die Verfahrensverzögerungen an den Wirtschaftsstrafkammern?

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Überlastung der Justiz – Zu welchen Auswirkungen führten die Verfahrensverzögerungen an den Wirtschaftsstrafkammern? – Drs 21/2690 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Ausschuss für Justiz und Datenschutz überweisen.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Seelmaecker von der CDU-Fraktion, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wieder einmal das Thema Justiz, heute leider erneut das Thema Überlastung der Justiz. Wir haben die Große Anfrage gestellt, um einmal Licht in die Situation bei der Staatsanwaltschaft und beim Landgericht zu bringen. Da es immer problematisch ist, valide Daten zu bekommen, weil es schlichtweg so viele Verfahren sind und diese regelmäßig händisch ausgewertet werden müssen, haben wir unser Anliegen begrenzt und uns um die Wirtschaftsstrafkammern gekümmert. So haben wir ein Zahlenwerk bekommen, mit dem vielleicht auch Sie, meine Damen und Herren, auch wenn das Thema Justiz immer etwas dröge erscheinen mag – in Wirklichkeit ist es hoch spannend – mehr anfangen können.

Richter, die dazu gezwungen sind, sich selbst in einem Urteil eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu bescheinigen, sind so ziemlich das Schlimmste, was man sich in einem Rechtsstaat vorstellen kann. Allein bei der Großen Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer sind seit 2013 in elf Urteilen gegen 25 Angeklagte solche Bescheinigungen ausgestellt worden. Die Täter lachen sich ins Fäustchen, dass ihre Verfahren so lange dauern; sie erhielten ordentlich Rabatt. Wir haben bis zu neun Monate weniger Haftstrafe und bis zu 100 Tagessätze weniger Geldstrafe. Das haben

wir jetzt schwarz auf weiß. Das ist schlichtweg eine Schande.

(Beifall bei der CDU)

Die schlechte Personalsituation an Hamburgs Gerichten lässt die Täter milder davonkommen. In jeder Entscheidung wurde aufgrund der Verfahrensverzögerung ein Teil der Strafe als vollstreckt geltend erklärt. Herr Senator, dies fördert in Hamburg nicht das Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Auch wenn die Eingangszahlen selbst nicht gestiegen sind und steigen, müssen Sie jetzt endlich erkennen, dass nur die Eingangszahlen allein nicht geeignet sind, die Belastung an den Gerichten widerzuspiegeln.

Wir haben heute schon über den Deckel der Bundesautobahn 7 debattiert. Ich will gern einmal eine kleine Volte zurück zur Autobahn 7 schlagen. Laut Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage standen als Beweismittel allein für das Bilanzdelikt neben circa 200 Stehordnern insgesamt 5 Terabyte Datenmaterial zur Verfügung. Wenn ich diese Datenmenge ausdrucke und aneinanderlege, habe ich von hier bis nach Hannover die A 7 mit Papier bedeckt. Damit müssen sich die Gerichte auseinandersetzen.

Sieben Punkte wurden hier herausgearbeitet: Wir haben komplexere Sachverhalte, wir haben erhöhte Anforderungen an die Rechtsprechung, wir haben arbeitsteiliges und grenzüberschreitendes Handeln der Täter. Wir haben weitverzweigte Tätergruppierungen, wir haben erhebliche Ausweitungen verdeckter Maßnahmen, wir haben Rechtshilfeersuchen, und wir haben eine Vielzahl von Beweisanträgen hoch spezialisierter Verteidiger, die gut bezahlt werden. Um es noch einmal in Zahlen zu fassen: Im Jahr 2014 hatten wir 236 Hauptverhandlungen dort, aber 1 658 Hauptverhandlungstage.

Egal welchen Bereich der Justiz wir uns anschauen, die Situation und die Auswirkungen sind leider Gottes verheerend. Das sehen wir auch im Bereich der Asylbewerber. Ende Dezember 2015 befanden sich rund 950 abgelehnte Asylbewerber trotz Ausreisepflicht in Hamburg, die ihre Duldung nur aufgrund eines laufenden Strafverfahrens wegen eines Verbrechens bekommen haben. Wenn wir dort die Verfahren zügig zu Ende bringen würden, dann würden wir diese Verfahren auch abschließen und die Täter wären endgültig ausreisepflichtig und müssten nicht hierbleiben. Gläubiger warten monatelang auf ihr Geld, weil die Gerichtsvollzieher nicht mehr hinterherkommen. Vorgestern erreichte mich ein Schreiben des Amtsgerichts Blankenese. Ich habe es einmal mitgebracht, um daraus Folgendes zu zitieren:

"Ich bitte die Verzögerungen der Bearbeitung Ihres Auftrages zu entschuldigen und bitte Sie gleichzeitig um Verständnis und

(Vizepräsidentin Antje Möller)

von Sachstandsfragen binnen sechs Monaten abzusehen."