Protokoll der Sitzung vom 13.04.2016

Dann kam Hans Eichel, danach Peer Steinbrück. Aber die großen Fortschritte sind in den vergangenen Jahren unter der Regierungszeit von Wolfgang Schäuble gemacht worden. Dieser Kurs muss weitergehen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Rose lächelt mich zustimmend an; das ist immer ein gutes Zeichen. Ein faires Steuersystem ist ein Steuersystem,

(Glocke)

wo alle Menschen die Steuern auch tatsächlich bezahlen. Daran arbeiten wir, daran sollten wir alle ein Interesse haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mensch, Herr Kleibauer, jetzt hacken Sie auf Ihrem Koalitionspartner in Berlin herum.

(Jörg Hamann CDU: Das hat er ja auch ver- dient!)

Man fragt sich, ob das überhaupt noch eine Koalition ist, die Sie da beschreiben. Herr Schmidt hat auch Kritik geübt, aber Sie haben jeden Satz neu angefangen und auf der SPD rumgekloppt, statt sich einmal diesem Thema zu widmen. Sie haben darum herumgeredet und sind nie auf den Punkt gekommen. Jetzt kommen wir einmal auf den Punkt.

Ich habe überhaupt nicht verstanden, Herr Kleibauer und Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie keinen Hamburg-Bezug bei diesem Thema feststellen können.

(Dennis Thering CDU: Das hat mit der An- meldung zu tun!)

Haben Sie überhaupt einmal die Zeitungen gelesen, sich online informiert oder den NDR gehört? Auch eine Hamburger Bank ist von diesen Panama Papers betroffen und wohl auch Kunden,

(André Trepoll CDU: Mehr als eine!)

die mit Hamburg zusammenhängen. Insofern finde ich es mehr als recht, dass wir dieses Thema heute besprechen, denn die Hamburger Bürgerschaft soll sich auch darum kümmern, was die Menschen draußen bewegt. Sie bewegt momentan sehr, was die Vorwürfe hinsichtlich der Panama Papers für Hamburg und natürlich auch für die Bundespolitik bedeuten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir sollten in diesem Zusammenhang nicht vergessen, den Journalistinnen und Journalisten vom NDR, WDR, von der "Süddeutschen Zeitung" und dem Whistleblower zu danken. Sonst hätten wir das heute gar nicht anmelden und darüber reden können, und sonst hätte ein Herr Schäuble keinen Zehnpunkteplan vorgelegt. So ist das nämlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn eine traditionsreiche Hamburger Bank in besonderem Ausmaß mit Briefkastenfirmen und Offshore-Konten in Verbindung gebracht wird, wenn

(Thilo Kleibauer)

man auf NDR online nachlesen kann, dass es sehr fragwürdige Kundenbeziehungen zu allen möglichen Geschäftsbereichen gibt, zu denen wir eher großen Abstand halten, dann wird doch klar, dass das eine Lawine losgetreten hat, die wir als Politik sehr wohl in den Griff bekommen müssen. Dazu passt überhaupt nicht das Laisser-faire von Herrn Schäuble, der sich jetzt rühmt, in einem Zehnpunkteplan endlich die EU-Richtlinie zu einem Transparenzregister umzusetzen. Hallo? Das ist schon längst Gesetz in der EU, und er hat es immer noch nicht gemacht. Jetzt hat er in seinem Zehnpunkteplan angekündigt – ganz neu –, das zu machen. Auch bei der Schwarze-Staaten-Liste, die die EUKommission aufgelegt hat, hat er nicht geliefert. Kein einziges Land ist von Herrn Schäuble aus Deutschland gemeldet worden. Da kann man sich schon fragen, was der Grund für die Untätigkeit des Herrn Bundesfinanzminister ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Diesbezüglich habe ich von Ihnen nichts gehört, sondern Herr Kleibauer hat darum herumgeredet, man mache schon so viel und habe schon so viel gemacht. Ich habe den Eindruck, dass das, was gemacht wurde, nicht dazu geführt hat, dass das Problem gelöst ist, sondern dass es, wenn wir über 50 Milliarden Euro reden, die mit Briefkastenfirmen und Offshore-Konten am deutschen Fiskus vorbeigeführt werden, ganz im Gegenteil keine Lappalie ist, sondern sehr wohl eine Sache, die sich alle 16 Bundesländer und der Bund genau ansehen sollten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von Michael Kruse FDP)

Daher fordern wir, dass diese EU-Richtlinie sofort umgesetzt wird. Wann, wenn nicht jetzt? Wir wollen auch, dass nicht erfolgte Transparenz bestraft wird. Was wir im Gegenteil nicht wollen, ist, dass die Whistleblower bestraft werden, sondern es muss endlich einen Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag geben, der diese Menschen schützt, denn sonst kommen wir dem Problem nicht hinterher.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ganz zum Schluss: Hamburg kann damit noch mehr zu tun haben. Deutschland wird nächstes Jahr die G20-Präsidentschaft übernehmen, der Gipfel wird in Hamburg stattfinden.

(Thilo Kleibauer CDU: Sie wollen den Gipfel doch gar nicht in Hamburg haben!)

Meine Fraktion fordert eindeutig, dass das Thema Finanzkriminalität auf die Tagesordnung dieses Gipfels gesetzt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Debatte macht etwas mehr Spaß als die vorherige. Allein dass Herr Schmidt plötzlich ein paar klassenkämpferische Töne anklingen lässt, ist erfreulich – 1 Prozent gegen 99 Prozent –,

(Beifall bei der LINKEN)

und dass Herr Kleibauer zum großen Kämpfer gegen Steuerkriminalität wird und sich dafür starkmacht, diesbezüglich einiges zu verändern, höre ich auch gern, denn dieses Problem ist, wie wir alle wissen, trotz der Aktivitäten von Herrn Schäuble, die Sie durchaus richtig dargestellt haben, in letzter Zeit noch größer geworden.

Ich möchte zu einigen wichtigen Punkten etwas sagen. Erstens – und da müssen sich alle Parteien und die Politik insgesamt an die Nase fassen –: Diejenigen, die als Aktive dagewesen sind, waren nicht die politischen Parteien, nicht der Staat, sondern das waren Whistleblower, das waren die Snowdens, die Assanges dieser Welt, das waren diejenigen, die Unterlagen weitergereicht haben, das war die Presse, die das veröffentlicht hat. Es ist zwar schön, dass sie das gemacht haben, zeigt aber auch, dass es Schwächen in der Steuerverwaltung, in der Kontrolle gibt; sonst wäre schon längst etwas verändert worden. Diese Menschen dürfen nicht bestraft werden, wie es heute zum Teil noch geschieht. Sie sind ein wichtiger Motor der Demokratie, denn sie decken Missstände auf.

(Beifall bei der LINKEN und bei Michael Kru- se FDP und Karin Prien CDU – Erster Vize- präsident Dietrich Wersich übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens möchte ich etwas zu der in Hamburg ansässigen Berenberg Bank sagen. Eine Briefkastenfirma kann nur existieren, wenn es Bankenzuträger, Zwischenakteure gibt. Auf diese müssen wir den Fokus legen. Über die Berenberg Bank wurde jetzt in den Papieren von Fonseca, also der Kanzlei, die das in Panama gemacht hat, veröffentlicht, dass es sich bei dieser Bank um eine deutsche Traditionsbank mit exzellentem Ruf handele. Man habe sehr gute Beziehungen mit dieser Bank und empfehle sie ausdrücklich. Diese Bank hat ihren Sitz in Hamburg. Diese Bank muss dringend überprüft werden. Diese Bank muss genau untersucht werden, und zwar nicht nur von Wirtschaftsprüfern von Ihro Gnaden. Es muss geprüft werden, ob diese Bank weiterhin die Banklizenz erhalten darf,

(Beifall bei der LINKEN)

denn sie ist ein Motor dieser Bankgeschäfte, ganz deutlich zu messen an dem, was die "Süddeutsche

(Farid Müller)

Zeitung", der NDR und so weiter veröffentlicht haben.

Ist denn Schäuble mit diesen schönen Erklärungen, wie sie uns Herr Kleibauer dargestellt hat, jetzt ganz weit vorn? Ist er nicht. Um das Problem bekämpfen zu können, müssen die Steuerbehörden endlich Informationen über die Steuerbescheide der verschiedenen Unternehmen, sogenannte Country-to-Country-Reports, austauschen. Das aber verhindert Deutschland, und das gilt es zu verändern, auch im Bundesrat.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie froh und glücklich kann denn bezüglich dieser Aktivitäten die SPD in Hamburg sein, die sich ständig damit brüstet, sie habe so viel Tolles gemacht? Meine Fraktion sagt seit Jahren, dass zur Beseitigung dieses Problems mehr Anstrengungen unternommen werden müssen; das möchte ich nicht noch einmal wiederholen. Stattdessen verweise ich auf den Bericht 2016 des Rechnungshofs. In diesem stellt der Rechnungshof fest, dass in Hamburg noch immer keine ausreichenden Prüfungen bei der Veranlagung vorgenommen werden, und das, obwohl er seit Jahren kritisiert, dass die Bedarfsrechnungen für die Betriebsprüfungen immer noch den mit den übrigen Ländern abgestimmten Standards widersprechen. Darüber hinaus kritisiert der Rechnungshof, dass in Hamburg noch immer nicht gewährleistet ist, dass alle Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften als potenzielle Prüfungsfälle in der Betriebskartei erfasst werden, das heißt, dass sie nicht richtig kontrolliert werden. Der Rechnungshof sagt Ihnen, dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Also kümmern Sie sich um diese Angelegenheiten und tun Sie nicht so, als hätten Sie jetzt alles neu erfunden. Sie haben in diesem Punkt auch Dreck am Stecken.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Jörn Kru- se AfD – Glocke)

Herr Hackbusch, bitte berücksichtigen Sie auch zum Schluss den parlamentarischen Sprachgebrauch. – Als Nächstes erhält das Wort Katja Suding von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was für ein Paukenschlag. 11,5 Millionen Dokumente hat ein internationales Netzwerk von Hunderten von Topjournalisten gesichtet. Sie beschäftigen sich mit 214 000 Briefkastenfirmen in Panama und in anderen Steueroasen. Für uns sind das sehr wertvolle Erkenntnisse.

Vorweg zur Klarstellung: Nicht jede einzelne dieser Briefkastenfirmen wird für Steuerhinterziehung, für Betrug, für Schmuggel oder Geldwäsche genutzt, und in einem Rechtsstaat verbietet es sich natürlich, den Inhaber einer solchen Briefkastenfirma

automatisch vorzuverurteilen. Hier sind natürlich erst die strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten. Ist also alles in Ordnung? Kann sich die Politik zurücklehnen und die Hände in den Schoß legen? Ein ganz klares Nein, das kann und darf nicht sein.

(Beifall bei der FDP)

Die Politik darf hier keinesfalls den Eindruck erwecken, sie schaue dem Treiben tatenlos zu, weil nicht nur Eliten aus Wirtschaft, Sport oder Gesellschaft betroffen sind, sondern auch ranghohe Politiker, denn dann überließen wir den Populisten das Feld, denjenigen, die sowieso schon Angst und Hass gegenüber Politikern und der Politik im Allgemeinen schüren. Es würde die Legitimationskrise verstärken, in der sich westliche Demokratien in jüngster Zeit befinden. Das dürfen wir als Abgeordnete nicht zulassen.