Protokoll der Sitzung vom 13.04.2016

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für eine weitere allgemeine Erklärung hat sich der Abgeordnete Dr. Dressel von der SPD-Fraktion gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nur kurz der Vollständigkeit halber: Schauen Sie einmal in Ihr E-Mail-Postfach. Dort werden Sie unsere Antwort auf das von Ihnen geäußerte Anliegen finden und auch die Antwort auf die Frage, ob es Sinn macht, solche Personalvorschläge in Fraktionen noch einmal vorzustellen.

Das ist eine Frage, die jeder Abgeordnete – wir haben ein freies Mandat in diesem Haus, in jedem deutschen Parlament –, dann auch noch einmal mit sich abmacht. Wir haben das gelesen. Ich habe Ihnen dazu heute geantwortet und kann mich im Übrigen den Hinweisen des Kollegen Trepoll anschließen. Und trotzdem ist es am Schluss aufgrund des freien Mandats, das jeder Abgeordnete in diesem Haus hat, eine Entscheidung, die jeder mit sich abmachen muss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Wir können dann zur Wahlhandlung schreiten. Bitte nehmen Sie Ihre Wahlentscheidung vor.

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Ich darf die Schriftführer nun bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden gleich ermittelt. Ich werde sie Ihnen dann im Laufe der Sitzung bekannt geben.

Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf, Drucksache 21/3842, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Industrie 4.0: Digitalisierung der Hamburger Wirtschaft vorantreiben.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Industrie 4.0: Digitalisierung der Hamburger Wirtschaft vorantreiben – Drs 21/3842 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Industrie und Mittelstand beim digitalen Transformationsprozess unterstützen – Chancen von Industrie 4.0 nutzbar machen – Drs 21/4028 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/4028 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Die AfD-Fraktion möchte die Drucksache 21/3842 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Hansjörg Schmidt von der SDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

"Die Zukunft ist bereits da, sie ist nur nicht gleichmäßig verteilt."

Dieses Zitat von William Gibson gehört zum Standardrepertoire jeder Digitalisierungsdebatte. Es bedeutet, dass sich kein Wirtschaftsbereich ausruhen kann. Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Software is eating the world, heißt es an anderer Stelle. Wir befinden uns mitten in einem Umbruch, der weder vor den kleinen noch vor den großen Unternehmen haltmachen wird. Und dennoch reibt man sich immer wieder die Augen. Während Elon Musk mit Tesla 3 die Automobilbranche auf den Kopf stellt, streitet man bei der Daimler Aktienhauptversammlung über das Würstchenbuffet. Tesla ist dabei das Paradebeispiel der Digitalisierung. Sie denken dort nämlich wie ein Softwareunternehmen. Während Volkswagen für ein Update der Abgassoftware Hunderttausende Fahrzeuge in die Werkstatt zurückrufen muss, wird bei Tesla

über Nacht per Funk ein Update eingespielt, welches dann dem Fahrer zig neue Funktionen bis hin zu einem Autopiloten einspielt. Genau diese Mechanismen werden unter dem Buzzword Industrie 4.0 zusammengefasst. Dieser Trend zur Digitalisierung von Produktion und Wertschöpfung wird klassische Geschäftsmodelle und Prozesse verändern und neue schaffen. Er betrifft nicht nur Großunternehmen, sondern gerade auch den international ausgerichteten Mittelstand, kleine innovative Unternehmen und IT-Start-ups, die Ausrüster und Treiber dieses Wandels sein können, Innovation vorantreiben und neue Geschäftsmodelle schaffen. Genau dieses Ziel haben wir vor Augen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Denn Hamburg hat hierfür beste Voraussetzungen: innovative Unternehmen, eine ausgeprägte Forschungslandschaft und eine quirlige Start-up-Szene. Wenn wir die Forschung und Entwicklung mit den kreativen Kapuzenjackenträgern aus der Schanze und mit den Traditionsunternehmen aus Logistik, Industrie und Handel zusammenbringen, können in Hamburg diese Potenziale erschlossen werden und sich völlig neue Bereiche entwickeln. Damit dies auch geschieht, wollen wir den Masterplan Industrie um das Handlungsfeld Industrie 4.0 ergänzen und künftig auch die weiteren Masterpläne bereichern.

Aus eigener beruflicher Erfahrung weiß ich, wie sehr das Wissen über die Digitalisierung und die Erkenntnis über die Chancen und Auswirkungen auf das eigene Geschäft insbesondere im Mittelstand häufig unterentwickelt ist. Wir wollen die Unternehmen mit einer Digitalisierungsoffensive motivieren und ihnen mit Best-Practice-Beispielen Vorbilder liefern. Die Stadt schafft den Rahmen, die Unternehmen füllen ihn aus.

(Michael Kruse FDP: So wie bei den Kun- denzentren!)

Dieser Senat hat bereits in der letzten Legislaturperiode viele wichtige Weichen gestellt und zukunftsträchtige Projekte umgesetzt, die sich mit der Digitalisierung der industriellen Wertschöpfungsketten befassen. Schauen Sie einmal zurück, wie wenig dieses Thema in der Stadt vor fünf Jahren präsent war, und vergleichen Sie es mit der heutigen Situation. Sie werden feststellen, dass die Digitalisierung unserer Stadt und ihrer Wirtschaft bei diesem Senat in sehr guten Händen ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen. Um das Feld der anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen sinnvoll zu ergänzen, wollen wir Hamburg als weiteres Sitzland für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt etablieren. Rot-Grün treibt die Digitalisierung der Hamburger Wirtschaft mit diesem Antrag weiter voran. Wir haben einen Plan und verfolgen ihn konsequent.

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

Das Wahlergebnis ist auf Seite 1973 zu finden.

Beim Thema, einen Plan zu haben oder auch nicht, kommen wir zum Antrag der CDU. Als Sozialdemokrat freut man sich natürlich, wenn die CDU ein Programm des Wirtschaftsministers Gabriel lobt. Er macht auch einen guten Job. Wenn man nun aber fordert, der Senat solle sich noch stärker einbringen beim Thema Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0, lieber Herr Ovens, dann sollte man sich vorher auch einmal über das Programm schlaumachen. Antragsteller zum Kompetenzzentrum ist die Handelskammer, und das Bundeswirtschaftsministerium hat ausdrücklich erklärt, dass es keine Landesministerien im Rahmen der Kompetenzzentren fördern will und sie auch in keiner Rolle sieht. So viel dazu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als nächster Redner erhält das Wort Carsten Ovens von der CDU-Fraktion.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Herr Schmidt, das war ja eine faszinierende Rede,

(Beifall bei Markus Schreiber SPD)

voller Prosa über die Digitalisierung und was Sie alles seit fünf Jahren dazu beigetragen haben. Es fehlte eigentlich nur noch zu sagen, dass Sie 2007 auch das Smartphone auf den deutschen Markt gebracht haben und dass es die SPD war, die die Digitalisierung der Bevölkerung vorangebracht hat, weil wir heute alle mit Smartphones durch die Gegend laufen und nicht mehr mit alten Handys, auf denen wir womöglich Snake 1 oder 2 spielen würden, Herr Schmidt. Man kann natürlich durchaus etwas bescheidener agieren, so wie es hanseatisch üblich wäre, aber wenn Sie meinen, Sie hätten mit Ihrer Fraktion die Digitalisierung neu erfunden, Chapeau, das war bisher noch keinem Geschichtsbuchautor bekannt; wir sollten es weitertragen, Herr Schmidt.

(Beifall bei der CDU)

Es fasziniert mich, dass Sie gerade einmal einen Tag, nachdem der Senat unsere Anfrage zum Mittelstandskompetenzzentrum beantwortet hat, diesen Antrag aus der Hüfte schießen können,

(Dirk Kienscherf SPD: Den haben wir ja schon vorher eingereicht!)

und offensichtlich einen Tag, nachdem der Senat auf unsere Initiative reagieren musste, tatsächlich versuchen, etwas Substanz in das Thema zu bringen. Kompliment für dieses schnelle und beherzte Aufgreifen unserer CDU-Initiative. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Sie so vorgehen. Also vielen Dank, machen Sie gern weiter so.

(Beifall bei der CDU)

Nur, Herr Schmidt, vielleicht hätten Sie die Antwort aus Ihrer eigenen Behörde etwas aufmerksamer lesen sollen. Denn in Ihrem Antrag erwähnen Sie zwar wunderbar dieses Kompetenzzentrum, das die CDU-geführte Bundesregierung in der Großen Koalition jetzt gerade auch für Hamburg auf den Weg bringen will. Nur sprechen Sie davon, als wäre es schon zustande gekommen, als hätten wir es schon in Hamburg. Hätten Sie die Antwort des Senats zu unserer Schriftlichen Kleinen Anfrage zu diesem Thema genauer gelesen, Herr Schmidt, dann wüssten Sie, dass dieses Zentrum überhaupt erst einmal in der Projektanbahnung in diesem Jahr an den Start gehen soll. Sie tun so, als hätten wir die Einrichtung bis Jahresende schon stehen. Jetzt sagen Sie, es sei jetzt auch vom Wirtschaftsministerium so gewünscht, dass die Mittel ausschließlich aus Berlin kommen und Hamburg schreibe ansonsten Masterpläne, aber brauche weiter nichts zu tun. Das geht aus Ihrer Senatsantwort hervor. Auf unsere Anfrage, wie viel denn eigentlich der rot-grüne Senat dafür leiste, dass dieses Kompetenzzentrum nach Hamburg kommt, ob er sich irgendwie beteilige, ist keine Rede davon, dass dies nicht gewünscht sei. Es wird lediglich festgestellt, dass Rot-Grün für die Digitalisierung keinen Cent an dieser Stelle für das Kompetenzzentrum ausgibt, Herr Schmidt. Das ist die Realität, so viel ist Ihnen die Digitalisierung in dieser Stadt nämlich wert.

(Beifall bei der CDU)

Doch der Antrag als solcher ist gut. Wir werden ihn billigen und Ihnen unsere Unterstützung geben.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sie haben doch abgeschrieben!)

Doch jedes Angebot von diesem Kompetenzzentrum oder anderen kann nur so gut sein, wie es tatsächlich eben auch bekannt ist. Was Sie in Ihrem prosareichen Antrag einmal wieder übersehen, ist tatsächlich der simple Fakt, dass Sie gute Angebote, gute Dienstleistungen auch einer Öffentlichkeit, in diesem Fall insbesondere dem Mittelstand, irgendwie zugänglich machen müssen. Deswegen haben wir unseren Zusatzantrag eingereicht, dass wir auf der einen Seite, bitte schön, die Prozesse zur Einrichtung des Kompetenzzentrums beschleunigen und auf der anderen Seite, bitte schön, auch mit einer breit angelegten Werbekampagne im Mittelstand für die Dienstleistungen dieses Zentrums werben. Ich denke, das ist etwas, das man in Kooperation mit der Handelskammer und dem Bundeswirtschaftsministerium durchaus machen kann.

Aber, Herr Schmidt, Ihr von SPD und GRÜNEN eingebrachter Antrag ist einmal mehr ein typisches Beispiel für sozialdemokratische und etwas grün angebaute Politik. Sie haben eingangs in Ihrer Rede gesagt, irgendwie sei Digitalisierung schon da, aber noch nicht bei jedem, also müsse sie etwas umverteilt werden. Das kennen wir; das machen

(Hansjörg Schmidt)

Sozialdemokraten und alles links davon sehr gern. Allerdings ist Ihr Antrag relativ traurig, denn alles, was Sie hier umverteilen, ist einmal mehr, dass Sie die Hand Richtung Berlin aufhalten, dass Sie die CDU-geführte Bundesregierung erneut um Geld bitten, sich selbst dann dafür fleißig abfeiern und sagen, klasse, man brauche in Hamburg eigentlich nichts zu tun, außer Masterpläne schreiben. Aber seien Sie doch einmal ehrlich: Würde der Bund diese Zeche nicht bezahlen, dann könnten wir in Hamburg auch keine rot-grünen Digitalisierungspartys feiern, Herr Schmidt.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP und Dr. Joachim Körner AfD)

Das ist nicht das einzige Beispiel. Jetzt sprechen wir über Breitband, für das seit letztem Sommer die Mittel aus Berlin bereitstehen, die Bundesregierung Ihnen also einmal mehr zur Seite steht, weil Sie es nicht schaffen, viele Gebiete in Hamburg tatsächlich zu versorgen – und dabei reden wir nicht nur über eine vernünftige Breitbandversorgung im Süden Harburgs oder irgendwo in Bergedorf, sondern darüber, dass wir in dicht besiedelten Stadtteilen wie Niendorf, in dicht besiedelten Stadtteilen im Bereich der Innenstadt in ganzen Quartieren keine schnelle Breitbandanbindung haben. Ein Dreivierteljahr, nachdem diese Gelder bereitstehen, haben Sie endlich einen privaten Dienstleister beauftragt, einmal umfassend zu ermitteln, wo denn überall Bestands- und Bedarfslücken bestehen. Wunderbar, wieder einmal ein Dreivierteljahr verloren.

Vor zwei Jahren haben Sie sich dafür gefeiert, Herr Schmidt, dass wir bald flächendeckendes, kostenfreies WLAN in Hamburg haben werden. Morgen gibt es eine groß angelegte Pressekonferenz, der erste Access Point wird zwei Jahre, nachdem Sie ihn angekündigt haben, eingeweiht. Wer regelt es? Die Privatwirtschaft und nicht etwa die SPD, nicht etwa Rot-Grün. Ich habe nichts dagegen, dass die Privatwirtschaft das macht. Aber Sie feiern sich hier für etwas, was Sie selbst gar nicht gemacht haben, Herr Müller. Das ist doch das Problem.