Protokoll der Sitzung vom 14.04.2016

Ja, gern.

Herr Buschhüter, Sie haben das Wort.

Herr Hackbusch, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich der Senator bei der Verkehrsministerkonferenz befindet?

Ich habe Sie nicht verstanden.

(Zurufe)

Er ist auch noch Verkehrssenator, ja.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Heiter- keit bei der SPD und der CDU)

Das habe ich zur Kenntnis genommen.

Meine Damen und Herren! Der Hamburger Hafen ist, wie wir häufig hier diskutiert haben und wie wir leider alle schmerzhaft wissen, in einer kritischen Situation, wenn nicht sogar in einer krisenhaften Situation. Die rückläufigen Umschlagzahlen sind Vorboten einer Überkapazität in allen norddeutschen Häfen. Deshalb bedarf es einer besonders genauen Diskussion auch im Parlament, wenn im Hamburger Hafen Arbeitsplätze und Umschlag wegfallen. Das ist gegenwärtig auf dem Gelände des Rosshafens bei der Firma Buss der Fall.

Durch den auslaufenden Pachtvertrag mit der Firma Buss sollen dort weit über 100 Arbeitsplätze wegfallen und nicht nur Arbeitsplätze und nicht nur die 100. Es geht auch um etliche Beschäftigte des GHB, was zusätzliche Arbeitsplätze dort sind. Es geht natürlich auch um Ladungen, die wir für diese Stadt brauchen. Dementsprechend ist es wichtig und ich freue mich darüber, dass etliche Beschäftigte der Firma Buss heute hier sind und dieser Debatte folgen.

(Beifall bei der LINKEN)

(Dr. Joachim Körner)

Die Geschichte dieses Pachtvertrags ist sicherlich eine besondere Geschichte, die wir hier nicht breit diskutieren wollen. Ich hoffe, dass wir hier im Haus alle froh darüber sind – wir haben es schon diskutiert –, dass ein weiterer Containerterminal, der geplant war und weswegen dieser Pachtvertrag gekündigt worden ist, dort nicht entsteht, weil er gegenwärtig nur Überkapazitäten beim Containerterminal, die schon massenhaft im nordeuropäischen Bereich vorhanden sind, noch erhöhen würde. Daher wäre das eine schlechte Option gewesen und wir sind froh, dass es nicht geklappt hat.

Obwohl es nicht geklappt hat, besteht der Senat auf einer Kündigung dieses Vertrags. Um was zu machen? Im Ausschuss haben wir darüber diskutiert und es wurde uns dargestellt, dass der Senat schraffierte Flächen hat, um Planungen durchführen zu können. Ich habe noch nie gehört, dass man, um eine Planung durchführen zu können, ein Gelände räumen müsste. Unter normalen Umständen müsste man intellektuell so weit sein, dass man auch mit einem Gelände planen könnte, ohne dass man dieses dafür räumt. Dementsprechend gibt es keine Begründung für die Räumung wegen Planungen und dafür, diese Verträge gegenwärtig schon zu kündigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben die Befürchtung, dass stattdessen aus Prinzipienreiterei eine Situation geschaffen wird, wie wir sie etwas nördlich von diesem Gelände beim Kuhwerder Hafen schon gegenwärtig beobachten können. Der gesamte Terminal des Kuhwerder Hafens ist nichts anderes als eine große Sandkiste. Ich möchte nicht, dass wir eine Sandkiste haben, wo gegenwärtig ein vernünftiger, funktionierender Betrieb mit weit über 100 Arbeitsplätzen vorhanden ist. Das ist doch völliger Unsinn und das nur wegen Rechthaberei.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wo sind denn die Millionen hin? Jedenfalls nicht in den So- zialplan!)

Ich weiß, wo die Millionen hingegangen sind, aber das ist doch keine Begründung dafür, gegenwärtig einen funktionierenden Betrieb mit der Begründung von Planungen zu schließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Planungen kann man mit einem funktionierenden Betrieb machen. Diese Situation ist fatal für die Beschäftigten. Es sind wichtige, bedeutende Hafenarbeitsplätze und ich bin mir sicher, dass man mit einer vernünftigen Planung und Übergangszeiten etwas erreichen könnte. Das muss nicht die gleiche Firma sein, es könnte auch eine andere Firma sein, die das dort macht. Ohne Frage besteht dort ein gewisser Investitionsbedarf. Es ist unmöglich, dort zu wohnen. Wichtig ist, die Arbeitsplätze zu erhalten und die Ladung weiterhin zu behalten für diesen Bereich.

Gerade für einen Universalhafen ist es doch so bedeutend, dass wir dort nicht nur Containerschleusen haben. Die sind sicherlich wichtig und in den letzten Jahren in der Debatte auch wichtig gewesen, aber gerade im Zusammenhang mit dem Stückgut ist bedeutend, was dort diesbezüglich vorhanden ist, und es ist wichtig, gerade diese Bereiche des Hafens dort weiter zu haben. Diese sind besonders arbeitsplatzintensiv – das weiß jeder, der sich damit auseinandersetzt – und dementsprechend besonders für die Ladungen sehr bedeutend.

Hier besteht die Gefahr, dass diese Ladungen nicht mehr in Hamburg, sondern innerhalb kürzester Zeit in Bremen oder sonstwo gelöscht werden. Dazu gibt es auch kein Konzept, das uns der Senat gegenwärtig vorlegen würde.

Immer wieder wurde in allen Hafenentwicklungsplänen betont, dass man für diesen konventionellen Stückgutverkehr etliches machen wolle. Nur stellen wir fest, dass dies nicht ordentlich gemacht und nicht praktisch durchgeführt wird.

Wir sehen nicht nur diesen Bereich bedroht, sondern auch einen zweiten, das ist der Bereich von HHLA Logistics. Etwas weiter im Bereich vom Kleinen Grasbrook – wir haben das schon bei Olympia diskutiert, das will ich jetzt nicht noch einmal extra anführen – will die HHLA einen Betrieb zumachen – Überseezentrum und einiges mehr –, wo es auch um 100 Arbeitsplätze geht, wenn nicht sogar mehr, und wo die HHLA einen ihrer wichtigen Bereiche zumachen will, den gesamten Logistikbereich. An und für sich müssten sie dann ihren Namen ändern. Das ist das eine Thema.

Wichtiger ist aber doch für uns im Hafen, dass wir diese Bereiche außerhalb des Containers unbedingt haben wollen und auch unbedingt brauchen. Es ist eine der wichtigen Aufgaben der HHLA – das steht auch in ihren Zielvereinbarungen mit der Stadt –, eben nicht nur Container zu haben, sondern einen Universalhafen zu entwickeln. Dafür haben wir dieses öffentliche Unternehmen. Ich finde es eine Frechheit, dass dieses öffentliche Unternehmen diese Aufgabe nicht wahrnimmt, sondern aus kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Interessen diesen Bereich auch noch zumacht und sich nur noch auf Containerschleusen und das Zweite, Bahnverkehr, beziehen will. Das ist fatal für diese Stadt und eine schlechte Entwicklung. Man kann die Krise des Hamburger Hafens nur dann angehen, wenn man mit Sorgfalt und Kraft auch die verschiedenen kleineren Aspekte angeht. Das verlange ich von diesem Senat.

(Beifall bei der LINKEN)

Von den regierenden Parteien, also von Rot-Grün, verlange ich zumindest, wenn man hier schon keinen eigenen Antrag zu dieser Sache einbringt, dass man diese Fragestellung an den Ausschuss

überweist und dass man sagt, solange diese Entlastung dort gehe, wolle man diese Aufgabe immer noch angehen und dazu Lösungen suchen. Dementsprechend wäre eine Überweisung das Mindeste, was hier geschehen sollte. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Seeler von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, Sie verlangen viel. Wir verlangen nur eines: Schreiben Sie sachgerechte Anträge und dann können wir ernsthaft miteinander reden und debattieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, wenn wir uns mit dem Hamburger Hafen beschäftigen, müssen wir auch immer über das ökonomische Umfeld sprechen. Um das nur kurz zu machen: Die Weltwirtschaft wird gerade neu vermessen. Wesentliche Faktoren sind dabei, sich zu verändern. Wir wissen, dass beispielsweise Wachstumsregionen in Asien, von denen bisher auch der Hamburger Hafen sehr stark profitiert hat, jetzt in ihre Reifephase eintreten. Eines ist auch klar: Ein neues China ist nicht in Sicht. Wir wissen, dass neue Produktions- und Informationstechnologien die Warenströme und die Anforderungen an die Logistik weltweit verändern und gleichzeitig natürlich bei allen Risiken auch neue Wachstumschancen bieten. Und wir wissen auch, dass externe Einflussgrößen wie Energiepreise, Zinssätze oder Ähnliches auch aktuell Einfluss auf die Hafenumschläge haben können.

In diesem Umfeld muss sich der Hamburger Hafen fortentwickeln. Es ist doch einer der Grunderfolgsfaktoren seit Jahrhunderten, dass sich der Hamburger Hafen veränderten Rahmenbedingungen anpasst. Wesentliche Faktoren für die Fortentwicklung sind dabei die Infrastruktur, der Stückgutumschlag und die Industrieproduktion mit dem Umschlag zusammenzuführen. Heute schon ist etwa ein Drittel der Fläche im Hamburger Hafen Industrieproduktion. Das ist gut so, denn damit haben wir den lokalen Content, dass nämlich vor Ort Waren abgenommen werden. Das ist ein wesentlicher Wachstumstreiber für den Hamburger Hafen.

Der Mittlere Freihafen bietet desbezüglich jetzt eine gute Perspektive. Bis zu 125 Hektar Fläche können hier fortentwickelt werden. In Wahrheit basiert der Mittlere Freihafen in seiner jetzigen Form – und das haben wir ausführlich im Ausschuss mit der HPA und der Wirtschaftsbehörde diskutiert – auf einer Struktur der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Diese gilt es eben nicht zu konservieren, sondern fortzuentwickeln, damit dort moderne Betriebe arbeiten können und künftig

wettbewerbsfähige Arbeitsplätze erhalten und weiter fortentwickelt werden können.

Mit der Einigung der Firma Buss im Jahre 2009 – ich setze voraus, die Geschichte ist bekannt, Herr Hackbusch hat das schon erwähnt – wurde zum Jahreswechsel 2015/2016 auf Basis dieses Übereinkommens vereinbart, dass zum 30. Juni 2017, also in eineinviertel Jahren, die Fläche geräumt wird und damit ein Prozess, der 2009 in den Gesprächen mit dem Unternehmen Buss anfing, nun zum Ende kommt.

Die Planungen der HPA laufen intensiv, und es ist von der Zeitschiene vorgesehen, dass die Ausschreibungen in der zweiten Jahreshälfte 2016 an den Markt gehen und neue Unternehmen in einer neuen Struktur geworben werden können. Darüber haben wir am 25. Februar 2016 im Wirtschaftsausschuss sehr intensiv gesprochen. Die Perspektiven sind, dort Industrieproduktionen etwa im Bereich Elektromobilität, erneuerbare Energien, Maschinenbau, Umwelttechnik oder Anlagenbau zusammenzuführen und mit dem Hafenumschlag direkt zu verbinden. Dafür müssen aber die Flächen revitalisiert werden. Nur mit der Fortentwicklung dieser Flächen und auch an anderer Stelle im Hafen können wir die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens langfristig sichern.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man versucht, den roten Faden der Wirtschaftspolitik der LINKEN zu identifizieren, fällt eines immer auf: Der rote Faden ist die Konservierung gegebener Strukturen, keine Veränderungen, keine Innovationen, keine Fortentwicklung.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das ist doch lächerlich!)

Dies wird auch beim Abstimmungsverhalten hier in den letzten zwölf Monaten deutlich. Genau das ist die falsche Antwort auf ein so dynamisches Umfeld. Wir müssen nicht nur im Hafen, sondern auch in anderen Bereichen die Ökonomie weiter fortentwickeln, den Standort Hamburg weiter fortentwickeln, und nur dann haben wir die Chance, dass Hamburg langfristig wettbewerbsfähig bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Dann einmal konkret zu dem Antrag. Da wäre schön gewesen, Kollege Hackbusch, wenn Sie sich die Sachlage vorher genau angeguckt hätten. In Petitum 1 fordern Sie, dass die Aufhebung des Vertrags mit Buss zwei Jahre nach hinten geschoben wird. Wir reden dann über Ende 2018. Dazu muss man zum einen sagen, dass natürlich nicht nur Planung und Ausschreibung läuft, sondern dass spätestens Mitte 2017 auf dieser Fläche auch gebaut werden muss, um die entsprechenden Flächen anzupassen. Das kollidiert natürlich damit, wenn Buss dort weiter bleiben würde.

(Norbert Hackbusch)

Dazu kommt, dass nach der einvernehmlichen Lösung mit der Stadt Hamburg zum Jahreswechsel 2015/2016 Buss bereits heute mit allen Kunden Aufhebungsverträge geschlossen hat, die spätestens Mitte 2017 greifen, sodass auch eine Verlängerung des Vertrags mit Buss auf der Fläche bis 2018 gar keine Grundlage mehr hätte. Damit hängt Ihr Petitum völlig in der Luft.

Natürlich – das wissen wir alle – gilt ein besonderes Augenmerk den Beschäftigten. Wir sprechen über etwa 93 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die – das müssen wir offen feststellen – durch die Einstellung des Geschäftsbetriebs beim Buss Hansa Terminal auf Sicht ihren Arbeitsplatz dort verlieren werden. Aber Teil unserer Strategie ist, dass wir durch die Fortentwicklung dieser Fläche eine Voraussetzung dafür schaffen, dass dort in Zukunft neue und möglichst mehr als 93 Arbeitsplätze entstehen werden.

Im Rahmen der 2009 geschlossenen Vereinbarung zwischen Buss und der Stadt Hamburg hatte es eine sehr hohe Kompensationszahlung der Stadt Hamburg im dreistelligen Millionenbereich an Buss gegeben. Ein erheblicher Millionenbetrag war und ist dabei vorgesehen, für einen Sozialplan des Unternehmens Buss zur Verfügung zu stehen, und jetzt können diese Mittel für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ort verwendet werden.

(Beifall bei der SPD)

Aber die Stadt hilft hier nicht nur materiell, sondern – das hatten wir auch im Wirtschaftsausschuss diskutiert und sehr unterstützt – die Wirtschaftsbehörde engagiert sich konkret und hat heute das erste Treffen mit anderen Unternehmen aus der Hafenwirtschaft organisiert, um zu prüfen, ob es weitere Beschäftigung und Arbeitsplätze gibt für die BussArbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer, wohin sie direkt wechseln können. Das heißt, die Stadt hat hier aktiv einen Part übernommen, und das ist richtig so. Wir unterstützen das sehr stark. Das ist ordentliches Regieren: auf der einen Seite die Zukunft fortentwickeln und Grundlagen schaffen und auf der anderen Seite immer auch die Beschäftigung aktuell im Blick haben.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)