Nach Angaben der Bundespsychotherapeutenkammer ist jedes fünfte Kind an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt. Damit sind geflüchtete Kinder 15-mal häufiger betroffen als in Deutschland geborene, jedoch erhalten in Deutschland nur rund 4 Prozent der Geflüchteten eine Psychotherapie. Diese Situation ist absolut untragbar und es besteht dringender Handlungsbedarf.
Die Stadt Hamburg muss ihrer humanitären und rechtlichen Verantwortung, die sich aus mehreren EU-Richtlinien ableitet, nachkommen und erkrankten Flüchtlingen ausreichende medizinische und psychosoziale Hilfe zukommen lassen.
Die Versorgungssituation ist in Hamburg aber noch unzureichend. Die erforderliche Hilfe und Behandlung der seelischen und psychosomatischen Leiden wird vielen Geflüchteten versagt, weil die Nachfrage die vorhandenen Kapazitäten bei Weitem übersteigt. Das birgt die Gefahr, dass unbehandelte Erkrankungen in der Folge zur Chronifizierung des Krankheitsbilds, zu Arbeitsunfähigkeit und zu einer Verschlimmerung des Leidens der betroffenen Menschen führen.
Ein koordinierendes Zentrum ist schön und gut und wir unterstützen dieses Anliegen, aber was bringt die beste Koordination und Vernetzung, wenn die Kapazitäten nicht ausreichen, wenn auf eine Therapie mehr als ein halbes Jahr gewartet werden muss oder in den Kliniken die Dolmetscherkosten nicht von der Stadt oder den Krankenkassen übernommen werden und dadurch die Versorgung gefährdet ist oder psychotherapeutische Angebote wegen bürokratischer Hürden nicht wahrgenommen werden oder sich die Wartezeiten dadurch verlängern? Dabei dokumentieren Sie ehrlicherweise Ihr eigenes Versagen in dieser Sache in Ihrem Antrag, wenn Sie schreiben:
"Der Übergang in erforderliche psychotherapeutische Behandlungen gelingt jedoch zu selten, weil Behandlungskapazitäten und/ oder Dolmetscherdienste fehlen."
Es ist jedoch befremdlich, dass Sie daraus nicht Maßnahmen ableiten und Konsequenzen ziehen. Nicht nur, dass Sie kaum etwas unternehmen, nein, Sie lehnen zudem unsere Anträge auf Erhöhung der Behandlungskapazitäten ohne Begründung ab, zum Beispiel bei der Flüchtlingsambulanz für Kinder und Jugendliche am UKE, die hier erwähnt wurde, die ein ausgezeichnetes Konzept hat und eine hervorragende Arbeit leistet. Jedoch dauert es sechs bis sieben Monate, bis nach einem Erstgespräch die Therapie überhaupt beginnen kann. Wir haben zur Verkürzung der Wartezeit vom Senat gefordert, die Flüchtlingsambulanz mit einer geringen Summe von 180 000 Euro jährlich zu unterstützen, um eine zusätzliche Ärztin, Psychotherapeuten sowie weitere Dolmetscher zu finanzieren. Es ist angesichts der Versorgungslücken unverantwortlich von Ihnen, dass Sie diese Forderungen ohne Begründung abgelehnt haben.
Auch andere Einrichtungen wie zum Beispiel haveno sind überlaufen und die Wartezeiten verlängern sich unnötig, weil die Finanzierung ungewiss ist und die Kostenerstattungsverfahren viel zu lang
dauern. Auch hier steht der Senat in der Pflicht, bürokratische Hindernisse abzubauen und das Recht auf Gesundheit ohne Einschränkung und Diskriminierung allen Menschen dieser Stadt zu gewähren.
Wir brauchen in Hamburg dringend ein interdisziplinäres psychosoziales Behandlungszentrum für alle Altersklassen, das medizinische, psychotherapeutische und sozialpädagogische Angebote in einem Konzept vereint und das dem Individuum eine ganzheitliche und nachhaltige Behandlung ermöglicht und es zu einem selbstbestimmten Leben und zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigt.
Eine begleitende Sozialberatung und Betreuung ist als Grundlage für eine erfolgreiche Therapie sehr wichtig, weil dort die Fragen der Aufenthaltsberechtigung, des Wohnens, der Versorgung und so weiter geklärt werden können. Ohne die Klärung dieser existenziellen Fragen sind die Erfolgsaussichten einer Therapie extrem niedrig. In 26 Städten gibt es psychosoziale Zentren mit interdisziplinären Teams, die aus Psychotherapeuten, Sozialarbeitern, Pädagogen und Medizinern bestehen. Nur in Hamburg fehlt solch ein Therapiezentrum für Geflüchtete aller Altersklassen. Wir finden es schade und beschämend, dass sich eine so reiche Stadt wie Hamburg kein psychosoziales Therapiezentrum für traumatisierte Flüchtlinge leisten will.
Als Fazit ziehen wir, dass wir Ihren Antrag zwar unterstützen, dieser uns aber nicht weit genug geht, weil das Zentrum im Wesentlichen nur zur Koordinierung und Vernetzung eingerichtet wird. Das beinhaltet noch keine dauerhaften Therapieangebote für die traumatisierten Flüchtlinge. In der Regelversorgung ist dies kaum möglich, auch weil es an Dolmetschern fehlt. Sie gehen die strukturellen Defizite in der Versorgung nicht an, sondern betreiben wieder einmal eine reine Symbolpolitik, die möglichst wenig kosten soll. Das finden wir viel zu wenig und deshalb fordern wir Sie auf, endlich nachhaltige Lösungen für die strukturellen Defizite in der Versorgung zu entwickeln und umzusetzen.
Wir finden es natürlich bedauerlich, dass wir all diese Themen, die ich in der Rede kurz angerissen habe, nicht im Ausschuss besprechen können, denn das wäre dringend notwendig. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Flucht vor Krieg und Vertreibung aus der Heimat
ist ein schlimmes Schicksal, und viele der Menschen, die zu uns kommen, haben im Heimatland oder/und auf der Flucht Schlimmes erlebt. Es ist deshalb anzunehmen, dass auch viele Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zu uns kommen und Hilfe brauchen. Einer Studie aus dem Jahr 2005 zufolge lag der Anteil derjenigen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung bei rund 40 Prozent. Die Fachgesellschaften für Psychotraumatologie gingen in ihrer Leitlinie 2011 sogar von 50 Prozent Prävalenz der sogenannten PTBS unter den Kriegsvertreibungs- und Folteropfern aus.
Insofern begrüßen wir Freidemokraten diese Initiative und die beabsichtigte Koordinierung der Angebote zur Beratung und Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Flüchtlingen. Wir begrüßen ebenso, dass die bereits aufgebaute Expertise der aktiven Träger in dieses Zentrum eingebunden werden soll.
Mit diesem Antrag soll jedoch wieder einmal der Einzelplan 9.1 bemüht werden, ohne dass die Antragsteller hier wenigstens eine vage Schätzung vorgeben, mit welchen Kosten für dieses Zentrum zu rechnen sei. Dieser Antrag sieht leider keine Beschreibung der finanziellen und personellen Ressourcen für das angedachte Zentrum vor. Auch wenn wir der Forderung des Antrags in der Sache positiv gegenüberstehen, können wir mangels Kostenprognose und Finanzierung jedoch nicht zustimmen.
Frau Blömeke, Sie hatten hier mehrfach von einem Konzept gesprochen, dass Sie ein Konzept forderten und dass, wenn das Konzept da sei, wir das im Ausschuss prüfen sollten, aber in dieser Drucksache steht nichts von einem Konzept. In der Drucksache wird der Aufbau dieses Zentrums gefordert. Es gibt keine Kostenprognose. Insofern hätten auch wir eine Diskussion im Ausschuss befürwortet und wir hätten uns gefreut, wenn wir dort Antworten auf die Kostenfrage bekommen hätten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Folter und traumatisierende Gewalt gehören überall in der Welt geächtet. Personen, die das erlitten haben, bedürfen unbedingt Unterstützung – das ist auch unsere Meinung –, und das sollte auf jeden Fall geschehen. Aus diesem Grunde unterstützen wir die Anstrengungen, die unternommen werden
Zu diesem Thema ist schon viel gesagt worden. Ich möchte all das, was richtig ist, nicht wiederholen. Details sind meines Erachtens noch völlig ungeklärt, und die Ausgestaltung sollte unseres Erachtens wirklich im Ausschuss diskutiert werden. Deswegen werden wir einer Überweisung an den Ausschuss zustimmen, dem Antrag selbst noch nicht. – Danke.
Wer die Drucksache 21/3816 an den Gesundheitsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt und wir stimmen in der Sache ab.
Wer dem gemeinsamen Antrag der SPD und der GRÜNEN aus der Drucksache 21/3816 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 26, Drucksache 21/3677, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Universalhafen Hamburg retten – konventionellen Umschlag stärken, Buss-Arbeitsplätze erhalten.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Universalhafen Hamburg retten – Konventionellen Umschlag stärken, Buss-Arbeitsplätze erhalten – Drs 21/3677 –]
Hierzu liegen Ihnen vonseiten der LINKEN und der AfD Anträge auf Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien vor.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass wir einmal wieder über den Hamburger Hafen reden können und müssen, bin aber etwas entsetzt darüber, dass Senator Horch nicht da ist.
Das ist natürlich ein großer Unterschied. Man muss in diesem Parlament zu diesen Fragen dann und wann Stellung nehmen.
Hier ist die Bürgerschaft und wir werden hier reden, aber uns fehlt dann und wann die Antwort des Senats, und an bestimmten Stellen – Herr Rose, gerade im Zusammenhang mit Arbeitsplätzen – ist es besonders wichtig, dass er hier dazu redet.