Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

keit haben, ihr Gewaltmonopol zu verteidigen. Und so lange werden wir in Deutschland Waffen produzieren und so lange werden wir auch demokratisch legitimierten Staaten die Möglichkeit geben, ihr Gewaltmonopol zu verteidigen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Eine wehrhafte Demokratie ist im Übrigen Kern aller Landesverfassungen in Deutschland und auch des Grundgesetzes. Recht darf dem Unrecht nicht weichen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

Und jetzt versöhnliche Worte: Wir werden dem Antrag der SPD und der GRÜNEN zustimmen, denn dass zum einen die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt die Möglichkeit haben, im Transparenzgesetz nachzulesen, welche Fahrzeuge oder Fahrzeugteile aus dem Hafen heraus exportiert werden, dem ist nichts entgegenzusetzen. Und zum anderen haben – das muss hier ganz besonders gewürdigt werden – die SPD und die GRÜNEN so intensiv an diesem Antrag gearbeitet, dass ich mindestens drei unterschiedliche Handschriften herauslesen kann. Der SPD-Spitze möchte ich zurufen: Das Zusammenleben mit vielen kann einem zur Hauptbeschäftigung werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Westenberger. – Das Wort hat Herr Gözay von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon im Januar 2015, also in der letzten Legislaturperiode, ersuchte die Bürgerschaft den Senat, die Bundesregierung bei ihrer Politik der Reduzierung von Rüstungsexporten in geeigneter Weise zu unterstützen, gespeicherte Daten über die Ausfuhr von unter anderem Rüstungsgütern in das Informationsregister einzuspeisen sowie über die Ergebnisse zu berichten. Dies ist alles nachzulesen in der Drucksache 20/13722.

Im Juli 2015, also in dieser Legislaturperiode, wurde erklärt, dass die Bundesregierung eine zurückhaltende Rüstungsexportpolitik verfolge. Die Exportkontrolle für Rüstungsgüter zielt auf eine sorgfältige Prüfung des Endverbleibs. Der Hamburger Senat aber hat bei den Rüstungsexporten nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz und dem Außenwirtschaftsgesetz keine eigenen rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf den Export und den Umschlag von Waffen über den Hamburger Hafen. Diese Kompetenz obliegt ausschließlich den Bundesbehörden. Die einzige Kompetenz und Möglichkeit, die wir in diesem Fall haben, ist die fortlaufende Kontrolle und das Veröffentlichen der Ermittlungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ob das nun alle drei Monate sein muss, wie Sie in Ihrer Petition fordern, Herr Dolzer, sei dahingestellt. Aber das wissen Sie alles sehr genau. Daher handelt der Senat auch nicht verantwortungslos, wie Sie es in Ihrer letzten Presseerklärung geäußert haben, sondern so, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Fakt ist, dass die Beförderung von gefährlichen Gütern, darunter fallen eben auch Waffen und Munition, den internationalen, nationalen und lokalen Gefahrgutbestimmungen unterliegt. Gemäß diesen Bestimmungen müssen Güter dieser Art, die über den Hamburger Hafen umgeschlagen werden, dem behördlichen Informationssystem GEGIS gemeldet werden. Seit Mai letzten Jahres stellt die Wasserschutzpolizei zudem sämtliche umgeschlagenen Gefahrgüter in das Hamburger Transparenzportal ein.

Im Koalitionsvertrag mit der SPD wurde vereinbart, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass deutsche Rüstungsexporte in Krisenregionen verringert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Leitlinien dazu lauten unter anderem, dass außen- und sicherheitspolitische Belange klaren Vorrang haben vor rüstungsindustriellen Interessen. Diese Leitlinien werden wir einhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Unser politisches Ziel ist es, Exporte von Rüstungsgütern nicht nur kritisch zu begleiten, sondern diese so weit wie möglich zu reduzieren und vor allem die Ausfuhr solcher Güter in Konfliktgebiete grundsätzlich zu vermeiden.

Ihre Forderung an den Senat, den Umschlag von Waffen jeglicher Gattung über den Hamburger Hafen zu unterbinden, liegt nicht in unserer Macht. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab und verweisen auf unseren eigenen Antrag "Rüstungsexporte kontrollieren – Transparenz schaffen", in dem übrigens nicht steht, dass eine Transparenz in Zusammenarbeit mit dem Bund nicht herstellbar sei. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Gözay. – Das Wort hat Herr Michael Kruse von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben das Thema

(Michael Westenberger)

hier zuletzt im Januar 2015 debattiert. Ich persönlich war da noch nicht Abgeordneter und Sie, Herr Dolzer, auch nicht. Ich hatte den Vorteil, dass ich der Debatte trotzdem gefolgt bin. Seitdem hat sich aus meiner Sicht kein neuer Sachstand eingestellt, und weil sich kein neuer Sachstand eingestellt hat, möchte ich es kurz halten. Ich schließe mich den Worten unseres damaligen wirtschaftspolitischen Sprechers Dr. Thomas-Sönke Kluth vollumfänglich an. Ich kann außerdem vieles unterschreiben, was Herr Rose und Herr Westenberger hier schon gesagt haben.

Ich kaufe Ihnen insbesondere das Ziel ab, dass Sie wirklich Frieden wollen. Aber darum geht es in diesem Antrag nicht, sondern es geht darum, was dokumentiert wird, was dokumentiert werden kann, was veröffentlicht werden kann. Das ist gerade bei den Vorrednern deutlich geworden. Das wird veröffentlicht. Das unterstützen wir auch. Im Übrigen kommen wir mit Ihrem Antrag eben auch diesem Ziel, all dem, was Sie da über die Kriegssituation und so weiter erzählt haben, kein Stück näher. Und weil wir das nicht tun und weil der Antrag von Rot-Grün hier sehr ordentlich ausgearbeitet ist, unterstützen wir diesen und wir enthalten uns bei Ihrem. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Farid Müller GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Michael Kruse. – Jetzt bekommt Herr Professor Jörn Kruse von der AfD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegen Rüstungsexporte zu sein, ist immer etwas Schönes. Damit outet man sich als Kämpfer für den Weltfrieden und setzt gleichzeitig alle anderen in den Verdacht, Kriegstreiber und Kriegsgewinnler zu sein – man ist einfach moralisch überlegen. So schön einfach ist die Welt der LINKEN, und all ihre Mitglieder und Unterstützer sind happy, wenn man das wenigstens gefordert hat. Aber so einfach ist es eben nicht. Die Entwicklung, die Produktion und der Export der allermeisten Waffen sind, wie fast alle anderen Güter, nachfragegetrieben und nicht angebotsgetrieben. Das heißt, die meisten Waffen werden nicht entwickelt, produziert und exportiert, weil man gerade einmal Lust dazu hat oder weil man ein Militarist ist, sondern weil es eine kaufkräftige Nachfrage nach Waffen gibt. Wenn also eine Firma, ein Land oder eine Stadt diese bestimmten Waffen nicht liefern kann oder will, zum Beispiel wegen Exportverboten, dann kauft der Kunde eben woanders. Das heißt, die Arbeitsplätze und die Einkommen entstehen woanders.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Ich glaub es ja nicht!)

Die einzige bedeutende Ausnahme vom strikten Nachfrageprinzip, die ich kenne, sind Atomwaffen. Da kann man nicht einfach zum nächsten Lieferanten gehen, wenn man welche beschaffen will und sie nicht sofort bekommt. Die gesamte Diskussion über die Proliferation von Atomwaffen macht überhaupt nur Sinn unter dieser Prämisse. Gott sei Dank gilt diese, denn sonst würden wir einen regen Atomwaffenhandel auf der Welt haben. Das wäre eine katastrophale Situation und wir hätten vielleicht, weil irgendein Idiot die irgendwann einmal zündet, auch schon einen atomaren Krieg gehabt. Aber Gott sei Dank ist das nicht so.

(Jörg Hamann CDU: Schön, dass Sie das festgestellt haben!)

Schön, dass Sie das auch verstanden haben.

(Beifall bei der AfD – Heiterkeit bei der AfD und der CDU)

Für alle anderen Waffensysteme gilt das, was ich gesagt habe über die Geltung oder Nichtgeltung des nachfragegetriebenen Prinzips, allenfalls für einige Monate oder wenige Jahre für die jeweils neueste Generation von Waffen, wenn es denn einen solchen Produktivitätsfortschritt im Töten gibt in einer konkreten Situation. Aber das ist temporär und nicht sehr bedeutsam, sich darüber grundsätzliche Gedanken zu machen.

(Jörg Hamann CDU: Jetzt verstehe ich lang- sam nicht mehr! Wovon reden Sie denn hier eigentlich?)

Das heißt also, bei Exportverboten für Waffen und Rüstungsgüter wird die Welt nicht friedlicher und die Kriege werden nicht weniger, nur die Lieferanten der Waffen sind andere.

(Jörg Hamann CDU: Reicher! Teurer!)

Die Lieferanten der Waffen sind dann andere, nicht mehr die, die über den Hamburger Hafen ausführen,

(Jörg Hamann CDU: Das wollen die doch!)

sondern die in anderer Situation sind. Aber die Kriege selbst ändern sich überhaupt nicht. Man kann sich hier nicht hinstellen mit stolzgeschwellter Brust und sagen, man sei gegen Waffenexport, und dann ist die Welt viel schöner. So ist es nicht. Die Waffen werden nur von anderen Leuten produziert und exportiert.

(Jörg Hamann CDU: Aber das wollen die LINKEN doch!)

Bei Exportverboten entstehen die Arbeitsplätze und die Einkommen also woanders, und die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie sind besonders wertvolle Arbeitsplätze im Sinne von gut bezahlten. Die Entwicklung und Produktion erzeugen häufig bedeutsame positive externe Effekte für die betreffende Volkswirtschaft, auch für zivile Güter.

(Michael Kruse)

In sehr vielen Fällen sind die Rüstungsausgaben und -entwicklungen ein Treiber für die heimische Industrie gewesen, auch bei bestimmten zivilen Produkten entsprechend wettbewerbsfähiger zu werden. Das darf man nicht vergessen, und das gilt auch für Deutschland und selbstverständlich für die Vereinigten Staaten und auch für die Sowjetunion.

Dann mache ich noch eine Nebenbemerkung, weil es die LINKEN waren, die diesen Antrag gestellt haben: Wenn Sie die Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen verhindern wollen, dann empfehle ich Ihnen einmal ein Gespräch mit den Betriebsräten von Heckler & Koch oder Diehl. Ich glaube, die würden Ihnen ein bisschen etwas anderes erzählen.

Natürlich hat es ein kontrollloses Exportieren nie gegeben und das soll auch nicht so sein. Aber darüber hat der Zusatzantrag der Regierungsfraktionen einiges ausgesagt und die Redner der Regierungsfraktionen auch. Dem würde ich zustimmen. Fazit also: Die AfD-Fraktion lehnt den Antrag der LINKEN ab und stimmt dem Zusatzantrag der GRÜNEN und der SPD zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Jörg Hamann CDU: Die Gründe habe ich noch immer nicht ver- standen!)

Herr Professor Kruse, bitte beachten Sie auch künftig den parlamentarischen Sprachgebrauch.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Was habe ich falsch gesagt?)

Fragen Sie mal nach.

Das Wort hat Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Ich finde es schon sehr erstaunlich, wie kurz der Beitrag von Herrn Rose war, und auch mein Kollege Herr Gözay hat sich sehr kurz gehalten. Sehr respektvoll und interessant fand ich den Beitrag von Herrn Westenberger, der sich wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt und seine andere Position deutlich gemacht hat; darauf werde ich gleich eingehen. Vielleicht erst einmal zu den Punkten von Herrn Rose und Herrn Gözay.