Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme jetzt zu der Frage, die auch die GRÜNEN in ihrer Pressemitteilung aufgeworfen haben: Wo soll eigentlich gebaut werden? Schon jetzt können wir feststellen, dass Sie unter dem Deckmantel der Unterkünfte für Geflüchtete versuchen, in Gebiete hineinzugehen, die immer tabu waren. Sie haben zum Beispiel am Mittleren Landweg ein Bauprojekt ohne unsere Zustimmung durchgesetzt, weil Sie meinen, langsam dafür sorgen zu können, dass Allermöhe und Moorfleet zusammenwachsen. Das finden wir falsch.

Ihr neuester Gedanke ist, an Hauptverkehrsstraßen zu bauen. Das halte ich für einen sehr spannenden Gedanken, wenn Sie dafür Sorge tragen, dass der Verkehr weniger wird. Sie wissen ganz genau, dass die meisten Menschen von dort weggezogen sind, weil es laut ist und die Luft dort sehr schlecht ist. Ich möchte nicht, dass es dazu kommt, dass es heißt: Schöner Wohnen im Grünen, aber laut und stinkig Wohnen an Hauptverkehrsstraßen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir in Hamburg brauchen, sind preisgünstige Wohnungen.

(Gabi Dobusch SPD: Wo bauen Sie sie denn?)

Wir brauchen mindestens 50 Prozent geförderte Wohnungen, und vor allen Dingen brauchen wir eine neue Gemeinnützigkeit,

(Glocke)

die dazu führt – letzter Satz –, dass die Gewinne, die aus den Wohnungen gezogen werden, nicht in Steueroasen landen, sondern wieder in den Wohnungsbau investiert werden.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Und was ist mit der Vermögensteuer?)

Das Wort bekommt Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich steht Hamburg vor wohnungspolitischen Herausforderungen, denn wir haben es, wie unsere Mietenspiegel immer wieder verdeutlichen, mit dynamischen Mietpreisentwicklungen und der deutschlandweit geringsten Leerstandsquote von 0,7 Prozent zu tun. Gerade für Normal- und Niedrigverdiener wird es zunehmend schwieriger, in Hamburg eine bezahlbare Wohnung zu finden. Wir wollen keine Zustände wie in München, Paris oder London haben. Deswegen müssen wir einen anderen Weg einschlagen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die hohe Nachfrage nach Wohnraum wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Für das Jahr 2030 rechnen wir in Hamburg mit 1,9 Millionen oder mehr Einwohnerinnen und Einwohnern. Um der seit vielen Jahren hohen Nachfrage nachzukommen, hat der Hamburger Senat 2011 gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft ein Bündnis für das Wohnen geschlossen, um für eine dauerhafte Wohnungsneubautätigkeit zu sorgen. Wir haben uns damals als Ziel 6 000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 2 000 Sozialwohnungen, gesetzt. Das war kein unrealistisches Ziel, wie manche gedacht haben; wir haben es erreicht. Deswegen bin ich auch sehr froh, dass ich heute erklären kann: Wir werden das Bündnis für das Wohnen in dieser Legislaturperiode fortsetzen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Unser Ziel sind deutlich mehr Wohnungen. Wir wollen jährlich 10 000 Baugenehmigungen ermöglichen, also 10 000 Wohnungen auf den Weg bringen, und das hoffentlich für eine sehr lange Zeit, darunter Baugenehmigungen für ungefähr ein Drittel geförderten Wohnungsbau. Dafür werden wir die bereits 2011 aufgestockten Fördermittel für Neubauwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung noch einmal deutlich erhöhen; ich glaube, das ist ganz wichtig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dass wir das Bündnis für das Wohnen in Hamburg fortsetzen können, ist ein großer Erfolg, nicht nur für die Stadt, sondern insbesondere für die Hamburgerinnen und Hamburger, die Wohnraum nachsuchen, und für diejenigen, die künftig zu uns kommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir das Bündnis für das Wohnen fortsetzen, dann ist das auch ein Erfolg für eine kooperative Politik in der Stadtentwicklung und in der Planung. Und das ist gut für Hamburg.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Carola Timm GRÜNE)

Dieses Bündnis wird weiterhin bestehen und sich mit einer Grundlagenvereinbarung neu konstituieren, weil die Wohnungswirtschaft darauf verzichtet hat, dass es wie verabredet ein Gutachten zu dem angespannten Wohnungsmarkt in Hamburg, also zur Mietpreisbremse, geben wird. Dies ist ein großer und wichtiger Schritt der Wohnungswirtschaft, und ich spreche ausdrücklich meinen großen Dank und meine Anerkennung dafür aus, dass das möglich war.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Carola Timm und Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE)

Wir haben uns darauf verständigt, dieses Gutachten auf den Weg zu bringen. Dazu gehörte auch eine gemeinsame Leistungsbeschreibung. Über die fachlichen Details gab es erhebliche Diskussionen, und es wäre eine sehr hohe Detailtiefe notwendig gewesen. Dass das nicht gerade zielführend war, wurde deutlich, und insofern ist es ein großer Schritt, dass wir auf das Gutachten verzichten konnten.

Diese Vereinbarung mit dem neuen Bündnis für das Wohnen ist eine gute Vereinbarung. Sie enthält viele Bestandteile, zum Beispiel die Fortsetzung des Wohnungsneubaus auf einem hohen Niveau. Wir werden damit einen großen Erfolg für die Hamburgerinnen und Hamburger erreichen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Wir haben unsere ambitionierten Ziele bereits erreicht. Hamburg hat bundesweit im Vergleich der Länder, gemessen an der Einwohnerzahl, sowohl bei der Schaffung von frei finanziertem als auch von gefördertem Wohnungsbau an der Spitze gestanden. Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren über 46 300 Baugenehmigungen für Wohnungen, darunter fast 12 000 für geförderte Wohnungen – und diese mit einer Anfangsmiete von knapp über 6 Euro. Das liegt deutlich unter dem, was wir als durchschnittliche Miete mit dem Mietenspiegel festgestellt haben. Ich glaube, das ist wichtig für die Stadt, und auch in Zukunft wird es wichtig sein,

dass wir diesen geförderten Wohnungsbau noch einmal um 1 000 Wohnungen erweitern können.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wenn wir über bezahlbaren Wohnraum reden, den wir dringend für diejenigen brauchen, die ganz normale Einkommen haben, dann müssen wir nicht nur den Bestand der Sozialwohnungen in den Blick nehmen, sondern auch den großen Bestand, der von den Baugenossenschaften vorgehalten wird mit 131 000 Wohnungen und zum Beispiel von der SAGA GWG mit 132 000 Wohnungen – bei einer Durchschnittsmiete von 6,15 Euro, wie wir im Ausschuss Öffentliche Unternehmen zur Kenntnis nehmen konnten. Das bedeutet, dass wir eine große Möglichkeit haben, auch in diesem Sektor Wohnungen zu guten, bezahlbaren Mieten zu haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Trotzdem wird die SAGA GWG ihr Neubauprogramm noch deutlich ausweiten. Wir haben es tatsächlich geschafft, nicht nur wie geplant 1 000 Baugenehmigungen zu erreichen, sondern die SAGA GWG hat im vergangenen Jahr 1 045 neue Wohnungen fertiggestellt und wird die Baugenehmigungen auf 2 000 verdoppeln. Das ist wirklich eine große Leistung für dieses städtische Wohnungsunternehmen, das somit unter anderem auch seinen gesellschaftlichen Auftrag, nämlich für guten und günstigen Wohnraum in unserer Stadt zu sorgen, erfüllt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Immer wieder wird angezweifelt, dass der Wohnungsneubau tatsächlich zu einer Entlastung des Wohnungsmarkts beiträgt. Das Gegenteil ist der Fall, denn selbstverständlich werden mit dem Bau und Bezug von neuen Wohnungen, deren Mieten durchaus über denen von Bestandswohnungen liegen – das wissen wir alle – preisgünstige Bestandswohnungen freigemacht. Diesen Sickereffekt haben wir analysiert und wissen, dass er zur Entlastung des Wohnungsmarkts beiträgt. Deswegen ist das Beste, was wir bei dem angespannten Wohnungsmarkt tun können, zu mehr Wohnungsneubau zu kommen. Das werden wir mit dem Bündnis für das Wohnen tun. Ich bin mir sicher, dass wir insofern nicht nur eine gute Politik machen werden, sondern auch gute Ergebnisse in dieser großen sozialen Frage für die Hamburgerinnen und Hamburger haben werden. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung haben jetzt alle Fraktionen noch einmal die Möglichkeit, das

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Wort zu ergreifen. Wird es gewünscht? – Herr Meyer von der FDP-Fraktion, bitte.

Verehrte Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! "Falsche Richtung des Senats in der Wohnungspolitik", so lautet der Titel dieser Aktuellen Stunde. Dies suggeriert allerdings, dass der Senat überhaupt eine Richtung verfolgt. Diese ist aus unserer Sicht auch nach der Rede der Senatorin nicht zu erkennen.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann und Joachim Lenders, beide CDU)

Stattdessen ist das, was die Bundesregierung und der Senat in den letzten Jahren erlassen haben, völlig widersprüchlich. Auf der einen Seite will der Senat mehr Wohnraum, günstigeren Wohnraum und die Einbindung aller Akteure am Hamburger Wohnungsmarkt. Auf der anderen Seite hat der Senat bis heute ein neues Bündnis für das Wohnen vertrödelt. Es sind keine Grundeigentümerverbände dabei, und es ist auch kein Gutachten dabei. Es verteuert den Wohnungsbau durch immer mehr Auflagen und macht durch die Mietpreisbremse Investitionen in den Hamburger Wohnungsmarkt unattraktiver. Und das ist nur der Anfang vom Wahnsinn. Selbst für bestehenden Wohnraum werden Vermietern durch Gesetzesänderungen, unpräzise Gesetzestexte und durch höhere Abgaben, Gebühren und Entgelte regelmäßig Steine in den Weg gelegt. So, Frau Senatorin Stapelfeldt, wird das nichts mit den 10 000 gepriesenen Wohnungen.

(Milan Pein SPD: Das haben Sie 2006 auch schon gesagt!)

Die Folgen der bürokratischen Überregulierung machen sich in den Baukosten und somit auch in den Mietpreisen bemerkbar. Laut Statistischem Bundesamt sind die Baukosten in Deutschland seit 2000 um etwa 29 Prozent gestiegen. Ein Großteil davon geht auf immer höhere energetische Anforderungen und verschärfte Normen zurück, die teilweise jeglicher Vernunft entbehren. Darüber hinaus führen oft auch städtebauliche Verträge zu Mehrbelastungen für die Investoren. Werden Investoren zum Beispiel verpflichtet, Spielplätze, Straßen oder gar Kindergärten zu errichten, kann dies am Ende nicht folgenlos für die Kostenkalkulation bleiben. Während die Kolleginnen und Kollegen von links solche Verträge mit privaten Investoren ohnehin für Teufelszeug halten, sagen wir, dass derartige Vereinbarungen mit Augenmaß vorgenommen werden müssen, um die Mietkalkulationen nicht noch mehr in die Höhe zu treiben.

(Beifall bei der FDP)

Der Staat schlägt aber auch noch an anderer Stelle ordentlich zu. In Hamburg ist der Preis für baureifes Land von 414 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2009 auf sage und schreibe 634 Euro pro

Quadratmeter in 2013 gestiegen. Das sind immerhin 53 Prozent mehr. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer sind folglich von rund 270 Millionen Euro auf rund 340 Millionen Euro gestiegen. So ist eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer, wie zuletzt von der LINKEN Ende 2014 gefordert, das genaue Gegenteil dessen, was angesichts des angespannten Wohnungsmarkts angezeigt ist.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Aber VEB Wohnungsbau von links denkt da wohl nach wie vor in anderen Kategorien.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD – Dr. Monika Schaal SPD: Was ist das denn?)

Um Bürgerinnen und Bürgern bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen, braucht es Erleichterungen anstatt Verschärfungen, weniger Reglementierungen anstatt weiterer Bürokratie.

(Dirk Kienscherf SPD: Der Markt richtet al- les!)