Dann haben wir noch das Thema Verkehrssicherheit in unserer Stadt, das Sie, Herr Bill, in der Presse immer wieder angesprochen haben. Es ist traurig, dass Sie sich damit brüsten, dass die Unfallzahlen mit Fahrradfahrern von 2014 auf 2015 um ein Prozent zurückgegangen sind. Das ist wirklich lächerlich und ein Schlag ins Gesicht derer, die Tag für Tag mit dem Fahrrad in unserer Stadt verunglücken. Dafür sollten Sie sich eigentlich schämen.
Herr Bill, Herr Tjarks, Sie sind gleich noch einmal dran. Es blinkt bereits mein rotes Licht, also keine Zwischenfrage.
Die CDU hat vorgemacht, wie man eine Radverkehrspolitik für alle Hamburgerinnen und Hamburger macht.
Das würde Ihnen, meine Damen und Herren, auch gut zu Gesicht stehen. Wir sind gern bereit, weiterhin mit Ihnen an dem Ziel festzuhalten, mehr Radverkehrsanteile in Hamburg zu schaffen.
Dafür müssten Sie aber endlich einmal die Scheuklappen ablegen und die Brechstange aus der Hand nehmen.
Viele werden sich daran erinnern, dass die GRÜNEN in dieser Stadt einmal ein Kernthema hatten, das Radverkehr hieß. Für dieses Kernthema waren Sie immer bereit, unbequeme Wege zu gehen, unbequeme Vorschläge zu machen. Wenn ich mir Herrn Bills Rede anhöre, kann ich feststellen, dass sie in einem Punkt sehr gut war, nämlich als Sie beschrieben haben, worin die Vorteile des Radverkehrs liegen. Aber schwach ist es, wenn Sie nach einem Jahr versuchen, eine positive Bilanz zu ziehen, und dann feststellen müssen, dass das meiste, was im Koalitionsvertrag steht, jetzt in anderen Papieren steht, aber noch lange nicht umgesetzt ist. Herr Bill, ich frage mich, wo der grüne Akzent ist. Wo ist das, was die SPD nicht ohne Sie gemacht hätte? Wenn ich Herrn Pochnicht höre, hätten sie die GRÜNEN doch gar nicht gebraucht. Das sollten Sie, bitte schön, einmal darstellen.
Herr Bill, Sie sagten, der Senat beziehungsweise die rot-grüne Koalition habe sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Wenn Sie sich in Europa umschauen – Sie als Senat verweisen in jeder Ihrer Antworten auf Kopenhagen oder Amsterdam, wenn es gerade passt – oder wenn Sie von mir aus auch nach New York schauen, werden Sie feststellen, dass dort der Radverkehrsanteil bei gut 40 Prozent liegt. Hamburgs Ehrgeiz besteht darin, bis Ende der Zwanzigerjahre,
das sind jetzt noch gut 14 Jahre, den Anteil des Radverkehrs auf 25 Prozent zu erhöhen. Das ist nicht ehrgeizig, das ist absolut schwach.
Die GRÜNEN haben immer gesagt, der motorisierte Individualverkehr müsse reduziert werden. Ich frage mich, Herr Bill, wie Ihr Beißholz aussieht oder ob Sie eine kaputte Tischkante haben, wenn Sie in jeder Senatsantwort lesen müssen, der Senat verfolge nicht das Ziel, den motorisierten Individualverkehr zurückzudrängen. Das ist doch für Sie wirklich nur noch peinlich.
Das ist auch genau das Problem, weswegen Sie im Bündnis für den Radverkehr die Ziele nicht erreichen werden, die Sie versuchen, hier zu prokla
mieren. Sie sind dort zum Beispiel mit der Innenbehörde konfrontiert, die immer wieder bremst und auch in der Walddörferstraße, ich sage einmal vorsichtig, keine glückliche Rolle gespielt hat. Darüber hinaus haben Sie bei den 30 Millionen Euro, die Sie zusätzlich aus Bundesmitteln geben wollen, das Problem, dass Sie erstens noch gar nicht wissen, ob sie vorhanden sind, zum Zweiten aber sehr wohl wissen, dass diese 30 Millionen Euro gar nicht ausreichen können. Sie wissen auch, dass die früheren Haushaltsmittel nicht abgeflossen sind, weil die Bezirke zu wenig Personal hatten. Sie müssen mehr Personal und mehr Geld zur Verfügung stellen, wenn Sie den Radverkehr tatsächlich fördern wollen. Sie brauchen nur einmal ansatzweise zu vergleichen, was in den Autoverkehr fließt, um festzustellen, dass es, selbst wenn Sie sagen, die Straßen für die Autos würden auch für den Radverkehr genutzt, viel zu wenig ist.
Aber Sie haben es zugegebenermaßen nicht leicht. Sie haben Gegner und Gegnerinnen, die teilweise nicht einmal die Realität zur Kenntnis nehmen. Wenn der Handelskammerpräsident, Herr Melsheimer, am 31. Dezember sagt, Radstreifen seien lebensgefährlich und der Radverkehr auf der Straße sei ein Hindernis für den Wirtschaftsverkehr, dann hat er wenig verstanden.
Sie haben eben behauptet, Eltern hätten Angst, wenn ihre Kinder neben einem Zwanzigtonner fahren müssten. Ich weiß nicht, ob dänische Eltern und dänische Kinder, bei denen es Radfahrstreifen gibt, auf denen sie fahren, widerstandsfähiger sind. Aber in einem Punkt hätten Sie recht, wenn Sie es einmal sagen würden: Die Radfahrstreifen in Hamburg sind überwiegend viel zu schmal; deswegen ist das Fahrradfahren dort unangenehm.
Die Radfahrstreifen, und das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen, sind jetzt bundesweit zigfach untersucht worden und ganz viele Untersuchungen garantieren Ihnen, dass Radfahren auf der Straße sicherer ist als auf den Bordsteinradwegen.
Auch wenn Sie noch so sehr dagegen anplärren, ist es sicherer. Das müssen Sie endlich einmal akzeptieren.
Aber die GRÜNEN bekommen nicht nur Gegenwind von der CDU und der Handelskammer, sondern sie haben auch das Problem mit Herrn Scholz und Herrn Horch. Sie strampeln sich ab und versuchen, den Radverkehr als ihr Thema darzustellen, müssen aber feststellen, dass der Wirtschaftsverkehr über allem steht, ohne dass sie dafür sorgen können, dass dieser Senat erkennt, dass auch der Wirtschaftsverkehr davon profitieren würde, wenn es weniger Autoverkehr und mehr Radverkehr gäbe. Ich empfehle Ihnen, Herrn Scholz und Herrn Horch von ihrem Autotrip runterzubringen und die beiden aufs Fahrrad zu bringen. Dann hätten wir beim Radverkehr eine wesentlich bessere Situation.
Wir als LINKE sagen: Wenn wir eine andere Verkehrspolitik erreichen wollen, müssen wir uns auch in den Konflikt um den Straßenraum begeben.
Es kann nicht so sein, wie es der Senat bisher beschrieben hat, der sagt: Es gibt einen Konflikt, aber wir mischen uns da nicht ein.