Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Eines sollte man noch sagen: Von den leider gestorbenen Kindern hat nur eines einen Migrationshintergrund gehabt. Dass man daraus diese Schlussfolgerung zieht, ist echt krankhaft. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und bei Arno Müns- ter SPD und Phyliss Demirel GRÜNE)

Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte dem Antrag der CDU-Fraktion gern seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann hat der Antrag keine Mehrheit gefunden.

Wir kommen zu Punkt 39 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/5082, Bericht des Haushaltsausschusses: Haushaltsplan 2015/2016, Nachbewilligung nach Paragraf 35 Landeshaushaltsordnung, hier: Verstärkung zentraler Ansätze im Einzelplan 9.2 Allgemeine Finanzwirtschaft.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 21/4472: Haushaltsplan 2015/2016, Nachbewilligung nach § 35 Landeshaushaltsordnung, hier: Verstärkung zentraler Ansätze im Einzelplan 9.2 Allgemeine Finanzwirtschaft (Senatsantrag) – Drs 21/5082 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Haushaltsklarheit statt Blankoschecks – Mittel für den "Innovationsfonds Digitale Stadt" und den "Erwerb von Finanzanlagen" mit Sperre nach § 24 LHO versehen – Drs 21/5200 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Verstärkung zentraler Ansätze im Einzelplan 9.2 – Umfassende Berichterstattung über Verwendung der Mehrbedarfe zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und projektbezogene Beantragung der Mittel für die digitale Stadt notwendig – Drs 21/5235 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Einigung zum Guten Ganztag – Einsetzung des "Sonderfonds Guter Ganztag" – Drs 21/5236 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Startphase vieler wichtiger Integrationsprojekte gezielt unterstützen – Bürgerschaft beteiligen – Einrichtung eines Hamburger Integrationsfonds – Drs 21/5237 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Den Sanierungsstau weiter aktiv angehen – Aufstockung des Sanierungsfonds Hamburg 2020 – Drs 21/5238 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Gestärkte Reservepositionen im Haushalt auch für gezielte Ressourcenverstärkung für die Bezirke nutzen – Gemeinsam mit den Bezirken das Bündnis für das Wohnen und den Vertrag für Hamburg zum Erfolg führen – Drs 21/5249 Neufassung –]

Ihnen liegt als Drucksache 21/5200 ein Antrag der CDU-Fraktion sowie mit den Drucksachen 21/5235 bis 21/5238 vier gemeinsame Anträge der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN vor.

Die Drucksache 21/5249 Neufassung ist zurückgezogen.

Wer wünscht zunächst das Wort? – Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum einen beantragt der Senat in der Bürgerschaft, dass wir unseren laufenden Haushalt 2016 anpassen an unser Finanzrahmengesetz, das wir im letzten Herbst neu beschlossen haben, und zum anderen haben wir – sicherlich erfreuliche – Steuermehreinnahmen. Wir haben uns entschieden, den neuen Handlungsspielraum nicht einfach in die Einzelpläne zu verteilen, sondern diesen Handlungsspielraum weiter im Haushaltsplan 9.2 für uns sozusagen zentral aufzuheben, weil wir nicht wollen, dass sofort alles ausgegeben wird. Deswegen haben wir in bestimmten Bereichen Schwerpunkte gelegt.

Sie wissen, dass der Beschluss der Bürgerschaft für den Haushaltsplan 2016 für den Bereich Zuwanderung nicht ausreichen wird. Wir haben den ersten Überschlag vom Senat bekommen, wo die Ausgaben aus dem letzten Jahr schon einmal für uns dargelegt wurden. Absehbar ist, dass das, was wir für 2016 hier gemeinsam beschlossen haben, dieses Jahr nicht ausreichen wird. Deswegen ist dort eine Reserveposition in Höhe von 160 Millionen Euro für dieses Jahr bereitgestellt. Wir nennen das vorausschauendes Wirtschaften, und ich hoffe sehr, dass Sie dem zustimmen werden.

(Mehmet Yildiz)

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben es der Drucksache entnehmen können und wir haben auch im Haushaltsausschuss schon darüber gesprochen: Wir haben uns dazu entschlossen, für den Bereich IT/Digitale Stadt auch etwas zurückzulegen, wir haben noch einmal 100 Millionen Euro in die Entschuldung gepackt, wir haben uns eine Investitionsreserve vorgenommen und wir haben uns eine Reserve für Darlehen und Umschuldung vorgenommen. Insgesamt wollen wir diesen Bereich sehr vorsichtig angehen, im Gegensatz vielleicht zur Fraktion DIE LINKE, die, bevor überhaupt klar war, was passiert, schon einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht hat über knapp 500 Millionen Euro, die sie fleißig verteilen wollte und dabei ganz vergessen hat, dass wir ein Finanzrahmengesetz haben, das den Ausgabenspielraum klar vorgibt, den sie aber einfach fleißig massiv überzogen haben. Steuertrend und Finanzrahmengesetz, alles wurde über Bord geworfen. Kann man so machen. Wir würden das nicht solide Haushaltsplanung nennen. Und wir fanden es auch deshalb komisch, weil Sie uns sogar noch ermuntert haben – immer wieder –, dass wir beim Finanzrahmengesetz endlich den Steuertrend anpassen. Sie haben sich also positiv auf dieses Finanzrahmengesetz bezogen, und dann, ein paar Monate später, brechen Sie es einfach mit einem eigenen Antrag. Das ist für uns nicht nachvollziehbar gewesen.

Und vielleicht noch ein Punkt, den ich ebenfalls komisch fand und den meine Fraktion nicht verstanden hat: Sie haben für alles Mögliche Ausgaben vorgesehen, aber für die Zuwanderung haben Sie nicht noch einmal extra eine Reserveposition gebildet, obwohl uns allen klar ist, dass das, was wir bisher beschlossen haben, dieses Jahr nicht ausreichen wird. Ich weiß nicht, ob Sie es vergessen haben, ob Sie wollten, dass wir dafür neue Kredite aufnehmen, oder ob Sie wollten, dass wir dafür kürzen. Ich weiß es nicht, das können Sie ja vielleicht noch aufklären. Wir fanden das jedenfalls nicht nachvollziehbar.

Bei CDU und FDP haben wir dann aus den Reaktionen herausgehört, dieser erhöhte Handlungsspielraum dürfe auf keinen Fall in den Haushalt, sondern das müsse natürlich alles in die Abgleichung von alten Schulden laufen. Da haben wir gefragt: Wie soll das denn gehen, wenn wir wissen, dass wir mit dem Handlungsspielraum zumindest für die Zuwanderung in diesem Jahr auf keinen Fall auskommen werden? Sollen wir auf der einen Seite am Ende des Jahres Hunderte Millionen Überschüsse haben und im selben Jahr müssen wir noch einen Nachtragshaushalt, kreditär finanziert, für die Zuwanderer auflegen? Das würde doch niemand mehr verstehen. Ich habe auch nicht verstanden, was Sie sich dabei gedacht haben. Und, ehrlich gesagt, ist das am Ende auch überhaupt keine solide Finanzplanung: Hier neue

Kredite aufnehmen und am Ende des Jahres Hunderte Millionen Euro in die alten Kredite hineingeben. Das hat uns sehr verwundert und wir konnten es nicht nachvollziehen. Vielleicht können Sie es heute aufklären; ich fand es nicht sehr überzeugend. Deswegen ist unsere Linie: Wir wollen nicht sofort alles irgendwie ausgeben. Wir wollen auch nicht neue Kredite aufnehmen, mehr als bisher sowieso schon geplant waren. Das bleibt alles für dieses Jahr so, wie es ist.

Wir haben Ihnen einige Zusatzanträge vorgelegt und beantragen, dass wir als Bürgerschaft aus dem Bereich Zuwanderung, die wir im Haushaltsplan 9.2 für erwartete Mehrausgaben bereitgelegt haben, dass wir einen Integrationsfonds der Bürgerschaft hier auflegen. Wir finden es richtig, dass dieses Parlament mitentscheidet: Da, wo Verstärkungen sich anbieten, wo Integration in den Stadtteilen vor Ort noch unsere Hilfe braucht, können wir als Bürgerschaft behilflich sein. Das ist ein guter Schritt und wir wünschen uns Ihre Unterstützung, denn wenn die Bürgerschaft hier tätig wird, ist das positiv und stärkt auch Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben noch drei andere Zusatzanträge im Bereich der Sanierung. Dort haben Sie gesehen, dass wir sagen: Aus den Reserven, die wir für Investitionen gebildet haben, möchten wir, dass auch die Bürgerschaft ihren Anteil gibt, dass auch wir sagen, hier sind noch Elemente, die saniert werden müssen in dieser Stadt, hier wollen wir helfen. Gleichzeitig haben wir gesagt, dass der Senat einmal auflegen solle, wo er in den nächsten Jahren investiert, sodass wir unsere Sanierungsaufgaben sinnvoll wahrnehmen können – in Ergänzung oder indem wir eigene Projekte erkennen, die so bisher noch nicht erkannt wurden.

Insgesamt gehen wir vernünftig mit den Reserven dieser Stadt um. Der nächste Haushaltsplan wird uns nach der Sommerpause erreichen. Für ihn haben wir schon gar keine Schuldenaufnahme mehr geplant, das haben Sie alle gehört. Das wird in diesem Jahr das letzte Mal für einige Zeit sein. Wir bitten um Zustimmung für diesen Weg.

Wir finden, dass wir dem Vorschlag der CDU gefolgt sind. Herr Kleibauer sagte, Sie fänden, es sei dort zu viel Spielraum, zum Beispiel im Bereich Digitale Stadt. Dem sind wir ein wenig entgegengekommen, denn an sich haben wir große Freude daran, dass wir als Bürgerschaft viel mitentscheiden, wohin das Geld fließt. Deswegen haben wir gesagt, dass die Ausgaben, die dort geplant sind, dann in der Bürgerschaft beschlossen werden müssen. Wir gehen nicht ganz so weit wie Sie mit der Haushaltssperre, aber die Handlungsfähigkeit dieser Bürgerschaft bleibt uns erhalten. Diesen Weg bieten wir Ihnen an und hoffen, dass Sie mit uns mitgehen.

Im Bereich Anlagen und Kredite ablösen fanden wir Ihren Weg, was die Schnelligkeit eines Parlaments in dieser Frage betrifft, nicht den richtigen. Wir müssten dann einen ständigen Ausschuss haben, der den Senat bei Umschichtungen von Krediten begleitet. Das halten wir nicht für sinnvoll. Das kann die Bürgerschaft so nicht leisten.

(Thilo Kleibauer CDU: Haben Sie den Antrag gelesen? Das ist Quatsch, was Sie da er- zählen!)

Deswegen haben wir gesagt, dass uns die Finanzbehörde im Haushaltsausschuss zeitnah über diese Finanzumschichtungen, die in Frage kommen oder geleistet wurden, berichtet. Das halten wir für den richtigen Weg. Der Bürgerschaft entgeht hier nichts. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Quast von der SPDFraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Koalition hat wie der Vorgängersenat eine Strategie und mit dem Finanzrahmengesetz das Instrumentarium, um den Hamburger Haushalt zu sanieren und fit für die Schuldenbremse zu machen. An dieses Instrumentarium halten wir uns. Durch unsere konsequente Haushaltspolitik ist es gelungen, Spielräume zu erwirtschaften und 2014 und 2015 sogar erstmals seit langer Zeit Schulden zu tilgen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Weil diese Spielräume nachhaltig sind und weil der Weg zur Schuldenbremse nicht gefährdet ist, haben wir uns entschieden, dass wir sie nutzen wollen, denn Ziel unserer Haushaltspolitik ist nicht die Haushaltssanierung um jeden Preis, sondern Ziel unserer Haushaltspolitik ist, diese Stadt nicht auszubremsen. Deswegen hat der Senat beantragt, die Mittel zu nutzen, sie zunächst in Reservepositionen umzuschichten und dort zu nutzen, wo sie nötig sind für die Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten, über die Verstärkungsmittel Zuwanderung. Wir haben vorhin schon darüber diskutiert, dass die Bedarfe dort auch durch die Vereinbarung mit der Initiative sicherlich noch einmal berechnet werden müssen. Dafür stehen jetzt 160 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, die wir im Laufe des weiteren Umsetzungsprozesses einsetzen werden.

Wir werden die Mittel außerdem dort einsetzen, wo es der Zukunftsfähigkeit und Modernität unserer Stadt nützt, indem wir zum Beispiel in einem Fonds Digitale Stadt 120 Millionen Euro zur Verfügung stellen werden, unter anderen auch, um IT-Verfahren einzusetzen, die in dieser Stadt neu entwickelt werden, um die Verwaltung zu modernisieren, um den Bürgern zu helfen. Und wir werden sie drittens

dort einsetzen, wo es der Entschuldung von öffentlichen Unternehmen und Landesbetrieben dient, und dafür 135 Millionen Euro vorsehen.

Wir, die Regierungsfraktionen, konkretisieren allerdings auch das, was der Senat vorschlägt, in drei Anträgen, in drei zentralen Politikfeldern, die uns besonders wichtig sind: Wir schaffen einen Integrationsfonds, wir stärken den Sanierungsfonds und wir finanzieren den Ausbau der Ganztagsschulen.

Mit dem neuen Integrationsfonds, der mit 10 Millionen Euro ausgestattet wird, werden wir vor allem die ehrenamtliche Arbeit bei der Integration und für die Teilhabe von Migranten durch vielfältige Maßnahmen unterstützen und befördern können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit dem erfolgreichen Sanierungsfonds Hamburg 2020 konnten wir seit 2011 bereits rund 90 Einzelprojekte mit über 130 Millionen Euro fördern. Sie erinnern sich an unsere Anträge zugunsten der Deichtorhallen, der Sanierung des Planetariums, der Frauenhäuser, der Freiwilligen Feuerwehren, der Bürgerhäuser, des Bergedorfer Schlosses und vieler anderer. Das wollen wir fortsetzen und damit den Instandsetzungsstau in Hamburg bei wichtigen Einrichtungen weiter zügig abbauen helfen. Den Sanierungsfonds wollen wir heute um 10 Millionen Euro aufstocken, denn dieses Thema, die Sanierung der öffentlichen Infrastruktur, die Sanierung wichtiger Einrichtungen, bleibt weiterhin ein Kernanliegen dieser Koalition.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit dem Antrag zum Guten Ganztag lösen wir das Versprechen ein, das wir gegenüber der Volksinitiative gegeben haben, einen Sonderfonds Guter Ganztag zu schaffen, den wir mit 25 Millionen Euro ausstatten werden, um eine Verbesserung des Essensangebots und der Kantinensituation an den Schulen zu schaffen sowie um Investitionen in den ganztagsgerechten Ausbau von Schulflächen für Bewegung, Spiel und Ruhephasen zu finanzieren.

Die CDU bemüht im Zusammenhang mit dem Senatsantrag das Wort politische Wohltaten. Eben darum geht es aber nicht, lieber Herr Kleibauer. Es geht vielmehr um den Dreiklang von Bewältigung aktueller Herausforderungen, Stärkung der Modernität und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt und Ablösung von Altlasten. Es geht also um das Tagesgeschäft einer erfolgreichen Regierung, darum, Probleme zu lösen und Chancen zu ergreifen. Deshalb bedarf es auch keiner marktschreierischen Forderung nach einer Haushaltssperre, wie sie aus den Reihen der Opposition kommt. Wir gehen anders vor.

Wir sind uns doch eigentlich alle einig, dass wir bei den Verstärkungsmitteln Zuwanderung schnell und flexibel handeln wollen. Das haben wir im Haushaltsausschuss beraten und die Erfahrungen des

(Farid Müller)

letzten Jahres abgewogen. Deswegen sollen diese Mittel, durch den Senat und die Finanzbehörde kontrolliert, zügig dort eingesetzt werden können, wo sie notwendig sind. Die Mittel der Allgemeinen Reserve und der allgemeinen Investitionsreserve unterliegen aufgrund des Haushaltsbeschlusses ohnehin der Einzelbeschlussfassung durch die Bürgerschaft. Darin beziehen wir jetzt auch die Mittel des Innovationsfonds Digitale Stadt ein. Und wir werden uns außerdem – das haben wir schon im Haushaltsausschuss angeregt – den Erwerb von Finanzanlagen durch Kredittilgung bei Beteiligungen berichten lassen. Denn hier geht es nur um eine aufwandsneutrale Umschichtung von Mitteln und der Senat wird uns informieren, wo er dieses einsetzt.

Ihre Kritik an dem ganzen Vorgehen verpufft also, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie einfach unseren Anträgen heute zustimmten und damit die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt einmal mehr stärken helfen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion bekommt das Wort.