Protokoll der Sitzung vom 07.09.2016

(Dr. Jörn Kruse)

gestern im Justizausschuss, wo wir den Haushalt beraten haben. Es wundert mich, dass lediglich Frau Oelschläger einmal kurz vorbeigeschaut und sich hinten in den Zuschauerraum gesetzt hat, ansonsten aber keiner von der AfD an den Haushaltsberatungen, dem ureigenen Recht des Parlaments, wo wir Einfluss nehmen können, teilgenommen hat. Da müssen wir sein, darum müssen wir uns kümmern, da müssen wir Anträge stellen, da müssen wir fragen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der FDP und der LINKEN)

Der zweite Denkanstoß, den mir der Antrag auf den Weg gegeben hat, ist, dass wir uns durchaus überlegen müssen, was wir letztlich besser machen können. Das ist in der Tat ähnlich, wie es Nordrhein-Westfalen macht und wie wir es hier mit den Vorlagen, die europarechtliche Relevanz haben, machen. Wir können uns überlegen, ob wir eine Konkretisierung der Erweiterungen vornehmen, also das, was in Artikel 31 unserer Verfassung steht, indem man nämlich festlegt, ab wann uns der Senat über wesentliche Dingen, die er entscheidet, informieren muss. Wir wollen diese Informationen nicht in letzter Sekunde, sondern gestaffelt bekommen. Das haben die Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen weise und schlau gemacht, und ich glaube, darum müssen auch wir uns kümmern. Das ist aber etwas anderes als zu sagen, wir setzen alle Informationen, die es gibt, ins Internet und produzieren Papier, das in Wirklichkeit keiner braucht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Seelmaecker. – Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben das Wort.

Die GRÜNE Fraktion stimmt Herrn Steinbiss voll und ganz zu. Wir wollen noch öffentlicher machen, was schon längst öffentlich ist.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller. – Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben jetzt das Wort.

Zehn Minuten haben wir noch.

(Farid Müller GRÜNE: Aber ohne Metaebe- ne heute!)

Doch, die Metaebene wird auch bedient.

Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Wie bereits Herr Seelmaecker gesagt hat, ist der Antrag der AfD in weiten Teilen vom Antrag unserer Kolle

ginnen und Kollegen aus Bremen abgeschrieben, nur dass Letzterer wesentlich klarer formuliert war. Die Intention, wie sie Herr Kruse in seinem Beitrag in einem einzigen Beispiel deutlich gemacht hat, die Drittstaatenregelung Tunesien, Marokko, Algerien, ist eine völlig andere. Genau aus diesen und drei weiteren Gründen, die ich noch aufzählen werde, werden wir dem Zusatzantrag von Rot-Grün zustimmen und Ihren AfD-Antrag ablehnen.

Würde die AfD wirklich Transparenz wollen – auch darauf ist Herr Seelmaecker kurz eingegangen –, gäbe es ganz andere Möglichkeiten. In Thüringen zum Beispiel ist es so, dass ein regelmäßiger Tagesordnungspunkt, nämlich Bundesratsangelegenheiten, im Europaausschuss debattiert wird. Herr Wolf als Vorsitzender des Europaausschusses und der AfD könnte im Europaausschuss für mehr Transparenz über das Vorgehen im Bundesrat, der Bundesregierung oder der EU-Kommission sorgen. Er tut aber immer das Gegenteil. Immer wenn wir versuchen, in irgendeiner Form Transparenz einzufordern, stimmt er dagegen. Das zeigt ein riesengroßes Problem mit der AfD auf. Die AfD betreibt rechtspopulistischen Mumpitz im Parlament, und zwar zielgerichtet, indem sie unsere Bürgerschaft als Bühne nutzt und in den Ausschüssen, wo wirklich Arbeit notwendig wäre, nicht anwesend ist. Herr Seelmaecker, in diesem Punkt stimme ich hundertprozentig mit Ihnen überein: Wieso ist in einer Haushaltsberatung der Vertreter des Justizausschusses nicht dabei? Wie kann man im Europaausschuss gegen Transparenz agieren und gleichzeitig hier Transparenz einfordern? Das sehe ich als höchst problematisch an.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das zeigt mir etwas. Es gab, gestartet 1964, eine fürchterliche Law-and-Order-Sendung: "Vorsicht Falle – Nepper, Schlepper, Bauernfänger." Ich bin nicht bauernfeindlich, aber wenn ich mir die Politik der AfD vor Augen führe, kann ich Sie, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, nur warnen. Fallen Sie nicht auf diesen Mumpitz rein. Die AfD stellt auf der Theaterbühne der Hamburgischen Bürgerschaft irgendwelche Anträge, in denen sie vorgibt, die kleinen Leute zu bedienen. In Wirklichkeit aber vertritt sie völlig andere Interessen, nämlich die von nationalistischen Kapitalvertretern und nationalistischen Militärs. Das ist aus vielen ihrer hier eingereichten Anträge deutlich geworden.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch etwas zu Ihnen, Herr Seelmaecker: Sie sagten, die AfD und die LINKE hätten darin eine Übereinstimmung. Nein, das stimmt nicht.

(Glocke)

Wir stehen wirklich für Demokratie und Transparenz, während die AfD dies nur vorgibt.

(Richard Seelmaecker)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Dolzer, würden Sie bitte kurz aufhören? Ich möchte Ihnen Ruhe verschaffen und das Haus bitten, ein bisschen leiser zu sein. – Danke, Sie können fortfahren.

Ich wiederhole das gern noch einmal: Wir setzen uns wirklich für Demokratie und Transparenz ein. Der Antrag unserer Fraktion ist in Bremen mit einer großen Mehrheit, auch von der Regierungskoalition, umgesetzt worden; selbst die Opposition hat, glaube ich, in der Bremer Bürgerschaft zugestimmt. Auch in den Ausschüssen und in der Gesellschaft setzen wir eine derartige Politik um.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Hammerhart!)

Die AfD spiegelt das vor. In letzter Zeit hat sie ein bisschen die Praxis der Front National

(André Trepoll CDU: Nun ist aber gut!)

angenommen und versucht, linke Themen zu adaptieren, sie populistisch nach rechts zu wenden, um die Wählerinnen und Wähler im Sinne Nepper, Schlepper, Bauernfänger anzulocken. Darauf fallen wir nicht rein. Deshalb werden wir keinem Antrag der AfD hier zustimmen.

Ich zitiere einmal etwas von Charlotte Knobloch, der Präsidentin des Zentralrats der Juden, das sie zur Wahl in Mecklenburg-Vorpommern gesagt hat.

(André Trepoll CDU: Das gehört jetzt aber nicht dazu!)

Das gehört dazu und ist ein Grund dafür, dass wir jeden Antrag der AfD ablehnen und die CDU dazu auffordern,

(Zurufe von der CDU: Zur Sache!)

viele Vorgaben der AfD, insbesondere ausländerfeindliche, abzulehnen, um der AfD keinen Nährboden zu verschaffen.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Dolzer! Wenn ich mit der Glocke bimmele, möchte ich Sie wirklich bitten, kurz zu unterbrechen, und zur Sache zu kommen.

Aus den von mir aufgezählten Gründen lehnen wir diesen Antrag ab. Ich ende mit einem Zitat von Charlotte Knobloch, der Präsidentin des Zentralrats der Juden:

"Dass eine rechtsextreme Partei, die unverblümt widerlich gegen Minderheiten hetzt und mobilisiert, in unserem Land ungebremst aufsteigen kann, ist ein wahr gewordener Albtraum."

Dieser Antrag ist ein Teil Ihrer Politik, den wir ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Glocke)

Herr Dolzer, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir auch in Zitaten den parlamentarischen Sprachgebrauch wahren. – Herr Kruse von der FDP-Fraktion, Sie haben das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Inhaltlich ist vieles gesagt worden. Ich versuche einmal, etwas mehr auf das Thema einzugehen.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Können Sie doch im Internet nachgucken!)

Unserer Meinung nach lautet die wichtige Fragestellung der Debatte: Ist der Senat dazu verpflichtet, künftig alle Entscheidungen öffentlich zu machen, oder entscheidet er weiterhin selbst darüber, was für ihn wichtig ist und was er kommuniziert? Wir haben uns dafür entschieden, dass alle Entscheidungen, die der Senat im Bundesrat für Hamburg trifft, öffentlich gemacht werden. Wir sind in diversen Schriftlichen Kleinen Anfragen an die Grenze gestoßen, dass der Senat sagt, er erkläre nicht, wie er abgestimmt habe, und dass er es auch im Nachgang nicht erklärt. Deswegen halten wir die Intention des Antrags für richtig. Die Veröffentlichung auf der Homepage oder wo auch immer muss man dem Senat nicht vorschreiben. Aber reduziert man den Antrag auf den Kern, so hat er ein richtiges Anliegen. Deswegen halten wir die Überweisung des Antrags für richtig und werden ihm, sofern er nicht überwiesen wird, zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Vielen Dank, Herr Kruse. – Herr Dr. Wolf von der AfDFraktion, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz der zum Teil sehr unsachlichen Ausführungen mehrerer Kollegen möchte und werde ich sachlich bleiben und den Antrag sowie den Zusatzantrag kurz analysieren.

(Ksenija Bekeris SPD: Muss das sein?)

Vorab: Wir haben unseren Antrag, die Öffentlichkeit über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat umfassend zu informieren, am 28. Juli 2016 eingebracht, also vor mehr als einem Monat. Die Regierungsfraktionen haben ihren Zusatzantrag heute Vormittag, mehr als einen Monat nach Einbringen

unseres Antrags und nur wenige Stunden vor Beginn dieser Sitzung, eingebracht.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das ist aber üb- lich!)

Trotz des späten Einbringens freuen wir uns darüber, weil wir es als Zeichen dafür sehen, dass wir augenscheinlich ein Anliegen in die parlamentarische Arbeit eingebracht haben, dem sich auch die Regierungsfraktionen nicht verschließen können. Wir befürchten dabei, dass Sie Ihren Antrag einmal mehr zu dem taktischen Zweck eingebracht haben, einem von uns, der AfD, aufgebrachtem legitimen Anliegen in der Sache zwar zuzustimmen, es aber trotzdem dabei zu vermeiden, formal einem AfDAntrag zuzustimmen.