Protokoll der Sitzung vom 12.10.2016

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und alles das, was Sie sich noch wünschen und vorstellen und was Sie im Detail auch hier diskutieren können – ich weiß nur nicht, wer das bis zu welchem Punkt hier mitmacht und auch mitmachen will –, sind Dinge, die zu diesem Zeitpunkt jedenfalls keine Mehrheit gefunden haben, keine Mehrheit finden werden, und die uns deswegen auch nicht weiterbringen. Ich denke, Sie sollten sich darauf konzentrieren, die Frage zu beantworten, was Sie für Hamburg Gutes tun können. Und an dieser Stelle sind Sie auf einem Irrweg, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD)

(Norbert Hackbusch)

Gemeldet hat sich jetzt noch Farid Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Mit Bedauern muss man feststellen, dass sich FDP, LINKE und auch wohl die AfD aus der Verantwortung gezogen haben, dass man einen vernünftigen Kompromiss zwischen Bund und Ländern erreicht vor dem Hintergrund, dass Karlsruhe eine Frist gesetzt hat für ein verfassungswidriges Gesetz, und dass wir das heilen. Das mag Ihnen offenbar nicht genug sein.

(Zuruf von Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Nein, ich möchte kurz meinen Gedanken zu Ende führen, Herr Hackbusch.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Aber lassen Sie dem Präsidenten die Chance, die Frage zu stellen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen? Wir haben genügend Zeit.

Ja, Herr Präsident, selbstverständlich. Meine Antwort bleibt die gleiche.

Dann fahren Sie fort.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das war ein Nein.

Was ich sagen wollte, ist, Frau Suding und Herr Hackbusch, es kommt doch in diesem Augenblick darauf an, ob es uns wichtiger ist, die Konzepte der eigenen Parteien hochzuhalten, als in diesem Fall auch einmal zu sagen, dass es schon einmal ein demokratischer Wert ist, dass sich die Parteien in einer Parteiendemokratie in einem so wichtigen Punkt einigen können. Ich finde das wichtig, und ich finde es eher traurig, dass Sie sagen, Ihnen sei alles wurscht, Sie machten hier nur die Nummer,

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Wer hat das ge- sagt?)

die Sie als Partei nach vorn bringt, und der Rest interessiere Sie nicht.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das würde euch ja nie passieren, Fa- rid!)

Ja, das hat schon etwas damit zu tun. Und dann hat es auch etwas damit zu tun, ob man nun wirklich Verantwortung übernehmen will.

Natürlich kann sich Thüringen mit 26 Millionen Euro Erbschaftsteuer eher einmal herausziehen, da findet man vielleicht noch einmal eine Gegenfi

nanzierung, als Hamburg mit 280 Millionen Euro Erbschaftsteuer.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist ein Unterschied. Und wenn ich mir dann Ihre Reden im Haushaltsausschuss anhöre, in denen Sie anführen, wo man noch alles mehr draufpacken solle, und mir jetzt anhöre, wir dürften nicht zustimmen mit dem Risiko, dass Karlsruhe diese Steuer, wie bei der Vermögensteuer, womöglich ganz streicht, dann kann ich das nicht mehr als Verantwortung verstehen, dann kann ich das nur noch so verstehen, dass Sie sich herausgezogen haben und Ihr eigenes Ding machen. Aber für die Hamburger Zukunft ist das kein Beitrag.

Und jetzt noch einmal zum Schluss zu Ihrer Bemerkung, ob es eine Zukunft für Rot-Rot-Grün gäbe: Ich glaube, das wird bei der Bundestagswahl entschieden. Und natürlich gehen wir davon einmal aus, dass, wenn es gut ausgeht, wenn es so gut ausgeht, wie ich mir das wünsche, es dann einen neuen Anlauf geben wird mit einer neuen Mehrheit, noch mehr Steuergerechtigkeit in diesem Land zu erreichen. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Auch wenn mancher gern mehr dazu gehört hätte, so ist jetzt Frau Suding von der FDP dran.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Farid, ich bin dankbar, dass noch einmal der Hinweis auf die Frist gekommen ist, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hat. Das Ganze ist zwei Jahre her und ich glaube, daran muss man auch einmal erinnern. Bundestag und Bundesrat hatten zwei Jahre Zeit, hier zu einem Kompromiss zu gelangen, der es möglich gemacht hätte, das Ganze verfassungsfest umzusetzen. Das ist offenbar nicht gelungen. Die Frist wurde überschritten. Und da finde ich es wirklich dürftig,

(Farid Müller GRÜNE: An den Ländern hat es nicht gelegen! – Dr. Andreas Dressel SPD: Die FDP ist nicht schuld!)

wenn wir jetzt aus den Reihen vieler Fraktionen und auch vom Bürgermeister nur Entschuldigungen dafür hören, warum das Ganze nicht so gelungen ist und warum das Ganze nicht so sicher ist, wie man sich es eigentlich wünscht.

Ich finde auch deinen Hinweis auf die Verantwortung hier völlig fehl am Platze. Ich glaube, ich habe in meinem Beitrag sehr genau dargestellt, dass wir uns die Erbschaftsteuer wünschen, dass wir sie für richtig halten. Es ist richtig und es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit, dass beim Übertrag von großen Vermögen der Staat seinen Anteil bekommt, um das Gemeinwesen zu finanzieren. Des

wegen brauchen wir eine Regelung, die einfach ist, die ohne Privilegien auskommt, die ohne Ausnahmen auskommt. Das wäre der richtige Weg gewesen, um diese Erbschaftsteuer zu einem gerechten System und zu einem akzeptierten System zu machen.

Ich möchte auf den Bürgermeister eingehen. Wir alle wissen doch, wenn der Bürgermeister hier steht und von etwas wirklich überzeugt ist, wie er dann auftritt. Ich habe jetzt in puncto Verfassungswidrigkeit von Ihnen einen sehr defensiven, einen sehr unsicheren Wortlaut gehört.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was?)

Er hat so etwas gesagt wie, wir dürften uns Hoffnungen machen, er sei ziemlich sicher, dass es irgendwie gehen würde. Das ist nicht die Ausdrucksweise, die der Bürgermeister an den Tag legt, wenn er sich wirklich sicher ist. Und wir laufen jetzt mit diesem Gesetz Gefahr, weil es eben so lange gedauert hat, weil man sich nicht einigen konnte, dass das Ganze wieder beklagt wird.

(Farid Müller GRÜNE: Und bei Ihrem Ent- wurf hätte niemand geklagt?)

Wir können davon ausgehen, dass vor dem Bundesverfassungsgericht wieder Klagen eingehen werden und dass wieder eine Situation der Unsicherheit für die Unternehmen da ist, dass sie nicht planen können, dass sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Und diese Hängepartie hätte man den vielen Unternehmern im Land wirklich ersparen müssen, indem man sich einfach viel früher, viel schneller, viel ernsthafter mit einem so wichtigen Thema auseinandergesetzt hätte. Man kann jetzt nicht ankommen und sagen, wie wichtig das sei mit der Erbschaftsteuer und wie sehr die Länder vom Aufkommen profitierten, wie sehr sie das brauchen. Das sehe ich auch so, aber wenn man das so sieht, dann hätte man sich vor längerer Zeit schon intensiver und ernsthafter damit auseinandersetzen müssen und nicht jetzt solche wachsweichen Kompromisse vorstellen, die dann entschuldigt werden mit der Notwendigkeit, Kompromisse zu machen. Das reicht nicht aus.

(Beifall bei der FDP – Farid Müller GRÜNE: Es lag doch am Bundestag!)

Als Nächster erhält das Wort Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mir gerade noch einmal die Themenmeldung angesehen, Herr Hackbusch. Es heißt hier nicht, dass die Erbschaftsteuer das Leuchtturmprojekt ist. Das war die erste Debatte, aber Sie behaupten, es sei hier irgendwie nur der Kompromiss, nur ein Erfolg von Lobbyarbeit. Im Endeffekt ist der Kompromiss ein Beleg

von Handlungsfähigkeit realistischer Politik. Da bin ich ganz bei Herrn Quast. Das ist das, was man in dieser Situation und in diesem Zeitfenster erwarten konnte. Und es ist gut, dass große Teile der Politik sowohl von den Bundesländern als auch vom Bundestag und vom Bundesrat entsprechend geliefert haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Gesetzes, Frau Suding, können wir als Hobbyjuristen alle dann beurteilen. Ich habe da auch meine Meinung. Ich bin bei Ihnen, es wird in jedem Fall beklagt. Also wird heute alles beklagt. Das wird auch häufig von denen beklagt, die vielleicht nicht unter die Begünstigungen fallen.

Ich glaube aber, das allein darf nicht das Motiv sein, sich davon jetzt leiten zu lassen oder irgendetwas anders zu machen. Denn in dieser Situation muss man etwas machen. Es ist etwas, was juristisch gut begründet ist, was juristisch abgewogen ist. Es kann immer sein – wir leben in einem Rechtsstaat –, dass Gerichte anders entscheiden. Ich glaube trotzdem, dass es nicht die Planungssicherheit, die wir jetzt haben, die wir auch in diesem Jahr haben, empfindlich tangiert. Insofern ist das nichts, was gegen diese Lösung spricht.

Im Übrigen finde ich es toll, dass Sie hier für Steuergerechtigkeit und ein einfaches Steuersystem kämpfen. Herr Dr. Schinnenburg weist gern darauf hin, wenn irgendeine Idee den Ursprung im Jahr 2002 oder 2003 hatte, dass die FDP maßgeblich in dieser Stadt daran beteiligt war.

Und das Problem, dass Steuergesetze kompliziert sind, ist nicht nur ein Thema der Erbschaftsteuer, sondern es verhält sich ebenso bei der Mehrwertsteuer oder der Einkommensteuer. Es ist ein bisschen die deutsche Mentalität, dass wir vieles über das Steuergesetz geregelt haben, dass wir vieles, wo es irgendwelche sozialen guten Ideen gab, immer ins Steuergesetz eingearbeitet haben, was dazu führt, dass wir teilweise Paragrafen haben von 3 a bis 3 y. Und an vielen dieser Gesetze, muss man auch sagen, war eine Bundesregierung, eine Bundestagsmehrheit mit der Hilfe der FDP beteiligt.

(Katja Suding FDP: Und mit der Hilfe der CDU!)

Es gibt immer viele Ideen, Dinge besser zu machen. Ich habe heute ein Statement gelesen – ich weiß nicht, ob es stimmt – von Frau Fegebank, dass sie auch für eine schöne Flat Tax wäre bei der Erbschaftsteuer, aber es ist immer die Frage, was dann, wenn alle diese Parteien in Berlin zusammensitzen, dabei herauskommt. Und das war in der Vergangenheit auch mit der Hilfe der FDP nicht so viel anders.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

(Katja Suding)

Insofern ist jetzt ein Schritt gemacht. Wir nehmen Sie aber nicht aus der Haftung, Herr Bürgermeister. Es gibt noch andere Themen im Bereich BundLänder-Finanzen, bei denen Sie auch schon einmal bei einem Thema vorgeprescht sind und die große Lösung verkündet haben. Auch da warten wir noch auf den Durchbruch. Auch da geht es noch um Hamburger Interessen. Insofern schauen wir, wann es kommt.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)