Nun hätte ich mir gewünscht, dass Sie die Offenheit und das Interesse für die Bildungsdaten, die sich aus dem Bildungstrend ergeben, auch in Hamburg zeigen würden. So würden wir sehr gern mit Ihnen auch im Schulausschuss über die Frage diskutieren, wie die Situation der Stadtteilschule sich eigentlich nach der Datenlage darstellt. Unser Versuch, dieses zu erreichen in den vergangenen Wochen, ist leider an den Fraktionen gescheitert. Auch würden wir sehr gern über die aktuellen Ergebnisse von VERA 3 und VERA 8 diskutieren. Auch da ist die Bereitschaft ebenso wie bei KERMIT bei Ihnen, Herr Senator Rabe, außerordentlich gering. Deshalb ist es schon erstaunlich, dass Sie jetzt in Hinblick auf den Bildungstrend plötzlich so neugierig geworden sind und hier weitere Analysen machen wollen.
Wenn man sich dann aber den Antrag genauer anschaut, dann geht es Ihnen dabei offensichtlich nur darum, die Daten für Hamburg vielleicht noch grafisch ein bisschen netter aufzuarbeiten und darzustellen. Aber worum es leider nicht geht, ist die eigentlich alles entscheidende Frage, was nämlich eigentlich die Ursachen für die Unterschiede bei den Ergebnissen für die Bundesländer sind. Und woran liegt es eigentlich, dass die Hamburger Schülerinnen und Schüler in Englisch supergut abschließen, was eine wirklich gute Nachricht ist, dass sie im Bereich Lesen oder Zuhören auf einem recht ordentlichen Weg sind und im Bereich der Orthografie zum Beispiel nach wie vor auf keinem guten Weg? Und woran liegt es, dass es in Mathe so desaströs aussieht in Hamburg? Das sind alles Dinge, die wir eigentlich ermitteln müssten, erforschen müssten, und diese Bildungsstudie wäre tatsächlich ein guter Anlass, das für Hamburg zu ermitteln.
Ihr Antrag greift da leider zu kurz. Es ist bestimmt interessant, sich das näher anzuschauen, das wollen wir auch gern machen mit Ihnen, aber leider wird uns das der Lösung nicht sonderlich näher
bringen, und deshalb werden wir uns hinsichtlich des Antrags enthalten, um zumindest noch einmal die Möglichkeit zu haben, im Schulausschuss dann nach März 2017 darüber zu diskutieren. Aber, wie gesagt, wir hätten uns gewünscht, dass Sie stärker an die Ursachen herangehen würden, denn das würde die Hamburger Schülerinnen und Schüler wirklich voranbringen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau Prien, ich kann mich nicht daran erinnern, dass Herr Senator Rabe jemals gesagt hat, er wolle aus den Bildungsstudien aussteigen. Aber vielleicht haben wir da unterschiedliche Wahrnehmungen oder Erinnerungen.
Ich möchte noch einmal etwas sagen zu der Funktion dieses Bildungstrends, dieses Länderberichts im Vergleich zu den KERMIT-Ergebnissen. Die KERMIT-Ergebnisse dienen dazu, in den Schulen für die Schulen den Spiegel vorzuhalten und in den Schulen dazu beizutragen, dass die Schulentwicklung und die Unterrichtsentwicklung vorankommt und die einzelnen Kinder auch eine Rückmeldung bekommen im Vergleich zu den anderen Kindern. Dieser Länderbericht dagegen hat eine ganz andere Funktion. Und deswegen ist es richtig und gut, dass wir uns in der Bürgerschaft auch noch einmal mit einem Bericht des Senats explizit damit auseinandersetzen.
In der Tat hat dieser Länderbericht zwei sehr wichtige Felder aufgetan, auch zwei Gesichter gezeigt und zwei verschiedene Ergebnisse, die unterschiedlicher Interpretationen bedürfen. Im Fach Deutsch ist es tatsächlich so, dass wir leichte Verbesserungen erzielt haben, wir sind inzwischen bundesweit im Mittelfeld gelandet, was uns alle hier auch froh macht. Aber wir wissen auch, da ist durchaus noch Luft nach oben. Das weiß mit Sicherheit auch der Senator.
Aber wer nun meint, dass das hier eine Schuld der Schulpolitik ist, der sollte sich dann auch genauer mit der ganzen Bildungsstudie auseinandersetzen, denn es wird ausdrücklich klargemacht, dass diese Deutschergebnisse familiennah zu interpretieren sind. Das heißt, wenn zu Hause kein Deutsch gesprochen wird, wenn zu Hause keine deutschen Bücher vorgelesen werden, wenn zu Hause auch nicht Deutsch gelesen oder Fernsehen geguckt wird, dann sind natürlich die Ergebnisse in Deutsch schlechter. Genau das zeigt der Bildungstrend auf,
Also da ist noch Luft nach oben. Aber – und das freut mich wirklich – in Englisch, und das sind schulnah zu interpretierende Daten, sind wir richtig, richtig gut. Auf dem zweiten Platz, meine Damen und Herren, von allen Bundesländern. Wir haben signifikante Verbesserungen von teilweise 20 Prozentpunkten. Das sind richtige Lernjahre. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Und darauf können wir stolz sein und es ist eine tolle Leistung der Schulpolitik und auch der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler in unserer Stadt.
Richtig ist, das haben meine Vorrednerinnen auch schon aufgezeigt, dieser Bildungstrend kann keine monokausalen Erklärungsketten herleiten. Wir wissen immer noch nicht genau, was ist es und was hat es mit der Bedeutung des Migrationshintergrundes auf sich? Was ist mit dem sozio-ökonomischen Hintergrund? Welche Bedeutung hat zum Beispiel die Anzahl der Unterrichtsstunden? Ist es so, viel hilft viel, oder sind es vielleicht andere Faktoren? Wie signifikant zum Beispiel ist die Qualifikation der Lehrkräfte? Wir können uns das vorstellen, aber die Bildungsstudie gibt uns dafür wirklich keine Antworten. Fakt ist aber, auch das lässt sich in dieser Bildungsstudie immerhin ablesen, es ist nicht nur Aufgabe der Schulpolitik, da tatsächlich zu besseren Ergebnissen zu führen, sondern es ist eine Aufgabe der Sozialpolitik, es ist eine Aufgabe der Integrationspolitik, der Familienpolitik und nicht zuletzt auch der Arbeitsmarktpolitik. Das ist also ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, dem stellen wir uns hier in Hamburg. Ich bin froh, dass wir uns noch einmal explizit mit den Hamburger Ergebnissen auseinandersetzen, und ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag drückt das aus, was die Verfasser und Verfasserinnen des Berichts selbst in ihrem Fazit vorschlagen, dass nämlich die jeweiligen Bundesländer die Ergebnisse für sich vertiefend betrachten, analysieren und auch, und das, finde ich, ist wichtig, in ihr jeweiliges Bildungssystem integrieren. Das ist eigentlich der springende Punkt.
Frau Duden, da kommen wir auch zu des Pudels Kern. Es ist doch kein Vorwurf, dass der Bildungserfolg immer noch von der sozialen Herkunft ab
hängt, sondern es ist doch leider jedes Mal wieder eine Tatsache. Da muss ich leider sagen, dieser Tatsache stellt sich Hamburg nicht, weil wir doch durch die Berichte aus den Schulen wissen, dass die soziale Schere weiter auseinandergeht, anstatt dass unser Schulsystem hier in Hamburg diese Schere wenigstens etwas kompensiert. Und das ist der eigentliche Skandal.
Leider verkommt dieser Hinweis fast immer schon zu einer Fußnote, obwohl wirklich alle Bildungsforscher es immer wieder sagen. Und da ist es wirklich ein großer Auftrag an die Bildungspolitik, hier nicht weiterhin für Bildungsgerechtigkeit zu sorgen, sondern überhaupt erst einmal für Bildungsgerechtigkeit zu sorgen, liebe SPD.
Darüber hinaus finde ich die heutige Debatte wirklich nicht so spannend. Da bin ich auch bei Frau Prien, denn wir müssten jetzt erst einmal ehrlich analysieren und transparent machen, was es eigentlich für Hamburg bedeutet. Von daher hätte ich die Debatte sinnvoller gefunden, wenn wir das erst einmal überhaupt vorliegen hätten. Jetzt können wir uns jeweilig im Grunde auf die Schulter klopfen oder kritisieren, aber so richtig bringt uns das nicht weiter.
Ich will deutlich sagen, ich freue mich über jeden Zuwachs an Lernerfolg, an Spaß in der Schule für jedes einzelne Kind. Das ist überhaupt keine Frage. Aber dann so richtig straight daran vorbeizusehen, was wir eigentlich für Debatten haben in der Stadt, dass wir wirklich Schulleitungen haben aus Stadtteilschulen, mittlerweile auch aus Gymnasien, die sagen, es läuft hier etwas richtig schief, wir müssen neu justieren und neu schauen, dann finde ich das einfach ein bisschen zu billig zu sagen, wir seien jetzt endlich im Mittelfeld. Ich finde es wirklich schwach, denn dadurch verkommen diese Bildungsstudien wirklich zu einem Ranking, sie verkommen fast zu einer neuen olympischen Disziplin, und ich glaube, daraus sollten wir gelernt haben, dass das nicht funktioniert.
Da, liebe Frau Prien, haben wir einen starken Dissens. Ich finde, dass es sehr wichtig ist, VERA zu machen, Bildungstests zu machen. Das kann man machen, obwohl auch immer die Überschrift gilt, vom Wiegen wird die Sau nicht fett. Ich finde, dass es darauf ankommt, was wir mit diesen Ergebnissen machen. Und da sind wir wirklich noch am Anfang. Wir hören zum Beispiel über die Schulinspektion, dass sie durchaus willkommen sind in den Schulen, aber es müsse dann etwas folgen. Dann folgt aber im Grunde nichts an Ressource, an nachhaltigem Coaching, an Beratung, dass die Schulen dann wirklich die Unterstützung bekommen. Sie haben nicht die Stunden in ihren
Schulen, um sich wirklich weiterzuqualifizieren, und da muss der Senat unbedingt weiter verbessern, damit diese Studien, damit die Vergleiche überhaupt Sinn für die Schulen bekommen.
Ich möchte noch ein Beispiel dafür nennen, was auch im Grunde ständig viel zu kurz gesprungen ist. Es wird vom Senat immer gesagt, wir hätten jetzt die Mathe-Offensive gestartet. Wenn man sich in den Schulen umhört, was es für die Schulen bedeutet, dann kommt da etwas top down auf die Schulen runter, was überhaupt nicht berücksichtigt, wo die jeweilige Schule gerade in ihrer Unterrichtsentwicklung ist. Und dann ist es auch viel zu kurz gesprungen, zum Beispiel ausgebildete, studierte Mathematiklehrerinnen und -lehrer gegen Lehrerinnen und Lehrer auszuspielen, die sich weiterqualifiziert haben in Mathematik. Wir können nämlich feststellen, dass die Ergebnisse eines Mathematikunterrichts von einer Lehrkraft, die sich weitergebildet hat in Mathe, durchaus viel besser sind als von Fachkräften, die das einmal studiert haben, aber die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, wie man es den Schülerinnen und Schülern näherbringt. Daher fordern die Schulen vom Senat, wenn er mit einer Mathe-Offensive kommt – Herr Abaci, gehen Sie einmal hin und fragen –,
dass diese Offensive mit den Schulen zusammen entwickelt wird und dass die Schulen da anknüpfen können, wo sie gerade in ihrer jeweiligen Unterrichtsentwicklung stehen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt und ich hoffe sehr, dass der Senat solche Dinge künftig besser berücksichtigt und dass er über solche Bildungsstudien hinaus endlich in den Kontakt kommt mit den Schulen, denn da spielt das Leben und da ist es wirklich wichtig, dass die Lehrerinnen und Lehrer so unterstützt werden, dass ihre Schülerinnen und Schüler Spaß haben und vorwärtskommen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bildungstrend ist keine reine Erfolgsmeldung. Aber fangen wir mit dem Positiven an. Es gibt Lichtblicke an Hamburgs Schulen, und das wollen wir auch gar nicht wegdiskutieren. Im Gegenteil, das gute Abschneiden der Hamburger Schülerinnen und Schüler im Fach Englisch erkennen wir ausdrücklich an. Ich persönlich habe mich darüber wirklich sehr gefreut, denn wir sind doch schließlich eine Wirtschaftsmetropole, und da kommt es besonders gut, wenn wir wirklich gute
Zur Wahrheit – und ich wäre nicht Opposition, wenn ich das nicht sagen müsste – gehört aber auch, und das müssen Sie sich, glaube ich, auch gefallen lassen: Hamburg steht im Schnitt zwar etwas besser da, aber bei genauerem Hinsehen zeigen sich trotzdem im neuen Bildungstrend die altbekannten Schwächen. Im Bereich Rechtschreibung steht Hamburg mit den ebenfalls SPD-regierten Ländern Berlin und Bremen an allerletzter Stelle. Und vielleicht hat sich der Schulsenator auch schon an diesen Platz gewöhnt. Wir aber, wir Freien Demokraten, wir wollen mehr. Seit Beginn der letzten Legislaturperiode kämpfen wir für einen guten Rechtschreibunterricht an Hamburgs Schulen, auch mithilfe der CDU. Wir haben massiv vor pädagogischen Methoden wie Lesen durch Schreiben gewarnt, wonach Grundschüler Rechtschreibung nach Gehör lernen sollen. Und auch im letzten Jahr hat der Schulsenator in einem Zeitungsinterview – ich glaube, das war die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" – gesagt, er habe diese Methode hier verboten. Aber in Wahrheit gibt es weiterhin Grundschulen, die das praktizieren. Und in einer weiteren Pressemitteilung erklärte Senator Rabe das unterdurchschnittliche Abschneiden in Rechtschreibung im Bildungstrend wie folgt, das ist hier auch schon angeklungen:
Aha. Ja, Hamburg hat, wie Herr Senator Rabe richtig sagt, eine besondere Schülerschaft. Aber diese Herausforderung dürfen wir nicht einfach als Ausredeerklärung nehmen, sondern wir müssen sie als Ansporn nehmen, und genau dann können wir überhaupt von Bildungsgerechtigkeit reden, Herr Abaci.
Der Schulsenator jedoch ergeht sich weiter in puren Absichtserklärungen. Die Quittung erhält er heute und jeden weiteren Tag, den er tatenlos verstreichen lässt. Ich nenne das ignorant, nichts weiter.
Der Aussagewert des Bildungstrends ist im Übrigen auch ziemlich eingeschränkt, denn wir wissen, es ist nur Englisch und Deutsch getestet worden. Das ist doch nur ein Teil des Ganzen. Wir wissen doch alle und können uns gut erinnern, wie die Schüler in Hamburg etwa bei den Vergleichsarbeiten mit KERMIT abgeschnitten hatten. Die Ergebnisse waren, vorsichtig formuliert, mehr als ernüchternd. Die Hälfte, um daran zu erinnern, fast 49 Prozent aller Schüler in den achten Klassen der Stadtteilschulen, erreichte in Rechtschreibung
noch nicht einmal den Mindeststandard für den mittleren Abschluss. Im Fach Mathematik scheitern daran sogar mehr als drei Viertel, nämlich 77 Prozent. Bemerkenswert übrigens – es kam damals gar nicht so heraus – ist dieses Ergebnis auch deshalb, weil nämlich an den Stadtteilschulen leichtere Testheftversionen von der Kultusministerkonferenz verwandt wurden als an den Gymnasien. Das ist Augenwischerei und das hilft niemandem. Niemandem tut man damit einen Gefallen, und am allerwenigsten den Schülern.
Denn gleichgültig, ob Lehrling oder Student, die deutsche Rechtschreibung ist eine Grundvoraussetzung für den Bildungs- und für den Berufserfolg und letztendlich auch zur Integration. Deshalb müssen die Schülerinnen und Schüler in jeder einzelnen Schule in Hamburg profunde Rechtschreibung lernen. Ich sage es immer wieder und ich werde es wahrscheinlich die nächsten zwei Jahre auch immer wieder sagen. Vielleicht klappt es einmal, dass wir uns da nach oben arbeiten.
Gleiches gilt für das Fach Mathematik in Hamburg, das, dem Schulsenator sei Dank, leider schon fast traditionell schlechte Ergebnisse einfährt. Auch hier fordern wir endlich eine Stärkung des Unterrichts. Aber wie ernst es Ihnen mit Ihrer mit viel Tamtam angekündigten Mathematikoffensive ist, Herr Senator, zeigt unsere aktuelle Anfrage. Sie haben versprochen, dass ab dem Schuljahr 2016/2017 wenigstens ab Klasse 7 kein Matheunterricht mehr fachfremd stattfindet. Für die Jahrgänge darunter soll dies noch nicht einmal gelten. Aber noch nicht einmal das haben Sie umgesetzt. An 20 Schulen wird ab Stufe 7 in 33 Klassen Mathematik weiterhin fachfremd unterrichtet. Also unter Mathematikoffensive stellen wir uns da ehrlich gesagt etwas ganz anderes vor.