Protokoll der Sitzung vom 18.01.2017

Vielen Dank, Frau Güçlü. – Es hat sich Frau Blömeke von der GRÜNEN Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann die letzten Reden nicht so stehen lassen, denn es wird der Eindruck erweckt, dass mit der Traumatisierung von Geflüchteten überhaupt nicht gearbeitet wird. Gerade Frau Güçlü hat eben den Eindruck erweckt, wir hätten uns dieses Themas überhaupt noch nicht angenommen und das Allheilmittel sei nun dieser FDP-Antrag mit dem Screening.

Natürlich steht die Traumatisierung von Geflüchteten im Blickpunkt aller Fraktionen, insbesondere dieser Regierung und dieses Senats und unserer Fraktionen von SPD und GRÜNEN. Frau Güçlü, Sie sind nicht im Gesundheitsausschuss. Wir hatten gemeinsame Sitzungen des Sozial- und Gesundheitsausschusses. Wir haben im Gesundheitsausschuss bereits diverse Male über die psychologische Situation von Geflüchteten gesprochen und es ist bei Weitem nicht so, dass das Thema das Parlament nicht beschäftigt. Wir haben deutlich gemacht, dass es verschiedene Hilfestellungen gibt, von psychosozialer Beratung über direkte Gespräche bis hin zu dem koordinierenden Zentrum. Wir halten nur das Instrument dieses

(Dr. Ludwig Flocken)

Screenings für nicht tauglich und lehnen deswegen den Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Blömeke. – Ich habe noch eine Wortmeldung gesehen, Herr Dr. Schinnenburg von der FDPFraktion.

(Dirk Kienscherf SPD: Endlich haben Sie wieder Arbeit bekommen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Güçlü, vielen Dank für Ihren Beitrag. Das ging so richtig glatt runter. Ich stimme Ihnen in allem, was Sie gesagt haben, zu. Ich habe das Gefühl, Rot-Grün kann oder will das eigentliche Problem nicht erkennen.

(Farid Müller GRÜNE: Aber Sie, Sie haben die Erkenntnis!)

Wir haben doch gar nicht untersucht, wie Herr Celik sagte, ob es genügend oder zu wenige psychologische Behandlungsmöglichkeiten in Hamburg gibt. Den Pott wollten wir gar nicht aufmachen. Wir wollten nur sicherstellen, dass psychologische Belastungen überhaupt erkannt werden. Es wurde doch mehrfach gesagt, das sei oft nicht der Fall.

Ich bin seit über 30 Jahren niedergelassener Zahnarzt, mehr nicht. Insofern seien Sie unbesorgt, Herr Baumann, den Zahnärzten verschaffe ich keinen einzigen Euro. Im Gegenteil, ich nehme ihnen Geld weg, weil sie die Behandlung möglicherweise nicht vornehmen, aus der schlauen Erkenntnis heraus, dass ein psychologisches Problem dahintersteckt. Es war völlig unqualifiziert, was Sie eben gesagt haben.

Der entscheidende Punkt ist doch, dass mit Sicherheit in dieser Stadt Hunderte von Flüchtlingen – übrigens nicht nur Flüchtlinge, es gibt auch Deutsche und EU-Ausländer oder wie auch immer – in dieser Stadt herumlaufen und nach wie vor keine adäquate Behandlung bekommen, sondern nur eine rein somatische oder welche auch immer. Und da würde ein solches Screening weiterhelfen. Das haben Sie irgendwie negiert; Sie reden über alles Mögliche.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das stimmt aber nicht!)

Wir haben auch mit keinem Wort gesagt, dass wir einen Fragebogen wollen. Das einzige Mal, wo ein Fragebogen auftaucht, war in der Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage. Dort wird aufgezählt, welche Möglichkeiten es gibt und dass es unter anderem ein Fragebogen sein kann. Sehen Sie sich das Petitum an; da steht: ein Screening. Wir haben nicht gesagt, per Fragebogen. Ich will mich auch gar nicht festlegen, weil ich dafür kein Fachmann bin. Von mir aus können wir

das gern im Gesundheitsausschuss besprechen. Ich bin gern bereit, neue Erkenntnisse aufzunehmen. Aber zu sagen, dass wir mit unseren derzeitigen Angeboten alle Flüchtlinge erreichen, die ein psychologisches Problem haben und deshalb nichts zu machen brauchen, ist schlicht und ergreifend falsch. Ich finde es traurig, dass Sie an diesem Punkt nicht vorankommen.

(Sylvia Wowretzko SPD: Es ist nicht so ge- sagt worden!)

Ich biete Ihnen Folgendes an: Sie werden unseren Antrag heute ablehnen. Ich werde Sie nicht kritisieren, wenn Sie in vier Wochen den gleichen oder einen ähnlichen Antrag mit Ihrem Label einbringen. Tun Sie das. Ich verspreche Ihnen, ich werde Sie nicht kritisieren. Mir kommt es wirklich darauf an, dass den Menschen geholfen wird. Bringen Sie einen ähnlichen Antrag mit anderem Wording ein. Wir werden ihm zustimmen. Dann können wir den Menschen vielleicht ein bisschen helfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Schinnenburg. – Es hat sich Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE gemeldet.

Ich wollte nur noch einmal die Zahl erwähnen, die ich genannt habe. Ich habe keine aktuellen Zahlen, aber von Anfang 2015 bis Mitte 2016 haben noch nicht einmal 100 Geflüchtete eine psychotherapeutische Behandlung bekommen. Und Sie sagen in Ihrem eigenen Antrag, dass mindestens 10 bis 20 Prozent der Geflüchteten eine psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe brauchen.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das ist auch Blöd- sinn!)

Wie können Sie diesen Widerspruch auflösen? Sie müssen auch sagen, ob wir in Hamburg ein auf Flüchtlinge ausgerichtetes spezialisiertes, interdisziplinär arbeitendes Behandlungszentrum für alle Altersklassen haben. Haben wir das oder nicht? Das gibt es in vielen Bundesländern, in vielen Städten, in Hamburg jedoch nicht. Da schneiden wir sehr schlecht ab. Das, finde ich, müssen wir dringend ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Celik. – Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache 21/7412 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? Bitte jetzt das Handzeichen ge

(Christiane Blömeke)

ben. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wer möchte dann die Drucksache an den Gesundheitsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Überweisung abgelehnt.

Wir stimmen dann über den Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 21/7412 in der Sache ab.

Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag hiermit abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 67, Drucksache 21/7437, Antrag der AfD-Fraktion: Endlich Algerien, Marokko und Tunesien als "sichere Herkunftsstaaten" einstufen.

[Antrag der AfD-Fraktion: Endlich Algerien, Marokko und Tunesien als "sichere Herkunftsstaaten" einstufen – Drs 21/7437 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Senat muss dem Gesetz zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten zustimmen und Abschiebungshaftplätze in Hamburg einrichten – Drs 21/7559 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/7559 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Beide Drucksachen möchte die AfD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen.

Wer sich hier zu Wort melden möchte, möge mir bitte ein Handzeichen geben. – Es spricht Herr Nockemann von der AfD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin leider etwas heiser von der Rede von vorhin, als ich mich kaum gegen den Lärmpegel durchsetzen konnte.

(Zurufe von allen Fraktionen: Oh, oh!)

Der Deutsche Bundestag hat im Mai des vergangenen Jahres mit den Stimmen der SPD-Fraktion die Staaten Algerien, Marokko und Tunesien zu sogenannten sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Angesichts der Anerkennungsquote von ungefähr 1 Prozent war das nicht nur eine sinnvolle Maßnahme, sondern insgesamt wird ersichtlich, dass die überwiegende Zahl der Antragsteller aus nicht asylrelevanten Gründen nach Deutschland einreist.

Mit dieser Qualifizierung der eben genannten drei Länder wird nicht nur die Ablehnung der aus die

sen Ländern einreisenden Antragsteller beschleunigt, sondern sehr wahrscheinlich werden auch die Zugangszahlen aus diesen Ländern nachhaltig zurückgehen. Alle Vernunft spricht also dafür, Personen ohne Aussicht auf Asyl bereits vor Reiseantritt davon abzuhalten, in Deutschland ein aufwendiges Asylverfahren mit negativem Ausgang durchzuführen.

Die Notwendigkeit, die genannten drei Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten zu qualifizieren, sieht allem Anschein nach auch der Erste Bürgermeister, aber leider – und das sage ich mit einem gewissen ernsthaften Bedauern – ist der Herr Bürgermeister in diesem Fall nicht allein im Senat zu Hause. Und leider wedelt hier der grüne Schwanz mit dem roten Hund.

Es ist ein Skandal, dass der Gesetzentwurf seit Mai letzten Jahres im Bundesrat herumliegt, weil sozialdemokratische Ministerpräsidenten, die an Grün gebunden sind, dem nicht zustimmen, was die SPD-Bundestagsfraktion verabschiedet hat. Diese Verweigerungshaltung ist nicht nur wegen der irrelevanten Anerkennungsquote völlig unverständlich, sondern auch wegen der Tatsache, dass die Angehörigen dieser Herkunftsländer in manchen Bundesländern eine eigene Problematik darstellen. Ich appelliere daher an die GRÜNEN in Hamburg, in dieser Frage ihrem grünen Vordenker, dem Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg, zu folgen. Sonst wird es im Herbst 2017 mit dieser grünen Verhinderungspolitik endgültig vorbei sein.

(Beifall bei der AfD)

Und wenn der Bürgermeister weiterhin den Ruf des Machers in dieser Stadt genießen will, dann muss er die GRÜNEN endlich an den Zustimmungstisch zwingen.

Nun wird im Zusammenhang mit dieser Entscheidung im Bundesrat geltend gemacht, sie habe so lange keinen Sinn, wie es nicht gelinge zu erreichen, dass die Maghreb-Staaten ihre Staatsangehörigen wieder zurücknehmen. Da mag natürlich etwas dran sein. Auch auf diesem Gebiet hat die Koalition in Berlin viel zu lange die Hände in den Schoß gelegt. Als ich im vergangenen Jahr an dieser Stelle mehrfach darauf hingewiesen habe, dass als Sanktionsmöglichkeiten für Rückübernahme unwilligen Staaten auch die Entwicklungshilfe gekürzt werden sollte, hat man mich in diesem Saal mit wütenden Populismusvorwürfen belegt. Heute, wo Herr Gabriel und andere Koalitionspolitiker dasselbe fordern, wütet niemand mehr gegen diese Argumente. Wären die Maghreb-Staaten bereits seit Längerem als sichere Herkunftsstaaten eingestuft und hätte man die Motivation der Herkunftsländer zur Rückübernahme ihrer eigenen Staatsangehörigen durch Kürzung der Entwicklungshilfe bereits vor zwei Jahren gesteigert, dann wäre der Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz vermutlich nicht geschehen. Jeder, insbeson

(Vizepräsident Detlef Ehlebracht)

dere die GRÜNEN, sollten daraus ihre Schlüsse ziehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Nockemann. – Wir hören Herrn Abaci von der SPD-Fraktion.