Protokoll der Sitzung vom 18.01.2017

Ja, das ist das Bürgerhaus Wilhelmsburg. Das Bürgerhaus Wilhelmsburg ist nicht reiner Veranstaltungsort, als den Sie ihn darstellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Bürgerhaus Wilhelmsburg hat den Beteiligungsprozess Perspektiven vorbildlich geleitet, es geschafft, alle Bevölkerungsgruppen einzubinden, gemeinsam zu diskutieren, wie der Stadtteil sich in den nächsten Jahren entwickeln soll. Es ist in den letzten Jahren gelungen, hervorragende Integrationsarbeit über das Bürgerhaus in Wilhelmsburg zu machen. Interkulturelles Training findet dort statt und es gibt eine große Akzeptanz im ganzen Stadtteil, weil das Bürgerhaus viel Wert auf seine Neutralität legt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für diese Arbeit bekommt das Bürgerhaus Wilhelmsburg – deswegen habe ich es so lange aus

(Dr. Alexander Wolf)

geführt – seine Rahmenzuweisungen. Nein, es ist kein reiner Veranstaltungsort, sondern ein Ort der Kommunikation ohne Vorurteile und des Abbaus von Vorurteilen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN)

Sie haben sich in Ihrer Rede ausschließlich auf die Marxistische Abendschule versteift, was das Bürgerhaus Wilhelmsburg überhaupt nicht wiedergibt. Diese Veranstaltung ist im Stadtteil niemals wahrgenommen worden; das kann ich vor Ort sehr gut beurteilen.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Wir haben sie schon wahrgenommen! Sie schauen ja nicht hin!)

Sie haben sie wahrgenommen und schreiben dazu Anfragen. Niemand im Stadtteil hat das wahrgenommen und die Neutralität des Bürgerhauses wurde nie beschädigt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Grundlage des Bürgerhauses ist seine Unabhängigkeit als Freier Träger. Wir in Hamburg haben sehr gute Erfahrungen mit der Art von Freien Trägern.

(Dirk Nockemann AfD: Wir nicht! Was sagen Sie dazu?)

Es gibt keine Vorgaben für die Vermietung von Räumen; das gehört zu einer freien Trägerschaft. Dies geschieht privatwirtschaftlich wie bei anderen Tagungsstätten auch. Es werden somit keine öffentlichen Gelder für die Raumvermittlung verwendet.

Sie sprechen also von Meinungsvielfalt. Sobald die Meinungsvielfalt nicht so aussieht, wie Sie wollen, dann ist sie falsch, dann ist es Lügenpresse, wenn die Presse etwas anderes schreibt, et cetera. Und genauso ist es hier. Wenn das Bürgerhaus nicht genau die Veranstaltungen möchte, die Sie wollen, werden gleich die Finanzierung und die Mitglieder des Stiftungsrats infrage gestellt.

(Dirk Nockemann AfD: Aber die Presse schreibt doch gut heute!)

Die Mitglieder des Stiftungsrats sind alle Personen, die die Arbeit seit Jahren engagiert in Wilhelmsburg machen.

Zur Frage, ob die AfD in ihrer Arbeit aus dem Bürgerhaus systematisch ausgegrenzt worden sei: Das ist falsch. 2015 hat Ihr Landesparteitag, die größte Veranstaltung, die Sie in der Stadt machen, im Bürgerhaus stattgefunden.

(Dirk Nockemann AfD: Da gab's noch nicht die Vorgabe, uns rauszuhalten!)

Die größte Veranstaltung, die Sie machen, haben Sie im Bürgerhaus abgehalten. Wenn Sie jetzt eine

Veranstaltungsreihe gefordert haben, ohne Themen vorzugeben, dann haben Sie gegen die öffentlichen Vergaberichtlinien verstoßen.

(Dr. Alexander Wolf AfD: Thema verfehlt, Sechs, setzen! – Glocke)

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Okay, Entschuldigung, dass ich zu lange brauchte.

(Dr. Alexander Wolf AfD: Nee, Schluss jetzt!)

Sie werden das Bürgerhaus Wilhelmsburg selbstverständlich nutzen können, wenn Sie Themen stellen …

(Glocke)

Herr Weinreich, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

… die konstruktiv sind und die Neutralität des Bürgerhauses nicht gefährden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Dr. Wolf von der CDU-Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist eine Aussprache – so liest man es zumindest in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags – über ein Thema von allgemeinem aktuellem Interesse. Betrachtet man die Diskussion dieser Tage in den Medien, gibt es viele solcher Themen, die allgemein interessieren und aktuell sind. Und was macht die AfD? Sie meldet sich selbst zum Thema der Aktuellen Stunde an,

(Dirk Nockemann AfD: Den Bürger interes- siert es aber!)

und zwar als erstes Thema.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Sie von der AfD haben nicht nur keine Antworten auf die aktuellen Themen dieser Zeit, Sie wollen sie hier nicht einmal debattieren, sondern debattieren lieber sich selbst.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Wer jedoch glaubt, das sei reiner politischer Narzissmus, der täuscht sich. Laut Wikipedia ist nämlich ein Narziss ein selbstverliebter Mensch, der den Kontakt zum Sein verloren hat.

(Michael Weinreich)

(Zuruf: Sie reden genauso wenig zum The- ma wie Ihr Vorgänger!)

Das passt aber nicht zur AfD, denn die AfD hat diesen Vorgang minutiös geplant und inszeniert.

(Dirk Nockemann AfD: Ist ja unglaublich!)

Was ist nämlich der Aufhänger dafür, dass die AfD sich selbst hier debattieren kann? Das Bürgerhaus Wilhelmsburg.

(Dirk Nockemann AfD: Dann sind Sie in die Falle getappt!)

Seit der Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 7. Dezember 2015, also nunmehr seit 13 Monaten, verfolgt uns die AfD in steter Folge mit dem Thema, das Bürgerhaus Wilhelmsburg sei ein Hort verfassungsfeindlicher Gruppen wie der Marxistischen Abendschule.

(Dirk Nockemann AfD: Das hätten Sie ja wi- derlegen können!)

Diese darf da hinein, die AfD jetzt aber nicht mehr. Um eines festzuhalten: Die Entscheidung des Bürgerhauses Wilhelmsburg, der AfD dort keine Räume zur Verfügung zu stellen, halten wir für vollständig falsch. Denn im demokratischen Wettstreit müssen für alle die gleichen Spielregeln gelten. Das gilt umso mehr, als das Bürgerhaus Wilhelmsburg eine öffentliche Förderung erhält.

(Beifall bei der CDU, der AfD und vereinzelt bei der FDP)

In der Sache hat die AfD recht: Es ist ein Unding, dass deren Vertreter, also die Vertreter einer demokratisch gewählten Fraktion und Partei, die hier im Parlament sitzen, nicht im Bürgerhaus Wilhelmsburg tagen dürfen, aber marxistische Sektierer schon. Dass man durch Ausgrenzung den politischen Gegner eher stärkt als schwächt, ist eine alte politische Weisheit, die sich zuletzt wieder in den USA bewahrheitet hat.