Protokoll der Sitzung vom 01.02.2017

Es sind zu unterschiedlichen Zeiten und zu unterschiedlichen Verantwortungen viele gravierende Fehler gemacht worden. Vor etwas über einem Jahr, Ende 2015, haben wir die Eckpunktevereinbarung mit der EU debattiert. Auch seitdem hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Ich wundere mich schon, wenn der Senat uns jetzt eine aktuelle Drucksache im Januar 2017 vorlegt, in der er über die Umsetzung dieser Vereinbarung mit der EU berichtet. Bezüglich dieser dramatisch höheren Verlustprognose, dieser Inanspruchnahme der Garantie, die zweimal um Milliarden Euro erhöht und an keiner Stelle erwähnt wurde, hätte ich eine ehrlichere Drucksache, eine klare Bestandsaufnahme vom Senat eingefordert.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen ist es interessant, dass die Berater, die wir alle mit teuren Stundensätzen in den Ausschusssitzungen bezahlen und die damals den Senat unterstützt und im Brustton der Überzeugung gesagt haben, es gebe kein Szenario, in dem Garantien mit mehr als 7 Milliarden Euro in Anspruch genommen würden, uns jetzt erzählen, was richtig in dieser Situation sei, obwohl die Bank längst sagt, sie brauche die Garantie komplett, sie brauche die 10 Milliarden Euro, und zwar viel früher als ursprünglich geplant.

Was das Thema hsh portfoliomanagement AöR und die Übernahme des Schifffahrtportfolios angeht, wird mehr als deutlich, dass wir mit der Entscheidung Ende 2015 deutlich zusätzliche Risiken übernommen haben und die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein jetzt die bittere Rechnung dafür zahlen. Die Zahlen sind genannt worden: 15 Prozent Abwertung vom 30. Juni 2016 bis zum 30. September 2016. Und die nächsten Abschreibungen wurden uns schon angekündigt. Das ist mehr als fragwürdig, wie hier mit dem Landesvermögen umgegangen wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich weiß, dass wir uns alle im Ausschuss fraktionsübergreifend sehr kritisch mit diesem Bewertungsansatz und mit den Prüfern von PwC auseinandergesetzt haben. Aber ich sage auch, dass die Käufer die Länder waren. Es war eine Entscheidung dieses Senats, das Portfolio für 2,4 Milliarden Euro anzukaufen. Es war nicht die Entscheidung von PwC. Es war die Entscheidung des Senats und der zuständigen Finanzbehörde in Hamburg und in Schleswig-Holstein, sich nicht noch einmal ein bisschen im Markt umzusehen und sich eine zweite Meinung einzuholen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das war die drit- te!)

Das ist schon relativ intransparent und deutlich zu kritisieren. Wenn man sich ansieht, dass kurz vor dem 30. Juni 2016 der Panamakanal erweitert wurde, wodurch all die kleinen alten Containerschiffe nicht mehr brauchbar sind – auch wenn die Erweiterung des Panamakanals nicht so lange gedauert hat wie das Programm der Elbvertiefung in Hamburg –, so konnten sich doch alle Beteiligten ein paar Jahre lang darauf einstellen. Es ist doch irgendwie komisch, dass man in Hamburg im Juni 2016 aus allen Wolken fällt, weil gerade für diese Panamax-Klasse die Charterraten besonders sinken. Aus den Marktberichten vor dem 30. Juni 2016, die auch dem Senat vorliegen, geht klar hervor, dass man für diese Klasse der Containerinstitute mit nichts Großem mehr rechnen könne. Trotzdem unterstellt der Senat hier ein sehr optimistisches Szenario.

Man könnte noch viele andere Kritikpunkte anführen. Das werden wir im Ausschuss und sicherlich auch an anderen Stellen tun. Insofern freue ich mich auf die weitere Debatte zu diesem Thema.

(Beifall bei der CDU)

Nun erhält das Wort Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einmal mehr diskutieren wir das Thema Altlasten der HSH Nordbank. Das Zentrum diskutiert jetzt mit Ihnen, Herr Hackbusch. Ich glaube aber, bevor wir auf Ihre Punkte zu sprechen kommen, kann man sie nicht losgelöst von der Gesamtentwicklung diskutieren. Wenn man sich einmal vor Augen führt, dass wir 2008 64,8 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung hatten – darin enthalten sind 3 Milliarden Euro Eigenkapital und 10 Milliarden Euro Garantiesumme –, hat das im Ergebnis dazu geführt, dass wir bis 2015 auf 12,6 Milliarden Euro und im Jahr 2016 auf 2,6 Milliarden Euro Garantiesumme abgesunken sind. Das führt in einem ersten Schritt dazu, dass wir überhaupt 62,2 Milliarden Euro Garantiesumme reduziert haben. Und das führt dazu, dass wir den bestandsgefährdenden Vermögensschaden für die Stadt Hamburg in der Frage der HSH Nordbank abgewendet haben. Das ist, glaube ich, erst einmal eine gute Nachricht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt haben Sie über die Frage der Garantien geredet, die sehr eng damit verknüpft sind, dass wir es überhaupt geschafft haben, die Gewährträgerhaftung abzusenken, und zwar in Höhe von über 60 Milliarden Euro. Da muss man doch jetzt einfach feststellen, dass wir 2008 eine Bank hatten,

(Thilo Kleibauer)

die den selbsterklärten Werbeslogan hatte, sie sei der größte Schiffsfinanzierer der Welt. Wir leben jetzt nun einmal im neunten Jahr der Weltschifffahrtskrise und wissen nicht, wie sich diese entwickelt. Aber wir können annehmen, dass sie sogar noch weitergeht, auch wenn wir bisher immer gehört haben, sie sei in zwei Jahren vorbei. Die zwei Jahre schoben sich dann jedes Jahr um weitere Jahre hinaus. Aber dass das nicht dazu führt, dass das Risiko für die Inanspruchnahme der Garantie sinkt, sondern rapide steigt, auch wenn das wirklich richtig viel Geld ist, das muss, glaube ich, allen klar sein. Diesbezüglich muss man eine gewisse Ehrlichkeit an den Tag legen. Wenn wir auf der einen Seite die Absenkung der Gewährträgerhaftung haben, haben wir dafür auf der anderen Seite einen Preis gezahlt, der aber vor allen Dingen in einem externen Effekt begründet ist, nämlich durch die Weltschifffahrtskrise.

Wenn wir uns anschauen, dass wir am 31. Dezember 2015, als es um die Frage des Ankaufs des Portfolios der portfoliomanagement ging, über diesen Termin kommen, damit die Gewährträgerhaftung um weitere 10 Milliarden Euro sinkt – das war ja der entscheidende Punkt –, haben wir als Länder – und das ist, glaube ich, wichtig – weitere Risiken übernommen. Wir haben nämlich gesagt, dass die Länder bis zu 6,2 Milliarden Euro von der HSH Nordbank als Portfolio übernehmen können. Da es drei Gutachten zu der Frage gibt, eins von der HSH Nordbank, eins von den Ländern und eins von der EU-Kommission, haben wir uns für das Gutachten mit dem niedrigsten Kaufpreis entschieden und sind bei 2,4 Milliarden Euro gelandet. Es ist richtig, dass wir an der Stelle mehr Risiken aus der Bank übernommen haben. Wir haben aber gleichzeitig dafür gesorgt, dass wir überhaupt die Garantie um 10 Milliarden Euro reduzieren können.

(Michael Kruse FDP: Sie haben doch nicht die Garantie reduziert! Sie ist ausgelaufen!)

Das ist der entscheidende Punkt, den man an dieser Stelle auch einmal sehen muss. Wenn wir übrigens Ihrer Politik gefolgt wären, Herr Kruse, dann wäre die Bank längst pleite.

(Beifall bei der SPD – Michael Kruse FDP: Das ist ein halbes Jahr später passiert!)

Wir haben die Gewährträgerhaftung von 12,6 Milliarden Euro auf aktuell ungefähr 2,3 Milliarden Euro reduziert. Sie ist ausgelaufen, aber das ist deswegen geschehen, weil wir das Portfolio übernommen haben.

(Zuruf)

Nein, Sie haben keine Ahnung von der Materie.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir Ihnen gefolgt wären, dann wäre diese Bank längst pleite und das Land Hamburg eben

falls. Ich habe versucht, vernünftig zu argumentieren, aber Sie verstehen es einfach nicht.

Das Portfolio haben wir in dieser Situation zu einem Kaufpreis von 2,4 Milliarden Euro übernommen, der so niedrig war, dass die Bank gesagt hat, sie übertrage uns nicht das volle Portfolio von 6,2 Milliarden Euro, sondern von 5 Milliarden Euro.

(Jörg Hamann CDU: Das ist jetzt aber Le- gendenbildung!)

Somit haben wir 1,2 Milliarden Euro zusätzlich an Risiken minimiert. Die letzten verbleibenden 3,2 Milliarden Euro wollen wir nach Möglichkeit zusammen mit der Bank am Markt veräußern, sodass diese nicht die Länder belasten. Jetzt haben wir die Situation, dass wir das für 2,4 Milliarden Euro gekauft haben. Auch ich teile die Äußerung, dass es hochgradig ärgerlich ist, dass dieses sich im Vermögensbestand weiter reduziert hat. Aber Sie müssen natürlich auch sehen, dass wir den Kaufpreis – das war der damals niedrigste ermittelte Wert und es gab nicht zwei, sondern drei Meinungen in dieser Frage – angemessen angesetzt und damit erreicht haben, dass die Gewährträgerhaftung um 10 Milliarden Euro reduziert ist. Jetzt geht es darum, den Verkaufsprozess zu starten, erfolgreich abzuschließen und damit das Vermögen der Länder bestmöglich zu sichern. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt erhält das Wort Michael Kruse von der FDP-Fraktion.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht in dieser Debatte, so wie ich Sie verstanden habe – deswegen haben wir einen Antrag zur aktuellen Lage der Bank angemeldet –, nicht um die Fragestellung, ob die Bank 2003 fusioniert wurde oder nicht. Das ist überhaupt nicht das Thema, sondern wir haben drei ganz konkrete Anträge zur Grundlage. Wir können feststellen, dass dieser Senat das Geld der Steuerzahler immer schneller verbrennt.

(Zuruf von Jan Quast SPD)

Deswegen wollen wir, dass dieser Senat nicht noch weitere 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung hat, um faule Schiffskredite zu kaufen. Wir haben gute Gründe dafür.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen, dass nicht mehr mit Steuerzahlergeld gezockt wird. Sie wissen genauso gut wie ich, dass immer noch ungefähr 13 Milliarden Euro faule Kredite in den Büchern stehen. Wenn wir jetzt für weitere bis zu 1,2 Milliarden Euro herauskaufen, löst

(Dr. Anjes Tjarks)

das überhaupt keine Probleme für die Bank, sondern bedeutet neue Schulden für die Hamburgerinnen und Hamburger. Herr Tschentscher hat Ende 2016 einen traurigen Rekord aufgestellt: Hamburg hat zum ersten Mal über 30 Milliarden Euro Schulden. Das ist traurig, das ist beängstigend und raubt zukünftigen Generationen jeglichen Handlungsspielraum.

Worin besteht denn jetzt eigentlich das Dilemma? Warum wollen wir, dass der Senat nicht mehr diese 1,2 Milliarden Euro einsetzt, die er nach dem von Ihnen eilig beschlossenen Staatsvertrag zur Verfügung hat? Weil wir jetzt versuchen, die Bank zu verkaufen. Angenommen, es kommt ein Bieter, so wird er auf jeden Fall sagen: Ihr habt 13 Milliarden Euro faule Kredite in der Bank, ihr habt noch 1,2 Milliarden Euro als Steuerzahler, als Stadt Hamburg und als Bundesland Schleswig-Holstein zur Verfügung, dann setzt diese doch einmal ein. Wenn wir das dem Senat und der Landesregierung Schleswig-Holstein nicht wegstreichen, dann sind diese 1,2 Milliarden Euro weg, dann könnt ihr sie gleich als Rückstellung in den Haushalt einbuchen. Deswegen wollen wir diesem Senat die Möglichkeit nehmen, für 1,2 Milliarden Euro Schrottpapiere aus der Bank herauszukaufen.

(Beifall bei der FDP – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- NE: Haben Sie die Drucksache überhaupt gelesen?)

Warum sollten wir diesem Senat überhaupt noch 1,2 Milliarden Euro anvertrauen? Er hat den Schrott vom Schrott aus der Bank zu einem Kaufpreis von fast 50 Prozent herausgekauft – den Schrott vom Schrott zum 50-Prozent-Preis. Meine Damen und Herren, das ist so, als würden Sie mit einem Auto, dessen vordere Hälfte komplett lädiert ist, zu Ihrem Händler gehen und sagen, er solle doch bitte dieses Auto zum halben Wert zurücknehmen, denn das hintere Teil des Autos sei ja noch komplett heil. Was hier gelaufen ist, ist dermaßen absurd. Deswegen unterstützen wir DIE LINKE in ihrer Forderung, diesen Kauf zu durchleuchten. Sie hatten unrecht mit der Fragestellung, wann und wie bewertet worden ist.

(Glocke)

(unterbrechend) : Lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Tjarks zu?

Sehr gern.

In der Drucksache 21/7385 steht in Bezug auf die 1,2 Milliarden Euro folgender Satz:

"Die HSH bereitet derzeit den Verkauf weiterer Kreditportfolien in einer Größenordnung

von bis zu 3,2 Mrd. Euro EAD an den Markt [und nicht an die Länder] vor."

Wir glauben nicht, dass das jetzt an die Länder verkauft wird, oder?

Michael Kruse FDP (fortfahrend) : Nein, Herr Tjarks. Wenn Sie sich mit dem Thema HSH Nordbank regelmäßig auseinandersetzen würden, so wie Sie es früher getan haben, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass es bei diesen 1,2 Milliarden Euro nicht um das geht, was an den Markt verkauft wird. Die Bank ist jederzeit frei, all ihre Portfolios an den Markt zu verkaufen; dafür braucht es gar keine Regelung. Es geht um die 1,2 Milliarden Euro, die die beiden Länder noch nutzen können, um aus der HSH Nordbank noch einmal Schrott herauszukaufen, und zwar in die hsh portfoliomanagement AöR. Sie haben für 2,4 Milliarden Euro Schrottpapiere herausgekauft und das ist voll in die Hose gegangen. Warum sollen Sie dann jetzt noch einmal für 1,2 Milliarden Euro Schrottpapiere herauskaufen? Ihre Zwischenfrage, Herr Tjarks, war peinlich.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)