Protokoll der Sitzung vom 01.02.2017

(Birte Gutzki-Heitmann SPD: Oh, oh!)

Ich finde, dass die rechte Seite dieses Parlaments in dieser Zeit im Wesentlichen gezeigt hat, dass sie nicht in der Lage ist, volkswirtschaftlich vernünftig zu regieren.

(Jörg Hamann CDU: Wir fangen gerade da- mit an!)

Ihre Nichtauseinandersetzung mit der HSH Nordbank zeigt das deutlich. Diese Debatte muss man aber nicht jedes Mal wieder führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Debatte, die wir jetzt führen müssen, betrifft die Situation, in der wir uns gegenwärtig befinden, und was in den vergangenen vier, fünf Jahren geschehen ist. Das ist die entscheidende Frage, die ich

(Detlef Ehlebracht)

hier debattieren und besprechen möchte. Dazu möchte ich Ihnen drei Punkte aufzählen, die mir wichtig sind. Wir hatten im Jahr 2013 eine Debatte darüber, dass wir die Garantie von 7 Milliarden Euro auf 10 Milliarden Euro erhöht haben. Im Rahmen dieser Debatte hat der Senat eine Senatsdrucksache vorgelegt, in der gesagt wurde, dass diese Garantie von höchstwahrscheinlich nicht mehr als 1,3 Milliarden Euro in den Jahren 2015 bis 2019 gezogen werde. In diesen Tagen hören wir von der HSH Nordbank und von der schleswigholsteinischen Regierung – nicht vom Senator, aber sehen wir einmal, was er gleich dazu sagt –, dass im Jahr 2017 schon 10 Milliarden Euro von dieser Garantie gezogen werden müssen. Diese Zahlen müssen Sie sich einmal vor Augen führen: 8,7 Milliarden mehr Euro, die praktisch Hamburg und Schleswig-Holstein aufbringen müssen. Das war die Falscheinschätzung im Jahr 2013. Das sind elf Elbphilharmonien, die Sie hier aufeinanderstecken können,

(Joachim Lenders CDU: Wo wollen Sie die denn hinstellen? – André Trepoll CDU: Dafür haben wir keinen Platz!)

ohne dass wir irgendeine bekommen. Das ist doch die Auseinandersetzung. Dazu muss dieser Senat Stellung nehmen, weil er gesagt hat, dass es sich nur um 1,3 Milliarden Euro handelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite ist die Portfoliomanagement-Gesellschaft, die wir in diesen Tagen beobachtet haben. Wir haben dort folgende Situation – ich möchte die einzelnen Punkte nicht erläutern –: Für 2,4 Milliarden Euro sind nach einer Einschätzung von PricewaterhouseCoopers Schiffskredite eingekauft worden. Bereits im dritten Quartal wurde von der Portfoliomanagement-Gesellschaft festgestellt, dass wir davon 341 Millionen Euro abschreiben müssen. Angekündigt worden ist für das vierte Quartal noch einmal eine Abschreibung wahrscheinlich in dreistelliger Millionenhöhe. Das sind über 20 Prozent Verlust. Wie kann so etwas innerhalb kürzester Zeit passieren? Das ist eine halbe Elbphilharmonie, die dort verbraucht worden ist – eingeschätzt von PricewaterhouseCoopers. Das sind diejenigen, die jetzt den Jahresabschluss für die Portfoliomanagement-Gesellschaft machen sollen. Das riecht nicht anständig.

(Beifall bei der LINKEN)

Mein dritter Punkt bezieht sich auf das, was in dieser Stadt intensiv diskutiert wurde, nämlich die Affäre Kortüm. Herr Kortüm hat in einem Interview im "Hamburger Abendblatt" gesagt, dass nicht nur er dieses Problem habe, sondern etliche andere auch und dass er immerhin aus seiner Privatschatulle einige Millionen Euro dazugegeben habe. Ich möchte eine unabhängige Untersuchung über den

Skandal haben, dass es dort 540 Millionen Euro Forderungsverzicht gegeben hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe den Eindruck, dass der Senat mit einem Nasenring durch die Manege geführt wird, anstatt dass er führt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächstem hören wir Herrn Schreiber von der SPDFraktion zu.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit Erlaubnis des Präsidiums möchte ich zu Beginn aus der Antwort des Senats auf eine Schriftliche Kleine Anfrage zitieren. Dort heißt es:

"Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages zwischen den Landesregierungen Hamburgs und Schleswig-Holsteins zur Verschmelzung der Landesbank Kiel mit der Hamburgischen Landesbank ist die Grundlage für ein zukunftsfähiges Institut geschaffen worden, das seine Position im Wettbewerb des internationalen Bankenumfelds sichern und behaupten wird."

Da das Unternehmen als Aktiengesellschaft geführt werde, bestehe auch keine Berichtspflicht gegenüber dem Senat und der Bürgerschaft.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben, was Sie da able- sen?)

Diese Antwort des Senats auf eine Anfrage des Abgeordneten Kerstan – er ist jetzt schon weg – stammt vom 1. Juli 2003 und beschreibt in kurzen Worten den verhängnisvollen Irrtum des damaligen Senats und dessen Haltung zur HSH Nordbank, die daraus ersichtlich wird. Der damalige Hamburger Senat wurde übrigens von CDU, Schill-Partei und FDP gebildet. Ich sage das auch insbesondere in die Richtung von Herrn Michael Kruse, der aus meiner Sicht ein wenig demütiger mit den Riesenproblemen durch die HSH Nordbank umgehen sollte,

(Michael Kruse FDP: Die Begründung der Bank war doch nicht das Problem! – Katja Suding FDP: Sie machen doch jetzt den Mist!)

denn immerhin war die FDP-Fraktion an der Ursache unserer heutigen Misere direkt beteiligt.

(Beifall bei der SPD)

Man hört manchmal bei Ihnen nicht heraus, dass Sie direkt beteiligt waren.

(Zuruf: Wir waren doch alle dabei!)

(Norbert Hackbusch)

Ja, aber die FDP auch. Und das kommt hier nicht vor. Er streitet das immer ab. Das geht so nicht. Darauf hat Herr Dr. Dressel vorhin zu Recht hingewiesen. Deswegen kann man das an dieser Stelle auch noch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD)

Wir sollten uns vielmehr alle gemeinsam – die FDP, die CDU, die SPD, die GRÜNEN und alle anderen auch, auch Herr Hackbusch – darum bemühen, die furchtbaren Folgen, die Herr Hackbusch richtig beschrieben hat, des damaligen Irrtums für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, für den Steuerzahler und auch für die über 2 200 Mitarbeiter der HSH Nordbank so gut wie möglich zu bewältigen. Deswegen würde ich die drei vorliegenden Drucksachen – den Antrag der LINKEN, den Antrag der FDP und die Mitteilung des Senats – gern an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen überweisen, die Mitteilung des Senats zudem federführend an den Haushaltsausschuss. Dort könnten wir alle fachlichen Aspekte mit den Experten diskutieren und abwägen. Das wäre vernünftig. Leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass DIE LINKE diesem Angebot hinsichtlich ihres Antrags nicht zustimmt und ihn heute ohne vorherige Ausschussbefassung zur Abstimmung bringen möchte.

(Michael Kruse FDP: Sie überweisen doch immer, was Sie wollen! Warum geht das denn jetzt nicht?)

Das passiert in einer Situation, in der gerade letzte Woche die Verkaufsanzeige für die HSH Nordbank veröffentlicht worden ist und bis zum 27. Februar 2017 – das ist auch nicht mehr so lange hin – die erste Runde im Verkaufsprozess erfolgt. Zudem hat die HSH Nordbank vor einigen Tagen faule Altkredite in Höhe von 1,64 Milliarden Euro verkauft und insofern eine Bilanzsäuberung vorgenommen, die einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Eigentümerwechsel darstellt.

(Michael Kruse FDP: Das ist keine Säube- rung! Das sind Kosten in Millionenhöhe für den Steuerzahler!)

Das ist ein wichtiger Prozess, den wir gerade durchlaufen, Herr Kruse. Das ist ein wichtiger Prozess, den wir gerade erleben und in dem wir mittendrin sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Was uns die ganze Zeit begleitet, ist allerdings ein Grundwiderspruch, der leider auch nicht durch die besten Bürgerschaftsanträge auflösbar ist, nämlich unser Interesse an Transparenz auf der einen Seite und das Bankgeheimnis, das Aktienrecht und das Handelsgesetzbuch auf der anderen Seite. Das verträgt sich leider nicht und zeigt wieder nur, dass die Gründung einer internationalen Großbank aus zwei Landesbanken im Jahr 2003 ein verhäng

nisvoller Fehler war. Das ist nichts für Landesparlamente. Wir können das nicht so diskutieren, wie Herr Hackbusch es einfordert; das geht einfach rechtlich nicht. Ich würde es gern, aber es geht einfach nicht. Das ist dem geschuldet, dass man damals im Größenwahn den Fehler gemacht hat, eine internationale Großbank aufbauen zu wollen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Den Antrag der LINKEN lehnen wir heute ab. Ich sage Ihnen – das habe ich eben schon einmal gesagt –, dass wir ihn gern an den Ausschuss überwiesen hätten. Aber das, was Sie, Herr Hackbusch, unter Federführung der Rechnungshöfe untersuchen wollen – die Rechnungshöfe können untersuchen, was sie wollen, dazu brauchen sie unsere Anregung eigentlich nicht –, ist von Oliver Wyman für die Europäische Kommission, von Ernst & Young für die HSH Nordbank und von PricewaterhouseCoopers für die Länder untersucht worden – also dreimal geprüft worden. Damals hat man das niedrigste aller drei Prüfergebnisse als Wert des Übertragungsportfolios angenommen. Dass der Wert, wie auch Sie es geschildert haben, aufgrund einer starken Verschlechterung der Charterratenprognose im zweiten Halbjahr 2016 um 341 Millionen Euro abgeschrieben werden musste, wissen wir auch. Dafür brauchen wir keine weitere Untersuchung. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Als Nächster erhält das Wort Thilo Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schreiber, gestatten Sie mir zunächst eine kurze Anmerkung zu dem, was Sie vorgelesen haben. Der Staatsvertrag 2003 ist von der SPD unterstützt worden. Sie hat ihm zugestimmt und ihn ausdrücklich begrüßt. Das haben Sie in Ihrer Aufzählung vergessen.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Meiner Meinung nach ist im Moment das Hauptproblem das viel zu hohe Engagement der HSH Nordbank und ihrer Vorgängerinstitute im Bereich Schifffahrt. Ich habe hier in den letzten Jahren schon vielen Debatten lauschen können, aber nicht ein Mal von der SPD gehört, dass das damals infrage gestellt worden sei. In der Schlussbilanz Ihrer Hamburgischen Landesbank von 2001 ist die Rede von einem Schiffskreditvolumen in Höhe von 11 Milliarden Euro. Jetzt haben wir diese ganzen Emissionshäuser, diese ganzen Charterraten, diesen ganzen Dienstleistungssektor, der daran hängt. Tun Sie doch nicht so, als ob das alles 2003 bei Null angefangen hätte. Nein, die viel zu

(Markus Schreiber)

große Abhängigkeit von diesem Sektor war zuvor auf einem falschen Gleis.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Das ist eine totale Verkürzung der Tatsachen!)

Es sind zu unterschiedlichen Zeiten und zu unterschiedlichen Verantwortungen viele gravierende Fehler gemacht worden. Vor etwas über einem Jahr, Ende 2015, haben wir die Eckpunktevereinbarung mit der EU debattiert. Auch seitdem hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Ich wundere mich schon, wenn der Senat uns jetzt eine aktuelle Drucksache im Januar 2017 vorlegt, in der er über die Umsetzung dieser Vereinbarung mit der EU berichtet. Bezüglich dieser dramatisch höheren Verlustprognose, dieser Inanspruchnahme der Garantie, die zweimal um Milliarden Euro erhöht und an keiner Stelle erwähnt wurde, hätte ich eine ehrlichere Drucksache, eine klare Bestandsaufnahme vom Senat eingefordert.