Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Flächenmanagement und -entwicklung für Gewerbe und Industrie fortsetzen – Drs 21/7965 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksache 21/7960 ein Antrag der AfD-Fraktion sowie als Drucksache 21/7965 ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN vor.

Die Fraktion DIE LINKE möchte die Drucksache 21/7796 federführend an den Stadtentwicklungsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen, die CDU-Fraktion lediglich an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich auch bei dieser Debatte um eine Kurzdebatte handelt, Sie haben also das Wort jeweils für zwei Minuten. Wer begehrt es? – Herr Westenburger von der CDU-Fraktion, Sie haben es.

(Zurufe: Westenberger!)

Entschuldigung. Herr Westenberger von der CDU-Fraktion, Sie haben das Wort.

Na, das ist doch großartig, dass mittlerweile viele schon meinen Namen aussprechen können; innerhalb der eigenen Partei, kann ich verraten, sind es noch nicht alle.

(Heiterkeit bei der SPD)

(Dr. Wieland Schinnenburg)

Im Vertrag für Hamburg ist festgelegt, dass die Bezirke bei jeder erteilten Baugenehmigung für Wohnungsbauvorhaben einen geldwerten Vorteil bekommen, um einen Anreiz zu haben, möglichst viele Baugenehmigungen zu erteilen. Für gewerbliche Baugenehmigungen fällt ein solcher Anreiz aus, und ich finde – nicht nur, weil wir den Begriff "sexy" heute schon gehört haben –, den Bezirken sollte ein enormer Anreiz dafür gegeben werden, um auch im Bereich Gewerbe Baugenehmigungen zu erteilen.

Ich nehme Sie einmal mit auf einen kurzen Ausflug zu dem, was unsere kommunalen Kolleginnen und Kollegen tagtäglich vor sich haben. Über die Hälfte des hamburgischen Staatsgebietes ist nach der Baupolizeiverordnung 1938 oder nach dem Bauplanungsgesetz von 1892 noch mit altem Baurecht überplant. Das heißt, nahezu jede zweite Baugenehmigung, auch für Gewerbe, ist Planersatz und bedarf einer erheblichen Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans. Das muss in der Regel an runden Tischen oder in Arbeitsgruppen gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung erledigt werden. Und wenn es schon schwierig genug ist, ein Vorhaben mit 30, 40 Wohnungen umzusetzen, ist es umso schwieriger, eine neue Baugenehmigung für eine große Lagerhalle oder einen großen Gewerbebetrieb umzusetzen. Hier hat der Vertrag für Hamburg meines Erachtens einen elementaren strukturellen Fehler. Den heißt es, heute in Ordnung zu bringen.

Ich hatte mich so gefreut auf das Lesen des Antrags der SPD-Fraktion, aber ich muss wirklich sagen, von Seite zu Seite wurde meine Enttäuschung größer; ich hoffe, dass der Redebeitrag des Kollegen Wagner gleich umso besser ist. Aber ich gebe Ihnen eine Chance: Mein Antrag ist großartig. Sie haben die Möglichkeit, ihm heute zuzustimmen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Herr Dressel ist außer sich vor Freude.

Wir sehen uns alle im Wirtschaftsausschuss wieder. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Westenberger. – Jetzt hat das Wort Herr Wagner von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Die Versorgung der Wirtschaft mit Gewerbe- und Industrieflächen bildet einen Schwerpunkt der rot-grünen Wirtschaftspolitik: Wir haben den Masterplan Industrie fortgeschrieben, eine AG Flächenmanagement gegründet, zentrale Ansprechpartner bei der hamburgischen Wirtschaftsförderung und der HPA benannt,

das Bündnis für den Mittelstand gestärkt, im Masterplan Handwerksflächen für Handwerksbetriebe ausgewiesen, durch eine rot-grüne Bürgerschaftsinitiative eine erleichterte Flächengabe erreicht, die Datenbank der HWF für suchende Betriebe nutzbar gemacht, einen Kompetenzbereich Gewerbehöfe bei der Sprinkenhof GmbH eingerichtet, Forschungs- und Innovationsparks initiiert, das Leitprogramm "Ausbau der Zusammenarbeit in der Gewerbeflächenentwicklung der Metropolregion Hamburg" vorgelegt, ein Gewerbeflächen-Monitoring in der Metropolregion auf den Weg gebracht, auf der Bauministerkonferenz 2015 die Großstadtstrategie vorgelegt, die Bezirke mit der Aufstellung von bezirklichen Gewerbeflächenkonzepten beauftragt – und mit dem Förderfonds Bezirke verfügt Hamburg bereits über ein funktionierendes Anreizsystem, liebe Kollegen von der CDU.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Leute, wir haben nicht so viel Zeit.

Außerdem haben wir das interregionale Modellprojekt Viktoriapark in Rahlstedt und Stapelfeld auf den Weg gebracht. Und die Bezirkskollegen von der CDU? Die engagieren sich mit vollem Einsatz volles Pfund dagegen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Schlimm! Schlimm!)

Wenn Sie wirklich einen konstruktiven Beitrag für Industrie und Gewerbe leisten wollen, motivieren Sie Ihre Kollegen in Wandsbek dazu,

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Aber nicht im Landschaftsschutzgebiet!)

diesem wunderbaren Projekt zuzustimmen. Das wäre ein wirklicher Beitrag.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Un to'n Sluß: Dor hört mehr to to'n Ganzen as bloß so'n billigen Andrag. – Veelen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Wagner. – Ich entnehme der Tatsache, dass Sie aufgestanden sind, dass Sie jetzt gern das Wort gern hätten, Herr Duge. Sie bekommen es für zwei Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Westenberger, der Antrag, den Sie stellen, verspricht viel in der Titulierung, aber er ist so hohl, wie er vorn Versprechungen macht. Was Sie hier bringen, nennt man eine Mogelpackung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie sprechen von einem Zukunftsvertrag. Das ist schon das Erste, das ist wie ein weißer Schimmel; einen Vergangenheitsvertrag kenne ich eigentlich

(Michael Westenberger)

nicht. Deswegen ist die Formulierung, die Sie dann benutzt haben – "Vertrag für Hamburg" – die richtige. Und aus dem Vertrag für Hamburg ist von Ihnen auch zitiert worden. Schaut man sich Punkt 9 im Vertrag für Hamburg an, dann sieht man, dass es Punkt 9 gar nicht gibt. Das ist genauso hohl. Da steht nichts, jedenfalls nicht im Vertrag für Hamburg, den wir 2016 mit den Bezirken beschlossen haben. Hätten Sie einmal genau darauf geschaut, dann hätten Sie bemerkt, dass Sie den Vertrag für Hamburg von 2011 genommen haben. Wenn Sie den gelesen hätten, müsste Ihnen aufgefallen sein, dass dort noch 6 000 Wohneinheiten standen, während wir jetzt 10 000 Wohneinheiten haben, und dass dort noch die BSU stand und nicht die BSW. Da sind Sie also schon ziemlich hinterher.

Herr Wagner hat, glaube ich, eben sehr deutlich gemacht, dass wir inhaltlich viel weiter sind und sehr viele Sachen im Gewerbereich voranbringen, die Sie längst noch nicht auf dem Schirm haben. Im Gegenteil, die CDU macht sich in Rahlstedt vom Bock zum Gärtner. Sie reden dem Gewerbegebiet das Wort und verhindern es vor Ort, indem Sie dort dagegen angehen. Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von Dennis Thering CDU)

Deswegen haben wir unseren Zusatzantrag sehr ausführlich gestaltet. Dort können Sie nachlesen, wie gute Politik aussieht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Duge. – Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wenn der Antrag sicherlich einige wichtige Themen anspricht, hat er doch Schwächen – ich sage einmal: alles bis auf den letzten Absatz. Ein Antrag mit dermaßen viel Herleitung hat inhaltlich in der Tat ein Problem. Er stellt keine Lösungen für die aktuellen Probleme, was Industrie- und Gewerbegebiete in der Hansestadt angeht, dar. Er gibt keine Lösungsansätze zur Flächenkonkurrenz. Er beschreibt kein zukunftsweisendes Konzept.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Statt Lasten und Aufgaben bei Industrie- und Gewerbeansiedlungen in der Metropolregion zu verteilen, was nicht einmal dieser Senat schafft, und das im Antrag zu thematisieren, wird einfach nur auf alte Instrumente für alte Ziele hingewiesen. Das kann nicht wirklich das Ziel einer auf die Zukunft ausgerichteten Gewerbe- und Industrieansiedlungspolitik sein. Wir brauchen eine Abkehr von zentralistischem Denken. Nicht mehr alle Wege führen nach Rom, sondern wir sind eine vielfäl

tige Gesellschaft. Wir sind größer als die Hansestadt Hamburg, wir sind eine Metropolregion, und so sollte diese Politik aufgestellt sein.

Nichtsdestotrotz ist dieser Antrag natürlich wichtig, um an die Grundthemen und vielleicht auch einmal an eine neue Aufstellung der Industrie- und Gewerbeansiedlungspolitik in Hamburg zu gehen. Deswegen sprechen wir uns für eine Überweisung an den Ausschuss und eine weitere Diskussion aus, werden dem Antrag aber in der Sache so nicht zustimmen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich inhaltlich mit dem Antrag der CDU-Fraktion auseinandersetzt, dann kann man sicherlich zu der einen oder anderen Kritik, die eben auch vorgetragen wurde, kommen. Aber ich finde insgesamt, dass man dem vorliegenden Überweisungsbegehren schon folgen könnte, denn die Grundintention des Antrags ist richtig. Wie die Vertreter von SPD und GRÜNEN an den Haaren Argumente herbeiziehen, um sogar eine Überweisung ablehnen zu können, ist wiederum bemerkenswert, denn wir haben hier eine ganze Menge Probleme.

Erstens: Der einheitliche Ansprechpartner, den Sie uns versprochen haben, den wir als Zielstellung natürlich teilen und immer wieder einmal von Ihnen eigefordert haben, zuletzt in einem Antrag im April 2015 – wo ist er denn? Er ist nach wie vor nicht eingerichtet.

Zweitens zur Umsetzung des Prinzips "One Face to the Customer". Auch hier warten wir auf Ihre Arbeitsergebnisse.

Drittens: Das Thema Flächenknappheit insgesamt. Ich nehme einmal als Beispiel die Boom-Branche Logistik; anders als andere Branchen boomt diese wenigstens. Wo sind die großen entwickelten Flächen? Sie haben sie nicht; die letzte große Fläche haben Sie gerade vergeben – das ist auch in Ordnung –, die Fläche in Neuland. Sie haben die Flächen nicht. Also, wo ist Ihr Flächenentwicklungskonzept? Fehlanzeige. Die Knappheit der Flächen im Hafen wird immer größer. Wo sind Ihre neuen Flächen?