Protokoll der Sitzung vom 01.03.2017

Als Nächster erhält das Wort Philipp Heißner von der CDU-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident! Nachdem die SPD geplant hat und mit aller Macht durchsetzen wollte, dass ausgerechnet in den sozial schwächsten Stadtteilen riesige Flüchtlingsunterkünfte geschaffen werden,

(Dirk Kienscherf SPD: Hummelsbüttel war total sozial schwach!)

und mit allen möglichen Tricks versucht hat, Bürgerbeteiligung zu verringern – das war natürlich weder sozial noch demokratisch –, haben sich natürlich Initiativen gebildet. Der Bürgermeister war sich zu fein oder hat sich nicht getraut, mit ihnen zu reden, sondern hat seinen Fraktionsvorsitzenden vorgeschickt und Bürgerverträge abgeschlossen. Als einzige Möglichkeit, diese durchzusetzen, bleibt das Vertrauen auf die Beteiligten, denn es gibt keine Rechtsmöglichkeit der Durchsetzung. Jetzt erleben wir, dass die kleinen Dinge in den Bürgerverträgen zum Teil gar nicht umgesetzt werden. Prüfaufträge werden so behandelt, als kämen sie gar nicht vor. Gutachten werden nicht vorgelegt, obwohl sie sogar unmittelbar vorgelegt werden sollten. Aufstockungen werden nicht, wie eigentlich vereinbart, geprüft. Das Integrationskonzept soll erst zwei Jahre, nachdem die Flüchtlinge angekommen sind, vorliegen.

(Christiane Blömeke GRÜNE: Das sind nur Allgemeinplätze! Werden Sie einmal kon- kret!)

Das sind die kleinen Dinge.

Die großen Dinge – Herr Dr. Dressel, Sie hatten insofern nicht recht –, die Prognosen liegen auf einem Niveau von weniger als zwei Drittel selbst des Niedrigsten, was man als Prognose damals angenommen hatte. Wir liegen also deutlich darunter. Trotzdem erleben wir jetzt eine Aussage des Bergedorfer Bezirksamtsleiters der SPD, der sagt, dass – Zitat –

"die Zielgröße von nur noch 300 Geflüchteten am Mittleren Landweg auch dadurch erreicht werden kann, dass sich ihr Status ändert".

Das ist jetzt also der Etikettenschwindel, der als Letztes bei dem entscheidenden Thema der Bürgerverträge, nämlich der Durchmischung, dass nicht nur Flüchtlinge mit Flüchtlingen untergebracht werden, zum Tragen kommt. Ihr eigener Bezirksamtsleiter gibt das öffentlich zu. Alles, was Ihnen dazu heute einfällt, ist in Ihrem Antrag wörtlich, erstens weiter wie bisher und zweitens Berichte, so wie sie sowieso schon vorgesehen werden. Das ist wirklich ein Armutszeugnis für Ihre Politik und für das Vertrauen, das die Menschen in Sie, Herr Dr. Dressel, gesetzt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt erhält Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion das Wort für zwei Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Heißner, ich freue mich schon darauf, dass Sie in Person und Ihre Fraktion uns dabei unterstützen werden, Flüchtlingsunterkünfte in Blankenese, in der HafenCity, in Volksdorf und in Eppendorf durchzusetzen. Genau darauf warte ich, dass Sie endlich einmal handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir werden das tun. Ich möchte an dieser Stelle, gerade auch in Richtung der Initiativen, sagen – das wissen diese auch, sie waren bei den Gesprächen, auch mit den schwierigeren Fällen, dabei, da sitzt ja dann auch der Abgeordnete Heißner mit am Tisch –, dass wir ein verlässlicher Partner sind und die Verträge konsequent umsetzen werden. Das gilt natürlich und insbesondere genau da, wo die Kernbestandteile sind, nämlich bei der Frage, wie viele Flüchtlinge in welche Unterkunft kommen. Dass wir 2019 bei fast allen PerspektiveWohnen-Standorten bei 300 Flüchtlingen angekommen sein werden, darauf können sich alle verlassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Abgesehen davon möchte ich kurz zum Antrag der FDP sagen, dass dieser Antrag einer falschen Annahme zugrunde liegt, nämlich der Annahme, dass wir eine Ressourcenfehlallokation haben. Wir haben immer noch die Situation, 5 500 Menschen als Überresidenten in den Erstaufnahmen zu haben. Deswegen sind nach wie vor sehr darauf angewiesen, dass wir Folgeunterkünfte bauen, dass wir das System von Erst- zu Folgeunterkünften umbauen Das alles werden wir schaffen und trotzdem die Bürgerverträge einhalten. Das wird eine großartige und große Leistung sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Schließlich zum Petitumspunkt 2 Ihres Antrags: Die Kostenkalkulationen und die Zeitpläne können Sie in Drucksache 21/4393 sowie in der Pressemit

(Dr. Andreas Dressel)

teilung des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge vom 21. Januar 2017 nachlesen. Wir werden dann auch mit dem nächsten Monitoring auf die niedrigeren Zugangsprognosen eingehen. Aber Herr Dr. Dressel hat schon gesagt, dass es ein atmendes System ist.

(Michael Kruse FDP: Atmen, Herr Dr. Tjarks, atmen!)

In diesem Atemsystem werden wir uns bewegen, die Menschen vernünftig unterbringen und die Anzahl der Einrichtungen gut über die Stadt verteilen. Unterstützen Sie uns dabei.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt erhält das Wort Cansu Özdemir von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dutschke, unter Punkt 1 fordern Sie zu überprüfen, ob die vereinbarten und noch nicht umgesetzten Maßnahmen aus der Drucksache 21/5231 noch notwendig sind. Ich glaube, dass dieser Punkt überflüssig ist, weil in dem Ursprungsantrag die Überprüfung und die Anpassung schon festgehalten sind, vor allem wenn es darum geht, hinreichende Puffer oder Reduzierungsmöglichkeiten zu schaffen.

Punkt 2: Ja, da fordern wir in der Tat auch eine transparentere und auch eine zeitliche Umsetzungsplanung und Kostenkalkulation. Wir sehen aktuell bei den gestellten Schriftlichen Kleinen oder Großen Anfragen, dass der Senat kaum Informationen über den Prozess geben kann. Wir haben mit der Drucksache 21/7486 vom 10. Januar 2017 einen Bericht des Senats, der nicht sehr ausführlich und transparent ist. Ich möchte das an bestimmten Punkten festmachen – zum einen, wenn es um die Weiterentwicklung des Integrationskonzeptes geht, zu einem Masterplan Integration. Wir wissen nicht, wie der Prozess momentan aussieht. Zur besseren Bürgerbeteiligung vor Ort, aber auch zu dem Punkt, den Sie in Ihrem Antrag aufgenommen haben, nämlich 1 500 Plätze für Obdach- und Wohnungslose zu schaffen, gibt es keinerlei Informationen. Auch dazu haben wir eine Anfrage gestellt, und Sie können uns keinerlei Informationen zum Prozess geben. Diese Informationen, von denen Sie, Herr Dr. Tjarks, sprechen, suche ich leider vergebens. Ich fände es fair, wenn wir nicht um kurz vor 12 via Pressekonferenz benachrichtigt werden und zu einer Vorstellung des Integrationsplans oder Ähnlichem kämen. Da fände ich es wirklich fair, vorher Bescheid zu sagen und die Oppositionsfraktionen stärker einzubeziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun erhält das Wort Dr. Bernd Baumann von der AfDFraktion.

Meine Damen und Herren! Die Migrantenzahlen gehen etwas zurück. Vergangenes Jahr hatten wir 10 000 Flüchtlinge, die Hamburg zugewiesen worden waren. Dieses Jahr rechnet der Senat mit fast 8 000. So viel weniger ist das gar nicht. Vor allem sind dabei 3 000 Menschen, fast 40 Prozent, beginnender Familiennachzug, der dann zu uns kommt. Von echter Trendumkehr kann also keine Rede sein. Ist dieser Rückgang nachhaltig? Beruht er auf nachhaltiger Politik? Das ist doch die Frage, wenn man an die Anpassung denkt. Das ist wohl nicht der Fall. Die Prognosen ruhen derzeit auf der Politik der Kanzlerin, die den Grenzschutz auf extrem brüchiges Fundament, nicht wie alle anderen demokratischen Staaten der Welt auf eigene nationale Grenzpolitik baut, sondern ausgelagert an Recep Tayyip Erdogan, dem Tyrannen vom Bosporus, der brutal auf die Flüchtenden einwirkt. Das ist die eine Seite. Mitte letzten Jahres waren schon 60 Menschen erschossen worden an der Grenze. Das ist Teil dieses Grenzregimes, wenn wir jetzt über Anpassung bei unseren Kapazitäten reden. Die Migrationslenkung bleibt also extrem unsicher, an ein dubioses Regime ausgelagert, das jederzeit über neue erpresserische Forderungen die Politik über Nacht umschwenken kann. Darauf kann man nicht bauen, das ist keine nachhaltige Kapazitätsänderung. Solange die Grenzpolitik nicht auf eigene Beine gestellt ist, kann man nur einzelne Aufnahmekapazitäten in Hamburg improvisierend anpassen. Das fordert der Antrag der FDP, dem wir am besten zusammen mit der Volksinitiative folgen können. Das gefällt uns besonders gut, was bei dem rot-grünen Antrag in diesem Ausmaß nicht der Fall ist.

Was bei dem Antrag und bei den Reden der CDU noch vielleicht etwas mehr stört, ist, dass Sie sich etwas zu sehr als Anwalt der Bürger stilisieren, die sich vor der großen Zahl der Migranten fürchten, die zu uns kommen. Letztendlich fordern Sie, wenn Sie wirklich etwas für vernünftige Migrationspolitik auch in Hamburg machen wollen, für Ihre eigene Kanzlerin ein durchdringendes Grenzregime. Das ist der richtige Weg. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt hat sich Jennyfer Dutschke von der FDP-Fraktion gemeldet.

Herr Dr. Tjarks, Sie haben eben über Überresidenten gesprochen. Ein Überresident ist ein Überresident, weil er seit über

(Dr. Anjes Tjarks)

einem halben Jahr in einer Zentralen Erstaufnahme lebt.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja, und warum ist er da?)

Die Überresidenten, die Sie jetzt als Problem kennen, sind also schon dagewesen, als Sie diesen Konsens geschlossen haben. Ihre Senatspläne können also überhaupt nicht vernünftig geplant worden sein, wenn jetzt tatsächlich keine Möglichkeit besteht, die Kapazitäten anzupassen. Darüber hinaus sagen wir auch gar nicht, dass Sie zu bauen aufhören sollen, sondern wir sagen, dass Sie Ihre Maßnahmen lediglich überprüfen sollen. Das beinhaltet ausschließlich nicht nur Unterbringungspläne, sondern in den Bürgerverträgen sind auch diverse Infrastrukturmaßnahmen geplant, die man einfach hinterfragen muss, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der vereinbarte Verteilungsschlüssel für die hamburgweite Verteilung der Flüchtlinge überhaupt noch nicht vorliegt. Wie wollen Sie Unterkünfte bauen, wenn Sie diesen zentralen Punkt in dem Konsens noch nicht einmal angegangen sind?

(Beifall bei der FDP)

Für genau solche Punkte wollen wir einen transparenten Umsetzungsplan. Dieser liegt nicht vor. Genauso wenig wissen wir, wie Frau Özdemir das eben gesagt hat, wie es mit dem Masterplan Integration steht, wann wir denn überhaupt einmal mit Ergebnissen rechnen können beziehungsweise wie der Beteiligungsprozess läuft. Sie legen überhaupt nichts vor, kommen selbst mit einem Antrag um die Ecke, der eine Anpassung der Flüchtlingszahlen im nächsten Bericht im Hinblick auf die Auswirkungen fordert, ohne dabei die Initiative einzubeziehen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Dann erzählen Sie uns, dass Sie mit der Initiative reden und dass wir das nicht täten. Das ist nur billig. Was Sie sich leisten, ist wirklich peinlich. Wenn unsere Politik so überflüssig ist, hätten Sie dazu keinen Zusatzantrag stellen müssen. Also überlegen Sie sich doch einfach einmal, was Sie von sich geben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dutschke. – Jetzt hat das Wort Karin Prien von der CDU-Fraktion.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das sind ja gute alte Zeiten!)

Herr Dr. Baumann, ich finde es prima, dass Sie der Stadt in Ihrem verblendeten Kanzlerinnenhass jetzt einmal demonstriert haben, so weit zu gehen, dass Sie sogar die Pläne von

SPD und GRÜNEN für Großsiedlungen unterstützen. Das finde ich wirklich großartig. Gut, dass die Stadt das heute gehört hat. Lieber Herr Dr. Tjarks und auch Herr Dr. Dressel: Was Sie heute an infamer Verleumdung der Bürgerinnen und Bürger etwa in Blankenese machen, die Sie ausdrücklich genannt haben, ist wirklich eine richtige Sauerei.

(Zurufe von der SPD: Na, na, na! – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Parlamentarischer Sprach- gebrauch!)

Das ist deshalb eine Sauerei, …

(Beifall bei der CDU)

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Prien, ich bitte Sie, sich an den parlamentarischen Sprachgebrauch zu halten.