Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Wir haben jetzt schon einiges an Lob gehört für die Kooperation im Bereich der Digitalisierung und der Informatik, insbesondere auch zur Stärkung des MINT-Bereichs. Es geht aber, Herr Tode, nicht nur um Quantität, sondern ein ganzes Stück weit auch um die Qualität, die dann da zum Tragen kommen muss, und auch um die Aspekte, die mit der Digitalisierung der Gesellschaft oder auch der Wissenschaft verbunden sind. Gerade deshalb ist es wichtig, dieses Projekt einmal ganzheitlich zu betrachten. Durchaus positiv sehen wir natürlich, dass durch die Kernthemen, die zum Beispiel in der Medizin gesetzt werden, oder durch die Vernetzung der Hochschulen an sich Fortschritte gemacht werden und dass mehr Professuren geschaffen werden; das sehen wir durchaus positiv.
Allerdings stellen sich dann ganzheitlich betrachtet auch einige Fragen, zum Beispiel: Warum wurden die Kernthemen so gewählt, wie sie gewählt worden sind? Was fehlt insgesamt in der jetzigen Ausgestaltung der Informatik an allen Hochschulen? Es fehlt zum Beispiel weitgehend die Auseinandersetzung mit Open Source. Auch die angemessene Auseinandersetzung mit Datenschutz ist etwas unterbelichtet, insbesondere bei den neu gestalteten Kernthemen. Das sollte anders sein.
Auch die kritische Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der Digitalisierung für die Persönlichkeitsentwicklung und die Entwicklung der Gesellschaft fehlt weitgehend. Das ist in den Kernthemen momentan überhaupt nicht mehr angelegt. Auch da fordern und wünschen wir uns Änderungen. Dann steht in der Drucksache des Senats, dass die Zusammenarbeit mit Unternehmen und der Wirtschaft gesucht sei. Das ist erst einmal gut, aber es wird eben keine Zusammenarbeit mit kritischen zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren und den Gewerkschaften gesucht. Auch da ist Nachbesserungsbedarf vorhanden. Und wie sieht es mit der Zivilklausel aus? Wir befinden uns gerade in einer Zeit, wo die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Cyberwar allerseits als neu zu besetzendes Feld aufruft. Wir hatten in der Passage der Städtepartnerschaften etwas zynisch für den Cyberwar Reklame. Inwieweit wirkt die Zivilklausel in diesen Bereich hinein? Da wäre es notwendig gewesen, dass in Bezug auf all diese Bereiche auch Rot-Grün gesagt hätte, sie wollten im Ausschuss darüber diskutieren, in welcher Qualität dort weiterhin gestaltet wird. Da haben wir durchaus politischen Gestaltungsspielraum, und es ist notwendig, mit der Zivilklausel ein Zeichen für den Frieden zu setzen.
Wissenschaftssenatorin Fegebank sagte am 7. April 2017 in Bezug auf die Zentralbibliothek der Wirtschaftswissenschaften in Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein – ich zitiere –:
"Um die Chancen der Digitalisierung für die Gesellschaft zu nutzen, müssen wir alle uns noch viel besser mit den digitalen Technologien und ihren Anwendungsmöglichkeiten auskennen."
Das stimmt, Frau Fegebank, das denke ich auch. Ich denke aber auch, dass wir uns mit den Folgen und den Grundlagen der Digitalisierung beschäftigen müssen, um eine ausreichende Analyse dafür zu haben, wie wir die Wissenschaft weiterhin gestalten wollen. Wenn wir uns die Kernthemen in Bezug auf die Zivilklausel genauer ansehen, zum Beispiel das Kernthema Sprache und Spracherkennung, dann geht aus einem im Dezember 2014 veröffentlichten Snowden-Dokument hervor, dass die NATO-Handyortung und Stimmidentifizierung zu illegalen Drohnentötungen führt. Auf Listen von bis zu 250 Personen führen der britische Nachrichtendienst und die amerikanische NSA afghanische und pakistanische Nummern von angeblichen Taliban-Funktionären, aber auch von Drogenhändlerinnen und Drogenhändlern und anderen Verdächtigen auf, die zum Beispiel auch mit Mitteln der Spracherkennung generiert worden sind, und viele von ihnen sind dann per Drohne getötet worden. Eine solche Ausrichtung wollen wir nicht.
Auch eine Ausrichtung in der Digitalisierung, in der die Datenschutzbestimmungen und weitere Grundwerte, die wir für notwendig halten, ausgehebelt werden, wollen wir nicht vorantreiben. Einen weiteren Punkt sehen wir auch durchaus kritisch: Zum Beispiel wachsen die Kinder von Herrn Jobs ganz bewusst digitalfrei, ohne iPad und iPhone, auf, weil bekannt ist, dass eine frühe Digitalisierung nicht nur Vorteile hat. Diese kritische Auseinandersetzung hätten wir gern auch im Ausschuss geführt. Deshalb stimmen wir dem Antrag der CDU auf Überweisung an den Ausschuss zu. Wir finden es nicht schön, dass Rot-Grün das nicht will. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir stehen vor einer typischen Drucksache von Senatorin Fegebank. Sie kommt zu spät, enthält blumige Worte statt konkreter Angaben und redet am eigentlichen Problem vorbei. Lassen Sie mich es einmal im Einzelnen untersuchen.
Zu spät: Das hatte Herr Ovens schon erwähnt, die rot-grüne Regierungsfraktion hatte den Senat aufgefordert, bis Januar 2017 etwas vorzulegen, tatsächlich aber kommt es erst am 20. März 2017. Das sind nicht drei, sondern sieben Wochen später. Herr Tode, den anderen Punkt haben Sie auch schon erwähnt. Skandalöserweise am 3. Februar 2017, also noch fast innerhalb der Frist, werden die Medien informiert, aber nicht das Parlament. Meine Damen und Herren, so geht man mit der Hamburgischen Bürgerschaft nicht um. Das ist ein schlechter Umgang mit dem Parlament.
Zweitens: Wenn dann wenigstens etwas Gutes kommen würde, könnte man darüber vielleicht noch hinwegsehen, aber tatsächlich kommen nur Sprechblasen. Hören Sie sich das einmal an: Das gehe über eine reine Vernetzungsfunktion hinaus. Aber wohin es geht, sagt sie nicht. Das ist nur eine typische grüne Sprechblase.
Auch dazu wird nichts gesagt. Herr Tode, es ist natürlich falsch, wir haben kein Spitzenniveau. Das hat Herr Ovens völlig richtig ausgeführt.
Drittes Problem: ein ganzheitliches Projekt. Auch das ist eine beliebte grüne Sprechblase. Was hieran ganzheitlich ist, wird überhaupt nicht deutlich. Und jetzt kommt es: drei tragende Säulen – Bildung, Forschung und Transfer. Das ist doch die größte Plattitüde, die man im Wissenschaftsbereich überhaupt bringen kann. Natürlich besteht Wissenschaft immer aus diesen drei Punkten. Das einfach da so reinzuschreiben, ist null Inhalt, ist einfach nur eine Sprechblase, typisch für Senatorin Fegebank. Sie sagt nichts, aber auch gar nichts, was sie konkret machen will. Dazu hat sie wieder ein Jahr gebraucht und nichts herausbekommen. Das ist zu wenig.
Der vierte Punkt: Das eigentliche Problem greifen Sie nicht auf. Der Wissenschaftsrat hatte in der Tat vor gut einem Jahr den MINT-Bereich in Hamburg untersucht und zwei Punkte maßgeblich kritisiert, einmal die Unterfinanzierung auf nicht weniger als vier Seiten, Seite 11, Seite 15, Seite 54 und Seite 71. Dazu sagen Sie nichts. Er sagt, HCU wird keine Zukunft haben – das steht auf den Seiten 68, 71, 159 f. –; auch dazu sagen Sie nichts. Eine ganze Hochschule ist in Gefahr, aber Sie sagen nichts dazu. Das Einzige, was Sie überhaupt sagen, ist – das haben Herr Tode und auch andere erwähnt –, dass es jetzt 23 Millionen Euro gebe. Wie Sie, Herr Tode, und die Senatorin und andere das darstellen, klingt das so, als gebe es 23 Millionen Euro zusätzlich. Falsch, schlicht falsch. So wird ein falscher Eindruck erweckt. Ich habe mir erlaubt, dazu den Senat zu befragen, Drucksache 21/7868. Ich habe die Frage gestellt, woher denn diese 23 Millionen Euro kommen. Wörtliches Zitat:
"Die Mittelbedarfe werden anteilig aus den Einzelplänen der zuständigen Behörden und der Hochschulen gedeckt."
Es gibt also kein zusätzliches Geld, sondern Hochschulen und Behörden werden aufgefordert, Geld woanders wegzunehmen und zum MINT-Bereich hinzugeben. Das kann man vielleicht sogar noch machen; dann muss man es nur sagen. Sie sollten endlich damit aufhören, einen falschen Eindruck zu erwecken. Kein einziger Cent kommt zusätzlich in die Wissenschaft. Es ist schlicht und einfach eine Sprechblase, die Sie ohne ein Ergebnis produzieren. Das ist für ein Jahr zu wenig, und Sie kommen auch noch zu spät. Das nächste Mal informieren Sie in der Tat erst das Parlament und dann die Medien. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einem Jahr haben wir eine Drucksache erhalten, die damit be
ginnt, dass der Wissenschaftsrat die MINT-Fächer gelobt hat. Das finde ich gut. Wenn es etwas zu feiern gibt, soll man es auch feiern. Darin unterstütze ich Sie durchaus. Aber dann war der Antrag weitgehend inhaltsleer. Wir unterstützen es zwar inhaltlich, aber es steht nichts darin, zu dem man sagen könnte, super, es ist einfach die richtige Richtung. Dann ging die Antwort von Frau Senatorin Fegebank zwar in die richtige Richtung, war aber ebenfalls sehr informationsarm. Damit kann man noch nicht viel anfangen. Aber die richtige Richtung ist ja immerhin schon einmal etwas. Wenn ich einen Rat geben soll, dann diesen: Lasst die Universitäten machen. Sie können es nämlich besser, als wenn Politiker reinpfuschen.
Aber eines muss natürlich die Politik immer tun: Sie muss genügend Geld bereitstellen. Das ist die Aufgabe des Staats und somit auch des Senats und der Mehrheitsfraktionen in der Bürgerschaft. Herr Tode, wenn es stimmt, was Sie vorhin gesagt haben – ich habe Ihnen genau zugehört –, dass wir zusätzliche 35 Informatikstellen für Professoren bekommen, dann würde ich sagen, Chapeau, klasse, dafür bin ich auch. Wenn es aber stimmt, was Herr Schinnenburg gesagt hat, nämlich dass das Geld nur umgeschichtet worden ist, dann relativiert sich das natürlich gleich wieder. Meine Fraktion wird dem Überweisungsantrag der CDU zustimmen, damit Sie im Ausschuss genau belegen können, woher das Geld kommt und was Sie damit machen wollen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich gar nicht melden. Aber bei so viel Unkenntnis, die ich gerade wieder von Ihnen gehört habe, Herr Ovens und vor allem Herr Schinnenburg …
Aber da muss ich mich zumindest kurz ans Rednerpult begeben, um mit einigen Vorwürfen aufzuräumen. Das Thema Digitalisierung in allen möglichen Bereichen und natürlich auch im Bereich der Wissenschaft beschäftigt uns ständig. Es wurde mehrfach auf das Gutachten des Wissenschaftsrates im letzten Jahr verwiesen. Das, was wir heute diskutiert und präsentiert haben, fällt tatsächlich unter die Kategorie "bestellt und geliefert", Herr Ovens. Sie haben zwischen den Zeilen angedeutet, dass Sie durchaus anerkennen, dass der Wissenschaftsrat uns aufgefordert hat, die Infor
matik zu stärken. Genau das tun wir. Das ist kein kleiner Schritt, das ist kein Kleckerbetrag, den wir dafür zahlen. Wir nehmen zum einen Geld in die Hand, und zum Zweiten werden zusätzliche Professorinnen- und Professorenstellen geschaffen, 35 an der Zahl, und bis zu 1 500 neue Plätze für Studierende. Das katapultiert uns im Laufe der nächsten Jahre in die Reihe der Spitzenstandorte für Informatik. Das, finde ich, ist eine großartige Leistung der vier Hochschulen, die hier erstmals so konzertiert und konzentriert gemeinsam den Weg vorangegangen sind. Ich danke den Hochschulen dafür.
Es heißt also "bestellt und geliefert". Vor einem Jahr hatten wir das Gutachten. Wir haben uns mit den Hochschulen zusammengesetzt. Wir haben uns überlegt, wie wir den Herausforderungen der Digitalisierung Rechnung tragen können, und zwar sowohl in der Bildung, Ausbildung und Lehre wie auch in der Forschung und im gesamten Transferbereich als Think Tank, als Beratung für Gründerinnen und Gründer. Dieses Netzwerk mit dem schönen Namen ahoi.digital ist bisher tatsächlich einzigartig. Herr Ovens, Sie sprachen die Stellen in Berlin an. Wenn Sie sich deren Finanzierung ansehen, werden Sie feststellen, dass diese anteilig von der Behörde, aber zum Großteil auch durch wirtschaftliches Engagement geleistet wird.
Wir sind dabei, Informatik zu stärken, mit der Plattform eine Sichtbarkeit zu erreichen, das Thema Digitalisierung mit all den Facetten – eben ist angesprochen worden, dass es von der einen oder anderen Stelle kritisch bewertet wird – anzugehen, zu beforschen, in der Lehre aktiv zu werden, aber das Ganze auch in den Transfer zu tragen. Das ist ein Riesenschritt innerhalb relativ kurzer Zeit, wenn man berücksichtigt, dass hier vier Hochschulen sehr eng und verzahnt miteinander arbeiten. Die Fortschritte an den Hochschulen, aber auch bei den verschiedenen Netzwerken, in denen das aktiv wird, werden sicherlich auch für Sie Monat für Monat erkennbar. Ich sage noch einmal danke an alle Beteiligten. Die ersten Außeruniversitären haben schon jetzt gesagt, dass sie sich gern einklinken möchten. Hamburg ist in puncto Digitalisierung, vor allem, wenn es um Wissenschaft, Hochschule und Forschung, aber auch um Transfer geht, vornan. Wir wollen auch weiterhin vornan bleiben und Spitzenstandort werden. Mit der ahoi.digital-Plattform und der Umsetzung der Empfehlung des Wissenschaftsrates haben wir einen großen Schritt gemacht. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Der Tag der Enttäuschung geht weiter. Herr Dr. Tode, ich hatte gehofft, Sie seien der Einzige, der mich heute enttäuscht. Aber nach dem, was wir gerade von Ihnen, Frau Senatorin Fegebank, gehört haben, kann ich nur sagen, das war wirklich eine große Luftnummer, das war ein Satz mit X, nämlich gar nichts.
Was haben wir denn jetzt gehört? Herr Gögge sagt, es gebe ein Konzept. Herr Gögge, Frau Senatorin, Sie hätten hier und heute die Chance gehabt, tatsächlich einen Mehrwert in die Debatte zu streuen, indem Sie uns einmal Substanz liefern und die Inhalte des Konzeptes benennen. Fehlanzeige. Nichts, nur leere Worte. Wann erfahren wir im Parlament die Details? Warum, meine Damen und Herren von Rot und Grün, verweigern Sie diesem Ihnen angeblich so wichtigen Thema die weitere Debatte im Wissenschaftsausschuss? Wie wollen wir gemeinsam in diesem Haus die Informatik voranbringen, wenn Sie jede Debatte im Keim ersticken und uns mit Worthülsen zumüllen? So kommen wir doch nicht weiter. Was, Frau Senatorin, hindert Sie persönlich daran, endlich einmal loszulaufen, auf die Wirtschaft zuzugehen und das zu erreichen – oder zumindest versuchen zu erreichen –, was Ihre Kolleginnen und Kollegen in Berlin offensichtlich, wie Sie gerade selbst dargestellt haben, schon schaffen, nämlich die Wirtschaft mit ins Boot zu holen? Sie entschuldigen Ihre schlechten Leistungen damit, dass Sie es nicht schaffen, die Wirtschaft ins Boot zu holen, bringen Hamburg nur einen Millimeter voran, aber nicht einen Meter, wie wir es hätten schaffen können. Das ist eine Luftnummer; das ist viel zu wenig und so geht es einfach nicht weiter. Das ist enttäuschend.
Wer also nun zunächst die Drucksache 21/8428 federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung sowie mitberatend an den Schulausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.