Protokoll der Sitzung vom 12.04.2017

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

dass es eine gesamtinnerstädtische Planung ist, in der wir mehrere Achsen haben – dazu haben wir demnächst eine Sachverständigenanhörung –, die die Innenstadt mit dem Bereich der HafenCity und Überseequartiere verbinden werden. Ich bin mir sicher, dass in dem Moment, wo die Wohnungen im östlichen Baakenhafen fertiggestellt werden, das weiter zu einer Belebung beiträgt und dieses Konzept zu einem Erfolg führen wird.

(Beifall bei Dirk Kienscherf und Dr. Monika Schaal, beide SPD)

Sie behaupten in Ihrer Großen Anfrage, die SanFrancisco-Straße sei einzig und allein aus dem Grund überbaut worden, um die Sonntagsöffnung im Überseequartier zu ermöglichen. Was für ein Unsinn, Herr Hamann. Das hat Ihnen vielleicht die FDP ins Ohr geflüstert,

(Zuruf von Dr. Jörn Kruse AfD)

aber das kam bestimmt nicht von unserer Seite. Wir haben dazu eine deutliche Stellungnahme abgegeben und einen Antrag heute, der genau das nicht vorsieht. Sie können es ja richtigstellen.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Wir müssen wieder richtigstellen, was Sie falsch darlegen!)

Wir werden uns die einzelnen Sachen im Verkehr noch im Weiteren angucken. Es gibt vielleicht die einen oder anderen Details, die man sich anschaut. Das können wir uns durchaus auch im Ausschuss vorstellen. Aber ich sage Ihnen ehrlich, mir drängt sich bei Ihrem Tenor doch der Eindruck auf, dass Ihre Anfrage mehr dazu da ist, die Interessen der Grund- und Bodeneigentümer der Innenstadt zu vertreten, die eine Erweiterung nicht wollen, um ihre hohen Mietpreise in astronomischer Höhe weiterhin durchsetzen zu können, sodass die inhabergeführten Betriebe schon lange nicht mehr dort ansässig sind.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Ich glaube, dass diese Entwicklung Hamburg und der Vielfalt der Geschäfte guttut und zur Belebung der Innenstadt beiträgt. Deswegen halte ich es für ein gutes Konzept, das wir weiterführen sollten.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Jörg Hamann CDU: Das haben Sie vor der Wahl auch anders gesehen!)

Das Wort bekommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dass wir heute überhaupt über das Überseequartier sprechen, dass wir eine Große Anfrage dazu haben, dass wir das Thema im Ausschuss hatten, haben wir einzig und allein den Anwohnerinnen und Anwohnern in der HafenCity zu

(Dirk Kienscherf)

verdanken, die, seitdem sie dort leben, mitbekommen haben, was da überhaupt geplant ist. Es hat gewaltige Veränderungen in der Planung gegeben. Es war jahrelang unter CDU-Regierung davon die Rede, es solle hier etwas Nutzungsgemischtes entstehen, es werde hier zwar viel Einzelhandel kommen, aber es würden separate, also frei stehende Gebäude sein, es werde keine Verbindung geben. Wie es Herr Kienscherf nannte: Das Loch wollte zu Beginn, in CDU-Regierungszeiten, die ECE füllen. Die ECE hatte die klare Ansage bekommen, es werde kein Einkaufszentrum entstehen. Das, was immer als offenes Konzept gehandelt wurde, ist auf einmal aber nicht mehr so offen. Sie bauen jetzt darüber ein transparentes, kaum spürbares Dach. Diese Aussage mit dem transparenten Dach erinnert mich daran, als die Europa Passage gebaut wurde und die Herrmannstraße überbaut werden sollte, wo alle sagten, das werde eine ganz transparente, gläserne Verbindung sein. Gehen Sie heute einmal aus dem Rathaus, gehen Sie in die Kleine Johannisstraße, versuchen Sie einmal, transparent in Richtung Alster zu schauen, dann werden Sie feststellen, dass Sie nicht mehr dahin gucken können, denn dieses transparente Glas muss natürlich auch verschiedene Versorgungsstränge tragen, Treppen und alles Mögliche. Insofern haben wir auch hier das Problem, dass dieses transparente Dach der erste Schritt zu einer Schließung nach oben ist, die dem Wetter in Hamburg geschuldet ist.

Die zweite Schließung ist auch dem Wetter in Hamburg geschuldet, was allerdings schon zu CDU-Zeiten bekannt war. Hamburg ist teilweise sehr windgeplagt. Wer sich heute durch die HafenCity bewegt, wird dort enorme Windentwicklungen feststellen. Als wir Abgeordnete bei der AnwohnerIni eingeladen waren, wo uns ein Windgutachter seine Untersuchungen vorgestellt hat, konnten wir feststellen, dass es da ein großes Problem gibt. Aber all das hat den Senat nicht davon abgehalten, statt 40 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche 80 000 Quadratmeter zu schaffen und gleichzeitig zu sagen, es sei überhaupt kein Problem für Hamburg. Der Begriff mit dem UFO kommt von den Einzelhandelsfachleuten, die untersuchen sollten, ich glaube sogar im Auftrag der Stadt, wie die Einzelhandelsentwicklung ist. Wie sind die abgestuften Einzelhandelsquartiere in dieser Stadt? Auch sie haben Bedenken zu der Größe geäußert. Darauf sind weder Herr Kienscherf noch Herr Duge eingegangen.

Auch beim Thema Verkehr – ich weiß gar nicht mehr, in welcher Ausschusssitzung das war – haben wir gehört, dass es ein Hauptziel sei, dieses Einkaufszentrum – das Sie nicht Einkaufszentrum nennen wollen – vor allen Dingen auch für das Umland attraktiv zu machen. Sie haben im Ausschuss nicht darlegen können, wie Sie dafür sorgen wollen, dass die Menschen aus dem Umland

nicht mit dem Auto kommen. Ganz im Gegenteil, Sie haben gesagt, dafür bauten Sie viele Tiefgaragenparkplätze. Aber Sie haben nicht bedacht, dass man, um in eine Tiefgarage hineinzufahren, von der Straße herunter muss. Dass diese Straßenwege natürlich auch an den Wohnhäusern vorbeigehen, das sehen Sie nicht als Problem. Das ist für uns komplett anders. Deswegen können wir nur sagen: Ihre Planung ist bisher nicht das Gelbe vom Ei.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kienscherf, in einem Punkt bin ich sehr froh. Ich bin sehr froh darüber, dass Sie gesagt haben, Sie seien teilweise mit uns und mit der Anwohnerinitiative im Gespräch und würden das Gespräch weiterführen. Ich habe das Gefühl, dass da Leute sitzen, die sich sehr stark für ihren Stadtteil engagieren und sehr gute Ideen haben und Ihnen und uns allen noch einmal aufzeigen, wo die Schwachpunkte liegen. Aber noch froher bin ich über die Entwicklungen im letzten Ausschuss, als es um die Sonntagsöffnung ging. Sie hatten bei der Anwohner-Ini gesagt, es werde keine Sonntagsöffnung geben. Ich habe Ihnen, vor allem auch Herrn Duge, immer wieder gesagt, die Sonntagsöffnung sei möglich, weil dieses Kreuzfahrtterminal genauso behandelt wird wie ein Hauptbahnhof oder ein Flughafen, und da sind Sonntagsöffnungen möglich. Wir haben jetzt glücklicherweise, dazu habe ich erheblich beitragen dürfen, eine Formulierung gefunden, die sagt, es werde keine Sonntagsöffnung nach der Ausnahmeregelung in dem Paragraf geben. Das ist eine gute Entwicklung für die Stadt. Das ist der erste Schritt, den wir auch der Anwohner-Ini zu verdanken haben. Wir haben eine Klarstellung, die der Senat bisher nicht getroffen hat. Ich hoffe, dass wir noch viele weitere gute Schritte machen werden. Ich freue mich darauf, wenn wir uns nächste Woche, am Mittwoch, den 19. April 2017, wieder mit der Ini auf ihrer öffentlichen Veranstaltung treffen und zeigen können, dass Politik durchaus in der Lage ist, Kritik aufzunehmen und das Beste daraus zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die HafenCity ist das größte Stadtentwicklungsprojekt Europas, das Hamburg im Laufe der nächsten Jahre noch moderner, noch großstädtischer, noch internationaler und architektonisch noch facettenreicher machen wird. Das gelingt aber nicht über Nacht, sondern entwickelt sich über Jahre und Jahrzehnte. Nach nunmehr 17 Jahren verspürt man langsam eine Lebendigkeit in diesem neuen Stadtteil, weil

(Heike Sudmann)

die Menschen, die vor vielen Jahren als Pioniere in eine Baustellenlandschaft gezogen sind, sich dort inzwischen zu Hause fühlen und Nachbarschaften entwickelt haben. Und es geht noch weiter: Erst Mitte der Zwanzigerjahre wird die HafenCity auch im Bereich Baakenhafen bis zum östlichen Elbbrückenquartier vollendet sein.

Das Überseequartier, die Herzkammer der HafenCity, fristet bis dato ein unglückliches Dasein und stand wenigstens seit der Finanzkrise 2008 unter keinem guten Stern. Erst im zweiten Anlauf gelang es dem Senat, das Grundstück zu verkaufen, und das, wie wir heute wissen, offenbar nur mit erheblichen Zugeständnissen. Entgegen den ursprünglichen Planungen wurden beträchtliche Flächen ergänzt, Nutzungen erweitert und öffentliche Stadträume zur Disposition gestellt. Dass nun zugunsten des Investors die San-Francisco-Straße überbaut wird, ist dabei nur einer der traurigen Höhepunkte. Die HafenCity-Planer setzen unter RotGrün ihre ideologisch geprägte Verkehrsplanung fort und ignorieren dabei weiterhin nachweisliche Tatsachen. So werden weder steigende Verkehrsaufkommen berücksichtigt noch Stellplatzmöglichkeiten im öffentlichen Raum geschaffen. Auch die Schaffung von privaten Stellplätzen in Tiefgaragen wird unnötigerweise künstlich verknappt, um die Menschen, ob sie wollen oder nicht, in Ihre gelobten Carsharing-Konzepte zu zwingen.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Detlef Ehlebracht AfD)

Das ist rot-grüne Zwangsbeglückung, die ich auf das Schärfste verurteile,

(Beifall bei der FDP)

die mich aber motiviert, auch weiterhin für liberale Politik einzutreten und mich gegen Ihre absurden Bevormundungsversuche zu wehren.

Das Kreuzfahrtterminal wird mit Bussen, Lkws, Pkws und Taxis unterirdisch angesteuert, und auch die Straßenprofile ähneln eher einer ostfriesischen Ortschaft als einer internationalen Metropole. Die tatsächlichen Verkehrsaufkommen werden geschönt und Verschattungsstudien und Windanalysen ignoriert. Ausreichende Kurzparkplätze und Lieferzonen in einer modernen, elektromobilen Großstadt – Fehlanzeige. Dafür gibt es aber ein gigantisches Angebot an Einzelhandelsflächen in einem Megashoppingcenter, das Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, wahrscheinlich lieber Markthalle nennen oder so ähnlich.

Im letzten Stadtentwicklungsausschuss haben wir darauf hingewiesen, dass bei dieser Größenordnung des Einkaufszentrums die Anbindung an die gewachsene Innenstadt unbedingt erforderlich ist und eine Konkurrenzsituation zwischen beiden Zentren zu erheblichen Verwerfungen in der Einzelhandelsstruktur führen wird. Wir hatten deshalb angeregt, die Querungsmöglichkeiten der Willy

Brandt-Straße zu untersuchen und unter anderem die Machbarkeit einer Tunnellösung zu analysieren. Leider aber ohne Ihre Zustimmung, sodass Sie nun auch auf dieses erkannte Problem weiterhin sehenden Auges zusteuern. Kurzum: König Olaf ignoriert weiter Expertise – das sind wir schon gewohnt –, die in Form von bulwiengesa- oder GfK-Gutachten längst auf dem Tisch liegt und lässt sich auch durch Anwohnerinitiativen, Verkehrsstatistiken oder andere Tatsachen nicht aus der Ruhe bringen – frei nach dem Motto: Belästigen Sie mich nicht mit der Realität.

(Zuruf von Arno Münster SPD)

Aus der Ruhe zu bringen waren Sie nur durch unsere Forderung nach Sonntagsöffnungszeit. Entgegen der Aussage in der Presse allerdings wollen wir keinen Sonderweg für das Shoppingcenter. Wir wollen, dass in ganz Hamburg endlich flexiblere und an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtete Sonntagsöffnungszeiten eingeführt werden. Ihre Verweigerungshaltung hilft an dieser Stelle niemandem.

(Beifall bei der FDP)

Aber egal,

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

ob es sich bei Ihrer einfältigen Politik um rote Selbstherrlichkeit oder grüne Ignoranz handelt, eines steht schon jetzt fest: Die Zukunft unserer Stadt wird von Ihnen ohne jeglichen Grund im wahrsten Sinne des Wortes verbaut. Ich fordere den Bürgermeister, der heute nicht da ist, auf: Verlassen Sie den Konfrontationskurs, nehmen Sie die Kritik der Menschen ernst und setzen Sie Verbesserungen um, bevor Sie weitere Bürgerbegehren provozieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Das Wort bekommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Große Anfrage durchzulesen hat Spaß gemacht, die Antworten dazu zu lesen weniger. Einmal beschlich mich dabei das Grauen, einmal hätte ich auch laut loslachen können, wenn es mir nicht im Hals stecken geblieben wäre. Die gesamte Fraktionsredezeit könnte ich jetzt in dieses Thema stecken,

(Dr. Jörn Kruse AfD: Bitte nicht!)

denn es wäre es wert. Da aber auf Vorschlag der SPD der Deal geschlossen wurde, diesen Tagesordnungspunkt an den Ausschuss zu überweisen, aber nur wenn auf die Anhörung von Anwohnerinnen und Anwohnern beziehungsweise Sachver

(Jens Meyer)

ständigen verzichtet werde, beschränke ich mich auf wenige Anmerkungen.

Die Große Anfrage zeigt deutlich die Diskrepanz zwischen ursprünglicher Planung, dem Masterplan und aktueller Planung, wobei die Endfassung auf einem breiten Konsens von Beteiligten und Betroffenen fußte, sowohl der Anwohnerinnen und Anwohner als auch des Einzelhandels in der Innenstadt. Bei der Beantwortung versucht der Senat jetzt nun alles erdenklich Mögliche, um auf gar keinen Fall auch nur einen winzigen Bruchteil diese Diskrepanz, die es wirklich gibt, zuzugeben, und wenn es den letzten Rest an Glaubwürdigkeit kostet.

Das Überseequartier fällt jetzt mit 266 000 Quadratmetern um rund 25 Prozent größer aus als in der ursprünglichen Planung und bietet als Hamburgs größtes Einkaufszentrum mit, wie schon gehört, 80 500 Quadratmetern Bruttogeschossfläche Büros, Wohnungen, Entertainment, Freizeitgestaltung, Einzelhandel, Hotel, jede Menge interessante Nutzungsmöglichkeiten. Dies hat natürlich ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zur Folge. Wie wird das bewältigt werden? Die Anfrage geht von einer Verdreifachung aus,

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

einer Summe von plus 10 500 Pkws in der Überseeallee. Das lassen wir einmal dahingestellt. Der Senat sagt natürlich, das sei falsch. Im schlimmsten Fall haben wir 2 532 Kfz durchschnittlich mehr. Basierend auf dieser Zahl 2 532 möchte ich einmal einen anderen Erklärungsansatz versuchen. Was die Diskrepanzen und Folgen dieser Veränderungen angeht, muss in dieser Zahl natürlich auch das Verkehrsaufkommen von Dienstleistungs- und Warenverkehr´ für alle Einzelhandelsund Entertainmentflächen enthalten sein, auch die An- und Abreise von Kunden, Gästen und Angestellten der Firmen in den Büroflächen des Einzelhandels und des Hotels. Ziehen wir einmal gute 500 Bewegungen allein dafür ab – ist vermutlich zu wenig, machen wir aber einfach einmal –, dann bleiben rund 2 000 Kfz-Bewegungen für Besucherinnen und Besucher des Überseequartiers. Das nächstkleinere Einkaufszentrum in Hamburg, das Alstertal Einkaufszentrum, hat durchschnittlich knapp 37 000 Besucherinnen und Besucher am Tag. Wie viele Besucherinnen und Besucher braucht wohl das Überseequartier, um zu überleben? Es ist deutlich größer. Es hat deutlich mehr Entertainmentfläche. Also sagen wir einmal 6 000 mehr. Das ist vermutlich zu wenig, machen wir aber einfach einmal. Sie behaupten jetzt ernsthaft, dass von den 43 000 benötigten Besucherinnen und Besuchern nur rund 2 000 per Kfz anreisen und 41 000 Menschen mit Bus, Bahn, Schiff, zu Fuß und natürlich viel mit dem Fahrrad kommen?

(Heiterkeit bei der AfD)