Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Aufstockung der Fachkräfte in den Kitas ist notwendig. Denn der Fachkräfteschlüssel bildet mit circa 1:5 das Schlusslicht unter den westdeutschen Bundesländern. Die Maßnahme ist folglich im Prinzip richtig, kommt jedoch viel zu spät. Eine vorausschauende Planung wurde eindeutig vermisst. Das von der Koalition hier verkündete Selbstlob ist deshalb nicht angebracht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, Hamburg braucht viele hervorragend ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. 2006 arbeiteten in unseren Kindertageseinrichtungen und Schulen gerade einmal rund 8 500 Fachkräfte für die Erziehung. Jetzt sind es doppelt so viele, fast 17 000. Es gibt wohl keinen anderen Bereich der Stadt, der so dramatisch wächst. Wir sagen, das wollen wir so, wir wollen kostenlose Kitas, wir wollen hervorragende Bildung und Betreuung in Kitas und Schulen, wir wollen Hamburg zur familienfreundlichsten Stadt in Deutschland machen.
In der Tat brauchen wir dafür viele hervorragend ausgebildete und gut motivierte Erzieherinnen und Erzieher. Und, da haben Sie von der LINKEN vollkommen recht, wir brauchen auch ordentliche Beschäftigungsverhältnisse. Ich sage aber auch, hier haben wir viel geleistet. Unsere Tarife sind so ordentlich, unsere Beschäftigungsverhältnisse sind so gut, dass meine Kollegin Melanie Leonhard und ich immer wieder Diskussionen mit den Fachministern der anderen Bundesländer haben, weil deren Erzieherinnen und Erzieher gern in Hamburg arbeiten wollen, weil bei uns die Arbeit und auch die Tarifverträge attraktiv sind.
Wir ruhen uns darauf aber nicht aus. Deshalb haben wir die Ausbildungsangebote deutlich erhöht. Es ist nicht richtig, wenn Sie sagen, dass der Senat lange geschlafen habe. 2006 absolvierten gerade 360 Erzieherinnen und Erzieher den Abschluss an einer Berufsschule, 360. Im letzten Jahr waren es 1 000, und das zeigt sehr wohl, dass wir hier einen dramatischen Ausbau auf den Weg gebracht haben und eine gute Ausbildung für die Erzieherinnen und Erzieher in Hamburg gewährleisten.
Es ist richtig, dass wir hier noch mehr tun müssen. Ich sage vorweg, die Ausbildungsplätze sind vorhanden. Die Schulbehörde hat schon in den letzten Jahren klargemacht, dass jeder junge Mensch, der in Hamburg Erzieherin und Erzieher werden oder sozialpädagogische Assistenz lernen will, einen Ausbildungsplatz bekommt. Diese Ansage steht und sie ist die Grundlage für alle weiteren Verbesserungen. Doch der entscheidende Schritt ist die Frage, wie wir eigentlich genügend Bewerberinnen und Bewerber finden. Fünf Punkte sind dabei für uns wichtig.
Erster Punkt: Wir werden bürokratische Hürden in der Ausbildung abbauen. Beispielsweise mussten bislang Abiturienten ein Praktikum von einem Jahr leisten, um überhaupt eine Ausbildung beginnen zu dürfen. Das gibt es bei keiner anderen mir bekannten Ausbildung. Wer Bankkaufmann werden will oder wer Tischler lernen will, der fängt eine
Ausbildung an und muss nicht vorher ein Jahr lang ein Praktikum leisten. Deswegen sagen wir, hier tun wir das Äußerste, um jungen Menschen entgegenzukommen, und senken diese Praktikumszeit auf das Mindestmaß dessen, was tatsächlich erlaubt ist, nämlich vier Monate. Wir haben weitere entsprechende Veränderungen eingeführt. Unser Ziel ist es, bürokratische Hürden wegzuräumen, um jungen Menschen die Tür für diesen schönen Beruf Erzieherin und Erzieher zu öffnen.
Zweiter Punkt: Wir werden auch erstmals Schülerinnen und Schülern mit einem erweiterten Hauptschulabschluss ermöglichen, die Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistenz zu beginnen. Ich sage sehr klar, wer das Talent hat, mit Kindern gut umzugehen und sie gut zu erziehen, wer zehn Jahre lang in Hamburg ordentlich zur Schule gegangen ist, dem dürfen wir nicht die Tür vor der Nase zuschlagen, weil er oder sie in Chemie, in Physik oder in Englisch eine schlechte Note im Abschlusszeugnis hat. Nein, um junge Menschen auch mit erweitertem Hauptschulabschluss diese Ausbildung beginnen zu lassen, wollen wir uns auf einen neuen Weg machen. Aber ich sage sehr klar, die Abschlussprüfung wird im Niveau nicht gesenkt. Und damit die jungen Menschen diese Prüfung bestehen können, haben wir gesagt, die Ausbildung wird für jene, die diesen Weg nutzen, um ein halbes Jahr verlängert, damit sie wirklich einen hervorragenden Abschluss machen können. Denn wir wollen weiterhin hervorragend qualifizierte Fachkräfte.
Dritter Punkt: Wir werden auf junge Menschen zugehen und sie gezielt für dieses schöne und erfüllende Berufsfeld werben. Sehr, sehr viele junge Menschen lernen Erzieherin und Erzieher erst im zweiten Anlauf. Viele entdecken ihre Liebe zu diesem Berufsfeld erst nach langen Irrwegen durch das Studium oder andere Berufe. Wir möchten, dass aus der Liebe auf den zweiten Blick eine Liebe auf den ersten Blick wird, und deswegen werden wir gezielt Schulabgängerinnen und Schulabgänger anschreiben und sie auf die großen Chancen dieses Berufsfelds aufmerksam machen.
Vierter und vorletzter Punkt: Wir sorgen für eine sehr gute Ausbildung. Dafür haben wir unsere Berufsschulen neu strukturiert und alle Experten für dieses wichtige Berufsfeld an vier Schulen zusammengeführt. Wir haben diese Schulen mit einem millionenschweren Bauprogramm zu den sicherlich modernsten Fachschulen in Norddeutschland ausgebaut.
Ein paar Beispiele: Die Schule in der Max-BrauerAllee wurde für knapp 7 Millionen Euro umgebaut, die eindrucksvolle Architektur ist schon jetzt zu be
wundern. Oder die Berufsschule Göhlbachtal in Hamburg-Harburg: Sage und schreibe 44 Millionen Euro investieren wir hier in einen kompletten Neubau. Übertroffen wird das noch von der Berufsschule Wagnerstraße in der Nähe der Schulbehörde. Für sage und schreibe 52 Millionen Euro ist eines der modernsten Schulgebäude in Hamburg entstanden. Das zeigt, wir wollen eine hervorragende Ausbildung und an der Qualität wird nicht gespart, im Gegenteil, wir lassen uns die Qualität viel kosten.
Ich komme zum letzten Punkt. Wir machen die Ausbildung auch finanziell attraktiv. Das, das müssen wir freimütig einräumen, war sie lange Zeit nicht, im Gegenteil. Wer Erzieher werden wollte und einen Realschulabschluss absolviert hatte, musste nicht nur rund fünf Jahre lang lernen, sondern konnte in dieser Zeit auch keinen Cent verdienen. Kein Wunder, dass es sich viele zweimal überlegt haben. Dank zwei Veränderungen ist damit jetzt Schluss.
Erstens hat die Bundesregierung, übrigens auf Initiative der SPD, das frühere Meister-BAföG so umgestaltet, dass unter bestimmten Umständen auch angehende Erzieherinnen und Erzieher diese Ausbildungsförderung bekommen. Und Hamburg hat dann etwas gemacht, woran anderswo noch gearbeitet wird. Wir haben alle Ausbildungsgänge so umgestaltet, dass jetzt jeder Hamburger Schüler, der diesen Beruf lernt, die 750 Euro BAföG im Monat bekommen kann, solange er nicht 30 000 Euro selbst auf dem Konto hat. Das ist der eine Schritt, den wir gemacht haben.
Zweitens hat Hamburg vor Kurzem mit den Trägern der Jugendhilfe die sogenannte berufsbegleitende Ausbildung eingeführt. Statt unbezahlte Praktika zu liefern, können die jungen Menschen in dieser Zeit in Kitas arbeiten und bekommen die gesamte Zeit konstant ein Gehalt ausgezahlt. Das beläuft sich in der Regel auf einen Betrag von 500 bis 700 Euro netto. Ich weiß das genau, weil auch in meinem Familienkreis davon Gebrauch gemacht wird. Das sind zwei Punkte, die wir extra eingeführt haben, damit diese Ausbildung auch diejenigen anspricht, die sagen, sie möchten diesen Beruf lernen, aber sie können es sich nicht leisten, fünf Jahre lang auf schlingernden Lebenswegen noch weiter zur Schule zu gehen. Hier haben wir die Chance geschaffen für all diejenigen, die sagen, sie ergreifen die Chance, aber sie wollen auch für ihren Lebensunterhalt in dieser Zeit sorgen können.
Sie sehen also, wir haben in den vergangenen Jahren vieles bewegt, die Ausbildungsquote verdreifacht, und wir werden nicht müde und arbeiten weiter daran, denn es geht um die Zukunft unserer
Stadt, es geht um gute Bildung und gute Erziehung. Wir wollen, dass die Kinder in Hamburg hervorragend betreut werden und hervorragend lernen können, und deswegen fördern wir diese wichtige und schöne Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Dann bleibt mir nur, dezent darauf hinzuweisen, dass ich einen Abgeordneten schon vor 4.27 Minuten abgeklingelt hätte. Aber Sie alle wissen, dass das Wort des Senators nach Ablauf der Redezeit der Aktuellen Stunde natürlich zu der Regelung führt, dass sich die Fraktionen alle noch einmal äußern können. Ich habe bereits eine Wortmeldung von Herrn Yildiz von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort für drei Minuten, Herr Yildiz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf zwei Punkte eingehen. Zunächst auf die Ausbildung: Ich finde es gut und richtig, dass die Ausbildung entlohnt wird, weil viele Menschen deswegen die Ausbildung abbrechen. Im Durchschnitt sind es 20 Prozent der Auszubildenden für den Beruf Erzieherin und Erzieher, die die Ausbildung unter anderem wegen der Bezahlung abbrechen, weil sie es sich nicht leisten können. Der zweite Grund ist, dass sie nach der Ausbildung im Bereich des Erzieherberufs wenig Perspektiven sehen, unter anderem wegen der Bezahlung, die in diesem Bereich schlecht ist.
Herr Rabe, ich möchte zu dem Punkt kommen, bei dem Sie uns zustimmen, aber gleichzeitig sagen, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern die Bezahlung in Hamburg gut sei. 2015 wurde eine Vereinbarung auf Bundesebene getroffen. Es sind seither genau zwei Jahre vergangen. Vor zwei Wochen gab es in der Vertragskommission eine Vereinbarung mit dem Träger. Das ist auch gut und schön, aber nicht in Gänze, sondern nur in Teilen. Ich frage mich, warum Beschäftigte in anderen Bundesländern diese Aufwertung der Bezahlung ab 2015 bekommen und die Hamburgerinnen und Hamburger de facto warten müssen, wenn der Träger das nicht finanziert. Das geht nicht. Wenn auf Bundesebene eine Vereinbarung getroffen wurde, muss es schnell in der Vertragskommission umgesetzt werden, dass diese Tariferhöhung, diese Aufwertung übernommen wird, und zwar sofort und nicht erst nach zwei Jahren.
pflegt werden, wir möchten nicht nur, dass es unseren Kindern gut geht, wir möchten auch gern, dass es den Beschäftigten gut geht. Ohne die Beschäftigten würde es den Kindern nicht gut gehen. Eigentlich mache ich das selten, aber wir müssen uns als Bürgerschaft einmal bei diesen Beschäftigten für die tolle Arbeit bedanken, die sie leisten.
(Beifall bei der LINKEN und bei René Gögge GRÜNE, Jasmin Hilbring SPD, Carl-Edgar Jarchow und Daniel Oetzel, beide FDP)
Daher fordern wir, dass die Vereinbarung, die 2015 auf Bundesebene beschlossen wurde, in der Vertragskommission nachverhandelt wird, dass sie voll übernommen wird. Dies wird dann die Wirkung haben, dass die Kolleginnen und Kollegen, die in Hamburg auslernen, nicht in Nachbargemeinden wie Quickborn oder Stade ihren Arbeitsplatz suchen, sondern dass sie bei uns bleiben. – Vielen Dank.
Mir bleibt nun, das zu tun, was viele von uns ahnen, der Bürgermeister hat Geburtstag und wir gratulieren ihm von dieser Stelle aus aufs Allerherzlichste. Wir wissen alle, wie schön es ist, mit vielen netten Leuten den Tag zu verbringen.
Nachdem die Gratulationen alle getätigt worden sind, kommen wir zum Punkt 4 unserer Tagesordnung, der Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts – Drs 21/8972 –]
Da das Gesetz über das Hamburgische Verfassungsgericht in seinem Paragraf 4 eine geheime Wahl vorschreibt, findet die Wahl in Wahlkabinen statt. Wir verfahren so, dass Frau Yilmaz und Herr Kreuzmann abwechselnd die Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden. Ich bitte Sie, dann zur Kanzleibank zu gehen und dort Ihren Stimmzettel entgegenzunehmen. Der Stimmzettel enthält Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Mit dem Stimmzettel gehen Sie bitte in eine der Wahlkabinen und nehmen Ihre Wahlentscheidung vor. Ich bitte, den Stimmzettel nur jeweils mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Wil
len des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Nach der Wahlhandlung begeben Sie sich bitte zur Präsidiumsbank, an der die Wahlurne steht. Stecken Sie dann bitte Ihren Stimmzettel in die Wahlurne.
Nun darf ich Herrn Kreuzmann bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Es wäre nett, wenn es insgesamt so leise ist, dass sich jeder selbst hören kann. Herr Kreuzmann, bitte.
Ist ein Mitglied dieses Hauses nicht aufgerufen worden? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass alle Abgeordneten aufgerufen worden sind und die Stimmabgabe abgeschlossen ist. Damit erkläre ich die Wahlhandlung für geschlossen. Ich bitte nun, die Stimmenauszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Stimmenauszählung ist die Sitzung unterbrochen, und ich werde Sie per Signal bitten, wieder hereinzukommen, wenn wir das Ergebnis haben.