Protokoll der Sitzung vom 13.09.2017

Sehr gern, wenn Sie dafür sorgen, dass die anderen rot-grünen Abgeordneten ein bisschen ruhiger sind.

Die Zusage geht nur ohne Bedingungen, aber ich bin Ihnen gern zu mehr Aufmerksamkeit behilflich.

Herr Kollege Kruse, ist Ihnen bewusst, dass Stromnetz Hamburg für das Jahr 2017 nicht nur, wie in der Vorausschau steht, 26 Millionen Euro Plus machen wird, sondern dass auch die Gesellschaft HGV für 2017 mit einem Überschuss von 10 Millionen Euro plant?

Vielen Dank für diesen Hinweis. Ja, das ist mir bewusst. Ist Ihnen denn auch bewusst, dass für das Jahr 2016 im Plan auch ein Gewinn für Stromnetz Hamburg stand, der sich so nicht realisiert hat? Ist Ihnen auch bewusst, dass auch bei der HEG – wir reden nicht über die HGV, ich glaube, da haben Sie jetzt einen kleinen Fehler gemacht – ein Gewinn ausgewiesen war im Plan für das Jahr 2016 und wir tatsächlich in diesem Bereich einen Verlust gemacht haben? Ist Ihnen also bewusst, dass Sie uns falsche Zahlen angekündigt haben? Und ist Ihnen bewusst, dass ein Verlust schlecht und ein Gewinn gut ist und Sie nicht immer nur Gewinne ankündigen können und am Ende Verluste machen? Das ist nämlich schlechte Politik, und genau dazu sind wir nicht beauftragt worden.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos und Stephan Gamm CDU – Glocke)

(unterbrechend) : Lassen Sie erneut eine weitere Zwischenfrage von Frau Sparr zu?

Ja. Zweieinhalb Minuten habe ich noch.

Nur eine kurze Nachfrage: Halten Sie es für angemessen, dass ein Unternehmen, das einen Besitzer

(Stephan Jersch)

wechsel, in diesem Fall in die Hände der Stadt Hamburg, vollzogen hat, nicht nur in die Bücher, sondern auch in deren Anlagen guckt, und wenn es feststellt, dass dort Investitionsbedarf besteht, diesen dann auch tätigt?

Ja, das halte ich für angemessen, das habe ich übrigens in meiner Rede auch schon gesagt; vielleicht waren Sie da nicht ganz aufmerksam. Halten Sie es im Gegenzug dann auch für angemessen, dass Ihr Senator – damals noch in der Rolle als Fraktionsvorsitzender – sich hier in die Bürgerschaft stellt und vor dem Volksentscheid sagt, es gebe garantierte Gewinne für Netzunternehmen? Die gibt es nicht. Es gibt lediglich eine in der Höhe garantierte Vergütung für den Strom, aber der Gewinn ist nicht garantiert. Dass er nicht garantiert ist, sieht man auch daran, dass Ihr Unternehmen unter Berücksichtigung der Finanzierungskosten einen Verlust gemacht hat. Genau das prangern wir an. Sie haben die Hamburgerinnen und Hamburger im Jahr 2013 hinter die Fichte geführt. Wir messen Sie jetzt an Ihren Wahlversprechen. Eines Ihrer Versprechen zum Netzerückkauf hat gelautet, dass wir mit den Netzen über 50 Millionen Euro nach Zins und Tilgung Gewinn machen. Davon sind wir weit entfernt. Wir machen Verluste. Und da ist das alles noch gar nicht berücksichtigt. Insofern halte ich das für in Ordnung, aber Sie sollten sich dann auch einmal an Ihren Versprechungen messen lassen. Sie haben echt versagt. Deswegen haben wir Sie im Mai mit unserem Antrag dazu aufgefordert, den Netzerückkauf so lange auszusetzen, bis Sie uns einen vernünftigen Plan präsentieren können, wie Sie die Schulden, die Sie für die Hamburgerinnen und Hamburger zusätzlich machen, zurückzahlen können. Diesen Plan wollen wir von Ihnen sehen. Dieser Plan ist von den Hamburgerinnen und Hamburgern gefordert worden, die den Netzerückkauf wollten. Deswegen sollten Sie ihn endlich vorlegen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos und Stephan Gamm CDU)

Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verstaatlichungen sind so gut wie immer falsch, weil ineffizient. Das wird umso schlimmer, je länger dieser Zustand anhält.

(Farid Müller GRÜNE: Es nützt ja nichts! Das Volk hat entschieden!)

Das gilt besonders für Monopole, weil bei Monopolen nicht mehr der normale Marktmechanismus da ist, der die Ineffektivität begrenzen könnte, wie

zum Beispiel bei Sparkassen. Mit anderen Worten: Die Entscheidung war falsch, aber es ist die Entscheidung des Souveräns gewesen. Die Bürger haben sich entschieden. Diese Entscheidung war zwar falsch, aber sie haben sich entschieden, und jetzt hat der Senat den Schwarzen Peter.

Nun habe ich gehört, dass Senator Kerstan gleich ans Pult treten will; er wird es sicherlich schönreden, dessen bin ich sicher. Trotzdem finde ich es inakzeptabel, wenn in diesem Antrag vonseiten der Regierungsfraktionen die CDU und die FDP dafür gescholten werden, dass sie das problematisieren, und sie zu Verfassungsfeinden erklärt worden sind. Das ist wirklich daneben und es ist inakzeptabel, das in einem Antrag zu formulieren.

(Beifall bei der AfD – Dirk Nockemann AfD: Bravo!)

In der Sache haben Sie natürlich recht. Im Antrag steht, dass der Senat das prüfen soll. Dem stimmen wir zu. Klar ist natürlich, was dabei herauskommt. Es wird ein schöner Bericht werden nach dem Motto, alles prima, alles super gelaufen, wir sind alle glücklich. Aber das ist natürlich kein Bericht, den die Bürgerschaft haben möchte. Die Bürgerschaft braucht einen Bericht, in dem unabhängige Gutachter aufzeigen, was passiert ist. Dann wollen wir sehen, ob das, was der Senat uns hier vortragen wird, auch vor unabhängigen Gutachtern standhält. Ich fürchte nein. Deshalb glaube ich auch, dass der Senat meinem Vorschlag, unabhängige Gutachter zu berufen, nicht folgen wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, das Wort bekommt nun Herr Senator Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Wir erinnern uns alle, dass vor vier Jahren, im Rahmen des Volksentscheids zum Rückkauf der Hamburger Energienetze, die politischen Auseinandersetzungen hart waren, auch hier im Hause.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Stimmt!)

Heute, vier Jahre später, hätte ich gedacht, dass diese Entscheidung und diese Auseinandersetzungen hinter uns liegen, und ich hatte vor, eine staatstragende Rede zu halten. Bei diesen hanebüchenen Argumenten, die ich gerade gehört habe, fällt es mir sehr schwer, bei meinem Vorsatz zu bleiben. Ich will aber zumindest versuchen, im Ton sachlicher zu bleiben als die Opposition.

Volksentscheide sind, wie in unserer Verfassung steht, verbindlich. Es war notwendig, das in unsere Verfassung zu schreiben, weil die größte Oppositionspartei, als sie in Regierungsverantwortung un

(Ulrike Sparr)

ter Bürgermeister Ole von Beust war, es für rechtens hielt, einen Volksentscheid zur Reprivatisierung des LBK zu ignorieren, mit dem das Volk der Regierung aufgetragen hatte, ihn nicht zu verkaufen.

Heute, vier Jahre später, tut genau die gleiche Partei, die damals den Volkswillen missachtet hatte, sodass das Volk sich genötigt sah, in die Verfassung zu schreiben, dass auch eine Regierung sich an den Volkswillen zu halten hat, so, als könne sie in der Opposition den Volkswillen erneut ignorieren, indem eine Entscheidung des Volkes, die Netze zurückzukaufen, ignoriert und der Verkauf ausgesetzt werden kann.

(Michael Kruse FDP: Nein, Sie ignorieren, dass das Volk Sie beauftragt hat!)

Zeigen Sie mir einen einzigen Paragrafen in unserer Verfassung, der Sie dazu berechtigt. Sie werden ihn nicht finden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dass Sie vier Jahre später im Grunde genommen den gleichen Fehler mit voller Inbrunst wieder begehen, lässt doch in puncto eines Demokratieverständnisses in diesem Hause auch bei der größten Oppositionspartei, übrigens auch bei der FDP, sehr zu wünschen übrig. Das halte ich für eine traurige Entwicklung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt kommen wir einmal zu den Versuchen, das inhaltlich zu unterfüttern. Ich muss mich doch schon sehr wundern, dass eine Partei wie die FDP, die sich Wirtschaftspartei nennt, offenkundig nicht in der Lage ist, Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen richtig zu lesen. Denn Herr Kruse hat heute mehrfach gesagt, dass Stromnetz Hamburg Verluste machen würde.

(Michael Kruse FDP: Nein, das habe ich nicht gesagt, Herr Kerstan!)

Doch, natürlich, dann gucken Sie einmal ins Protokoll.

(Michael Kruse FDP: Nein, dann lesen wir zusammen das Protokoll! Das ist doch Quatsch! Zitieren Sie mich doch nicht falsch!)

Ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Mehrfach haben Sie davon gesprochen, dass wir mit dem Rückkauf der Netze Verluste machen. Da würde ich Ihnen einfach empfehlen, einen Blick in die Gewinn- und Verlustrechnung von Stromnetz Hamburg des letzten Jahres zu werfen. Dann werden Sie feststellen, dass Stromnetz Hamburg im letzten Jahr 11,4 Millionen Euro Gewinn gemacht hat.

(Michael Kruse FDP: Das weiß ich, das ha- be ich nicht bestritten!)

Hören Sie auf, um Ihrer kruden Thesen willen schlichtweg die Unwahrheit zu sagen.

Es ist erstaunlich, dass Stromnetz Hamburg in diesem Jahr einen Gewinn gemacht hat, obwohl in diesem Jahr erstmalig die beiden Servicegesellschaften mit mehreren hundert Mitarbeitern inklusive Pensionsverpflichtung von Vattenfall übernommen wurden. Und das übrigens – auch das ist etwas, Herr Kruse, wenn Sie sich einmal mit Zahlen beschäftigen würden –, obwohl Stromnetz Hamburg im letzten Jahr 50 Prozent mehr investiert hatte, als der Vorbesitzer Vattenfall vorgesehen hatte. Selbst bei einer Erhöhung der Investitionsquote um 50 Prozent macht Stromnetz Hamburg immer noch Gewinne. Insofern sollten Sie als Wirtschaftspartei einmal versuchen, aus einem Plus nicht ein Minus zu machen. Ihre Wirtschaftskompetenz haben Sie heute nun wirklich nicht unter Beweis gestellt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

(unterbrechend) : Herr Senator, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren, es ist zu laut. Ich sehe hier mindestens zehn Zweiergespräche und bitte doch darum, dass Sie diese im Plenarsaal einstellen. – Herr Senator, Sie haben das Wort.

Herr Kruse.

Entschuldigung, eine Zwischenfrage von Herrn Kruse. Lassen Sie sie zu?

Das Parlament darf den Senat immer fragen.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Herr Kerstan, ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Lesen Sie eigentlich die Antworten, die der Senat auf Schriftliche Kleine Anfragen der Abgeordneten gibt? Die zweite, damit verbundene Frage: Haben Sie gelesen, dass der Senat auf meine Anfrage geantwortet hat, dass die HEG Verluste gemacht hat

(Dr. Monika Schaal SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

und diese nur damit zu begründen sind, dass die Netze zurückgekauft werden mussten, und dass für den Netzerückkauf ein Verlust im Jahr 2016 zu Buche geschlagen ist, oder ignorieren Sie diesen Tatbestand?