Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Aber das mache ich natürlich nicht. Ich sage einmal so: Es ist mir egal, ob der CDU Weihnachten wichtig ist. Das ist es mir auch. Das war eine Stellungnahme der Partei. Das sind Entscheidungen von Parteikollegen. Es gibt auch andere; bei uns darf man auch anders denken, vielleicht bei Ihnen nicht.

(Hansjörg Schmidt SPD: Jetzt kommt der Lindner-Tag!)

Ich gehe also davon aus – ich kann nichts vorweg nehmen, aber es wird wahrscheinlich so sein –, dass wir uns bei den abschließenden Abstimmungen entweder enthalten oder dagegen stimmen. Aber nicht, weil wir gegen den Reformationstag sind oder die Ideologie und das, was aus ihm hervorgegangen ist.

Ich habe dazu noch zwei Punkte. Wir haben bereits jetzt eine Menge Feiertage, und wenn man sich anschaut, wie sie gelebt werden, ist es so, dass wir leider die Erfahrung haben, dass einige

von ihnen eigentlich nicht mehr nach dem Sinn, den sie einmal gehabt haben, gelebt werden,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was meinen Sie damit?)

und man sich meines Erachtens erst einmal Gedanken darüber machen sollte, dass ein Feiertag nicht nur ein freier Tag ist, sondern auch sein Sinn gelebt werden muss. Das wird bei einigen Feiertagen mehr gelebt, zum Beispiel Weihnachten, und bei anderen fragt man sich, ob eigentlich noch mehr als 10 Prozent der Bevölkerung wissen, warum wir eigentlich einen Feiertag haben. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Brauchen wir diesen Feiertag noch oder aber versuchen wir, den Sinn dieses Feiertags der Bevölkerung näherzubringen?

Das sind schon starke Punkte. Und jetzt einen weiteren Feiertag hinzufügen, der zugegebenermaßen sehr wichtig ist … Wir sind nicht gegen den Reformationstag, sondern gegen die Kombination eines Feiertags mit einem freien Tag. Das ist dann Punkt 3. Wir sollten auf jeden Fall versuchen, diese Kombination Feiertag und freier Tag in der Diskussion so weit auseinanderzuhalten, dass man sagt: Wir brauchen nicht einen Feiertag, nur weil die Bayern fünf Feiertage mehr haben. Das kann nicht der Grund dafür sein, einen weiteren Feiertag einzuführen.

Ich kann Ihnen eine Hypothese von mir nennen, warum es den Bayern, obwohl sie fünf Feiertage mehr haben, wirtschaftlich trotzdem besser geht: Sie haben sehr viel mehr Lebensfreude,

(Christiane Blömeke GRÜNE: Nur beim Ok- toberfest!)

und sie haben einen höheren Erwerbssinn. Das ist für mich der Grund, warum im Süden …

(Zurufe)

Nein, das nehme ich nicht zurück.

Das könnte vielleicht unter Umständen auch ein bisschen etwas mit Katholizismus zu tun haben. Aber das will ich jetzt nicht weiter ausführen.

Natürlich wird ein weiterer freier Arbeitstag wirtschaftliche Auswirkungen haben, das haben wir lesen können. Damit kann man leben, wenn der Grund für diesen Feiertag überstrahlend ist. Aber ein freier Tag ist nicht nur ein freier Tag, sondern er bedeutet auch für viele Menschen Einschränkungen, Einschränkungen in ihrer Freiheit. Es gibt zum Beispiel einen Feiertag, an dem man nicht einmal tanzen darf.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist der aber nicht!)

Das nur als Beispiel. Es gibt Menschen, die möchten nicht noch einen weiteren Feiertag, sondern sie möchten einen Tag, an dem sie mehr arbeiten

(Norbert Hackbusch)

können, an dem sie etwas anderes machen können, und zwar etwas, das an einem Sonn- oder Feiertag verboten ist.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Das muss auch einmal in die Diskussionskultur hineingehen. Wir können den Menschen nicht immer nur sagen: Wir haben jetzt einen neuen Feiertag, das ist ja toll, ein prima Geschenk, Kamelle unter die Leute. Das kann nicht das Argument sein. Das Argument muss sachlich fundiert sein, und man muss auch fragen können, ob es, wenn man einen sehr wichtigen Tag für Hamburg als Feiertag haben möchte, ausgeschlossen ist, dass man stattdessen auf einen anderen Feiertag – oder zumindest den freien Tag, den man dann hat – verzichten kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion bekommt nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Jahr ist der Reformationstag im gesamten Deutschland Feiertag. Das ist auch richtig, da eine 500-Jahr-Feier etwas ganz Besonderes ist. Trotzdem habe ich als Arbeitgeber ein wenig gezuckt, bringt dieser Tag doch Gehaltszahlungen und Produktionsausfall mit sich. Noch schlechter stehen Krankenhäuser, Altenheime oder Hagenbecks Tierpark da, denn hier müssen auch noch Feiertagszuschläge bezahlt werden. Henning Vöpel, der Direktor des HWWI, beziffert den Verlust an Wertschöpfung in Hamburg auf 150 Millionen Euro für diesen einen Tag. Dabei sind alle positiven Effekte bereits eingerechnet, da der Aufwand der Hamburger Arbeitgeber rund 400 Millionen Euro für einen Tag beträgt.

Die CDU stellt also nun den Antrag, in Hamburg jedes Jahr den Reformationstag als Feiertag einzurichten. Diese Forderung ist nicht neu, auch in Schleswig-Holstein wird dies diskutiert. Mütter oder Väter, die Zeit mit ihren Kindern verbringen – eine schöne Vorstellung. Für gestresste Einzelhandelskauffrauen ein Tag der Erholung oder Besuche im Altenheim – ja, das klingt für mich auch sehr gut, familienfreundlich eben. Schauen wir dann allerdings auf das Gastschulabkommen mit SchleswigHolstein, dann ist das schon nicht mehr ganz so familienfreundlich, denn knapp 2 800 Schüler wären ohne Betreuung. Deren Eltern hätten keinen Feiertag und für sie wären die Schulen geschlossen.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber die könnten sich freinehmen!)

Wenn überhaupt der Reformationstag als Feiertag eingerichtet würde, dann sollte es bitte mit Schleswig-Holstein gemeinsam geschehen – wenn überhaupt.

Nun ist der Reformationstag ausgerechnet der Tag, an dem schwarz-rot-grau verkleidete kleine und große Hexen, Skelette, Zombies, Vampire und Ähnliches durch die Straßen laufen und Bewohner auffordern, ihnen Süßigkeiten zu geben, weil sie ihnen sonst Streiche spielen. Diese zeitweiligen Übergriffe würden durch einen Feiertag durchaus noch zunehmen.

Nur etwa 27 Prozent der Hamburger Bevölkerung ist überhaupt noch evangelisch, und – die Tendenz ist zunehmend – Kirchenaustritte nehmen weiterhin zu.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie können doch Hal- loween verbieten!)

Ob dies an der höheren Steuer- oder Abgabenlast des Staates liegt oder völlig andere Ursachen hat, sei dahingestellt. Ist ein kirchlicher Feiertag unter dieser Prämisse sinnvoll?

Diese und viele andere Fragen sollten wir klären. Auch sollten wir die Erfahrungen der Polizei mit dem diesjährigen Reformationsfeiertag erfragen. Eine Ausschussüberweisung ist sinnvoll. Eine Zustimmung würden wir diesem Antrag heute verweigern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun die Drucksache 21/10513 und 21/10614 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig der Fall.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 34, Drucksache 21/10507, Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Stadtplanung von heute für die Stadtentwicklung von morgen: Potenziale entlang der Magistralen identifizieren und planerisch vorbereiten.

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Stadtplanung von heute für die Stadtentwicklung von morgen: Potenziale entlang der Magistralen identifizieren und planerisch vorbereiten – Drs 21/10507 –]

Die Fraktionen der CDU, LINKEN und FDP möchten diese Drucksache an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion, Sie bekommen es.

(Dr. Kurt Duwe)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die neuesten und aktuellsten Prognosen sagen voraus, dass etwa 160 000 Menschen in den nächsten 15 bis 20 Jahren nach Hamburg kommen, hier wohnen und leben möchten. Darauf müssen und darauf wollen wir uns vorbereiten.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Duge, einen Moment bitte. – Meine Damen und Herren! Wir beginnen gerade mit einer neuen Debatte. Ich bitte darum, dass Sie das zur Kenntnis nehmen oder sonst gern den Plenarsaal verlassen.

Herr Duge, fahren Sie fort.

Dieser Entwicklung trägt der von SPD und GRÜNEN eingebrachte Antrag "Stadtplanung von heute für die Stadtentwicklung von morgen" vorausschauend Rechnung. Hamburgs Magistralen bergen viel mehr Wohnungsbaupotenziale, als es ihnen heute auf den ersten Blick vielleicht anzusehen ist.

Der Wohnungsbau für die nächsten fünf bis zehn Jahre findet derzeit wesentlich auf ehemaligen Kasernenflächen – Jenfelder Au, Neugraben –, auf Bahnanlagen – zum Beispiel in Altona –, Betriebsanlagen – Holsten-Quartier –, auf der Trabrennbahn Bahrenfeld oder bei der verlegten Wilhelmsburger Reichsstraße in Wilhelmsburg statt. Über die nächsten fünf bis zehn Jahre hinaus brauchen wir weitere Wohnungsbaupotenziale. Der Kleine Grasbrook, über den wir heute schon diskutiert haben, wird hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, aber wir werden mehr als die dort anvisierten 3 000 Wohnungen brauchen.

Hamburg ist eine grüne Stadt und soll es auch bleiben. Wir wollen nicht mehr in die Situation kommen, auf Grünarealen bauen zu müssen, sondern konsequent innen verdichten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Cansu Özdemir DIE LINKE)

Unser Magistralen-Antrag entspricht dem auf den Plänen Schumachers basierenden Achsenkonzept, lässt Grünachsen unangetastet und verdichtet Entwicklungsachsen. Wer heute die Magistralen einmal aufmerksam entlangfährt, kann zahlreiche Flächen mit ein- und zweigeschossiger Nachkriegsbebauung ausmachen – Wandsbeker Chaussee, Ritterstraße Höhe Ölmühlenweg –, und wenn man nach Barmbek hinausfährt, ist neben der ehemaligen Margarine Voss ein riesiger Platz, wo Gebrauchtwagen direkt an der Hauptstraße stehen.

Welche Wohnungsbaureserven an den Magistralen liegen, hat ein mit Bundesmitteln gefördertes