Herr Kienscherf lobt die Regierung dafür, die Kitas ausgebaut zu haben. Es ist sehr gut, dass wir mehr Kita-Plätze haben,
nur, Sie haben über die Quantität, nicht aber über die Qualität gesprochen. Warum haben wir bald eine Volksinitiative?
Weil es Ihnen nur um Quantität geht, Sie aber nicht darauf achten, wie die Kinder betreut werden. Auch wenn Sie mit einigen Tricks vielleicht wieder versuchen werden, eine Volksinitiative zu verhindern, werden Sie demnächst hören, wie die Situation ist. Sie werden hören, dass die Erzieherinnen und Erzieher sagen, so können wir keine gute Betreuung der Kinder leisten. Und da sind Sie gefragt.
Nun komme ich einmal zu dem versöhnlicheren Teil. Was hindert Sie daran, diese alten Muster über Bord zu werfen? Was hindert Sie daran, bestimmte Dinge gemeinsam zu denken? Die SPD hat am Wochenende den ersten Schritt gemacht. Sie haben gesagt, man müsse Stadtentwicklung und Verkehr zusammen denken. Super, alte Erkenntnis, aber immerhin. Dann denken Sie doch einmal Stadtentwicklung, Verkehr, Soziales und Wirtschaft zusammen. Das wäre ein Fortschritt, von dem Sie leider noch weit entfernt sind.
Nun zu dem, was Sie als Rot-Grün vorschlagen und was auch die CDU vorschlägt: Worin besteht eigentlich der Unterschied zu Ihren Planungen, die Sie vor 10, 15, 20 Jahren vorgeschlagen haben?
Sie sagen, man müsse mehr Wohnungen bauen. Das ist richtig. Aber Sie reden nicht darüber, wie die Wohnungen aussehen müssen und wie man weniger Flächenverbrauch pro Wohnung erreichen kann.
Es gibt Beispiele für gemeinschaftlicheres Wohnen, das weniger Fläche pro Nase verbraucht. Das interessiert Sie nicht.
Man muss auch darüber reden, wie sich der Verkehr entwickelt. Sie sagen im Verkehrsausschuss, dass wir irgendwann Anrufautos haben werden. Das heißt doch auch, dass Stellplätze wegfallen und wir somit mehr Platz in der Stadt haben werden –
ein oberirdischer Stellplatz hat eine Fläche von rund 10 Quadratmetern. Vor diesem Thema haben Sie Angst. Nehme ich das Wort Auto in den Mund und sage, hier müsse etwas verändert werden, haben Sie Angst, Wählerinnen und Wähler zu verlieren. Sie haben nicht den Mut, eine andere Stadt zu entwickeln, und das ist traurig.
Wir werden nachher über das Thema Entwicklung an den Hauptstraßen diskutieren. Sie sagen, dass Sie an Hauptstraßen bauen wollen – das ist gut –, aber gleichzeitig sagen Sie, dass Sie nicht weniger Autoverkehr haben wollen. Und zu Recht wird gefragt, ob es attraktiv ist, an den Hauptstraßen zu wohnen. Dann sagen verweisen Sie auf die Elektroautos, die leiser und abgasärmer sind. Apropos
leiser: Herr Steffen hat Ihnen in der letzten Legislatur immer wieder erzählt, dass es auch bei Elektroautos Fahrgeräusche gibt.
Sie müssen, wenn Sie attraktives Wohnen schaffen wollen, auch das Thema Verkehr angehen. Das machen Sie aber nicht, und ich kann nur hoffen, dass Sie lernfähig sind.
Ich fasse zusammen: Eine gute Stadtentwicklung ist möglich, wenn Sie bereit sind, Ihre alte Wachstumsideologie über den Haufen zu werfen, wenn Sie bereit sind, sich die soziale Situation dieser Stadt anzusehen,
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss Frau Sudmann in einem recht geben: Auch ich denke, dass wir diese Diskussion etwas grundsätzlicher führen und uns nicht im Klein-Klein verheddern sollten.
Vor 15 Jahren war Hamburg mutig. Ole von Beust und Wolfgang Peiner haben, übrigens mit FDP-Beteiligung, das Leitbild "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" eingeführt, das Senator Kerstan jetzt in einem "Hamburger Abendblatt"-Interview zu kassieren versucht hat, indem er sich, wie Olaf Scholz bereits seit 2011, dazu bekannt hat, dass er die stagnierende und damit absehbar schrumpfende Stadt haben möchte. Das ist wohl offenbar das neue grüne Entwicklungsziel. Wir Freie Demokraten schließen uns diesem Schwarz-Weiß-Denken auf jeden Fall nicht an.
Weder Abschottung oder Ausgrenzung hinter neuen Stadtmauern noch ungebremste Bevölkerungsexplosion helfen Menschen und Unternehmen. Wachstum und Nachhaltigkeit, Hamburger Tradition und kulturelle Vielfalt, Erhalt des Gewachsenen und neue Anstöße durch Zuwanderung, das gehört für uns einfach zusammen. Nur so können wir unsere Handelsmetropole in eine prosperierende Zukunft führen. Das ist ein Ziel, bei dem wir als FDP sehr gern aktiv mithelfen wollen.
Für uns sind drei Handlungsfelder zentral. Das erste ist Digitalisierung. Hamburg muss als Zentrum der Metropolregion zur digitalen Avantgarde werden, und zwar in der Bildung, in der Wirtschaft und in der Verwaltung. Nur ein Beispiel: Nicht sechs, sondern alle 310 staatlichen allgemeinbildenden Schulen brauchen ein flächendeckendes WLAN. Die Bildungscloud für Schüler und Lehrer als virtueller Lehr- und Lernraum muss einfach Alltag werden in unserer Stadt.
Nur wenn Rot-Grün hier endlich handelt, werden wir unsere Kinder auf die Berufsfelder von morgen vorbereiten können. Auch im Hafen brauchen wir Breitbandausbau, und zwar mit Hochdruck. Die Unternehmen in diesem Welthafen sind ohne Netz von der Welt abgehängt. Diese Schwäche sehen wir auch in der Verwaltung. Statt nach baltischem Vorbild loszulegen, liegen auch hier die Chancen der Digitalisierung brach.
Es gibt ein McKinsey-Gutachten, das besagt, dass Investitionen von 2,5 Milliarden Euro bundesweit mittelfristig Einsparungen in Höhe von 6 Milliarden Euro bieten. Bei diesem Bund- und Länderthema erwarten wir von Ihnen, Herr Scholz, dass Sie Druck in Berlin machen.
(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Du ver- handelst doch morgen in Berlin darüber!)
Zweites Handlungsfeld: Wohnungsbau. Ein Stadtstaat mit begrenztem Raum braucht Nachverdichtung und Dachaufbauten. Wir als FDP haben dazu bereits mehrfach konkrete Vorschläge gemacht. Unsere Vorstellung ist, die Metropolregion durch engere Kooperation mit Kiel und Hannover in der Flächenplanung zu stärken. Wir wollen die in Hamburg vorhandenen Flächen effizienter nutzen, wir wollen das Wohnen auf Hausbooten stärker fördern und gleichzeitig Flachdächer, Brachen und städtische Restflächen in grüne Oasen verwandeln. Das ist Zukunftswachstum mit Urban Farming und grünen Lungen – das geht zusammen.
Drittes Handlungsfeld: Verkehr. Hamburg steht immer mehr im Stau; das erleben wir jeden Tag. Der Senat vergeudet die Lebenszeit der Menschen, belastet die Umwelt, verursacht hohe volkswirtschaftliche Schäden mit sinnlosen teuren Verkehrsprojekten wie der Busbeschleunigung – das muss aufhören. Stattdessen brauchen wir realistischere Prioritäten, Zeit- und Kostenpläne für Straße, Schiene, Wasser und Luft. Wir wollen Hamburg zur Modellregion für den flexiblen Individual
verkehr machen. Dazu brauchen wir attraktive Verkehrssysteme, vernetzte Smart-Apps, genug Ladestationen für Elektroautos oder digitalisiertes Parkplatzmanagement. Das sind Wachstumskonzepte für den Verkehr der Zukunft, in die man investieren sollte.