Wir haben an anderen Tagen übrigens in diesem Hause auch schon darüber diskutiert, ob es okay ist, Millionären und Leuten mit hohen Einkommen fünf Stunden gebührenfrei zu geben. Wenn die Diskussion so ist, und die war vor allen Dingen auf dieser Seite des Hauses so, dann muss man auch sehr viel Wert darauf legen, sich nachweisen zu lassen, wer Anspruch auf welche Gebührenfreiheit jenseits der fünf Stunden hat – am Ende ist es eine steuerliche Bezuschussung der Betreuungskosten. Das ist das Wesen unseres Kita-Gutscheinsystems und das ist das, worum uns viele Kommunen beneiden. Daran, finde ich, sollten wir festhalten.
Vielen Dank, Frau Senatorin, auch dafür, dass Sie die Redezeit nicht ausgeschöpft haben. Das fand ich gut.
Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Antrag? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Überweisungsbegehren.
Wer möchte die Drucksache 21/10913 an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wer den Antrag annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist auch abgelehnt.
Die Abgeordneten müssen nicht sitzen bleiben, wenn sie abstimmen. Man muss nur ab und zu einmal um die Ecke gucken können.
Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 34, Drucksache 21/10910, Antrag der AfD-Fraktion: Ärztliche Atteste zur Verhinderung einer Abschiebung bedürfen einer amtsärztlichen Bestätigung.
[Antrag der AfD-Fraktion: Ärztliche Atteste zur Verhinderung einer Abschiebung bedürfen einer amtsärztlichen Bestätigung – Drs 21/10910 –]
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abschiebung ausreisepflichtiger
Ausländer ist in den letzten Jahren häufiger zur Chefsache erklärt worden. Auch die Frau Bundeskanzlerin Merkel sagte, hier müsse sich endlich einmal etwas tun. Wenn etwas zur Chefsache erklärt wird, dann bedeutet das, dass es in der Vergangenheit nicht funktioniert hat und dass es sicherlich auch in der Zukunft nicht funktionieren wird,
obwohl die Funktionsfähigkeit zentral ist. Nach wie vor haben wir in Deutschland viel zu viele ausreisepflichtige Ausländer. Die Abschiebungen scheitern erstens, weil es in den Bundesländern an dem politischen Willen dazu fehlt, zweitens, weil Ausländer ab und zu Widerstand leisten, drittens, weil es an den erforderlichen Passpapieren fehlt, und viertens beispielsweise, weil sich Herkunftsländer weigern, ihre Inländer zurückzunehmen. Daneben gibt es dann aber auch einen weiteren Grund, warum Abschiebungen nicht durchgeführt werden; das sind Krankheitsfälle. Gemäß Paragraf 60 Absatz 2 c Aufenthaltsgesetz ist in Fällen von Krankheit eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung, die die Erkrankung glaubhaft macht, beizubringen. Im letzten Jahr war Bundesinnenminister de Maizière in die Kritik geraten, weil er davon gesprochen hat, es gebe eine Vielzahl von ärztlichen Attesten, die nicht richtig seien und fälschlicherweise eine Reiseunfähigkeit bestätigten. Der Innenminister konnte das allerdings auch nicht durch belastbare Zahlen bestätigen.
Zumindest nach Recherchen der "Welt am Sonntag" sind ärztliche Gefälligkeitsgutachten jedoch weit verbreitet. Der bayrische Innenminister Herrmann sagte gegenüber der Zeitung "Welt am Sonntag", dass zum Teil auffallend unqualifizierte medizinische Aspekte angeführt werden, um die Abschiebung zu verhindern. Auch der Landrat im Kreis Gütersloh, Sven-Georg Adenauer, hält bis zu 20 Prozent der Atteste, mit denen abgelehnte Asylbewerber ihre Reiseunfähigkeit belegen wollen, für falsch. Im Zusammenhang mit unzutreffenden Attesten laufen auch bereits staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Ärzte.
Es ist daher notwendig, die Möglichkeit von Gefälligkeitsattesten auszuschalten und zu erreichen, dass diejenigen Asylbewerber, die tatsächlich ernsthaft erkrankt sind, nicht abgeschoben werden, diejenigen allerdings, die an einer Krankheit leiden, die gefährlich ist, auch in Deutschland bleiben können.
Um in dieser Absicht die Objektivität der qualifizierten ärztlichen Bescheinigung sicherzustellen, soll zukünftig die Notwendigkeit der amtsärztlichen Bestätigung vorgeschrieben sein. Ein solches Verfahren ist zudem dazu geeignet, Ärzten gegebenenfalls aus ihrer weltanschaulichen und ethischen Zwickmühle herauszuhelfen, die sich dadurch er
geben kann, dass sie ja wissen, dass ihre Patienten, also die Abschüblinge, in ihrer Heimat keine qualifizierte ärztliche Behandlung erfahren können. Es ist daher zu gewährleisten, dass Paragraf 60 a Absatz 2 c Aufenthaltsgesetz eine Ausnahmeregelung bleibt, so wie es im Gesetz vorgesehen ist, und nicht zur Regel wird. Eine solche Regelung hält auch der international anerkannte Ausländerrechtler Kay Hailbronner für unbedingt geboten.
Auch im Zusammenhang mit Paragraf 60 a Absatz 2 d des Aufenthaltsgesetzes wird deutlich, dass amtsärztliche Atteste sinnvoll sind. Eigentlich sollen die ja in der Regel unverzüglich bei Krankheitseintritt beigebracht werden. Es soll eben auch kein Attest auf Vorrat erteilt werden. Die Regel ist allerdings, dass derartige Atteste kurz vor der Abschiebung erteilt und beigebracht werden. Das soll in Zukunft verhindert werden durch diese Neuregelung.
Wenn es dann tatsächlich am Tage oder in der Stunde der Abschiebung zu entsprechenden krankheitsmäßigen Ausfällen kommt, dann soll dort auch ein Amtsarzt bereitstehen. Deswegen appellieren wir an den Senat und bitten die Bürgerschaft zu unterstützen, dass sich Hamburg im Bundesrat für eine derartige Ergänzung des Aufenthaltsgesetzes ausspricht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung, auf die Herr Nockemann eben auch zu sprechen gekommen ist, nämlich woraus sich eigentlich die Notwendigkeit dieses Antrags ableitet. Ich glaube, das muss man sich auch noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Also "Die Welt" hat irgendwann einmal gesagt, ärztliche Gefälligkeitsgutachten sind weit verbreitet – ohne Quellen. Der bayrische Innenminister hat gesagt, es gebe zum Teil auffallend oft medizinische Gutachten, die unqualifiziert sind, und ein Landrat des Kreises Gütersloh mit einem berühmten Namen, nämlich Adenauer, hält 20 Prozent dieser Gutachten für nicht belastbar. Daraus leitet die AfD dann ab, es sei notwendig, die Möglichkeit von Gefälligkeitsgutachten und Gefälligkeitsattesten auszuschalten. Das ist in der Tat eher nach dem Verfahren, ich glaube meinen eigenen Vorurteilen.
Wenn Sachlichkeit da stört, dann müssen wir sie halt einmal akzeptieren, solange sie einer Antragslyrik im Wege steht. Ich glaube, das ist hier für eine ernsthafte Debatte wirklich nicht geeignet.
Vielleicht einmal zu den Fakten. Ärztliche Gutachten, die für ausreisepflichtige Personen eingeholt werden müssen, laufen seit 1999 hier über den ärztlichen Dienst beim Einwohnerzentralamt. Hamburg hatte damals seit 18 Jahren eine fachlich gut aufgestellte Praxis bei medizinischen Fragen im Rückführungsverfahren. Zu den Aufgaben dieses ärztlichen Dienstes gehört es darüber hinaus beispielsweise, Rücksprache mit niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern zur Konkretisierung von vorgelegten Attesten zu halten und vorgelegte Atteste im Hinblick auf eine Reisefähigkeit zu bewerten.
Darüber hinaus steht das Einwohnerzentralamt mit einem Netzwerk fachärztlich versierter Vertragsärzte in Verbindung. Somit hat das Einwohnerzentralamt eine professionelle Unterstützung in medizinischen Fragen. Vor der Einrichtung dieses Dienstes waren Amtsärzte mit diesen Fragen befasst. Das hat sich in vielen Fällen als kontraproduktiv erwiesen, denn die Amtsärzte waren häufig zeitlich und fachlich überfordert.
Das im Antrag vorgeschlagene Verfahren würde daher zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen, ohne dass damit irgendetwas gewonnen wäre. Ganz im Gegenteil, man würde eine Praxis, die sich in fast 20 Jahren als sinnvoll erwiesen hat, abschaffen. Dazu sagen wir klar Nein.
Gestatten Sie mir noch eine weitere Bemerkung. Hier ist eine Änderung auch auf bundesgesetzlicher Ebene angestrebt. Parteien, die neuerdings auch im Bundestag vertreten sind, sollten dort sinnvollerweise ihre Fraktion mit solchen Anliegen befassen.
Wir lehnen den Antrag ab, auch eine Überweisung, denn er ist hier, wie ich schon dargestellt habe, nicht zielführend. Es wäre sinnvoll, Herr Nockemann, wenn Sie die Antworten auf Ihre Anfragen auch selbst lesen würden. Dort steht auch, was im Falle von kurzfristig eingereichten ärztlichen Gutachten erfolgt. Ob dort tatsächlich eine Abschiebung damit verhindert wird, haben Sie nicht belegt. Es ist in der Antwort nicht belegt, eine solche Statistik gibt es nicht. Es gibt aber ein Verfahren, wonach solche Anträge nicht berücksichtigt werden. Erst wenn es tatsächlich kurz vor der Maßnahme zu solch einer geäußerten gesundheitlichen Beeinträchtigung kommt, kommt es zu einer Untersuchung. Diese Untersuchung berücksichtigt nicht das vorgelegte Attest, sondern den Zustand der Rückzuführenden am Flughafen, der wird dann nämlich untersucht. Wenn dann tatsächlich eine
Flugreiseunfähigkeit festgestellt wird, dann wird auch nicht zurückgeführt. So einfach ist das. Damit haben die von Ihnen kritisierten Gutachten gar nichts zu tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu unserem Asylrecht gehört es in der Tat auch, Nein zu sagen. Wer kein Bleibeund kein Aufenthaltsrecht bekommt, der muss schnellstmöglich unser Land wieder verlassen. Das ist nicht nur geltendes Recht, sondern das ist auch unsere Überzeugung als CDU, für die wir auf allen Ebenen eintreten.
In der Tat erleben wir in der Praxis immer wieder, dass es zu Abschiebehindernissen kommt, vor allem immer dann, wenn die ausreisepflichtigen Ausländer ihren Verpflichtungen nicht nachkommen und wenn sie alles tun, um ihre Abschiebungen zu verhindern. Deshalb hat die CDU auf Bundesebene gesetzgeberisch reagiert und Maßnahmen auf den Weg gebracht, um diese Abschiebehindernisse wirksam zu beseitigen. Das muss dann in den Ländern umgesetzt werden. Das, worauf sich die AfD bezieht, die ärztlichen Atteste, wurde im Asylpaket II im März letzten Jahres konkret aufgegriffen.
Da wurde geregelt, dass die Aussetzung der Abschiebung aus gesundheitlichen Gründen nur noch bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen erfolgen kann, die in dem Zielstaat nicht behandelt werden können. Da geht es auch nicht um das gleiche Gesundheitsniveau wie in Deutschland, sondern es muss in dem Land behandelt werden können. Nur wenn das nicht der Fall ist und damit Leib und Leben bedroht sind, kann eine Abschiebung noch verhindert werden.
Es wird außerdem seitdem gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen, das heißt, der Ausländer muss seitdem mit einem qualifizierten Attest nachweisen,
dass die Abschiebung nicht durchgeführt werden kann. Da reicht nicht irgendein Attest, dass man Schnupfen hat, sondern das Attest muss qualifiziert sehr detailliert nachweisen, warum die Reisefähigkeit nicht gegeben ist und warum die medizinische Behandlung hier erforderlich ist. Und dieses