Das heißt, es reicht nicht, am letzten Tag vor der Abschiebung ein Attest aus dem Hut zu zaubern für eine lang bestehende Erkrankung, denn ein Attest, das nicht unverzüglich vorgelegt wird, darf laut Gesetz gar nicht mehr berücksichtigt werden.
Herr Nockemann, die Behörde hat schon jetzt die Möglichkeit, eigene medizinische Untersuchungen anzuordnen. Kommt der ausreisepflichtige Ausländer dieser Verpflichtung nicht nach und lässt sich nicht untersuchen, dann wird auch seine vorgetragene Erkrankung nicht akzeptiert. Insofern reden Sie hier ein Stück weit an der Realität vorbei. Da hat der Bund auf Initiative der CDU bereits gehandelt.
Trotzdem will ich Ihnen in einem Punkt recht geben. Man kann auf die Idee kommen, darüber nachzudenken, ob es nicht Sinn macht, dass dann Amtsärzte diese Atteste ausstellen. Darum haben die Innenminister der Union ja gesagt, das wollen wir prüfen. Das hat man geprüft mit dem Ergebnis, auch das wurde heute schon gesagt, dass die Verfahren sich teilweise erheblich verzögern und verlängern würden. Es würde also nicht dazu führen, die Verfahren der Abschiebung effizienter zu gestalten, sondern sie würden länger dauern. Das wollen wir als CDU ausdrücklich nicht.
So wundert es mich, dass die AfD dann heute hier einen Antrag vorlegt, der im Ergebnis dazu führen würde, dass die Verfahren länger dauern, dass Abschiebungen sich hinauszögern würden. Dass das AfD-Position ist, wundert mich. Es lässt sich vielleicht damit erklären, dass Sie eine Schlagzeile aufgegriffen haben, sich dann aber mit den aktuellen Untersuchungen dazu, mit den Fakten nicht wirklich beschäftigt haben. Ansonsten könnten Sie nicht zu diesem Antrag kommen.
Wir wollen, dass das Aufenthaltsrecht konsequent Anwendung findet, dass diejenigen, die kein Bleiberecht bekommen, unser Land schnellstmöglich verlassen. Dafür haben wir auf Bundesebene die Voraussetzungen geschaffen, das muss jetzt in allen Ländern umgesetzt werden. Solche Anträge, wie Sie sie hier vorlegen, die das Ganze konterkarieren, denen werden wir nicht zustimmen.
Nein, Herr Trepoll, es ist noch nicht alles gesagt, auch noch nicht fast alles, weil man natürlich noch viele weitere Aspekte bei diesem Thema vielleicht erwähnen sollte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn Herr Nockemann in der bekannten Art und Weise hier den Einstieg macht, zwischen Behauptungen und Unterstellungen ein bisschen populistisch verpackt, und dann den Ton etwas verändert, sich in die beamtenrechtliche Sprache aus der Zeit entwickelt, als es noch Untertanen in diesem Staat gab,
Ich möchte schlicht und einfach die Frage stellen: Warum werden eigentlich gesundheitliche und medizinische Atteste für Geflüchtete erstellt? Weil diese Personen nämlich krank sind, und zwar schwer erkrankt in vielen Fällen.
Das ist die Ausgangslage, über die wir hier reden. Aufgrund der Tatsache, dass das Ausländerrecht zum Glück an der Stelle mindestens die Überprüfungsnotwendigkeit vorsieht und sich dann auch möglicherweise daraus Abschiebungshindernisse ergeben, stellen Sie hier Ärztinnen und Ärzte unter Generalverdacht, die unter hohem Aufwand, nämlich oft durch die Übersetzungsnotwendigkeit und das schwere Entwickeln eines gemeinsamen Verständnisses für die Krankheit, zu einem Attest kommen, weil es den Menschen schlecht geht. Alles andere, was Sie behauptet haben, was Sie beschrieben haben, ist kaum belegt, um nicht zu sagen, gar nicht belegt. Was aber belegt ist, ist, dass die Bundesärztekammer genauso wie Landesärztekammern sich sehr wohl einerseits in ihrer Standesordnung, in ihrem Selbstverständnis als Ärztinnen und Ärzte überhaupt nicht in die Richtung bewegen, dass sie Gefälligkeitsgutachten oder Ähnliches erstellen,
sondern hier einem Eid verpflichtet sind und eigenen Qualitätsstandards, die sehr hoch sind. Damit verbunden sind Überprüfungsmöglichkeiten. Bei jedem Gutachten, das Sie nicht glauben, können Sie sich an die jeweilige Landesärztekammer wenden und um Überprüfung bitten. Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg, um im Einzelfall noch einmal um eine Überprüfung eines Gutachtens zu bitten. Was aber überhaupt nicht geht, ist, wenn es schon nicht mehr reicht, dass Sie Geflüchtete hier unter alle möglichen Generalverdachte stellen und die Gruppe der Helferinnen und Helfer in medizinischer Not hier unter den nächsten Generalver
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Ich gehe kurz in die Geschichte und möchte einmal an eine Resolution der Hamburger Ärztekammer von 2003 erinnern mit dem Titel "Dieses Land hat nicht das Recht, Menschen in den sicheren Tod abzuschieben". Der seinerzeitige Innensenator Schill pflegte nämlich ein generelles Misstrauen gegen Ärzte, denen er pauschal Gefälligkeitsgutachten unterstellte. Immer wieder wurden Atteste ignoriert und Menschen trotz schwerer und schwerster Erkrankungen abgeschoben. Ärzte waren willkürlichen Anzeigen ausgesetzt, verurteilt wurde allerdings, soweit wir das recherchiert haben, nie jemand. Damals allerdings galt, Herr Wysocki hat es gesagt, eine Dienstanweisung, wonach die Ausländerbehörde, wenn sie Zweifel an Attesten hatte, Amtsärzte übergehen konnte und stattdessen die Zusammenarbeit mit Fachärzten suchen und pflegen konnte, die entsprechend der Zielvorgabe der Innenbehörde die sogenannte Reisefähigkeit der Betroffenen attestierten.
Was den Geist Ihres Antrags angeht, haben Sie tief in die schillsche Mottenkiste gegriffen: dasselbe Misstrauen gegen Migrantinnen und Migranten, dasselbe Misstrauen gegen Ärzte, das Sie hier schüren. Allerdings haben Sie nicht bemerkt, Herr Nockemann, dass die Realität Sie überrollt hat. Sie haben tatsächlich keine Ahnung, wovon Sie reden.
Es entscheiden am Ende sowieso nicht die Gutachten der behandelnden Ärzte über Abschiebung oder Nichtabschiebung Schwerkranker und Traumatisierter. Darüber entscheidet im Zweifelsfall die Ausländerbehörde beziehungsweise ihr Ärztlicher Dienst, der entsprechende Untersuchungsaufträge an Fachärzte vergibt. Ich weiß gar nicht, wie viele Gutachten in den letzten Jahren dem Eingabenausschuss vorgelegen haben, die die Reisefähigkeit Schwerkranker ausführlich begründet verneinen, und wie oft der Ärztliche Dienst dagegen nach kurzer, meistens durchschnittlich 30-minütiger Untersuchung das Urteil flugreisetauglich fällte, oft mit dem Zusatz: in Begleitung eines Arztes.
Für 2013 und 2014, vor den letzten Regelungsänderungen, liegen uns Zahlen vor. In diesen beiden Jahren haben zwei als Honorarkräfte für die Ausländerbehörde tätige Fachärzte 580 Untersuchungen durchgeführt und in lediglich 62 Fällen eine
Reisefähigkeit verneint. Wohlgemerkt, da geht es nur um die Reisefähigkeit, nicht um den Gesundheitszustand des Betroffenen, nicht um die Frage, ob bei Abschiebung im Zielstaat eine Verschlechterung der Gesundheit oder eine Verkürzung der Lebenserwartung droht, nur in inzwischen eher seltenen Fällen, etwa bei bevorstehendem Tod oder wenn nachgewiesen werden kann, dass Betroffene keinen Zugang zu notwendigen Behandlungen im Zielstaat haben, oder wenn die Abschiebung selbst das Leben gefährdet, gilt Krankheit als Abschiebehindernis. Das ist das Problem und nicht die von der AfD vermuteten Gefälligkeitsgutachten unabhängiger Ärzte. Zusammengefasst, unter jedem Gesichtspunkt, der mir einfällt, hätten Sie sich Ihren Antrag sparen können.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag der AfD ist populistisch. Auf der Basis einer pauschalen Unterstellung gegenüber der Ärzteschaft werden hier unausgegorene Forderungen erhoben.
Wir sind gegen pauschale Verurteilungen. Glauben Sie im Ernst, dass massenhaft Ärzte ihre wirtschaftliche Existenz durch Gefälligkeitsatteste aufs Spiel setzen? Wenn Sie dies ernsthaft glauben, zeugt das einmal mehr von Ihrem Realitätsverlust.
Fakt ist doch, dass die Hürden für eine Aussetzung einer Abschiebung aus medizinischen Gründen bereits jetzt recht hoch sind. Paragraf 60 d Absatz 2 c des Aufenthaltsgesetzes führt eindeutig aus, dass an eine qualifizierte Bescheinigung hohe Ansprüche gestellt werden. Wollen Sie wirklich behaupten, dass diese Ansprüche massenhaft nicht erfüllt werden?
Sollte es Zweifel über die Reisefähigkeit eines Abzuschiebenden geben, werden bereits jetzt die Amtsärzte bemüht. Paragraf 60 d Absatz 2 d des Aufenthaltsgesetzes besagt weiterhin, dass die Behörde berechtigt ist, eine vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nicht Folge geleistet wird. Wenn wir außerdem in Betracht ziehen, dass bereits jetzt Bescheinigungen von Allgemeinmedizinern nicht ausreichen und dass Psychologen nicht bescheinigen dürfen,
müssen wir sagen, faktisch ist die Hürde hoch genug. Die Kosten und zeitintensive angeordnete Untersuchung nun jedem präventiv zukommen zu lassen, ohne dass stichhaltige Gründe für eine solche Maßnahme vorliegen, halten wir für unangebracht. Unserer Ansicht nach ist dieser Antrag ein in einen Antrag gegossenes Vorurteil und wir lehnen den Antrag daher ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Nicolaysen. – Ich habe eine Wortmeldung der fraktionslosen Abgeordneten Güçlü gesehen. Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Inhaltlich haben hier alle Vorrednerinnen und Vorredner das Entscheidende gesagt. Ich glaube, dazu braucht man nichts ergänzen. Aber ich möchte doch noch zwei, drei andere Sätze sagen. Ich finde, Herr Nockemann, Sie haben sich wieder so wunderbar disqualifiziert. Zum einen haben Sie gezeigt, dass Sie die bestehende Gesetzeslage nicht kennen, geschweige denn die Praxis. Und dann haben Sie noch mit dem Antrag genau das sozusagen gefordert, was Sie eigentlich gar nicht wollen, dass sich die Verfahren verlängern.
Das haben eben auch schon die Vorrednerinnen und Vorredner gesagt. Also Sie haben wieder einmal gezeigt, dass Sie im Grunde genommen völlig disqualifiziert sind für das, weswegen Sie hier sitzen.
Worum genau geht es denn der AfD? Der AfD geht es darum, was sie eigentlich schon immer gemacht hat, Flüchtlinge, wenn sie dann vielleicht sogar noch muslimisch sind, immer unter einen Generalverdacht zu stellen, ihnen immer irgendwie Lug und Betrug vorzuwerfen. Diesmal haben wir einen neuen Aspekt, dass plötzlich auch die Ärzte möglicherweise irgendetwas nicht völlig korrekt machen, Gefälligkeitsatteste sind hier im Spiel. Also auf einmal kommt ein neuer Generalverdacht. Und wenn man Ihre Denke weiterdenkt,