Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

das uneingeschränkte Recht auf Bildung zu. Und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Das universale Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung steht über – über – asylpolitischen oder irgendwelchen finanziellen Erwägungen. Das ist auch in Artikel 13 des UN-Sozialpakts und in Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention verbrieft. Daher stellen wir allen Kindern und Jugendlichen ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus möglichst dieselben schulischen Möglichkeiten bereit. Niemand weiß, wie lange sich die Kinder und Jugendlichen in Deutschland oder in Hamburg aufhalten werden. Deshalb müssen wir sie so schnell wie möglich in das schulische Regelsystem eingliedern. Eine gute schulische Ausbildung ist die beste Grundlage dafür, später beruflich auf eigenen Beinen zu stehen. Falls sie irgendwann einmal nach Syrien oder nach Afghanistan zurückkehren, können sie die schulische oder berufliche Qualifizierung, die sie bei uns genossen haben, in ihren Heimatländern einsetzen. Das ist doch auch ein wichtiger Beitrag zur Entwicklungshilfe.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Die AfD versteckt sich in ihrer Antragsbegründung hinter dem Mäntelchen der Fürsorge gegenüber den einheimischen Kindern und Jugendlichen. Wer sind diese einheimischen Kinder und Jugendlichen? Ihnen tut jede Zeit leid, die wir in die Bildung von nicht deutschen Kindern investieren. Sie wollen die Ausgrenzung, Sie wollen die Hetze. Wir wollen aber friedlichen und solidarischen Zusammenhalt. – Vielen Dank. Ihren Antrag werden wir ablehnen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Abaci. Nach Ihnen spricht jetzt Frau Stöver für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Abgeordneten von der AfD, Ihr Antrag widerspricht nur einem, und zwar der Menschlichkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Sie gehen in Ihrer Angst vor Muslimen oder vor allem, was Fremdheit bedeutet, deutlich zu weit in diesem Antrag. Ich finde Ihren Antrag und vor allem den Geist, der dahintersteckt, wirklich erschreckend und unfassbar.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Richtig ist, dass wir bei der Integration und der Abwehr radikaler Tendenzen, gleich welcher Couleur, an Hamburger Schulen vor großen Aufgaben stehen. Richtig ist auch, dass der rot-grüne Senat nach Auffassung der CDU-Bürgerschaftsfraktion bei der Bewältigung dieser Aufgabe bei Weitem nicht zufriedenstellend agiert, denn sozial schwache Gebiete sind immer noch überproportional bei der Verteilung von Flüchtlingen betroffen.

(Gerhard Lein SPD: Was ist denn sozial schwach?)

Falsch aber ist es, zu glauben, die richtigen Maßnahmen für diese drängenden Aufgaben seien, ausgerechnet Kinder von der Bildung fernzuhalten. Das ist rundweg falsch, meine Damen und Herren und Kollegen von der AfD.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir leben in einer globalisierten Welt. Wie können Sie ausgerechnet Kinder, die in diesem Alter wirklich wissbegierig und lernfähig sind, von Bildung ausschließen? Das ist etwas völlig Falsches.

Kurz – ich möchte auf diesen Antrag gar nicht groß eingehen – zur Verhältnismäßigkeit: Sie sprechen von Tausenden, doch es sind noch nicht einmal 1 Prozent, die in das Regelsystem der Hamburger

(Kazim Abaci)

Schulen gewechselt sind, und diese Schüler sind nicht die einzigen, die Förderbedarf haben. Wir haben hier andere Aufgaben zu tun. Wir müssen zuerst einmal bestehende Systeme funktionsfähig machen. Für spezielle Flüchtlingsklassen, wie Sie sie fordern, müsste man tatsächlich noch viel mehr Ressourcen aufbringen, und das ist sicherlich überhaupt nicht verhältnisgemäß.

Wer ist denn nun nach den Kindern von Asylsuchenden, die schon wirklich genug durchgemacht und die Sie von der Schule verwiesen haben, als Nächstes dran? Alle, von denen Sie sich irgendwie gestört fühlen? Wer glaubt, man müsse das Sichtbare unserer Gesellschaft nur aus unseren Schulen verbannen, statt diese Probleme zu lösen, betreibt tatsächlich unmenschliche Kosmetik. Er leistet nicht den winzigsten Hauch eines Beitrags für eine verantwortungsvolle Schul- und Asylpolitik, die unser Land für die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft stark macht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Stöver. – Ich erteile das Wort jetzt an Frau von Berg für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man sich den Antrag der AfD-Fraktion durchliest und sich den Wortbeitrag von Herrn Dr. Wolf anhört, was zu dem ganzen Komplex geflüchtete Schülerinnen und Schüler gesagt wird, dann sind das Worte wie belasten, Verlangsamung der anderen Kinder, geringe Kenntnisse, Konflikte, Probleme, Ressourcenverbrauch. Die Haltung, die dahintersteht, ist wirklich empörend; das muss ich wirklich in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich möchte nur drei Argumente entgegenhalten. Erstens: Haben Sie überhaupt jemals einen Blick nach Syrien oder nach Afghanistan geworfen?

(Gerhard Lein SPD: Im Fernsehen viel- leicht!)

Haben Sie einmal hingeguckt, was da überhaupt los ist? Glauben Sie im Ernst, dass es dort bald wieder Frieden geben wird? Das ist das Erste.

Das Zweite ist: 2011 wurde in Hamburg Gott sei Dank das Recht auf Beschulung in Regelklassen geregelt, und zwar unabhängig von der Papierlage, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das Dritte ist, was mich mehr als nur empört, dieser Wunsch nach Beschulung in speziellen Klassen außerhalb des Regelschulsystems. Wissen Sie was? 1933 wurde das Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen erlassen. Ich habe da ganz ähnliche Sachen gefunden wie in diesem Antrag. Ich kann Ihnen nur sagen: Wehret den Anfängen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau von Berg. – Frau Boeddinghaus, Sie haben nun für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Vielen Dank für die klaren Statements meiner Vorrednerinnen; deswegen muss ich gar nicht mehr viel sagen. Es ist ziemlich unerträglich, diesen Antrag überhaupt lesen zu müssen. Herr Wolf, der Antrag zeigt wirklich, wes Geistes Kind Sie sind, und wir schließen an die Debatte heute Mittag an: Sie sind nicht im Geiste des Grundgesetzes unterwegs, Sie sind nicht im Geiste des Hamburgischen Schulgesetzes unterwegs, sondern Sie sind in Richtung Spaltung, Ausgrenzung unterwegs. Dieser Antrag ist menschenverachtend und zynisch.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Was ich so erschreckend finde, ist, dass Sie Menschen, die eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen, automatisch unterstellen und sie stigmatisieren, sie seien weniger wert, hätten zum Beispiel weniger Fachkenntnisse, seien eine Belastung für ihre Lerngruppe. Haben Sie denn eigentlich aus Schulen schon einmal konkret Beschwerden gehört? Wir hier alle nicht. Ich glaube, dass Sie völlig allein und völlig isoliert sind und sich auch als Bildungspolitiker völlig disqualifiziert haben.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass ich die Senatspolitik hier gut finde und den AfD-Antrag nicht nutzen werde, um noch zusätzlich zu sagen, dass ich mir noch manches andere wünsche. Ich finde es sehr gut, dass der Senat sich dazu entschlossen hat, alle Kinder, die hierherkommen, in der Regelschule mit Gleichaltrigen zu unterrichten. Das ist ein Ort des Friedens, den die Kinder nach ihrer langen Flucht verdient haben. Ich möchte Ihnen nicht wünschen, Herr Wolf, dass Sie mit Ihrer Familie einmal in die Situation kommen, in ein anderes Land fliehen zu müssen, dessen Sprache Sie nicht beherrschen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜ- NEN und bei Anna-Elisabeth von Treuen- fels-Frowein FDP)

(Birgit Stöver)

Vielen Dank, Frau Boeddinghaus. – Frau von TreuenfelsFrowein, Sie haben nun das Wort für die FDPFraktion.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben hier zum, ich weiß nicht, hundertsten Mal oder was auch immer den gleichen AfDReflex, immer in verschiedenen Kostümen. Heute ist einmal das Schulgesetz dran. Sie meinen, ein Flüchtlingsproblem entdeckt zu haben, problematisieren das hier und dann legen Sie hier ein Papier vor, das für Ihr scheinbar aufgeworfenes Problem eine 0,0-Lösung bietet, nämlich überhaupt keine, sondern offensichtlich nur geeignet ist, Ressentiments zu bedienen und vor allem zu schöpfen. Das finden wir, genau wie alle anderen auch, unerträglich.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich will das auch gern begründen, unabhängig davon, dass es moralisch wirklich unter aller Kanone ist, was Sie hier machen. Ich will mich auch gern einmal darauf einlassen.

Dieses Mal soll also das Schulgesetz geändert werden; Herr Abaci hat es ja schon erklärt. Flüchtlingskinder sollen zum Großteil nicht mehr in die Regelklassen kommen. Gleich vorweg: Die bestehende Regelung ist, wie wir schon gehört haben, sinnvoll. Sie sieht zunächst den Unterricht in einer Basisklasse vor und dann sollen diese Kinder in die Schulen kommen, in denen auch unsere Kinder unterrichtet werden, was für beide Seiten gut ist. Ja, wir wollen eine gelungene Schulbildung nicht nur für unsere Kinder, sondern auch für die Flüchtlingskinder. Wenn Sie, liebe Kollegen von der AfD, jetzt fragen, ob der Besuch in der Regelklasse überhaupt sinnvoll ist, nur weil das Kind eventuell in sein Heimatland zurückkehren muss, dann können wir nur fragen: Was für ein Menschenbild haben Sie und was für eine Vorstellung haben Sie über das, was Schule in Deutschland leisten soll?

Abgesehen davon sind die in Ihrem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen, wenn man dann überhaupt einmal so weit denkt oder sich einmal in die Gehirnwindungen hineinversetzen möchte, auch noch in höchstem Maße realitätsfremd. Denn laut AfD-Antrag – damit können Sie sich nirgendwo abfeiern, auch nicht auf Facebook – sollen die jungen Menschen auf einem Schul- beziehungsweise Berufsabschluss vergleichbar dem ihrer Herkunftsländer vorbereitet werden. Wenn Ihnen die offensichtliche Unsinnigkeit dieser Forderung noch nicht aufgefallen ist, erkläre ich sie Ihnen mit einem Satz. Es ist Ihnen doch wohl klar, dass die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen aus einer Vielzahl völlig unterschiedlicher Herkunftsländer kommen.

Wollen Sie also wirklich einen schulischen und beruflichen Bildungsplan für jedes dieser Länder, wollen Sie das wirklich? Irgendwie kann ich mir gar nicht vorstellen, dass Sie sich tatsächlich die Mühe machen wollen, und wenn, dann wäre es völlig realitätsfremd.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

Dieser Antrag ist offensichtlich von der Furcht geprägt, dass das Aufenthaltsgesetz durch den Schulbesuch ausgehebelt werden könnte. Wir sagen Ihnen ausdrücklich hier und heute, dass Kinder und Jugendliche, egal, aus welchem Land sie kommen, kein Spielball Ihrer migrationspolitischen Fantasien sind. Wir finden das unerträglich.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und bei Birgit Stöver CDU)

Als ich mir diese Rede überlegt habe – es ist mir schwer genug gefallen, dazu noch irgendetwas zu sagen –, habe ich mir überlegt, Ihnen genau das zu sagen, was Ihnen Frau Boeddinghaus gerade gesagt hat, und ich kann mich dem wirklich nur anschließen.

Stellen Sie sich einmal vor, wir hier alle aus gut situierten Kreisen kämen plötzlich einmal in so eine Lage, müssten in ein fremdes Land fliehen – ich glaube, viele Deutsche und andere müssten das noch erinnern – und wären dann Menschen ausgesetzt, die immer sagen: Weg hier, raus hier, wir wollen euch hier nicht. Das ist doch schlimm. Sie müssen doch endlich einmal einsehen, dass wir gastfreundlich sein müssen, dass gerade diese Kinder Schlimmstes erlebt haben und dass wir zumindest dafür sorgen müssen, dass sie hier auch gebildet werden, und nicht versuchen müssen, sie so schnell wie möglich wieder abzuschieben und ihnen vorher noch nicht einmal Bildung zu gewährleisten. Ich finde das wirklich erstaunlich, ehrlich gesagt. – Vielen Dank.