Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden, dieses Projekt, diese Reform wird eine Auswirkung auf die nächsten 20, 30 und vielleicht mehr Jahre haben, den Beruf des Lehrers zu gestalten,

(Gerhard Lein SPD: Lehrerinnen auch!)

das ist tatsächlich etwas, das unsere Kinder nachher betreffen wird. Das ist die Qualität der Ausbildung, der Lehre und des Unterrichts, den unsere Kinder nachher erfahren werden. Es ist auch schon jedenfalls angedeutet worden, dass die Hattie-Studie genau sagt, es komme auf den Lehrer an.

(Gerhard Lein SPD: Lehrerin auch!)

Ja, wenn es denn immer so wäre und jeder optimale Voraussetzungen mitbringen würde als Lehramtsstudent, diese Dinge nachher auch umzusetzen. Ich glaube aber, dass wir nicht nur Überflieger und nicht nur Persönlichkeiten haben, die schon per se Lehrer sind oder die prädestiniert sind, Lehrer zu werden,

(Gerhard Lein SPD: Lehrerin wird bei der CDU niemand!)

sondern dass wir durchaus auch Lehramtsstudenten haben, die eine Anleitung brauchen. Dann brauchen wir auch die Anleitung für unterschiedliche Schulformen, und die Schulform Stadtteilschule braucht eben mehr Pädagogik, mehr Didaktik, das ist klar. Ich glaube, dass diesem Rechnung getragen werden sollte. Es ist grob fahrlässig, diese Dinge – Pädagogik und Didaktik – nachher, wie Frau Duden es so schön ausgeführt hat – wir haben ja noch die Phase 2, wir haben ja noch die Phase 3 –, es ist grob fahrlässig, diese Dinge nur in Phase 2 und 3 zu verschieben.

(Beifall bei Wolfhard Ploog CDU)

Ich möchte auf jeden Fall noch einmal auf die 3 Prozent eingehen, die hier so wahnsinnig penetriert werden, und dass wir ja über Kaisers Bart sprechen, also nur über 3 Prozent – mitnichten. Die Expertenkommission ist die Kommission gewesen, die gesagt hat, beim Stadtteilschullehramt und dem Lehramt für Gymnasiallehrer gab es einen Unterschied von 3 Prozent. Was aber der Senat hinterher daraus gemacht hat, ist einmal wesentlich mehr Fachlichkeit, als die Expertenkommission vorgeschlagen hat, und auch wesentlich mehr Fachlichkeit für den Gymnasiallehrer, als der alte Gymnasiallehrer hatte. Das heißt, gegen Fachlichkeit ist nichts einzuwenden, trotzdem brauchen wir den Teil Pädagogik und Didaktik, vor allen Dingen für den Mittelstufenbereich. Allen Ernstes: Die Schüler abzuwerten, die nachher nicht zum Abitur

kommen, das ist wirklich infam, das ist echt schlimm.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe)

Schule darf sich definitiv nicht nur an den Schwächsten orientieren, sondern wir haben tatsächlich bei den Schülern eine gaußsche Verteilungskurve von Begabungen, und das heißt, wir müssen uns auch um die Schüler kümmern, die eine mittlere Begabung haben, und wir müssen uns sogar um die Schüler kümmern, die eine hohe Begabung haben.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Sie sind ein wandelnder Widerspruch!)

Das müssen wir mit einem leistungsorientierten Schulsystem tun. Das fordern wir und deswegen brauchen wir auch Stadtteilschullehrer und Gymnasiallehrer in der Ausbildung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht. Damit kommen wir zu den Abstimmungen und beginnen hier mit dem Antrag der LINKEN aus Drucksache 21/12789.

Wer möchte diesen Antrag federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung sowie mitberatend an den Schulausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung in der Sache.

Wer also möchte sich dem LINKEN-Antrag aus Drucksache 21/12789 anschließen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 21/12811. Hierzu möchte die FDPFraktion die Ziffern 1c und 1d separat abstimmen lassen.

Wer also nun zunächst dem CDU-Antrag mit Ausnahme der Ziffern 1c und 1d seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind die Ziffern abgelehnt.

Wer möchte sich dann noch den Ziffern 1c und 1d anschließen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch diese Ziffern sind abgelehnt.

Wir stimmen jetzt noch über den vorliegenden FDP-Antrag aus Drucksache 21/12814 ab. Wer möchte diesen annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch der FDP-Antrag abgelehnt.

Abschließend stelle ich fest, dass die im gemeinsamen Bericht des Schulausschusses und des Ausschusses für Wissenschaft und Gleichstellung aus

Drucksache 21/12582 empfohlenen Kenntnisnahmen erfolgt sind.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 34, Drucksache 21/12642, Antrag der AfD-Fraktion: Meldepflicht für religiöses Mobbing an Hamburger Schulen einführen.

[Antrag der AfD-Fraktion: Meldepflicht für religiöses Mobbing an Hamburger Schulen einführen – Drs 21/12642 –]

Diese Drucksache möchte die AfD-Fraktion an den Schulausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Dr. Wolf, Sie bekommen es für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute möchte ich in einer Sache das Wort an Sie richten, bei der ich hoffe, hier einen breiten Konsens zu finden. Das Thema, über das ich spreche – und das Gelächter hier eben finde ich hoch unangebracht bei diesem Thema –, ist wohl allen Parteien in diesem Hause gleichermaßen wichtig. Es geht um religiösen Hass in unserer Gesellschaft,

(Zurufe von der LINKEN)

und es geht darum, wie wir derartigem Hass bereits in der Schule entgegentreten. Wer die politische Debatte der letzten Jahre verfolgt hat, weiß, dass Übergriffe gegen Angehörige von Religionsgemeinschaften in Deutschland seit geraumer Zeit zunehmen.

(Zurufe von der LINKEN)

Wenn Kippa tragende Menschen in deutschen Großstädten tätlich angegriffen, jüdische Schüler aufgrund ihrer Abstammung drangsaliert und mitten in Deutschland Israelfahnen verbrannt werden, wenn führende Vertreter der auch vom Senat hofierten Islamverbände offen an israelfeindlichen Kundgebungen teilnehmen, dann hat die deutsche Gesellschaft es nicht mit Einzelfällen zu tun. Es geht dabei wohlgemerkt nicht nur um Antisemitismus, dieser ist aber besonders augenfällig. Selbst Angela Merkel, die die Grenzen öffnete, musste jüngst eingestehen, dass sie besorgt ist wegen des Antisemitismus arabischer Zuwanderer. In der Schule müssen wir der Sache versuchen auf den Grund zu gehen und entgegenzuwirken.

Zwei Fakten noch: Diese allzu lang verleugnete Tatsache des Antisemitismus gehört für viele Betroffene längst zum Alltag und lässt sich empirisch darstellen. So gaben im Rahmen einer Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung mehr als die Hälfte der befragten Juden

an, schon einmal von einer muslimischen Person oder Gruppe angegriffen worden zu sein, Beleidigungen oder Belästigungen erlebt zu haben. Nach der Studie Global 100 der Anti-Defamation League erklärten 92 Prozent der Befragten im Irak, jüdische Menschen abzulehnen, im Gazastreifen und im Westjordanland sind es 93 Prozent. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass der Mittlere Osten und Nordafrika als judenfeindlichste Regionen der Welt gelten, und von dort stammt ein Großteil derjenigen, die seit Ende 2015 zu uns gekommen sind.

Bereits vor knapp zwei Jahren, am 18. Juli 2016, also lange bevor die Debatte zu dem Thema hier entbrannt ist, befragte ich den Senat zu seinen Erkenntnissen über das Ausmaß antisemitischer Vorfälle an Hamburger Schulen und deren Erfassung durch die Schulbehörde. Antwort: Der Senat sehe keinen Zusammenhang zwischen Antisemitismus, Muslimen beziehungsweise dem Islam und einem muslimischen Migrationshintergrund, derartige Vorfälle würden außerdem nicht erfasst und das betreffe auch Vorfälle gegen Christen, Muslime und andere Religionen.

Ein Jahr später, im August 2017 – inzwischen hatte der Präsident des Zentralrats der Juden öffentlich einen wachsenden Antisemitismus an deutschen Schulen beklagt und einen Zusammenhang mit muslimischen Einwanderern hergestellt –, fragte ich erneut und seither mehrfach den Senat über Ausmaß und Erfassung solcher Vorkommnisse in Hamburg. Antwort: Es liege keine Studie über antisemitische Einstellungen von muslimischen Jugendlichen vor, derartige Vorgänge würden im Übrigen nicht erfasst.

Man kann diese Haltung doch nur als weltfremd und ideologisch verblendet ansehen. Da will jemand den rosa Elefanten im Raum einfach nicht sehen. Zweckdienlich wäre es, wie bereits in früheren Richtlinien der Schulbehörde sämtliche Straftaten an den Schulen konsequent zu erfassen und zu melden. Wichtig dabei ist – und das ist das zentrale Anliegen unseres Antrags –, eben auch religiöse Komponenten zu dokumentieren, nicht nur antisemitische Vorfälle, auch gegen Christen, gegen Muslime und andere. Das Ziel bleibt stets dasselbe: Kinder sollen in ihrer Entwicklung geschützt und religiös motivierter Hass effektiv bekämpft werden. Nur so können die Verlaufsentwicklungen des Phänomens und die unterschiedlichen Vorkommnisse erfasst werden. Damit nur kann die Präventionsarbeit künftig noch stadtteil- und schulspezifischer ausgerichtet werden und möglicherweise auch unberechtigte Vorurteile abgebaut werden. Nur so können wir unerträglichen Vorgängen in unserer Gesellschaft gegensteuern im Sinne einer Nulltoleranzpolitik. Lassen Sie uns an den Senat appellieren,

(Glocke)

(Vizepräsidentin Antje Möller)

lassen Sie uns im Ausschuss diskutieren, ob wir das als Verordnung oder Gesetz erlassen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Dr. Wolf, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich hoffe auf Ihre breite Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion bekommt nun Frau Duden das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will darauf verzichten, dass ich noch einmal die Maßnahmenkataloge aufzähle, die die Schulbehörde und auch die Polizei Hamburg für verschiedene Fälle von Mobbing in Hamburger Schulen erarbeitet haben. Das haben wir im Schulausschuss auch immer wieder sehr ausführlich diskutiert. Wichtiger ist mir allerdings, dass ich in den mir zur Verfügung stehenden fünf Minuten ein paar Sätze unterbringe, von denen ich glaube, dass wir sie hier heute alle miteinander diskutieren sollten.

Wir haben in Deutschland große Anstrengungen unternommen, um die deutsche Geschichte und den millionenfachen Mord an deutschen und europäischen Juden aufzuarbeiten. Dennoch haben wir es hierzulande nie geschafft, den Antisemitismus ganz zu überwinden. Er wurde aber im Nachkriegsdeutschland durch ein weitgehend akzeptiertes Tabu sozusagen eingehegt. Das scheint jetzt infrage zu stehen. Es geht hier um die Frage, wie wir als Gesellschaft künftig zusammenleben wollen. Werte wie Toleranz, wie universelle Menschenrechte sollen weiterhin die Grundlage unseres gemeinsamen Zusammenlebens sein. Die AfD beschäftigen Fragen wie die nach einem friedvollen Zusammenleben nicht, ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich will darauf hinweisen, dass im Dezember 2017 unser Sozialausschuss sich mit Maßnahmen gegen Antisemitismus in Hamburg beschäftigt hat. Es war kein Mitglied der AfD bei dieser Ausschusssitzung.