Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

Denn wir wollen einen modernen Verkehrsmix. Sie wollen einfach nur, dass der Autoverkehr rollt.

Da ich jetzt noch 40 Sekunden habe, möchte ich noch einmal mit einem Märchen aufräumen, auch

(Dennis Thering)

beim Straßenverkehr; Sie können gern noch einmal zuhören. Sie sagen immer, die Anzahl der angemeldeten Kraftfahrzeuge in Hamburg nehme zu. Das ist richtig, weil Hamburg wächst.

(Dennis Thering CDU: Das ist doch kein Märchen!)

Aber die Anzahl der zurückgelegten Wege, der Anteil des Straßenverkehrs nimmt seit 2000 kontinuierlich ab.

(André Trepoll CDU: Weil die Leute im Stau stehen!)

Nein.

Das heißt, die Fahrzeuge werden immer mehr zu Stehzeugen und nicht zu Fahrzeugen.

(Dennis Thering CDU: Weil sie im Stau sind!)

Nein, der Straßenverkehr nimmt ab.

Das ist die Realität, und auch deswegen brauchen wir einen modernen Verkehrsmix in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Sudmann hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Schönen guten Tag allerseits! Haben Sie auch das Gefühl, dass vor lauter schwarz-grüner Beziehungsarbeit und Geschichtsaufarbeitung die Emotionen sehr hochkochen? Ich finde, das war gerade nicht so richtig angemessen.

(Michael Kruse FDP: Sie kochen sie jetzt be- stimmt runter!)

Denn wir haben ganz vergessen: Die FDP hat heute die Aktuelle Stunde angemeldet und Herr Aukes ist ganz geschickt gestartet, indem er versucht hat, eine Beziehung zwischen Greenpeace und FDP in der Verkehrspolitik herzustellen. Greenpeace kann sich jetzt nicht wehren, doch ich bin mir sicher, dass Sie wenige Ähnlichkeiten mit Greenpeace finden werden. Aber ich rechne Ihnen hoch an, Herr Aukes, dass Sie immerhin, anders als Herr Schinnenburg, durchaus auch ein bisschen offener sind für andere Themen und nicht immer nur sagen: Auto, Auto, Auto.

(Zuruf von André Trepoll CDU)

Herr Trepoll, was ist denn heute mit Ihnen los? Ganz aufgebracht. Gemach, gemach. Arbeiten Sie mal schön an Ihrem komischen schwarzen Programm. Wie hieß es noch mal? "Zukunft rückwärts" oder so.

(Beifall bei den GRÜNEN)

War das richtig? Ich habe vergessen, wie es heißt. "Zurück in die Zukunft"; Entschuldigung.

(Zurufe)

Männer, Männer, mit der Ruhe. Ruhe.

(Michael Kruse FDP: Was ist mit den Da- men?)

Ich komme jetzt einmal zurück zur FDP. Herr Aukes und die FDP haben davon gesprochen, dass wir miteinander unterwegs statt gegeneinander ausgespielt sein sollen. Wenn wir miteinander unterwegs sein sollen, brauchen wir auch ein bisschen Gerechtigkeit; wir müssen ja auch die gleichen Möglichkeiten haben, unterwegs zu sein. Und wenn ich mir Gerechtigkeit im Straßenraum angucke – danke für die Zustimmung, Herr Aukes –, stelle ich fest: Da ist es mit der Gerechtigkeit nicht sehr weit her. Es gibt eine wunderbare Untersuchung, die uns zeigt, wie viele Flächen eigentlich von welcher Fortbewegungsart, von welchem Fahrzeug in Anspruch genommen werden. Und dann stellen wir fest, dass ein Auto, das mit durchschnittlich 1,4 Personen besetzt ist und mit mindestens 50 Stundenkilometern – Ihre Lieblingsgeschwindigkeit – fährt, verglichen mit einer nur zu 20 Prozent besetzten Stadtbahn, das Fünfzehnfache an Fläche braucht. Gleichzeitig braucht so ein Auto die 3,5-fache Straßenfläche eines Fahrrads. Und wenn Sie jetzt sagen, Sie wollten ein Miteinander und eine Gerechtigkeit, dann müssen wir doch sagen: Wir müssen den Straßenraum anders verteilen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Martin, es reicht nicht, wenn Sie sagen, Sie wollten einen vernünftigen Ausgleich haben, oder wenn Sie sagen – wie war Ihre Formulierung? –, Sie wollten jedem durch autonomes Fahren, durch MOIA und so weiter, die individuelle Entscheidung überlassen. Nein, das haben wir heute. Heute kann sich jede und jeder individuell entscheiden, Auto zu fahren.

(Michael Kruse FDP: Das finden Sie natür- lich ganz schlecht, dass die Menschen noch selber Entscheidungen treffen!)

Ach, Herr Kruse, was ist denn heute?

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie wollen, dass wir weniger Autoverkehr haben, wenn Sie wollen, dass wir mehr Platz in der Stadt haben, weil wir weniger Platz für abzustellende Autos brauchen, dann müssen Sie sagen: Ja, wir machen eine Umverteilung im Straßenverkehr.

(André Trepoll CDU: Juchhu, Umverteilung!)

Wir schaffen mehr Raum für Fußgängerinnen und für Radfahrerinnen. Das wäre ein wirkliches Umdenken.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

(Martin Bill)

Um nun noch einmal auf Schwarz-Grün und auf alle früheren Senate zurückzukommen: In den letzten 30 Jahren hieß es immer, man wolle den schlanken Staat, was die FDP neoliberal nannte. Sie haben in diesem ganzen Schlanker-Staat-Gesabbel …

(Zuruf)

Ja, es stimmt. Sie haben es sogar. Da haben Sie recht. Wir wollten Sie damit kritisieren.

Mit diesem ganzen Gesabbel vom schlanken Staat haben Sie dazu beigetragen, dass die Infrastruktur in den Straßen, auf den Brücken in dieser Stadt sehr schlecht ist und wir jetzt einen heftigen Nachholbedarf haben. Sie haben in Ihren Regierungszeiten dazu beigetragen, dass von 1991 bis 2012, bis die U4 kam, keine einzige neue U-Bahn gebaut wurde. Sie haben dazu beigetragen, dass es nach 24 Jahren Pause im S-Bahn-Bereich den letzten Neubau zum Flughafen hin gab. Das heißt, wenn Sie mit Ihrem rot-grünen Programm "Zurück in die Zukunft" wirklich etwas verändern wollten, dann müssten Sie auch dafür sorgen, …

(André Trepoll CDU: Wie heißt denn das rot- grüne Programm?)

Das kenne ich nicht genau. Also der Zwischenruf war gerade, ob ich das rot-grüne Programm kenne. Das kann Rot-Grün gern selbst beantworten.

Aber noch einmal zurück. Herr Aukes, Sie haben davon gesprochen, dass viele Menschen für eine Trennung von Auto- und Radverkehr sind. Ja, das sind sie, und zwar für eine Trennung von dem Radverkehr auf der Straße und dem Autoverkehr, indem da ein bisschen mehr Sicherheitsabstand dazwischen kommt. Da haben Sie recht. Aber die meisten Menschen, die Rad fahren, wollen auf gar keinen Fall auf den Bordsteinradwegen fahren. Und wenn Sie da eine Verkehrspolitik aus einem Guss fordern …

(Dennis Thering CDU: Die meisten? Wo ha- ben Sie denn die Zahlen her?)

Die meisten sage ich deswegen, weil Sie zum Beispiel mit Kindern auf dem Radweg fahren dürfen.

(Zuruf von Dennis Thering CDU)

Ach, Herr Thering. Dass Sie mit Ihrer Verkehrspolitik noch nicht einmal in den Achtzigerjahren des letzten Jahrtausends angekommen sind, wissen wir schon alle lange.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Aukes, Sie haben gesagt, Sie wollten die Verkehrspolitik aus einem Guss haben. Die hätte ich auch gern – mit einer gerechten Umverteilung. Was ich aber nicht will, ist eine Verkehrspolitik à la Herr Thering und auch leider teilweise à la SPD. Die gehört eher in den Ausguss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Lenken statt denken ist Ihr Motto!)