Protokoll der Sitzung vom 13.06.2018

Vielen Dank, Herr Ovens. – Jetzt erteile ich Herrn Müller das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ovens, wir haben dieses Thema angemeldet, weil wir der Meinung sind, dass sich in dieser Stadt gerade jetzt und auch in den letzten Jahren und Monaten und damit auch in Zukunft sehr viel an verschiedenen Stellen entwickelt. Wir haben hier im Senat und in der Bürgerschaft dafür den Boden gelegt und es mit angeschoben. Von Mitläufertum, wie Sie es jetzt gerade in die Ecke stellen wollen, kann überhaupt nicht die Rede sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich verstehe ja, dass die Opposition Kritik üben muss; das ist ihr Job. Aber es ist auch richtig, dass man das, was in einer Stadtgesellschaft gerade am Entstehen ist … Daher sind wir hier diejenigen, die anstoßen, unterstützen und konzeptionieren können. Aber wir müssen es mit der Stadtgesellschaft machen. Das passiert gerade, und Ihre Tonlage ist dazu angeraten, genau diese Menschen vor den Kopf zu stoßen. Das finde ich nicht richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Müller …

- Nein, ich möchte gern meine Ausführungen zu Ende führen.

Ich möchte ein kleines Beispiel geben. Wir haben eben von Hammerbrooklyn gesprochen.

(Carsten Ovens CDU: Das ist eine private Initiative!)

Das ist eine private Initiative, die der Senat sehr wohl unterstützt, indem er ihr per Erbpacht an einem zentralen Ort ein Grundstück zur Verfügung stellt, wo sie das, was sichtbar ist, an Digitalisierung in Zukunft in dieser Stadt aufbauen kann. Da kann man nicht von Mitläufertum reden; das ist wirklich aktive Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ein Thema, das wir auch in der Bürgerschaft beschlossen haben, das der Kollege Schmidt angesprochen hat und das wir schon in den letzten Haushaltsberatungen angeschmissen haben, ist das Thema Virtual Reality. Das ist ganz groß im

(Carsten Ovens)

Kommen, Virtual Reality 360 Grad; das mögen Sie nicht so richtig im Blick haben.

(Carsten Ovens CDU: Sie geben 100 000 Euro dafür aus!)

Alle sagen, das sei hier die Zukunft. Wir leisten in Hamburg Pionierarbeit. Auf diese Initiative hin, die übrigens die Bürgerschaft beschlossen hat, ist inzwischen auch der Förderverein nextReality gegründet worden. Unternehmen kommen zusammen, Start-ups, Experten und Wissenschaftler kommen zusammen und entwickeln hier die neue Zukunft. Überall wird gesagt, das werde ein großer Markt der Zukunft sein. Wir haben große Chancen, dass Hamburg ein wichtiger Teil dieses neuen Marktes sein wird, und dabei haben wir mitgeholfen und sind nicht mitgelaufen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ja, Sie hatten auch mal etwas mit Fraunhofer zu tun, Herr Ovens. Das ist ja alles gut. Aber wir wollten gerade nicht diese Unterteilung in Opposition und Regierung machen.

(Dennis Thering CDU: Das machen Sie doch ständig!)

Sie haben das mit unterstützt. Seien Sie doch froh, dass es auf einen guten Weg gekommen ist, dass wir die Fraunhofer-Strategie besser umsetzen, als Sie es sich vorstellen konnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von Carsten Ovens CDU)

Wir haben die Zahl der Einrichtungen und Forschungsabteilungen nicht nur etwas erhöht, sondern von drei auf sechs verdoppelt, und zwar auch in Bereichen, wo man wirklich sagen kann, dass wir weltweit führend sind, nämlich bei den 3DDruckern. Fahren Sie einmal nach Bergedorf. Die sind glücklich; die machen und werkeln, da entsteht ein Stück Zukunft für diese Stadt und die strahlt aus. Auch da können wir nicht sagen, es bestehe Mitläufertum, sondern das haben wir hier in der Bürgerschaft – im Übrigen mit Ihren Stimmen, das ist ja auch gut so – gemeinsam beschlossen. Das kann die Zukunft dieser Stadt werden; daran arbeiten wir.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn wir jetzt über Start-ups sprechen: Ja, da ist ein großer Wettbewerb mit den Metropolen, auch mit Berlin; dem stellen wir uns. Das ist doch gut. Das Startup Dock, das in Harburg vor etwa einem Jahr eine neue Institution bezogen hat, ist schon jetzt überfüllt. Wir haben also eine gute Stimmung, wir haben Optimismus, wir haben Konzepte und wir unterstützen diese Leute, die etwas schaffen wollen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben mit Ihren Stimmen jetzt auch noch ein Startup-Gründungsstipendium mit 14 Millionen Euro beschlossen. Das sind keine Kleckerbeträge, wie Sie uns mitgeben wollten, sondern das ist schon eine große Ergänzung zu unserem Bundesprogramm. Es fördert genau dort, wo das Bundesprogramm noch nicht fördert.

Also: Wir haben die Grundlagen dafür gelegt, den Menschen in dieser Stadt, die vorankommen wollen, die gute Ideen haben, die aus unseren Hochschulen kommen oder im Hochschulumfeld beginnen, sich selbstständig zu machen und für die Zukunft dieser Stadt arbeiten, Hilfe zu geben; denen geben wir eine Zukunft. Wir freuen uns, dass es diese Stimmung gerade in dieser Stadt gibt, und wir würden uns auch freuen, wenn Sie sie nicht kaputtreden würden. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Dolzer.

Liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten hier schon ähnliche Debatten zu 90 Prozent der Inhalte, über die jetzt gesprochen wurde. Von daher ist es wieder einmal eine Art Murmeltierdebatte – "Täglich grüßt das Murmeltier" – und das finde ich nicht besonders hilfreich, weil es auch andere Probleme im Bereich der Wissenschaftspolitik gibt, die wir dringend diskutieren müssten.

(Beifall bei der LINKEN)

Grundsätzlich finde ich es begrüßenswert und auch richtig, dass Rot-Grün sich über Start-ups, auch über die Digitalisierung Gedanken macht. Aber eine erhöhte Quantität bedeutet nicht auch immer automatisch gleich eine erhöhte Qualität. Zum Beispiel ist in Ihren Reden überhaupt nicht deutlich geworden, ob Sie sich Gedanken über die ethische Komponente von Digitalisierung machen. Auch die müssen wir mitdenken. Das ist eine Notwendigkeit und ich finde es schade, dass Sie das nicht getan haben.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Herr Ovens, in Ihrer Rede ging es hauptsächlich um schöner, besser, schneller, lauter, sprich: Sie haben das Prinzip der Konkurrenz Hamburgs mit anderen Standorten zur einzigen Domäne Ihrer Rede erhoben. Ich finde, dass das überhaupt keine gute Wissenschaftspolitik und auch keine Analyse dessen ersetzt, was in der Gesellschaft passiert. Aus Ihrer Rede kann man nichts generieren, außer zu sagen: Na ja, wir sind bald besser und müssen der größte Standort sein. Mehr haben Sie in fünf Minuten nicht gesagt. Das finde ich höchst

(Farid Müller)

schade und, ehrlich gesagt, auch ein bisschen unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir uns das Hammerbrooklyn-Projekt angucken, ist das eine – Zitat –:

"privatwirtschaftlich-öffentliche Initiative, die bis 2027 über 150 Millionen Euro in das Digitalprojekt Hammerbrooklyn investieren will."

Die Partner sind die Handelskammer, die Hochbahn, die Deutsche Bahn, Siemens und VW.

Eben wurde gesagt, der Senat stelle lediglich das Grundstück zur Verfügung. Ich hoffe, dass es dabei bleibt und wir es nachher nicht mit einem Vertrag zu tun haben, der in eine Private Public Partnership ausartet, wo wir einen digitalen Dieselskandal oder verspätete Zahlungsforderungen an den Hamburger Haushalt bekommen, wie es bei der Elbphilharmonie der Fall war. Das würden wir auf jeden Fall nicht begrüßenswert finden; das darf nicht passieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur vielgepriesenen Fraunhofer-Strategie: Ja, es ist gut, Fraunhofer hierhin zu holen. Aber auch da muss die Qualität stimmen. Die Qualität muss stimmen, und zwar in Form einer Zivilklausel. Wenn wir uns angucken, was Fraunhofer zum Beispiel in dem Projekt MUNIN – Maritime Unmanned Navigation through Intelligence in Networks – gemacht hat, sprich: Schiffsdrohnen unter der FraunhoferStiftung hier umgesetzt wurden. Da war mit Aptomar aus Norwegen ein Rüstungsunternehmen dabei, das genau diese Technik für U-Boote und andere Marinesysteme nutzen möchte. Das ist für uns Dual-Use und das darf nicht passieren. Da muss man sich von Fraunhofer auch nicht knebeln lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Knebelverträge von Fraunhofer, dass alle Patente, egal ob sie von anderen Professorinnen und Professoren, die nur einem Fraunhofer-Projekt angegliedert sind, gemacht werden, der Fraunhofer-Stiftung für all deren Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, finden wir nicht richtig. Denn Patente sollten nicht einer Stiftung oder einem außerstaatlichen Träger zur Verfügung gestellt werden, sondern letztendlich dem Bundesland, das investiert. Da muss endlich einmal nachgebessert werden und da darf man sich auch von der Fraunhofer-Stiftung nicht knebeln lassen, so, wie Sie das tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Insgesamt denken wir Innovationen oder eine innovative Wissenschaftspolitik oder meinetwegen auch gern eine innovative Digitalisierung in eine andere Richtung als momentan Sie. Wir wollen

weg von den unternehmerischen Hochschulen, wir wollen weg von einer rein wirtschaftlich orientierten Wissenschaftspolitik. Sie muss gesellschaftlich orientiert sein. So müssen auch die Hochschulen orientiert sein. Neben der Forschung und einigen Leuchttürmen wie Hammerbrooklyn oder Start-ups muss grundlegend finanziert werden. Es muss auch in die Lehre viel mehr investiert werden. Schön, dass Sie im Haushalt gesehen haben, dass zumindest in den Gebäuden mehr investiert und ein bisschen aufgestockt wird. Das reicht aber bei Weitem nicht. Da ist so viel Nachbesserungsbedarf, damit die Studierenden, die Lehrenden, die Professoren, der wissenschaftliche Mittelbau genügend Geld haben, um würdige und innovative Bedingungen vorzufinden und dann auch wirklich Innovationen gestalten zu können. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dolzer. – Herr Kruse, Sie haben jetzt für die FDP-Fraktion das Wort, und zwar für drei Minuten. Ich morse Sie 30 Sekunden vorher an.

Ja, vielen Dank, den Morsecode muss ich dann in den drei Minuten noch lernen.