Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Ja, das ist erst einmal Bundesaufgabe, da sind wir auf der Linie Ihrer Behörde, aber grundsätzlich müssen wir doch auch zusehen, wie wir im Wettbewerb um die besten Köpfe hier in Hamburg nicht hinterherhinken. Ich glaube, da muss einiges getan werden, und wir sind gespannt auf Ihren Lösungsvorschlag.

(Dirk Kienscherf SPD: Machen wir!)

Wir dürfen auch im Bereich der Innovationen nicht hinterherhinken. Moderne Medizin ohne Informations- und Kommunikationstechnologien ist heute bereits kaum noch vorstellbar, zumindest für die meisten von uns. In Hamburg ist die Gesundheitswirtschaft inzwischen zu einem der wichtigsten Wirtschaftsbereiche avanciert. Fast jeder Siebte arbeitet bei uns in der Gesundheitswirtschaft. Doch diese Leistungsfähigkeit ist zwingend auch an Innovationsfähigkeit gebunden. Deshalb fordern wir, dass Hamburg im kommenden Jahr erstmalig einen Hygienewettbewerb im Bereich eHealth ausrichtet.

(Beifall bei der FDP)

Damit wollen wir herausragende Projekte aus verschiedenen eHealth-Segmenten über einen Zeitraum von vier Jahren finanziell unterstützen und die besten Ideen nach Hamburg holen.

Aber auch beim Thema Online-Sprechstunden wollen wir einen Schritt vorausgehen. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, wurde auf dem diesjährigen Ärztetag in Erfurt die Musterberufsordnung für Ärzte angepasst. Zukünftig sollen medizinische Behandlungen auch ausschließlich über moderne Kommunikationsmedien erlaubt sein, wenn dies ärztlich vertretbar ist. Bei diesem Weg sollten wir in Hamburg unsere Ärzte unterstützen und das nicht nur mit warmen Worten. Deswegen wollen wir Mittel im Haushalt zur Verfügung stellen,

um den Ärzten zunächst in einem Modellprojekt zu ermöglichen, Online-Sprechstunden anzubieten.

(Beifall bei der FDP)

Telemedizin leistet einen sinnvollen Beitrag zu weniger Wartezeiten beim Arzt und ältere Patienten können schonender in ihrem häuslichen Umfeld behandelt werden. Trotzdem muss noch viel getan werden, bis die Mühlen der Bürokratie die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen haben, um flächendeckend deutschlandweit Online-Sprechstunden anbieten zu können. Hamburg kann hier eine Vorreiterstellung einnehmen und einen Modellversuch wagen. Unterstützen Sie daher unsere Anträge. Ich danke Ihnen herzlich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Feineis für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Dass im Haushalt, auch im neuen Haushalt, Geld fehlt, wurde schon gesagt; ich will das nicht wiederholen. Im Frühjahr dieses Jahres zum Beispiel war zu lesen, dass die Verbraucherzentrale Hamburg Finanzprobleme wegen steigender Kosten hat. Die Folge war und ist, dass das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale eingeschränkt werden musste. Die Verbraucherzentrale war bis heute vor allem einer harten Sparrunde ausgesetzt. Dabei hat der Verbraucherschutz eine sehr wichtige Funktion und sollte daher auch ausreichend gefördert werden. Nirgends wird so wenig in den Verbraucherschutz investiert wie in Hamburg

(Sylvia Wowretzko SPD: Wo haben Sie die Zahl denn her?)

und daher müssen nahezu alle Dienstleistungen bezahlt werden. Dies hat allerdings mit Niedrigschwelligkeit nicht viel zu tun. Da werden dann auch bedürftige Familien sich nicht an die Zentrale wenden können, weil das Geld fehlt. Das ist meines Erachtens eine soziale Ausgrenzung, die Sie mit Ihrer Politik unterstützen und bewusst oder unbewusst fördern. Im Sinne der Förderung des Interesses der Allgemeinheit sollte das Ungleichgewicht zwischen Verbrauchern und Wirtschaftstreibenden wirklich ausgeglichen werden. Das kann nicht geschehen, wenn die Zentrale systematisch ausgehungert wird.

(Ksenija Bekeris SPD: Was reden Sie denn da?)

Hier muss also kräftig nachgebessert werden.

Thema Gesundheit: Beklagenswert sind ebenfalls die übervollen Notaufnahmen in unserer Stadt. Eine UKE-Studie beweist, dass gut ein Drittel aller Patienten und mehr als die Hälfte der Notaufnahmekunden dort fehl am Platz sind. Was ist der

(Jennyfer Dutschke)

Grund? Auch und vor allen Dingen der Mangel an niedergelassenen Ärzten, so zum Beispiel im Bezirk Harburg. Ich höre in meinem Bekanntenkreis, dass Ärzte keine Patienten mehr aufnehmen, dass man drei, vier, fünf Monate warten muss. Es wurde in Harburg wohl mit einer Portalpraxis begonnen, um das irgendwie abzufangen. Aber auch hier dauert es viel zu lange, bis das weiterhin umgesetzt wird.

Wir meinen: Weiterhin hilft Aufklärung. Wir empfehlen, die Telefonnummer 116 117 viel stärker zu publizieren, denn hier kann man sich bequem vom Sofa aus mit einem Arzt beraten und gegebenenfalls Termine bekommen. Dieses System funktioniert in der Schweiz großartig und könnte auch in Hamburg eine Möglichkeit sein.

Ein weiteres Problem der gesundheitlichen Versorgung ist die Unterversorgung mit Psychologen. So wartet man im Bezirk Harburg mindestens fünf Monate auf einen Termin. Und das wird immer schlimmer, denn nicht nur die hohe Arbeitsbelastung im Job und die steigende Angst vor Arbeitslosigkeit stressen, ein weiterer Grund sind der stundenlange Gebrauch und die nächtelangen Sitzungen vor dem PC.

Dringenden Handlungsbedarf sehen wir auch in Bezug auf die Überprüfung des Kenntnisstands ausländischer Ärzte. Hier folgen wir der Forderung der Ärztekammer nach einem einheitlichen Prüfverfahren auf dem Niveau des deutschen Staatsexamens.

Wir sind der Meinung, dass der Senat Geld für weitere Gesundheitsmaßnahmen in die Hand nehmen sollte, denn die Gesundheit der Bürger unserer Stadt ist ein hohes Gut. Ansetzen sollten wir, das ist unsere Empfehlung, bei der Hygiene. Skandinavien und die Niederlande machen uns vor, wie Todesfälle durch Infektion vermieden und fast auf null gesenkt werden können. Wir sollten uns hier lernfähig zeigen. Und das betrifft Sie und mich, unsere Kinder. Stellen Sie sich nur einmal vor, Sie bringen Ihr Kind mit einem gebrochenen Arm ins Krankenhaus und es stirbt an einer Infektion. Das gab es vielleicht im Mittelalter, aber das sollte heute nicht mehr der Fall sein.

(Dirk Kienscherf SPD: Ist es auch nicht!)

Unter Hamburgs Klinikbesuchern wurde die Zufriedenheit in puncto Sauberkeit erfragt. Abgeschlagen auf den letzten Plätzen der Skala lagen die Hamburger Asklepios-Kliniken und das UKE. Wussten Sie, dass wir in unserem Land an die 54 000 Infektionen durch antibiotikaresistente Bakterien haben? Daran sterben ungefähr 40 000 Menschen. Deshalb schließen wir uns der Forderung der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene an und fordern neben einer qualifizierten Weiterbildung für Hygienepersonal, dass mindestens auf Länderebene Vorgaben für Kon

trollen gemacht werden, die eine statistische Auswertung ermöglichen. Denn nur dadurch kann die Politik eingreifen und Zielvorgaben geben. Darum fordern wir, eine Studie in Auftrag zu geben, um realisierbare Maßnahmen eines stringenten Hygienemanagements in Harburg umzusetzen. Dabei sollte auch untersucht werden, welche Elemente des Hygienemodells aus Niedersachsen übernommen werden können.

Ein Weiteres: Verständigungsprobleme zwischen Patienten und Ärzten, die keine gemeinsame Sprache sprechen, haben verständlicherweise für beide Seiten erhebliche Nachteile. Für den Patienten könnte das sogar lebensgefährlich sein. Darum fordern wir eine Gesundheits-App. Für diejenigen, die echte Sprachprobleme haben, ist das eine Hilfe. Da wäre es gut, wenn das UKE mit einer Gesundheits-App beginnt. Die ist in Bremen am Laufen; die Bremer Ärzte sind sehr zufrieden damit. Das ist auch unser Antrag, den wir haben, um im UKE zu beginnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt der fraktionslose Abgeordnete Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Zunächst zu den Anträgen des Senats und der FDP, Fixierungen im Maßregelvollzug: Kranke Menschen zu fesseln, kann sie schwer verletzen. Die No-Restraint-Methode wurde Ende des 18. Jahrhunderts in Genf und Paris ersonnen, ab den Achtzehnhundertvierzigerjahren in England und Deutschland ins Werk gesetzt. Fachärzte verfügen also über eine jahrhundertelange wissenschaftlich und praktisch durchgeführte Erfahrung, die sich grob zusammenfassen lässt: Fixierungen sind sehr, sehr selten erforderlich, um Schaden abzuwenden. Ideologisch oder sadistisch motivierte Verirrungen hat es gegeben, speziell in totalitären Staaten, heute aktuell. Gern besprechen Fachärzte in der dramatischen Situation ihre Einschätzung mit erfahrenen Pflegern. Ob sogenannte Psychiatrieerfahrene helfen könnten, bliebe zu bewerten.

Nun haben Richter geurteilt, dass Richter das besser beurteilen können. Ich sehe eine große Gefahr, dass die Anzahl der traumatisierenden Fixierungen dadurch erhöht wird. Warum? Bisher hat der Psychiater nicht nur ein altruistisches ärztliches, sondern auch ein egoistisches Bestreben, genau die Fälle zu identifizieren, in denen eine Fixierung notwendend ist. Er will weder wegen einer durchgeführten, aber nicht erforderlichen Fixierung rechtliche Schwierigkeiten bekommen noch wegen der Folgen einer nicht durchgeführten Fixierung. Das wird jetzt anders. Stellt der Arzt die Indikation zur Fixierung großzügig, ist er in jedem Falle auf der sicheren Seite. Lehnt der Richter ab und es

(Harald Feineis)

kommt jemand zu Schaden, muss der Arzt nicht haften. Ich habe es ja gesagt, kann er sagen. Stimmt der Richter zu – ich vermute, er wird fast immer zustimmen – und der Patient klagt später gegen die Fixierung, hat der Arzt in einem Verfahren den Richter auf seiner Seite. Was soll ihm da schon passieren? Vielleicht gibt es sogar den einen oder anderen Arzt, der patzig reagiert und sich sagt: Wenn ihr mir die Verantwortung für die Entscheidung wegnehmen wollt, bitte schön, dann nehmt sie – mit denselben Folgen. Förderlich für den Respekt der Ärzte vor den Richtern wird auch nicht die Erkenntnis sein, dass das höchste Rechtsgut offensichtlich der ungestörte Nachtschlaf der Richter ist.

Nun zu den Anträgen der LINKEN und der Koalition zu HIV. Wie kann die Obrigkeit Aids fördern?

Erstens: Sex wird als – Zitat –

"bedeutungsloser, leicht zu konsumierender Spaß dargestellt"

So beschreibt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung die Kampagne der Bundesregierung, genannt "Liebesleben".

Zweitens: Ein unablässiges Trommelfeuer an Propaganda zünden für die sicherste natürliche Art, das Virus zu übertragen, die anale Kopulation; mit Fahnen und Tamtam.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Drittens: Sich weltweit mit anderen Metropolen vernetzen,

(Christiane Blömeke GRÜNE: Was soll denn das Publikum denken? Mit Ihren absurden Einstellungen sprengen Sie jeden Aus- schuss!)

dabei für zwölf Jahre das Ziel ausblenden, Neuinfektionen zu reduzieren. Dies, anstatt sich an den Städten zu orientieren, die das Virus einzudämmen verstehen, zum Beispiel London.

Viertens: Menschen aus Hochinzidenzgebieten einschleusen, ohne Bluttests, ihnen Flirtkurse anbieten …

(Glocke)

Herr Dr. Flocken, bitte versuchen Sie, der Würde dieses Hauses ein bisschen mehr gerecht zu werden, indem Sie Ihre Ausführungen in einem Maß und einer Wortwahl halten, die erstens nachvollziehbar sind, zweitens sich mit dem zugrundeliegenden Thema beschäftigen, nämlich den Haushaltsberatungen, und drittens, wenn es geht, auskommen ohne anzügliche Bemerkungen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Also, ich habe geredet über die Anträge der LINKEN und der Koalition zu HIV, und da habe ich gesagt, dass es natürlich die Ausbreitung von HIV fördert, wenn man Leute einschleust aus Gebieten, wo HIV sehr weit verbreitet ist.

(Zurufe – Glocke)

Herr Dr. Flocken, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Christiane Blömeke GRÜNE: Das gehört weder zu den Haushaltsberatungen noch zum Antrag! Dr. Ludwig Flocken fraktionslos:* Doch. Präsidentin Carola Veit: Und ich erteile Ihnen einen Sachruf. Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):* So. Bisher nur in den Wunschträumen der LINKEN, Schwule als Blutspender werben.

(Zurufe)