Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht ein paar grundsätzliche Vorbemerkungen zu dem Antrag. Hamburg zeigt bereits auf vielen Feldern humanitäres Engagement, und insbesondere für Geflüchtete. Wir müssen uns also nicht unbedingt an den Beispielen anderer Bundesländer orientieren, sondern hier gehen wir mitunter auch selbst voran. Lassen Sie mich zwei Beispiele dafür nennen.
Seit 2013 haben wir durchgehend die Landesaufnahmeanordnung nach dem im LINKEN-Antrag zitierten Paragraf 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz zur Aufnahme syrischer Geflüchteter verlängert. Das bedeutet für viele Geflüchtete jetzt und auch weiterhin, dass sie hier in dieser Stadt Schutz finden nach genau diesem Absatz im Aufenthaltsgesetz.
die aus Seenot im Mittelmeer gerettet wurden, auch in Hamburg aufzunehmen. Und dieser Personenkreis ist zum Teil deckungsgleich mit den auch im Antrag der LINKEN genannten Personen.
Wichtig aus unserer Sicht ist aber vor allem kein weiteres Engagement im Alleingang, sondern nur im Verbund mit den anderen Bundesländern und der Bundesregierung. Eine Initiative des Bundes werden wir da sicherlich auch von Hamburg aus unterstützen. Ich habe den Eindruck, dass in dem LINKEN-Antrag auch vieles miteinander vermengt wurde, was wir, glaube ich, mühsam im Innenausschuss dann wieder ein bisschen auseinanderdividieren müssen. Es geht einmal um das Resettlement-Programm, das noch läuft, es geht um verschiedene humanitäre Einzelmaßnahmen, die auch schon laufen, die im LINKEN-Antrag übrigens erwähnt werden. Ich würde mir gern da im Innenausschuss auch noch einmal berichten lassen seitens des Senats, wie diese Programme bisher auf Hamburg gewirkt haben, wie viele Personen wir tatsächlich aufgenommen haben, wie das läuft.
Und dann muss man sich, glaube ich, noch einmal auseinanderdividieren die unterschiedlichen Situationen. Es werden auch im LINKEN-Antrag genannt Libyen, Syrien, der Nordirak, dann geht es um die Situation von Gefangenen. Und dort wird im LINKEN-Antrag auch gesagt, dass keine Rückkehr möglich ist. Auch das muss man sich, glaube ich, im Innenausschuss noch einmal vorstellen lassen.
Es geht natürlich auch darum, die Situation in den Ländern, in denen diese unmenschlichen Verhältnisse herrschen, ebenso dort zu verbessern. Nicht jedem ist damit geholfen, tatsächlich hier aufgenommen zu werden.
Nein, nicht immer, weil mit einer Rückkehroption natürlich auch für viele, die wir dann hier aufnehmen, vielleicht nicht mehr eine Möglichkeit gegeben ist, die mit denen diskutiert werden kann. Natürlich muss man die Situation in Libyen, Syrien und im Nordirak verbessern, auch darum geht es.
Also ich glaube, wir brauchen eine umfassende Darstellung der bisherigen und der möglichen Maßnahmen im Ausschuss, wie sie gewirkt haben, wie sie weiter wirken. Und dann, denke ich, können wir im Ausschuss auch die Fragen stellen, die sich aufgrund des Antrags hier ergeben haben. – Vielen Dank.
programme, es wurde gesagt, sind nur in Abstimmung mit den Bundesbehörden möglich. Ich halte das auch für richtig, denn, wenn wir ehrlich sind, wir brauchen, wenn wir nachhaltig und langfristig helfen wollen, vor allem ein gemeinsames europäisches Vorgehen, um auch die Ursachen zu bekämpfen und zu einer vernünftigen Versorgung zu kommen, denn es geht um mehr als nur Unterbringung. Das geht nur europäisch, und dazu brauchen wir die Federführung des Bundes, der da die Verantwortung übernehmen muss. Der Bund übernimmt bereits die Verantwortung, so hat der Bund bereits der Aufnahme von 10 200 Personen im Rahmen des europäischen Resettlement-Programms zugestimmt. Und das ist nur ein Beitrag von sehr vielen, die der Bund leistet, um besonders gefährdete und wirklich schutzbedürftige Personen aufzunehmen. Ich will es sehr deutlich für uns als Christdemokraten sagen, wir bekennen uns ausdrücklich zu dieser Verantwortung.
Wir müssen, und das gehört zur Wahrheit dazu, aber auch sehr genau differenzieren zwischen denen, die tatsächlich unsere Hilfe brauchen, und denjenigen, die zu uns kommen wollen, aber keinen Anspruch darauf haben. Ich sage das heute noch einmal sehr deutlich, denn es muss unser gemeinsames Interesse sein, das Asylrecht a) ernst zu nehmen und b) auch gegen Kritik und die Populisten von rechts außen zu verteidigen. Das gelingt uns aber nur, wenn wir die Regeln sauber anwenden und auch nur diejenigen aufnehmen, die einen Anspruch darauf haben, und diese dann vernünftig unterbringen und integrieren.
Im Fall der verfolgten Jesiden und anderer besonders schutzbedürftiger Personen ist die Frage klar. Hier sehen auch wir sehr eindeutig, dass wir in der Verantwortung stehen, diesen Personenkreisen zu helfen. Wenn diesen Personen aber wirklich geholfen werden soll, und das möglichst zeitnah, dann brauchen wir den Bund als Koordinator, der hier gemeinsame Programme koordiniert. Das bringt mehr, als wenn die Länder einzelne Programme aufsetzen und hier sehr vereinzelt losmarschieren. Zumindest sollte es eine bundesländerübergreifende Zusammenarbeit zum Beispiel auf Ebene der norddeutschen Bundesländer geben. Das macht alles deutlich mehr Sinn als 16 einzelne Programme.
Also, als Hauptaufgabe sehen wir auf Länderseite dabei, den Bund bei der Umsetzung der Resettlement- und Schutzprogramme zu unterstützen. Dazu müssen die Länder auch bereit sein. Hamburg ist das, das erkennen wir durchaus an. Aber das allein reicht nicht, die Bereitschaft allein reicht nicht, weil die Umsetzung ordentlich bewältigt werden muss. Ich meine damit nicht nur die geordneten Verfahren, die wir auf jeden Fall brauchen,
sondern ich meine ebenso die Qualität der Umsetzung. Gerade wenn von schwer traumatisierten Personen die Rede ist, reicht es doch nicht aus, diese einfach unterzubringen, sondern diese Personen brauchen eine besondere medizinische Versorgung, und die kann nicht einmal eben einfach so in jedem Fall geleistet werden. Auch die Kapazitäten sind begrenzt. Das gehört zur Wahrheit dazu und das wissen auch alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Nichtsdestotrotz, aus unserer Sicht ist es selbstverständlich, dass Hamburg sich an den Programmen des Bundes beteiligt und weiter seinen Beitrag leistet. Ob darüber hinaus eigene Landesprogramme zielführend sind, muss man aus unserer Sicht im Innenausschuss sehr gründlich diskutieren, denn nicht alles, was gut gemeint ist, und nicht alles, was sich in solchen Debatten gut und richtig anhört, ist am Ende wirklich zielführend, und vor allem ist es nicht einfach einmal eben so umgesetzt. Die Realität ist da deutlich komplexer, und das zeigt sich daran, dass eben die Zusammenarbeit mit dem Bund und den europäischen Nachbarländern dringend erforderlich ist. Deshalb wollen wir über die humanitären Aufnahmeprogramme und auch den Beitrag, den Hamburg leisten kann, im Innenausschuss diskutieren. Deshalb unterstützen wir die beantragte Ausschussüberweisung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, wie diskutiert man eigentlich in fünf Minuten ein derartiges Menschheitsthema? Wie kann man das eigentlich erfassen, dass diese ganze Fluchtgeschichte, die vor 2 Millionen Jahren mit der Frühform der Homo sapiens in Afrika angefangen hat, ein typisches Element der Weiterentwicklung der Menschheit gewesen ist und immer war, und heute zu einem Thema fast schon verkommt – in dicken Anführungsstrichen –, wo sehr schnell sehr viel an politischem Bedenkenträgertum hervortritt, wo man sich vor Populismus fürchtet, wo man sich vor dem Signal fürchtet, ja, dieses Land, diese Republik, dieses Europa oder auch dieses Bundesland ist bereit, Menschen aufzunehmen, die in Not sind. Das, finde ich, ist das große Problem, das hinter all unseren Diskussionen hier steckt.
Und welches Land die größere Hölle ist, um es einmal so zu sagen, Libyen, Jemen, Syrien, das kann man nicht so entscheiden. Der Antrag der LINKEN bezieht sich auf eine sehr spezielle schutzbedürftige Gruppe, das ist richtig, die brauchen eine besondere Hilfe, und gleichzeitig muss man, glaube
ich, bei dieser Debatte, die wir im Innenausschuss dann sehr konkret weiterführen können, sich darüber im Klaren sein, dass auch das nicht reichen wird, um nur annähernd ein Signal von wirklicher Hilfe geben zu können. Trotzdem darf man an der Stelle natürlich nicht aufhören. Ich will nicht so verstanden werden, dass eine Zahl von 100 oder 500 eine unwichtige Zahl ist. Nur müssen wir uns immer wieder im Klaren darüber sein, wie kleinteilig wir hier diskutieren und wie groß die Aufgabe und das Problem sind.
Herr Gladiator, Sie haben gesagt, Sie sähen die humanitäre Situation ähnlich. Aber wir müssen dann natürlich auch darüber reden, dass es so klare, deutliche Ansagen und Festsetzungen von Bundesebene gibt, eben nicht einzusteigen in Kontingentflüchtlinge, in eine humanitäre Unterstützung außerhalb des normalen Verfahrens, dass es den Ländern natürlich massiv erschwert wird. Anders als Sie teile ich nicht die Einschätzung, dass die große Linie vom Bund aus gegeben werden muss, wo wir doch hier erleben, dass jeden Tag neue Städte sich als sicherer Hafen erklären
und dass immer mehr Bundesländer sich dahin aufmachen zu sagen, sie seien sehr wohl bereit, Kontingente von Geflüchteten aufzunehmen. Ich empfinde die Große Koalition auf Bundesebene hier so deutlich als Bremser, dass ich es nur richtig finde zu sagen, eigentlich müsse man auch einen politischen Weg über den Bundesrat gehen und dieser Vorherrschaft des Bundesinnenministeriums an der Stelle dann doch einmal ein Ende setzen.
Wie schnell uns das gelingt, weiß ich auch nicht. Ich weiß aber, dass schnelle Hilfe notwendig ist. Wir begrüßen sehr das Programm, das in Schleswig-Holstein aufgelegt worden ist. Es ist erst am Anfang; ich glaube, sie haben es im November beschlossen. Das wäre so ein Programm, bei dem man möglicherweise politisch in Gespräche kommt und bei dem Hamburg vielleicht dann auch noch die Bereitschaft entwickeln könnte, etwas mehr zu tun als das, was es heute schon alles tut. Es gibt nur noch fünf Länder mit dem Landesaufnahmeprogramm für syrische Flüchtlinge. Es gibt Angebote für Menschen, die schon hier sind, die sich wesentlich unterscheiden von dem, was andere Bundesländer in Richtung Ausbildung, in Richtung Erwerbstätigkeit machen. Hamburg geht durchaus sorgsam und gut und empathisch mit den Geflüchteten um, die hier sind, aber ich sehe das Bild noch nicht abgerundet. Ich finde schon, wir könnten uns noch einmal viele Gedanken darüber machen, was wir noch mehr tun könnten.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, Sie haben mit diesem Antrag in ein Wespennest gestochen. Die Situation in Libyen und natürlich besonders die Situation der Geflüchteten in den libyschen Auffanglagern ist wirklich verheerend. Liest man die Berichte über die unmenschlichen Zustände, wird einem wieder einmal vor Augen geführt, wie in Berlin mit dieser Thematik umgegangen wird.
Auf Bundesebene geht es dabei in erster Linie um Abschottung und Zurückweisung. Das wird daran deutlich, dass die Bundesrepublik im Rahmen eines europäischen Hilfsprogramms nur 300 Menschen aus Libyen aufnimmt. Das haben wir hier schon angesprochen. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass Europa in der Gesamtschau etwa 50 000 Resettlement-Plätze eingerichtet hat.
Auch Deutschland war keineswegs tatenlos. In enger Kooperation mit dem UNHCR nimmt Deutschland mehr als 10 000 Menschen aus humanitären Gründen auf. Wir wissen aber auch, dass das nicht ausreichen wird und dass andere Hilfsprogramme auslaufen und trotz eines entsprechenden Bedarfs möglicherweise nicht fortgesetzt werden sollen. Genau hier könnte ein eigenes Hamburger Landesprogramm ansetzen.
Der Diskussion über den Sinn und Zweck von humanitären Aufnahmeverfahren entnehmen wir Liberale grundsätzlich fünf Vorteile. Erstens: Es gibt geregelte Aufnahmeverfahren. Dadurch entsteht eine echte Alternative zu Asylverfahren. Zweitens: Resettlement ist ein Instrument zur gesteuerten Kontingentaufnahme von Geflüchteten. Drittens: Es lassen sich klare Aufnahmekriterien festlegen.
Der Kurzanalyse des BAMF zum Thema Resettlement ist zudem zu entnehmen, dass nach aktuellen Forschungsdiskussionen vor allem die sozial benachteiligten Gruppen eine Flucht nach Europa nicht antreten beziehungsweise in aussichtslosen Fluchtsituationen hängenbleiben.
Damit ergibt sich ein vierter Vorteil. ResettlementProgramme bewirken nicht, dass schwache und besonders schutzbedürftige Menschen sich auf die gefährliche und todbringende Flucht nach Europa aufmachen, denn begünstigt von diesen humanitären Aufnahmeprogrammen sind nur die vom UNHCR besonders schutzbedürftig eingestuften Menschen.
Resettlement-Programme haben noch einen weiteren nicht zu unterschätzenden fünften Vorteil. Die Menschen, die über so ein Programm zu uns kom
men, haben eine prinzipiell dauerhafte Bleibeperspektive. Es erfolgt also nicht nur die geplante Einreise. Auch die Integration kann vorbereitet und geplant werden. Der Kern des Problems, dass Millionen Menschen auf der Flucht sind, dass weltweit Not, Elend, Krieg und Verfolgung die Menschen aus ihrer Heimat vertreiben, spielte in der bundespolitischen Debatte in den letzten Monaten keine Rolle mehr. Warum?
Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass wir hier in Hamburg im Innenausschuss über ein Landesaufnahmeprogramm diskutieren, um einigen besonders schutzwürdigen Menschen zusätzlich zu den schon laufenden humanitären Maßnahmen auf europäischer und Bundesebene humanitären Schutz und eine sichere Aufnahme in unserem Land zu gewähren. Über die Aufnahmekriterien, den Einfluss des Bundesinnenministeriums und einen Integrationsfahrplan für ein mögliches Landesaufnahmeprogramm sollten wir zunächst im Innenausschuss sprechen, bevor wir uns endgültig festlegen.
Im Angesicht des Ausmaßes des Elends der Flüchtlinge scheint mir die Diskussion über ein Landesaufnahmeprogramm ein Anfang und ein Signal zu sein, dass wir bei all den politischen Diskussionen, die in der Flüchtlingspolitik geführt werden, die Menschen nicht vergessen dürfen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diesen Antrag ergebnisoffen im Ausschuss diskutieren. – Vielen Dank.