Ja, ich unterstelle Ihnen wenigstens, dass Sie ein gefühltes Recht haben, auch wenn das sehr einseitig ist.
Einer derartigen Praxis wollen wir mit unserem Antrag für die Zukunft entgegenwirken, denn die ehemaligen Passagiere der "Alan Kurdi" sind ja mittlerweile von Bord gegangen, weil insbesondere Deutschland Malta signalisiert hat, den größten Teil dieser Menschen aufzunehmen.
Ja, nicht nur Deutschland. Richtig, es war auch Portugal, es war auch Luxemburg, es war auch Frankreich. Aber, Herr Abaci, was glauben Sie denn, wo all diese Leute nachher landen? Die kommen doch nachher alle zu uns, die bleiben doch nicht da in den sogenannten Aufnahmeländern. Die kommen alle hierher.
Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass es auch künftig Schiffe geben wird, die nur auf die Möglichkeit zu einer derartigen Rettungsaktion warten. Und dann muss man vorsorgliche Regelungen treffen, wie man damit umgeht. Es kann nicht sein, dass stets immer nur einige wenige europäische Länder, darunter auch stets Deutschland, ganz schnell ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklären, aber osteuropäische Staaten eben nicht. Wir beantragen daher, dass Hamburg künftig nur dann noch Aufnahmebereitschaft an den Bund signalisiert, wenn auch alle osteuropäischen Staaten aufnahmebereit sind.
Im Übrigen, das sei auch am Rande erwähnt, ist es immer noch fraglich, wie man mit solchen Vorgängen umgehen soll, wenn nämlich das Land, das ursprünglich Zielpunkt eines Rettungsschiffes war, willkürlich die Aufnahme verweigert. Auch diese Rechtsfrage muss geklärt werden. Denn wenn Lampedusa tatsächlich angelaufen worden wäre, dann wäre natürlich Italien zuständig nach der Dublin-Verordnung; das wissen wir alle. Nun kann es natürlich nicht sein, dass ein europäisches Land willkürlich das Anlaufen eines Rettungsschiffes verweigert, entgegen Völkergewohnheitsrecht und entgegen dem Seerechtsübereinkommen.
Also, ich halte fest: Bevor diese Fragen nicht geklärt sind und bevor nicht geklärt ist, dass auch andere, insbesondere osteuropäische Staaten, Flüchtlinge aufnehmen, sollten auch wir Hamburger das nicht vorschnell tun. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Es ist, glaube ich, bezeichnend, dass in der Rede von Herrn Nockemann nicht ein Mal das Wort Humanität vorkam.
Und es ist bezeichnend, dass immer wieder von Flüchtlingen gesprochen worden ist, die irgendwann in der Bundesrepublik landen, also bei uns, dass aber nicht ein Mal von Seenotrettung gesprochen worden ist, von der Verpflichtung der Staaten, in Seenot geratene Menschen aufzunehmen, zu retten. Das ist das Erste. Und dann kann man sich um die Fragen kümmern, die Herr Nockemann hier erwähnt hat. Darum geht es.
Der Inhalt des Antrags, nämlich die Aufnahme von Bootsflüchtlingen der "Alan Kurdi", hat sich glücklicherweise durch die Aufnahmebereitschaft von Deutschland, Frankreich, Portugal und Luxemburg erledigt. Wir haben in diesem Hause über die Möglichkeiten eines Bundeslandes, aus Seenot Gerettete aufzunehmen, schon diskutiert, ebenso am 2. April im Innenausschuss über einen Antrag, den die Links-Fraktion gestellt hat. Dort haben wir sehr ausführlich über die Möglichkeiten gesprochen, die ein Bundesland hat, und was wir in Hamburg schon tun, um hier lebende Flüchtlinge zu integrieren, und dem Bundesministerium des Inneren die Bereitschaft zu signalisieren, hier Bootsflüchtlinge aufzunehmen im Rahmen einer Bereitschaft unseres Bundeslandes. Diese Bereitschaft ist vom Innenminister nicht nur zur Kenntnis genommen worden, er nimmt sie auch in Anspruch; es sind schon Flüchtlinge, die auf den Booten waren, hier in Hamburg angekommen.
Der AfD-Antrag fällt hinter diese Tatsache eindeutig zurück, will auch dahinter zurückfallen und stellt für mich den Gipfel der Heuchelei dar, um es einmal ganz deutlich zu sagen.
Da werden, wie Sie es eben auch registrieren konnten, die Staaten Osteuropas, insbesondere Ungarn und Polen, aber auch Italien, in ihrer Haltung, niemanden aufzunehmen, politisch unterstützt. Damit wird eine Regelung auf europäischer Ebene nachhaltig und aktiv verhindert. Und dann verlangt man aber, bevor Flüchtlinge hier aufgenommen werden könnten, deren Zustimmung zu einer Quote. Da frage ich mich: Was machen Sie eigentlich in Italien, wenn Sie mit Herrn Salvini sprechen? Jedenfalls nicht, aktiv auf die Bewältigung eines Problems hinzuarbeiten, sondern Ihnen ein Problem am Leben zu erhalten, das nur Sie als Partei am Leben erhält.
Was für mich allerdings noch darüber hinausgeht und wirklich widerwärtig ist, um es einmal ganz deutlich zu sagen, ist die Forderung, diese Bootsflüchtlinge, die im Moment gerettet werden und sich auf Schiffen befinden, also in Seenot gerettete Männer, Frauen und Kinder, nicht aufzunehmen, solange man sich in Europa nicht geeinigt hat. Man muss nicht Geschichte studiert haben, um das Beispiel eines Schiffes in Erinnerung zu haben, das monatelang durch die Weltmeere geschippert ist, weil die Länder, die angefahren worden sind, sich geweigert haben, die Menschen, die sich auf dem Schiff befanden, aufzunehmen. Sie mussten nach Europa zurückkommen und sind dann doch in die Vernichtungsmaschinerie der Nazis involviert worden. Ich möchte nicht wieder die Bilder haben von aus Seenot geretteten Men
schen, die sich auf dem Mittelmeer befinden und dort herumschippern müssen, weil sich Länder nicht einigen können, wie sie auf die zivilisierten Länder Europas verteilt werden. Denn darum geht es im Endeffekt.
Wir haben Europawahlen vor der Tür. Und was mich am meisten an dieser Diskussion um das Mittelmeer stört, ist, dass durch das aktive Nichthandeln auch Ihrer Fraktion in den osteuropäischen Ländern und die aktive Unterstützung dieser Länder wie Ungarn und Polen die europäischen Werte dort massiv verletzt werden. Sie gehen da gerade den Bach runter, um es einmal ganz deutlich zu sagen, weil diese Bilder unerträglich sind.
Es ist die Aufforderung, das Menschliche nicht zu tun und die Flüchtlinge weiter im Mittelmeer zu belassen. Dieses Menschenbild ist weder von Bibel, Koran oder Grundgesetz gedeckt. Es ist außerdem eine Aufforderung zu einem Verhalten, das allen europäischen und zivilisierten Ländern widerspricht, und damit stellt sich die AfD erneut außerhalb des Grundkonsenses unserer Gesellschaft.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich den vorliegenden Antrag richtig verstehe, dann fordert er unter I.a eine ohnehin bestehende Rechtslage, denn die Bundesländer können sowieso nur im Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium humanitäre Aufnahmeprogramme auf den Weg bringen, und eben gerade nicht im Alleingang. Das regelt Paragraf 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Der Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, meine Damen und Herren. Auch hier.
Allerdings heißt das im Umkehrschluss nicht, dass Hamburg nicht eine verbindliche Aufnahmeerklärung bezüglich der Bootsflüchtlinge gegenüber dem BAMF abgeben darf, und das ist auch völlig zulässig. Das ist innerdeutsche Zusammenarbeit in den Migrationsfragen. Es ist gängige Praxis, dass hier Bund, Länder und Kommunen zusammenarbeiten.
Unter I.b fordert die antragstellende Fraktion dann eine angemessene Aufnahmebereitschaft insbesondere der osteuropäischen Staaten. Was auch immer angemessen in diesem Zusammenhang heißen mag,
ich denke, hier gibt es sicherlich diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen in diesem Hause, könnte die antragstellende Fraktion auch ihr wahres Gesicht zeigen und gleich beantragen, dass sie einfach keine Bootsflüchtlinge in Hamburg haben möchte. Das wäre nämlich die Wahrheit.
Denn ein jeder weiß, in wie weiter Ferne eine angemessene Aufnahmebereitschaft von Ländern wie Ungarn und Polen ist.
Aber unabhängig von jeder rechtlichen Einordnung oder allen anderen Faktoren gibt es, wie von meinem Vorredner auch schon erwähnt, eine humanitäre Komponente, über die der vorliegende Antrag kein einziges Wort verliert. Es gibt nämlich auch die Macht des Faktischen, und da ist es völlig zweitrangig, ob irgendwelche Schlepper indirekt bei ihrer Arbeit unterstützt werden oder ein Präzedenzfall geschaffen wird: Wenn Menschen tagelang unter katastrophalen Bedingungen über das Meer schippern, besteht eine humanitäre Pflicht zu helfen. Dieser Wertekompass scheint leider nicht Konsens in diesem Hause zu sein, denn der Antrag enthält wirklich kein einziges Wort des Mitgefühls gegenüber den Menschen, die gestartet sind voller Hoffnung in ein neues Leben und auf dem Meer gelandet sind. Deshalb ein klares Nein von uns zu diesem Antrag.
Danke schön. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie geben sich alle Mühe in der AfD-Fraktion, schlechte Menschen zu sein, aber gut. Ihnen ist bewusst, dass sich auch Hamburg zum sicheren Hafen erklärt hat, aber wir sagen das natürlich alle gern noch einmal an dieser Stelle. In Hamburg gibt es eine breite Mehrheit der Bevölkerung, für die Humanität ein fester Bestandteil ihres Wertesystems ist. Sie gehören nicht dazu,
aber ich kann das Faible, das Sie haben, das immer wieder so herauszustellen, nicht ganz nachvollziehen.
Mit unserer Erklärung zum sicheren Hafen bewegen wir uns selbstverständlich im Einklang mit dem Bundesrecht, das haben die Vorrednerin und der Vorredner hier eben schon gut ausgeführt und das ist auch in unserem damaligen Antrag deutlich nachzulesen. Wir sind aber schon der Auffassung, dass das Bundesministerium des Inneren und Herr Seehofer sich noch etwas schneller und konstruktiver in diesen Fragen, wo es um humanitäre Lösungen geht, verhalten könnten.
Bemerkenswert ist, es wurde schon darauf hingewiesen, der Satz in Ihrer Antragsbegründung – ich zitiere –:
"Italiens Innenminister Salvini hatte am 4.4.2019 gesagt: 'Das Schiff ist deutsches Eigentum, unter deutscher Flagge, mit deutscher Besatzung.' Deshalb müsse sich Deutschland auch darum kümmern. Das Schiff solle nach Hamburg fahren."