Die Kommission hat auf der Basis ökonomischer Überlegungen entschieden, die unter vergleichbaren Umständen auch von jedem rational handelnden privaten Marktteilnehmer so getroffen worden wären. Darum kam die Kommission zu dem Schluss, dass Vattenfall beim Rückkauf kein Vorteil eingeräumt wird und dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellt, mithin, Kollege Tjarks hat es gesagt, ist der Mindestpreis, der gezahlt wird und schon 2014 vereinbart wurde, gerechtfertigt.
Der Kauf der restlichen 74,9 Prozent der Anteile an der Vattenfall Wärme GmbH vom Konzern Vattenfall kann rückwirkend zum 1. Januar 2019 vor allem ohne weitere Auflagen vollzogen werden. Damit hat die Kommission die Position des Hamburger Senats bestätigt; der Senat hatte das Verfahren bei der EU-Kommission angestrengt. Vollumfänglich bestätigt wurde von Brüssel auch die Entscheidung der Hamburgerinnen und Hamburger über den Rückkauf der Fernwärme.
Mit Vollzug des notariellen Kaufvertrags ist dann auch der Weg frei für eine erfolgreiche Energiewende im Wärmebereich, wieder in öffentlicher Hand. Das ist gut so, auch wenn wir durch dieses Verfahren Zeit verloren haben. Aber die Behörden, BUE und Finanzbehörde sowie die Wärmegesellschaft, haben die Zeit genutzt, um das sogenannte Carve-Out, also die Herauslösung der Wärme Hamburg aus dem Vattenfall-Konzern, vorzubereiten. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten, auch aus dem Vattenfall-Konzern, hat bisher sehr gut geklappt. Vielen Dank an alle Seiten dafür.
Das sogenannte Carve-Out ist ein schwieriges Vorhaben, das vom designierten neuen Geschäftsführer Christian Heine geleitet werden soll. Er hat bereits bei Strom- und Gasnetz bewiesen, dass er solche komplizierten Prozesse beherrscht. Ich wünsche ihm auch für diesen Prozess viel Erfolg und ein gutes Gelingen.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vattenfall Wärme Hamburg wird die Transformation der Gesellschaft in ein öffentliches Unternehmen keinerlei Nachteile bringen. Sie, wie auch die Azubis, werden bei gleichbleibenden Bedingungen übernommen. Das war bereits bei der Übernahme des Strom- und Gasnetzes so. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen das auch zu schätzen und sie haben erfahren, dass der Senat Wort hält. Das ist uns in der heutigen Zeit sehr wichtig.
Nach dem Rückkauf der Fernwärme steht dem klimafreundlichen Umbau der Wärmeerzeugung nichts mehr im Weg. Die erste und wichtigste Aufgabe ist es, das 60 Jahre alte Kohlekraftwerk Wedel zu ersetzen. Das Konzept ist den Mitgliedern des Energienetzbeirates hier im Hause aus allen Fraktionen bekannt. Es war und ist dort das zentrale Thema, das mit Senatsvertretern, aber auch mit engagierten Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften, der NGOs, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern diskutiert und erörtert wurde. Auch das ist ein Ergebnis des Volksentscheids: Der Prozess der Konzeptionierung großer Anlagen findet unter den Augen der Öffentlichkeit statt.
Das ist durchaus nicht einfach – lachen Sie nur –, und es ist eine neue Erfahrung, auch für Sie, Herr Kruse. Wir wissen, dass das natürlich …
Ach so, Sie haben das alles schon hinter sich. Sie müssen erst einmal so alt werden, wie Sie aussehen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Schaal, Sie haben jetzt eine halbe Sekunde Zeit, sonst erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
Ein zentraler Punkt ist auch, dass sie kohlefrei produziert werden soll. Auch das ist gewährleistet, denn Moorburg wird als Wärmequelle ausgeschlossen. Stattdessen wird das Fernwärmenetz zu etwa 50 Prozent mit Abwärme aus Abfall, Industrieanlagen und Gas-KWK gespeist und erneuerbar sein. Spätestens 2030 sind wir aus der Kohle raus, viel früher als im Bundesgebiet. Kurz, die Stadt hat Großes vor und wir werden weiter dranbleiben und auch hier im Hause weiter darüber diskutieren; das ist bereits vereinbart. – Vielen Dank.
Die Redezeit war abgelaufen, und ich erteile Ihnen hiermit einen Ordnungsruf, Frau Abgeordnete. – Als Nächster erhält das Wort Stephan Gamm für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin erstaunt über das Niveau, das hier Redner von Rot-Grün an den Tag legen.
Ich finde es mutig, dass Sie die Entscheidung der EU-Kommission zum Anlass nehmen, dieses Thema für die Aktuelle Stunde anzumelden.
Denn auch wenn der Rückkauf nun möglich scheint, vollzogen wurde er damit noch nicht. Ob der Senat sein Ziel, den Kauf rückwirkend zum 1. Januar 2019, überhaupt erreichen kann, ist noch mehr als ungewiss. Denn wir wissen: Wenn der Vertrag nicht bis August unterzeichnet wird, dann ist das wahrscheinlich gar nicht mehr möglich. Doch das sind juristische Fragen, die nur vom eigentlichen Thema ablenken sollen.
Die GRÜNEN feiern sich jetzt mit der Aussage, sie hätten den Volksentscheid vollständig umgesetzt. Doch genau das stimmt nicht, denn der Eigentumswechsel der Energienetze hin zur Stadt Hamburg ist doch nur ein Teilaspekt des Volksentscheids. Die Akteure von "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" haben mit dem Volksentscheid noch andere Ziele und Wunschvorstellungen formuliert, wie den Wunsch nach einer preisgünstigen und klimaverträglichen Energieversorgung aus erneuerbaren Energien. Genau davon sind wir noch meilenweit entfernt. Auf zwei Punkte möchte ich eingehen.
Erstens: Preise und Wirtschaftlichkeit. Vor gar nicht allzu langer Zeit wurden uns ab 2024 opulente Gewinne versprochen. Doch davon hat sich der Senat offenbar schon längst verabschiedet. Jetzt heißt es plötzlich, der Vorteil eines öffentlichen Unternehmens sei doch gerade, dass keine Gewinne erwirtschaftet werden müssen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Ich darf kurz unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tjarks?
der letzten Woche so unkonkret, dass wirklich keiner der Anwesenden verstanden hat, wie das genau funktionieren soll. Ein kurzer Blick zur Stromgesellschaft gibt einen Vorgeschmack auf das, was den Hamburger Fernwärmekunden drohen kann. So sind die Netzentgelte, die circa ein Viertel des Strompreises ausmachen, für Hamburg in diesem Jahr um rund 12 Prozent gestiegen.
Das sind für einen Vier-Personen-Haushalt ungefähr 50 Euro pro Jahr. Der Bundesdurchschnitt liegt übrigens bei 2 Prozent, und sogar Berlin schafft es, dass die Netzentgelte in diesem Jahr sinken; das muss man sich einmal vorstellen.
Zweiter Punkt: die Forderung nach erneuerbaren Energien. Durch den Neubau eines Gaskraftwerks basiert das rot-grüne Konzept im Wesentlichen nicht auf erneuerbaren Energien, sondern auf Erdgas. Wir wissen alle, dass dieses Kraftwerk im Vergleich zur Nutzung von Moorburg keinen CO2-Vorteil bringt. Auch wenn in diesem Kontext immer gern von einer Übergangstechnologie gesprochen wird, so wird doch niemand in diesem Hause ernsthaft glauben, dass das Kerstan-Kraftwerk nach acht Jahren wieder abgeschaltet wird, nachdem der Bau vorher 300 Millionen Euro gekostet hat. Sollte dieses Kraftwerk tatsächlich gebaut werden, so wird damit die Verbrennung fossiler Energieträger in Hamburg auf Jahrzehnte zementiert.
Neben diesen inhaltlichen Mängeln kommen noch gravierende handwerkliche und strategische Fehler dieses Senats hinzu. Der wesentliche Fehler ist die Unfähigkeit zur Entscheidung in Kombination mit einem Planungs- und Terminchaos. Dieser Senat hat zu Beginn dieser Legislaturperiode angekündigt, im Herbst 2016 ein Konzept für den Umbau der Fernwärme vorzulegen. Stand heute ist jedoch, dass auch fast drei Jahre später eine verbindliche Entscheidung noch immer nicht getroffen wurde. Allein in dieser Zeit hat der Senat vier verschiedene Termine für die Abschaltung des Kraftwerks in Wedel angekündigt. Im Herbst letzten Jahres war von 2024 die Rede, letzte Woche Mittwoch auf der Pressekonferenz wurde dann wieder 2023 als Zielmarke ausgegeben. Wie es aber zu dieser wundersamen Verkürzung kam, konnte bisher niemand erläutern. Selbst der neue Leiter des Amtes für Energie und Klima war nicht in der Lage, diese Frage im Energienetzbeitrat letzte Woche zu beantworten. Sie erinnern sich, das ist Ihr Parteifreund, der sich aufgrund seiner herausragenden energiewirtschaftlichen Expertise problemlos gegen 74 externe Bewerber durchgesetzt hat.
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass sich dieser Senat auf einem energiepolitischen Blindflug befindet und jegliches Gespür für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Steuergeldern verloren hat. Das ist schlecht für die zukünftige Entwicklung der CO2-Bilanz unserer Stadt und schlecht für alle Hamburgerinnen und Hamburger und erst recht kein Grund, sich hier auf die eigene grüne Schulter zu klopfen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist in den Worten des Kollegen Gamm schon angeklungen, dass es ein wichtiges, ein zentrales Thema ist. Aber ich frage mich, wo in den Reden jetzt wirklich tiefschürfend auf die Chancen aus dem Rückkauf des Fernwärmenetzes eingegangen worden ist.
Natürlich ist es ein Erfolg, aber es ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft in Hamburg, die den Senat per Volksentscheid dazu gezwungen hat, die Energienetze zurückzukaufen.
Es ist ein Erfolg für die Beschäftigten, die jetzt nicht mehr, wie bei Vattenfall, regelmäßige Rationalisierungswellen fürchten müssen. Es ist ein Erfolg für die Kundinnen und Kunden, die einen zuverlässigen Geschäftspartner und Lieferanten haben, und es ist – bei der Fernwärme noch zu beweisen – ein Erfolg für das Klima.
Aber wenn wir über die Chancen reden, sollten wir auch über die Baustellen auf dem Weg dorthin reden. Ihrer müssen wir uns in dieser Freien und Hansestadt Hamburg jetzt wirklich annehmen. Ich habe nicht das Gefühl, dass das über der ganzen Jubelparty hinaus schon nachhaltig passiert.