Aber wenn wir über die Chancen reden, sollten wir auch über die Baustellen auf dem Weg dorthin reden. Ihrer müssen wir uns in dieser Freien und Hansestadt Hamburg jetzt wirklich annehmen. Ich habe nicht das Gefühl, dass das über der ganzen Jubelparty hinaus schon nachhaltig passiert.
Es wurde schon erwähnt, dass der Abschalttermin des Kohleheizkraftwerks Wedel immer weiter hinausgeschoben wird. Die Frage ist, wo in Zukunft Energiepolitik für die Fernwärme in Hamburg gemacht wird. Entweder vom Amtsgericht in Pinneberg, wo gerade das Verfahren gegen die Erteilung der Betriebsgenehmigung läuft, oder tatsächlich in Wilhelmsburg in der Umweltbehörde, die letztendlich diese Entscheidung bisher verschlafen hat.
Dazu gehören natürlich auch das traurige Kapitel, dass Tiefstack erst später auf Gas laufen wird, und, wie wir im Energienetzbeirat gehört haben, das Schönrechnen der Müllverbrennung in Hamburg als erneuerbare Energiequelle. Der gesunde Menschenverstand jenseits von Rechenmodellen will das nicht so richtig nachvollziehen.
Die vom Senat bevorzugte Südvariante, die ich als Relikt der Absprachen mit Vattenfall betrachte, ist im Moment ziemlich volatil und nicht wirklich greifbar; es ist mehr eine Geheimniskrämerei, die hier gemacht wird. Auch der Kollege Tjarks hat dazu nicht viel mehr gesagt. Im Energienetzbeirat ist es mehr oder weniger ein ständiges Erleiden der Nichtinformationen, die man dort bekommt. Es gibt einfach eine tiefsitzende Maulfaulheit des Senats, der behauptet, er wisse mehr, als er sagen könne oder wolle. So kann man demokratische Regeln nicht einfach durchbrechen. Das ist auch eine Forderung von uns: Der Energienetzbeirat muss ausgebaut werden, er ist ein demokratisches Beteiligungsgremium für die Zivilgesellschaft, für die NGOs, er braucht mehr Rechte, er braucht mehr Informationen, und er darf nicht jedes Mal mit Leerformeln rund um die Energiewende abgespeist werden.
Insofern tut es mir für den Kollegen Kruse leid, dass er die letzte Sitzung erleiden musste, wo er dann tatsächlich einmal da war; an mir lag es nicht.
Aber neben der fehlenden Ehrlichkeit denke ich, geht es jetzt vor allen Dingen auch darum, als Besitzerin des Kohleheizkraftwerks in Wedel endlich in andere Fußstapfen zu treten, als die jetzige Besitzerin Vattenfall das tut, anzuerkennen, dass die Schäden in Wedel tatsächlich durch das Kohleheizkraftwerk verursacht werden, und dann die Nachrüstung des Kraftwerks entsprechend der neuen Emissionsrichtlinien anzustreben. Das wird viel Geld kosten. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat hier gepennt, Vattenfall hat sich bisher komplett aus der Verantwortung herausgezogen und die notwendigen Investitionen auf ein Mindestmaß reduziert. Hier, denke ich, ist deutlich Nachbesserungsbedarf.
Grundsätzlich sage ich: Wenn es uns gelingt – und das wäre eine gemeinsame Aufgabe, denn Energiewende muss gesellschaftlich von allen getragen werden –, tatsächlich auf erneuerbare Energien ohne Rechentricks umzuschwenken, dann haben alle in Hamburg etwas davon und nicht nur in Hamburg, sondern dann sind wir wieder Leucht
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich erstaunlich, dass Sie sich trauen, dieses Thema hier heute anzumelden.
weil Sie wesentliche Kostenbestandteile, zum Beispiel das Zentrum für Ressourcen und Energie, völlig außen vor gelassen haben. Daraus koppeln Sie zwar Fernwärme aus, aber Sie sehen sich offensichtlich nicht in der Lage, die Kosten, die dabei entstehen, in das Fernwärmekonzept mit hineinzurechnen. Kein Wunder, dann wäre es noch teurer gewesen, genau wie bei der CO2-Bilanz für die Müllverbrennung, denn auch da sehen Sie sich nicht in der Lage, die CO2-Werte aus der Müllverbrennung mit in das Fernwärmekonzept zu rechnen. Auch da wäre Ihr Konzept dann nämlich ökologisch nicht mehr vorteilhaft.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Kruse, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Kollegen Tjarks?
EU-Kommission nicht intelligent genug ist, um das Fernwärmekonzept zu verstehen, ob Sie das ernsthaft gesagt haben.
Danke für diese Zwischenfrage, das ist mir sehr wichtig. Selbstverständlich ist die EU-Kommission herausragend intelligent und hat auch alles verstanden, was Sie ihr vorgelegt haben. Ich mache Ihnen den Vorwurf, dass Sie ihr gerade nicht alles vorgelegt haben, was sie hätte wissen müssen, um diese Entscheidung adäquat treffen zu können.
Die Beispiele habe ich eben genannt: Das ist das ZRE, das Sie außen vor gelassen haben, obwohl Sie daraus Fernwärme auskoppeln. Ich habe gesagt, dass die CO2-Bilanzierung in Ihrem Konzept völlig falsch ist; da tun Sie einfach so, als sei Müllverbrennung jetzt CO2-neutral. Das ist lächerlich, und deswegen werden Sie mit dem Thema auch weiterhin nicht vorankommen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Kruse, noch eine Bitte um eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sparr.
Herr Kruse, ist Ihnen bewusst, dass die Kosten für das ZRE von der Stadtreinigung Hamburg getragen werden und demzufolge ursächlich überhaupt nichts mit dem Kaufpreis zu tun haben, den wir an Vattenfall für den Kauf des Fernwärmesystems zu zahlen haben?
Liebe Frau Schaal, selbstverständlich ist mir bewusst, dass die Kosten … Ach so, Frau Schaal, jetzt habe ich Sie glatt miteinander verwechselt, es tut mir leid.
Frau Sparr, selbstverständlich ist mir bewusst, dass die Stadtreinigung diese Kosten trägt. Ich möchte allerdings auch darauf hinweisen, dass Sie dieses ZRE bauen und dass eine wesentliche Komponente dieses ZRE doch die Fernwärmeauskopplung ist. Das heißt, Sie können nicht so tun,
als spiele das zukünftige Konzept, das in den Kaufpreis eingeflossen ist, lieber Herr Kollege Tjarks, da keine Rolle. Ihre bemühten Nachfragen und Ihre bemühten Versuche, mich von meiner eigentlichen Rede abzuhalten, zeigen doch genau, dass Sie versuchen, hier etwas zu überblenden, und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Jetzt muss ich Sie darauf hinweisen, dass der Rest Ihrer Redezeit nur noch drei Minuten beträgt.
Worüber die EU-Kommission abgestimmt hat, ist, ob der Senat das Fernwärmenetz zurückkaufen darf. Und in der Tat, da hat sie Ihnen grünes Licht gegeben. Worüber die EU-Kommission nicht abgestimmt hat, ist, ob Sie mit Ihrem Dilettantismus bei der Zukunft des Fernwärmekonzepts weitermachen dürfen. Dafür haben Sie keinen Freifahrtschein bekommen, das ist nicht in der Genehmigung enthalten.