Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

(Beifall bei Dirk Kienscherf SPD und René Gögge GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Damit wir überhaupt von Hochschulen sprechen, die wirklich exzellent sind, erwarten wir Sozialdemokraten, dass die Arbeitsbedingungen es auch sind. Denn sonst gibt es nämlich keine exzellenten Hochschulen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Ovens hat das Wort für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, ganz herzlichen Dank. – Meine Damen und Herren! Herr Dr. Tode, wir sind ja grundsätzlich bei Ihnen, wenn es darum geht, die Vergütung für Lehrbeauftragte angemessen zu gestalten. Ich wünschte mir nur, wir hätten das Thema schon ein bisschen eher behandelt. Denn es ist ja nicht so, dass wir nicht im Dezember des vergangenen Jahres im Rahmen der Haushaltsberatungen mit Drucksache 21/15239 dazu bereits eine Initiative ins Parlament eingebracht hätten unter dem Titel "Hochschulen stärken – Vergütung für Lehrbeauftragte anpassen". Sie hielten das damals nicht für nötig und haben unseren Antrag abgelehnt. Da sehen Sie wieder: Die CDU legt vor, Sie laufen hinterher. Das ist Hochschulpolitik in Hamburg.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: War auch handwerklich nicht sauber!)

Wenn wir uns das Thema dann noch einmal etwas näher im Detail anschauen, Herr Dr. Tode: Bereits 2016 wollte und sollte dieser Senat eine Analyse über die Menge und den Umfang von Lehrbeauftragten an Hamburgs Hochschulen durchführen. Im Dezember gab es dann immerhin auch bereits eine kleine Anpassung. Inwiefern diese Analyse dafür tatsächlich grundlegend war oder vielleicht Ihr Wirken in den Behörden, wird uns verschlossen bleiben; vielleicht wollen Sie das ja noch einmal näher erläutern. Wir können auf jeden Fall auch ohne diese umfangreichen Analysen, indem wir einfach Schriftliche Kleine Anfragen stellen, was

wir sehr gern tun als CDU-Fraktion, sehr schnell deutlich machen, wie sich die Situation der Lehrbeauftragten in Hamburg entwickelt hat. Nehmen wir nur das Beispiel der Technischen Universität Hamburg in Harburg, dann sehen wir: Im Jahr 2016 gab es 135 Lehrbeauftragte, im Wintersemester 2017/2018 waren es schon 142. Und dieses Spiel können wir auch auf die anderen Universitäten und Hochschulen übertragen. Die Zahlen nehmen zu. Kein Wunder, das Arbeitspensum an den Universitäten und Hochschulen in der Lehre nimmt zu, was grundsätzlich erst einmal erfreulich ist; wir haben mehr Studentinnen und Studenten an den Hochschulen, das entwickelt sich alles erfreulich. Gleichzeitig haben wir aber eben nicht genug fest angestelltes Lehrpersonal, sodass wir zu externen Lehrbeauftragten greifen müssen.

Das Problem ist ja nun auch nicht ganz neu, denn seit fast einem Jahrzehnt, das haben wir hier schon mehrfach diskutiert, also ungefähr seitdem die SPD in die Regierungsverantwortung zurückgekommen ist, seit 2010 gab es keine Anpassung der Vergütung mehr. Meine Damen und Herren, auch das ist ein Ergebnis sozialdemokratischer Hochschulpolitik.

(Beifall bei Ralf Niedmers CDU)

Nur haben die Hochschulen ein Stück weit freie Hand, können zwischen 17 und 60 Euro die Stunde auszahlen. Im Schnitt sind es beispielweise an der TU in Harburg 39,99 Euro pro Lehrveranstaltungsstunde, also pro 45 Minuten. Wir haben Ihnen letztes Jahr schon gesagt, wir müssen das ganze Thema sehr breit diskutieren. Wir brauchen, nicht nur aufgrund des steigenden Bedarfs, marktübliche Tarife. Denn sonst, das ist doch klar: Wir haben auch private Anbieter in Hamburg, und wenn die besser zahlen als die staatlichen Hochschulen, dann gehen natürlich die hervorragenden Lehrbeauftragten lieber an die privaten Hochschulen statt an die staatlichen. Und wenn das dann dazu führt, dass die Qualität der staatlichen Hochschulen leidet, weil sie durch Ihre Politik nicht in der Lage sind, ausreichend zu zahlen, lieber Herr Dr. Tode … Da bin ich bei Ihnen, das ist etwas, das wir ändern müssen.

Sie sind in Ihrem Antrag hier, wie immer mit sehr viel Prosa bedacht, sehr vorsichtig in der Formulierung. Sie möchten berichten, aufarbeiten, prüfen und darauf hinwirken. Ich persönlich hätte mir gewünscht, hier hätte es ein paar klarere Worte gegeben, was Sie denn eigentlich tatsächlich genau erreichen wollen. Nichtsdestotrotz werden wir diesem Antrag zustimmen, denn die richtigen Dinge tun, ist immer der erste Schritt. Wir müssen sie danach nur richtig tun. Aber das habe ich Ihnen ja vorhin schon gesagt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

(Dr. Sven Tode)

Herr Gögge hat nun das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorhin wurde noch nach den langen Linien der Wissenschaftspolitik gefragt, und voilà, da sind wir wieder: Thema Lehrbeauftragte.

Lehrbeauftragte tragen, das wissen wir, ihr umfangreiches Wissen aus der Praxis in die Hochschulen unserer Stadt. Sie halten den Alltagsbetrieb am Laufen und sind ein wesentlicher Bestandteil qualitativ hochwertiger Lehre, denn ohne sie, das ahnen wir, würde es so manches Seminar gar nicht geben. Sie runden quasi die Arbeit der Professorinnen und Professoren in der Lehre ab. Formal gelten sie allerdings als selbstständig und werden deshalb über Honorarverträge vergütet, und es ist nicht in der Mehrheit so, aber bei einigen tatsächlich dann doch, dass auch die Sozialversicherungsbeiträge aus diesem Honorar bestritten werden müssen. Die Vergütungssätze haben sich in den letzten zwei Jahren deutlich verbessert, aber wenn man die wissenschaftliche Kompetenz und den Zeitaufwand der Lehrbeauftragten betrachtet, stellt sich die Frage, ob hier nicht weiteres Potenzial für Verbesserungen liegt.

Meine Damen und Herren! Wir schätzen die Leistungen der Lehrbeauftragen, denn sie bilden nicht nur unseren wissenschaftlichen Nachwuchs aus, sie sind auch unser wissenschaftlicher Nachwuchs. Daher muss die Lebens- und Beschäftigungssituation an den Hochschulen attraktiver werden. Dazu gehört eine angemessene und gerechte Vergütung ebenso wie gute Karriere- und Entwicklungschancen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Genau deshalb arbeitet Hamburg seit vielen Jahren daran, die Situation der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen zu verbessern. Gemeinsam mit anderen Ländern hatte Hamburg eine Bundesratsinitiative gestartet, die im Jahr 2016 zu vielen Verbesserungen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz geführt hat. Dieses Gesetz wird im nächsten Jahr auf der Bundesebene evaluiert. Ganz elementar ist außerdem der Code of Conduct, der als Leitlinie viele Verbesserungen gerade für die Situation der Lehrbeauftragten umfasst. Dadurch wurde der Vergütungsrahmen in dieser Wahlperiode bereits verbessert. Durch die Anpassung der Verwaltungsanordnung wurden die maximalen Vergütungssätze um 50 Prozent angehoben; das wissen Sie. Erstmals existieren aber nicht nur Obergrenzen, sondern auch Untergrenzen für die Bezahlung von Lehrbeauftragten. Das war dringend geboten. Die Hochschulen haben inzwischen reagiert und bezahlen gemäß Code of Conduct höhere Sätze als zuvor, denn natürlich ist auch ihnen an fairen und guten

Arbeitsbedingungen für ihre Lehrbeauftragten gelegen. Und machen wir uns nichts vor, für einige Bereiche, das hat Herr Ovens schon erwähnt, ist ein attraktives Honorar auch ein wichtiger Punkt in der Konkurrenz mit privaten Bildungseinrichtungen.

Deshalb soll der Senat prüfen, welche Steigerungen in der Bezahlung seit der Erhöhung der Obergrenze Ende 2016 genau erreicht wurden, und wenn nötig werden wir weitere Verbesserungen wie zum Beispiel die Anhebung der Mindestvergütung anstoßen. Außerdem ist es ein Gebot der Fairness, dass die Bewertung innerhalb des Vergütungsrahmens künftig noch transparenter dargestellt wird. Wir wollen, dass innerhalb des Rahmens die konkrete Vergütung nachvollziehbaren Kriterien folgt. Für uns GRÜNE ist außerdem natürlich eine entscheidende Frage, ob unter Gendergesichtspunkten Schieflagen bestehen. Denn ohne reale Gleichstellung können wir nicht alle Potenziale der Wissenschaftsstadt heben, und das können wir uns nicht erlauben.

Meine Damen und Herren! Der richtige Weg wurde 2016 eingeschlagen. Wir wollen die Leistungen der Lehrbeauftragten angemessen entlohnen. Auf diesem Kurs bleiben wir und schauen genau hin, wo Handlungsbedarfe bestehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Dolzer hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Problem im Wissenschaftsbereich ist die Ausnutzung von Lehrbeauftragten und studentischen Hilfskräften, um die Lehre möglichst billig anbieten zu können. Teilweise sind es in Bundesländern bis zu 60 Prozent der Lehre, die von diesen umgesetzt wird. So darf es nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da dürft ihr ruhig klatschen.

Die GEW und auch DIE LINKE fordern schon seit Langem eine Erhöhung der Lehrbeauftragtensätze und die Schaffung wirklich regulärer Stellen. In der AG "Code of Conduct" wurde lange diskutiert und dann die Möglichkeit geschaffen, Lehrbeauftragte etwas besser zu vergüten. Allerdings führte das in der Praxis an den Hochschulen zu einem, sagen wir einmal, relativen Wildwuchs und zu völlig unterschiedlicher Bezahlung und vollkommener Planungsunsicherheit für die Betroffenen. Das ist eine Situation, die unhaltbar ist. Das haben Sie gesehen und versuchen jetzt nachzusteuern. Es muss aber so nachgesteuert werden, dass eine wirklich klare Regelung im Sinne der Lehrbeauftragten umgesetzt wird. Eine solche wird zumindest von der Universität, aber auch von anderen Hochschulen momentan verweigert, weil gesagt wird, es gebe

unklare Kompetenzen. Ich finde, mit Ihrem Antrag machen Sie einen ersten Schritt. Sie wollen Handlungsspielräume ausloten und machen erste Vorgaben. Allerdings ist das noch nicht so klar und wir erhoffen uns, dass weitere Schritte folgen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Hoffnung stirbt zuletzt und mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Von daher: Es ist ein weiterer Schritt, aber die reine Evaluation reicht eben nicht. Wir haben ein Spannungsfeld und ich denke, das müssen wir betrachten. Die Universität oder auch andere Hochschulen fallen weiter als nicht gute Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber auf, unter anderem, weil sie unterfinanziert sind. Jetzt haben wir vorhin eine Debatte geführt; die Finanzierung wird gestärkt. Vielleicht kann das dazu beitragen, dass wir mit klaren Regelungen dann eine Planungssicherheit bekommen, würdige Arbeitsbedingungen und dass auch wieder mehr Professorinnen und Professoren, Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren eingestellt werden und wir wirklich gesicherte Arbeitsbedingungen haben und die Qualität von Forschung und Lehre auch steigern können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Oetzel für die FDPFraktion bekommt nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie es gemerkt haben, aber in dieser Debatte reden interessanterweise alle Rednerinnen und Redner irgendwie doppelt so schnell.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sie reden auch schneller!)

Mittlerweile sind die meisten Aspekte auch genannt worden und deshalb möchte ich mich nicht mehr so lang fassen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass in diesem Bereich tatsächlich wie in allen anderen Bereichen gute Arbeit auch gut bezahlt werden muss. Hier haben wir jetzt einen konkreten Aufschlag mit einer Prüfung, die wir dann sicherlich, sobald sie erfolgt ist, im Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung miteinander besprechen werden. Dass das natürlich kein dickes Brett ist, zeigt, es wurde schon gesagt, der Code of Conduct und die Gespräche dazu … Es ist seit Jahren ein wirklich wichtiges, aber auch schwieriges Thema, bei dem es eben nicht so einfach ist, dass man einfach irgendwo an einer Stellschraube dreht. Deshalb sind wir als FDP-Fraktion auf die Prüfung sehr gespannt. Wie das dann nachher alles umgesetzt werden kann, wird sich zeigen. Wir werden dem Antrag heute zustimmen und freuen uns dann hinterher auf die Besprechung und Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dennis Gladia- tor CDU)

Herr Nockemann hat das Wort für die AfD-Fraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Insbesondere wegen der zunehmenden Arbeitsverdichtung beim angestellten wissenschaftlichen Personal im Universitätsbereich gibt es die Lehrbeauftragen auf Honorarbasis. Was man diesem Personal teilweise zumutet, verstieße beim angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter zuweilen gegen Vorschriften des Arbeitsschutzes beziehungsweise der Arbeitszeitverordnung. Für gute Arbeit muss es gute Vergütung geben, ist schon immer ein Grundsatz der AfD gewesen.

(Heiterkeit bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich weiß nicht, was Sie daran so witzig finden, gerade von den LINKEN. Sie laufen ja fast schon rot an vor Witz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen verhindern …

Jetzt muss ich gleich selbst lachen, Herr Abaci. Jetzt beruhigen Sie sich mal ein bisschen. Ach, Sie lachen gar nicht, Sie haben Schnupfen? – Okay.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen verhindern, dass die Lehrbeauftragten an die Privatuniversitäten abwandern, wie es ja auch schon an Privatschulen teilweise der Fall ist. Dass die Prüfung einer weiteren Anhebung der finanziellen Untergrenze für Lehrbeauftragte angeregt wird, damit gehen wir selbstverständlich konform und unterstützen das Vorhaben. Und gegen eine weitere Verbesserung der Arbeitsbedingungen für den akademischen Nachwuchs hat die AfD selbstverständlich auch nichts. Dass die in Ihrem Antrag in Rede stehende Verwaltungsanordnung den Hochschulen weiterhin Spielraum bei der Vergütung von Lehrbeauftragten lässt, versteht sich natürlich von selbst und trägt der Hochschulautonomie Rechnung. Wenn es aber in Ihrem Antrag in der Begründung weiter heißt – und jetzt zitiere ich einmal wörtlich –,

"in geeigneter Weise unter Berücksichtigung der Hochschulautonomie, sollte darauf hingewirkt werden, dass den Inhalten und Anforderungen nach gleiche Lehraufträge, die durch verschiedene Lehrbeauftragte wahrgenommen werden, auch vergleichbar vergütet werden",

dann kann das doch nur bedeuten, dass das derzeit definitiv nicht der Fall ist und auch in gravierenden Fällen nicht gegeben ist. Dabei gilt die fragliche Verwaltungsanordnung bereits seit Dezem

(Martin Dolzer)

ber 2016 und in diesen beiden Jahren gab es für die Hochschulen sozusagen ein Schweben im luftleeren Raum. Warum hat denn die Behörde, die diese Verwaltungsanordnung erlassen hat, bislang keine entsprechenden Kriterien vorgegeben? Das ist doch alles kein Neuland und auch die Hochschulautonomie steht dem doch nicht entgegen.

Das Gleiche gilt auch für folgende Komplexe, die Sie in Ihrer Begründung formuliert haben: Es soll evaluiert werden, wie die Verwaltungsanordnung

"[…] weiterentwickelt werden kann, sodass die Vergütung für Lehraufträge in den Spannbreiten der Unter- und Obergrenzen nachvollziehbarer nach qualitativen Kriterien im Sinne von Rahmenvorgaben erfolgen kann[…]."