Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir mit der Anmeldung dieser Debatte offenbar einen Nerv getroffen haben.

(André Trepoll CDU: Haben Sie Sorgen ge- habt?)

Ich habe bemerkt, da es nicht so richtig viel zu kritisieren gab, haben Sie alle noch einmal Ihre Lieblingsthemen platzieren können. Ich habe von der AfD etwas über entrechtete Männer gehört, ich habe von der LINKEN etwas über die Vermögensteuer gehört. Und Enteignung war auch noch dabei, bei der CDU.

(André Trepoll CDU: Bei der SPD!)

Ich könnte jetzt natürlich auch noch einmal auf das Thema Klimaschutz eingehen, denn da gibt es ja tatsächlich einen Zusammenhang mit der Wissenschaft. Aber ich glaube, das lassen wir an dieser Stelle einmal.

Vielfach ausgesprochen und trotzdem nicht wahrer ist die Behauptung, es gebe kein Bekenntnis des Hamburger Senats und der Regierungskoalition für die langfristige Perspektive in unserer Stadt. Das Gegenteil ist doch der Fall. Dieses langfristige Commitment, das es gibt, heißt Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg, und darin sind diverse Dinge niedergelegt. Wir werden übrigens nachher noch über das Thema Lehrbeauftragte und deren Situation an den Hochschulen sprechen. Ich will noch einmal betonen: Im Haushaltsplan gibt es schon das Wachstum der Technischen Universität; Technische Universität Hamburg übrigens, nix Harburg. Außerdem haben wir niedergelegt die Reform des Lehramtsstudiums, die Sanierung diverser Gebäude im Wissenschaftsbereich und den Zuschuss zum Studierendenwerk. Auch ganz frisch, heute erwähnt von Senator Dressel, ist der Abschluss des langfristigen Mietvertrags für die Schlüterstraße. Ich finde, allein das ist so ein Erfolg, dass er selbst eine Anmeldung zur Aktuellen Stunde wert gewesen wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist in Wirklichkeit ein langfristiges Commitment für die Wissenschaft, das diese Stadt schon lange nicht mehr erlebt hat. Und noch mehr als das werden wir ja dann in den nächsten Monaten erleben, wenn die neuen Hochschulvereinbarungen geschlossen sind.

(Daniel Oetzel)

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich will aber noch einmal einen Punkt machen, weil mich das hier wieder ein bisschen schockiert hat. Unsere Koalition betrachtet Wissenschaft als Ganzes. Das bedeutet, wir sehen nicht nur die Ingenieurswissenschaften, nicht nur die Betriebswirtschaftslehre – Herr Nockemann hat ja sein eigenes Studienfach ganz vergessen dabei –, sondern auch die Geistes- und Sozialwissenschaften als unabdingbar notwendig für das gesellschaftliche Fortkommen an. Ich bin über eine Sache froh, nämlich dass für Geisteswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler klar geworden ist, auf wen sie nicht setzen dürfen, und das sind die Herren dort drüben auf der rechten Seite.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt sehe ich zu diesem Thema keine weiteren …

(Zuruf: Doch! Da!)

Ach, Herr Nockemann, der uns noch berichtet, was er studiert hat.

(Heiterkeit – Zuruf: Herr Nockemann, welche Naturwissenschaft haben Sie eigentlich stu- diert?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es nicht exakt nachgerechnet, aber ich glaube, mindestens jeder zweite Redner hat sich an meinem Debattenbeitrag abgearbeitet. Es ist für mich ein Adelszeichen.

(Anna Gallina GRÜNE: Selbstüberschät- zung!)

Nein, das ist Fakt.

Ich darf Ihnen noch einmal sagen: Auch wir wollen keine seelenlosen technologischen Roboter; ich glaube, das habe ich auch vorhin zum Ausdruck gebracht. Ich habe den Satz genutzt, dass auch wir uns freuen, dass von den Mitteln, die wir nun bekommen, vieles in das Personal geht; das können Sie ja nachlesen. Was Sie da an mir kritisieren, trifft also einfach nicht zu. Ich habe aber gleichzeitig deutlich gemacht, dass es angesichts des desolaten Abgehängtseins in modernen Zukunftstechnologien, und das sind wir nun einmal in Deutschland gegenüber den USA und Asien, einer Neufokussierung bedarf, eben auf diesen wissenschaftlich-technologischen Bereich. Das haben Sie alle in Ihren Debattenbeiträgen mich betreffend völlig falsch bewertet und da empfehle ich Ihnen, noch einmal in sich zu gehen. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Dann schaue ich in die Runde. Nein, jetzt sehe ich wirklich keine Wortmeldung mehr zu dem ersten Thema.

Wir kommen deswegen noch zum zweiten Thema, das heute die Fraktion DIE LINKE angemeldet hat:

MIETENmove: Radikale Änderungen der Mieten- und Wohnungspolitik erforderlich!

Dazu erhält das Wort Heike Sudmann für die Links-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Am 4. Mai haben über 100 Verbände, Vereine, Initiativen aufgerufen zum MIETENmove in Hamburg. Zigtausend Hamburgerinnen und Hamburger sind dem gefolgt, obwohl wir typisches Hamburger Schmuddelwetter, sogar mit Graupelschauer, hatten. Dass so viele Leute dabei waren, haben wir auch der großen Mehrheit der Bürgerschaft mit ihrer Politik zu verdanken. Also Dank an Sie, dass Sie so viele Menschen motivieren; Schimpf und Schande, dass Sie leider dazu beitragen, dass die Leute auf die Straße gehen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich wundere mich, dass Sie immer noch in Ihrer Scheinwelt leben,

(Unruhe bei der SPD)

dass Sie immer noch sagen, gegen den Mietenwahnsinn – Sie sind aufgewacht – helfe nur Bauen, Bauen, Bauen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht, das weißt du doch auch!)

Es helfe nur, wenn wir den roten Teppich für die Investorinnen und Investoren ausrollen. Das hilft nicht und ich sage Ihnen ganz genau, warum das nicht hilft.

Um fast 20 Prozent sind die Mieten seit 2011 gestiegen. Auf der Mietendemo, dem MIETENmove, haben wir mehrere Schilder gesehen, getragen von älteren Menschen, auf denen stand: Miete frisst Rente auf. Wir können und dürfen es nicht zulassen, dass Menschen noch mehr Angst vor Altersarmut haben müssen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GRÜNE)

Während Sie von Rot-Grün immer mit Begeisterung sagen, Sie sorgten für den Drittelmix, zeigen die realen Zahlen: Drei Viertel aller Neubauten in Hamburg sind teure Wohnungen, die sich kaum noch jemand leisten kann. Wir brauchen in Hamburg endlich viel, viel mehr preiswerte Wohnungen. Wir brauchen mindestens 50 Prozent öffentlich ge

(René Gögge)

förderte Wohnungen und wir brauchen keine Investoren wie Akelius und andere.

(Beifall bei der LINKEN)

Und auch wenn der Senat jetzt – hoffentlich – dem Antrag von Rot-Grün folgt und sagt, es solle weniger verkauft, mehr im Erbbaurecht vergeben werden, stellen wir fest, dass die Finanzbehörde, der LEG immer noch sagen: Wir wollen möglichst hohe Preise erzielen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht! Das ist doch Blödsinn!)

Das geht nicht. Sie dürfen die einzige Nutzung zugrunde legen, die wir in Hamburg brauchen. Wir brauchen preiswerte Wohnungen, dauerhaft, und die kann man nur erreichen,

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist falsch!)

wenn man nicht den Bodenrichtwert zugrunde legt.

Bisher stimmt das ganz genau, Herr Kienscherf. Gucken Sie sich einmal die Unterlagen der Kommission für Bodenordnung an – Sie sind in der Kommission –, dann stellen Sie fest, dass in der Regel doch der höchste Preis ausschlaggebend war. Das muss endlich beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich verstehe auch nicht, warum zum Beispiel in Berlin CDU und SPD gemeinsam mehr dagegen tun, dass immer noch der Wohnungsmarkt das Betongold ist für Investorinnen und Investoren. In der Stadt Berlin ist es mittlerweile so, dass von einem Euro, der dort investiert wird, 58 Cent von ausländischen Investorinnen und Investoren kommen, von Aktiengesellschaften, die für alles Mögliche bekannt sind, aber nicht dafür, dass sie sich ansatzweise um Wohnungspolitik und Mieterinnen und Mieter kümmern. Das muss auch endlich beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Wir sind doch in Hamburg, nicht in Berlin!)

Ich glaube, meine lieben Kollegen, Sie können sehr sicher sein, dass es sich in Hamburg genauso entwickelt. Gucken Sie, wer in Hamburg investiert, schauen Sie sich an, wer in Hamburg aufkauft. Dann werden Sie merken, dass das nicht geht.

Ich will noch einen Punkt nennen – einen kleinen Augenblick, Herr Tjarks, ich mache das eben zu Ende. FDP und CDU, vor allem die FDP, sagen: Wir schützen das Eigentum. Wir finden, in einer Stadt, wo drei Viertel der Hamburgerinnen und Hamburger Mieterinnen und Mieter sind, müssen die Mieterinnen und Mieter geschützt werden. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Sudmann, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Tjarks?